TESTBERICHT
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Spielfilme, Reportagen, Dokumentationen

Ready for Action: Eine aufgeriggte Panasonic Lumix S1H mit externem Monitor/Recorder, Cinema-Optik und Follow-Focus-Vorrichtung im Manfrotto-Universal-Kamerakäfig.Ready for Action: Eine aufgeriggte Panasonic Lumix S1H mit externem Monitor/Recorder, Cinema-Optik und Follow-Focus-Vorrichtung im Manfrotto-Universal-Kamerakäfig.

Bei den Videoeigenschaften wurde vieles von der Micro-FourThirds-Kamera GH5s übernommen. Im Gegensatz zu ihr besitzt die S1H jedoch einen Bildstabilisator im Gehäuse (IBIS) und kann ihn mit den Objektiv-Stabilisatoren kombinieren.

Bei Videoaufnahmen werden so Kameraverwacklungen entlang der Vertikal-, Horizontal-, Roll-, Nick- und Gier-Achsen korrigiert, indem der Bildstabilisator im Objektiv, der Bildstabilisator im Gehäuse und der elektronische Bildstabilisator gemeinsam verwendet werden (5-Achsen-Hybridbild-Stabilisatorfunktion). Damit lässt sich mit der S1H ohne weiteres aus der Hand filmen.

Filmemacher werden die Kamera dennoch bevorzugt mit einer Haltevorrichtung wie einem Rig, Käfig oder Gimbal einsetzen, denn zum einen ist die Fotoapparat-Haltung nach wie vor nicht optimal zum Filmen geeignet und zum andern braucht es Halterungen fürs Zubehör.

Apropos Zubehör: Der Audio-Adapter DMW-XLR-1, ursprünglich für die GH5 konzipiert, funktioniert auch an der S1H. Im Lieferung der Kamera befindet sich zudem ein Kabelhalter, der verhindert, dass sich Kabel lösen und die Anschlüsse beschädigt werden. Die S1H bietet wieder zwei SD-Kartenschächte, das XQD-Kartenformat der S1 und S1R wird nicht mehr unterstützt.

Rotlicht-Milieu

Videoaufnahmen lassen sich über die beiden unübersehbaren roten Knöpfe – der eine oben auf der Kamera, der andere vorne neben dem Objektiv – starten. Letzterer ist für Selfies und Vlogger praktisch. Während der Aufnahme leuchtet vorne und hinten an der Kamera je ein rotes Kontrolllicht, die sogenannten Tally-Lampen. Für die Person vor der Kamera ist somit klar, wann sie «auf Sendung» ist. Der Filmerin oder dem Filmer wird zudem durch einen roten Rahmen im Aufnahmebildschirm angezeigt, dass aufgenommen wird. Dies ist in hektischen Situationen von Vorteil, wenn das übliche kleine rote Aufnahme-Symbol auf dem Display schon mal übersehen wird. Alle Aufnahme-Kontrolllichter lassen sich einzeln ein- und ausschalten.

Auch sonst stehen viele Anzeigen speziell für Video bereit. Neben Ansichtshilfen bei V-Log-, HLG- und anamorphotischen Aufnahmen lassen sich Zentral- und Videobildmarkierungen, Zebramuster, Waveformmonitor oder Vektorskop, Kantenbetonung (Peaking) für manuelle Fokussierung sowie verschiedene Farbbalken mit Pegelton einblenden und auch den Bildschirm in Schwarz-Weiss darstellen. Im Nachtmodus werden Monitor und Sucher in gedämpftem Rot angezeigt, damit sie nicht blenden. Soll möglichst leise gefilmt werden, lassen sich Belichtungs- und Toneinstellungen per Touch-Betrieb ohne Bediengeräusche verändern.

Das Display bietet für Fotografen, Filmemacher und Videoproduzenten die jeweils «branchengerechte» Anzeige. Die Verschlusszeit lässt sich in Sekunden oder Winkelgraden und die Verstärkung in ISO-Werten oder dB-Gain anzeigen.

Auskunftsbüro: Die vielen Anzeigen auf dem Monitor informieren auf einen Blick und ausführlich über die aktuellen Kameraeinstellungen inklusive Tonpegel und Kühlventilator-Modus.Auskunftsbüro: Die vielen Anzeigen auf dem Monitor informieren auf einen Blick und ausführlich über die aktuellen Kameraeinstellungen inklusive Tonpegel und Kühlventilator-Modus.

Kreativ filmen

Mit der Lumix S1H kann im «Intelligenten Automatikmodus» gefilmt werden. Doch dies wäre Perlen vor die Säue geworfen, denn erst im «Kreative Filme-Modus» lassen sich alle Videofunktionen nutzen. Zudem ist nur dort wählbar, dass die Einstellungen für Videoaufnahmen und für das Fotografieren voneinander getrennt veränderbar sind. Sonst werden die Werte für Belichtung und Weissabgleich, die im Video-Modus geändert wurden, auch beim Aufnehmen von Bildern in den Modi P/A/S/M übernommen.

Es würde den Rahmen dieses Artikels sprengen, alle möglichen Videoaufnahmeformate der Lumix S1H im Detail zu erwähnen. Ich beschränke mich hier auf die wichtigsten Erkenntnisse, die ich während der Tests gewonnen habe und die mir im praktischen Betrieb aufgefallen sind.

Das MOV-Format erlaubt die meisten Varianten und ist zwingend für 6K-Videoaufnahmen erforderlich. Die MP4-Dateien der Lumix S1H können nur bis UHD-Grösse (3840 x 2160 Pixel) aufnehmen. Zudem muss der Bildbereich für Video auf «FULL» stehen. Wer die Kamera auf unsere europäische Systemfrequenz von 50 Hz, also PAL, eingestellt hat, wird jedoch auch im MOV-Videoformatmenü keine 6K-Einstellung finden. Hier ist bei 5.9K mit 5888 x 3312 Pixeln, 16:9 Seitenformat und 25 Bildern pro Sekunde Schluss.

Erst wenn die Frequenz entweder auf 59.94 Hz (NTSC) oder 24 Hz (CINEMA) steht, gibt es die volle 6K-Auflösung mit 5952 x 3968 Pixeln und 24p, aber nur im 3:2 Bildseitenformat. 16:9 in 6K ist nicht möglich. Am nächsten kommt hier wieder 5.9K mit 5888 x 3312 Pixeln. Bei NTSC sind dann im 16:9 Seitenformat auch 30 und 24 Bilder pro Sekunde möglich.

Sobald bei Cinema-4K mit 4096 x 2160 Pixeln, 17:9 Seitenformat, oder 4K/UHD (3840 x 2160) mit mehr als 48 Bildern pro Sekunde aufgenommen wird, liest die Lumix S1H nicht mehr den gesamten Bildbereich (FULL), sondern nur noch die kleinere Super-35-mm-Fläche (S35) aus. Damit ändert sich der Bildwinkel geringfügig. Dies geschieht auch beim Anschliessen von Anamorphoten. Dann ist es hilfreich, sich zur Sicherheit die Bilder und den Bildwinkel anzuzeigen, die sich beim Zuschneiden nach der Entstauchung ergeben.

Flächenanpassung: Je nach Videoauflösung und Bildrate liest die Panasonic Lumix S1H einen unterschiedlichen Bildbereich aus.Flächenanpassung: Je nach Videoauflösung und Bildrate liest die Panasonic Lumix S1H einen unterschiedlichen Bildbereich aus.

Im Gegensatz zu einer Lumix GH5, die beim Einstellen auf anamorphotisches Filmen auch den Bildstabilisator anpasst, bleibt die Lumix S1H hier im normalen Format. Ein manuelles Wählen der Stabilisierung auf die eingesetzte anamorphe Optik (2.0, 1.8, 1.5, 1.33 oder 1.30) ist notwendig.

Interessant ist auch die Möglichkeit, mit dem flachen Bildstil «V-Log» zu filmen. Mit der Lumix S1H kriegt man die volle Version «V-Log», nicht nur eine abgespeckte wie bei GH5 und GH5s mit «V-Log L». Damit ist die S1H bei den Farbeigenschaften (Color Science) mit den professionellen Filmkameras der VariCam-Reihe von Panasonic kompatibel. Für einen besseren Eindruck der sonst eher flauen und farblosen «V-Log»-Bilder bei der Aufnahme können als Hilfestellung Look-up-Tables (LUTs) zugeschaltet und am Sucher oder Bildschirm angeschaut und über HDMI ausgegeben werden.

Zu dem voreingestellten LUT «Vlog_709» lassen sich weitere LUT-Daten im Format «.vlt» von der Speicherkarte auf die S1H übertragen. Bis zu vier LUT-Dateien können gespeichert werden. So kann zum Beispiel dem Auftraggeber bereits bei der Aufnahme gezeigt werden, wie das Endresultat in etwa aussehen wird, während die aufgezeichneten «flachen» Sequenzen noch genügend Reserven für eine umfassende Bildbearbeitung oder Farbgestaltung (Color Grading) besitzen.

Die Videobildqualität der Lumix S1H ist bereits mit den eingebauten Bildstilen sehr gut. Die Aufnahmen lassen sich ohne weiteres gleich aus der Kamera verwenden. Da mit HLG und V-Log noch umfangreiche Bildbeeinflussungen möglich sind, ist eine «neutrale» Bildbeurteilung eigentlich sinnlos.

Die erste Videosequenz im folgenden Beispiel zeigt den unbearbeiteten Bildstil «Landschaft» direkt aus der Lumix S1H, die zweite Aufnahme den originalen, flachen V-Log-Stil ohne V-Log-Ansichtshilfe.

Das Vollformat der Kamera ermöglicht es, sehr einfach schöne Schärfeebenen zu erzeugen. Im Beispiel wurde der Fokus auf die Schnecke gelegt, Vorder- und Hintergrund liegen in Unschärfen.

Dauer-AF positiv aufgefallen

Die Micro-FourThirds-Kameras Lumix G9, GH5, GH5s und die Vollformat-Kamera Lumix S1R, die ich alle schon testen konnte, zeigten bei der automatischen Schärfenachführung beim Filmen stets die gleichen Schwächen und Schwierigkeiten. Man konnte sich einfach nicht darauf verlassen. Manchmal funktionierte es, dann wieder nicht.

Die von Panasonic eingesetzte Autofokus-Technik führt besonders bei ungünstigen Lichtverhältnissen zu Schärfepumpen. Der Autofokus schiesst dabei über das AF-Ziel hinaus und muss zurück korrigieren. Je nach Motiv ein- oder mehrmals. Das sieht einfach nicht professionell aus.

Bei der neuen Lumix S1H haben die Panasonic-Ingenieure nachgebessert. Der Autofokus arbeitet jetzt zuverlässiger, kommt jedoch immer noch nicht an Sony und Canon heran. Zufällig hatte ich noch die knapp achtmal günstigere EOS M200 von Canon im Test. Sie stellte auch durch eine Fensterscheibe hindurch problemlos nach draussen scharf. Die Lumix S1H versagte dabei regelmässig und der Autofokus blieb einfach stehen.

Die folgenden Aufnahmen wurden im Videoformat MOV, UHD 3840 x 2160 Pixel Auflösung, 50p, 4:2:0, 10-Bit-L, kontinuierlicher Autofokus (AF-C), AF-Mode 2 dauernd und mittenbetonte Belichtungsmessung gefilmt. Die individuellen AF-Einstellungen für Video standen bei AF-Geschwindigkeit und AF-Empfindlichkeit jeweils auf neutral Null. Als AF-Feld wurde «1-Feld + kleinstes» gewählt, das sich bislang als zuverlässigste Einstellung bewährt hatte. Dieses AF-Feld befand sich während der Aufnahmen immer in der Bildmitte und ich konnte präzise auf die verschiedenen Motivebenen zielen.

Bei den ersten beiden Sequenzen im folgenden Video reagiert der kontinuierliche Autofokus (AF-C) wie gewünscht und stellt jeweils in angenehmer Geschwindigkeit auf das neue Motiv scharf. Selbst die Regentropfen in der zweiten Szene werden zügig fokussiert. Bei der dritten Aufnahme fährt der AF-C dann völlig unerklärlich aus der Schärfe und kann sie nicht mehr zurückbringen.

Mir ist es unverständlich, wieso Panasonic nicht die bessere AF-Phasenerkennungs-Technik einsetzt. Natürlich kann man einwenden, dass ein Profi immer manuell scharfstellt. Dennoch bleibt bei einer so teuren Kamera in diesem Punkt ein fader Nachgeschmack.

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