MUSIKREZENSION
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Publikationsdatum
17. Juli 2021
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Das letzte Jahr (2020) hat uns viele seltsame Produktionen beschert: Soloalben, Duoalben, bisher undenkbare Kollaborationen, die meisten jedoch – zeitgemäss – eher düster, bedrückend, einige meiner Ansicht nach zu gekünstelt.

So freute es mich ungemein, als sich «A Little Driving Music» schon vom Titel her klar von der «Kunstmasse» abhob und unbeschwerten, aufstellenden Funk präsentierte, ohne Neuland betreten zu wollen. Doch auch «Altland» kann, wenn dermassen brillant gespielt, die Stimmung heben. Und positiven Input benötigen wir heute mehr denn je.

Also hat Brian Bromberg, Bassist, Arrangeur, Komponist und Produzent, viele seiner Freunde mobilisiert und, wie er schreibt, unter Einhaltung sämtlicher Covid-Regeln dank modernster Technologie das folgende Album eingespielt und produziert.

Brian Bromberg

Am 5. Dezember 1960 in Tucson, Arizona geboren, wuchs Brian in einer musikalischen Familie auf. Sowohl sein Vater als auch sein älterer Bruder David spielten Schlagzeug, und so war es nur natürlich, dass Brian ebenfalls Schlagzeuger werden wollte und dies als Dreizehnjähriger umzusetzen begann.

Doch zur selben Zeit gelang es dem Leiter des Schulorchesters, Brian für den Kontrabass, den niemand spielen wollte, zu begeistern. Bromberg übte nicht nur fleissig, er spielte auch mit jeder erdenklichen Band zusammen, um so Erfahrungen zu sammeln. Mit 19 war er so gut geworden, dass ihn Stan Getz als Bassisten auf seine internationale Tournee mitnahm. Dies war der Beginn einer langen Karriere, einerseits als Bassist und anderseits als Produzent für die vielen grossen Musiker, die er im Laufe seiner Karriere kennenlernte.

Brian Bromberg war auch an der Entwicklung von E-Bässen beteiligt, zuerst für Peavey später für Carvin Guitars/Kiesel. Er entwickelte seine eigenen Designs, die auch erfolgreich produziert wurden.

Brian Bromberg mit einem seiner vielen Bässe.Brian Bromberg mit einem seiner vielen Bässe.

Seine ersten Alben unter eigenem Namen (1986–89) frönten dem Smooth Jazz, wurden sogleich von den in den USA weit verbreiteten Smooth-Jazz-Radiostationen gespielt und gelangten so in die Charts. Mit dem Album «It’s about Time», auf dem er ausschliesslich akustischen Bass spielt, wagte er 1991 den Schritt zurück zum Straight Forward Jazz. Mit von der Partie waren u. a. Freddie Hubbard und Ernie Watts. Dieses Album wird von vielen Kritikern als sein bestes bezeichnet.

Nach einer überaus erfolgreichen Rückkehr zum Smooth Jazz (1996–2002) wurden seine Alben ab 2003 wieder weniger smooth, auch wenn sogar in «A Little Driving Music» ab und zu Anlehnungen an diesen Stil zu hören sind, nicht zuletzt wegen einzelner der mitwirkenden Musiker.

«A Little Driving Music»

Einen ehrlicheren Titel hätte Brian Bromberg für sein neustes Werk kaum wählen können, und doch ist es eher ein Understatement, da die Qualität alles andere als «little» ist.

Obgleich jeder Musiker einzeln und auf Distanz aufgezeichnet wurde, war anscheinend Brians Bassfundament gut genug, eine kompakte «Band» zusammenzustellen, die klingt, wie wenn die vielen Musiker zusammenspielen würden. «In den letzten Jahren hat sich die Art, wie wir Musik kreieren, ohnehin völlig verändert. Doch wenn man die Covid-Situation und die technischen Veränderungen akzeptiert und adaptiert, kann das Resultat hervorragend sein, vor allem, wenn man die neuste Technologie einsetzen und mit den besten Musikern zusammenarbeiten kann.»

Viel Information ist auch auf der Cover-Rückseite nicht zu finden.Viel Information ist auch auf der Cover-Rückseite nicht zu finden.

Das Album umfasst 12 neue Bromberg-Kompositionen und zusätzlich – sozusagen als Überraschung – einen Hit aus den 80ern: «Walking on Sunshine».

Das vermeintliche Gitarrensolo in «Froggy’s» wird von Brian selbst auf einem Piccolobass gespielt, während Everette Harp für das Sax-Solo zuständig ist.
Die beiden Stücke «Bado Boy» und «Lullaby for Bado» sind einer inzwischen verstorbenen Katze aus Barbados gewidmet. Auf dem ersten spielt der aus Barbados stammende Elan Trotman das Sax-Solo, für das Gutenachtlied hat Bromberg extra die Dominican Republic Strings verpflichtet.

In «Walking on Sunshine» ist Dave Koz zu hören, während in «Sag 5» Brian und der Saxophonist Darren Rahn ihren gemeinsamen Geburtstag mit «Astrological Synergy» feiern.

Um dem «Rainy Day in Paris» die gewünschte Atmosphäre zu vermitteln, wurden Andrew Neu an der Klarinette und Mitch Formanon am Akkordeon eingesetzt.
Smooth-Jazz-Saxofonist Marion Meadows soll im Stück «Peace» mit seinem Sopransax die Hoffnung verkörpern, während in «Jedediah’s Gold» die Zeit des Gold Rush mit etwas Country-Einfluss aufleben darf. «Baton Rouge» hingegen ist vom Süden geprägt: heiss, klebrig, schweisstreibend, mit Gitarren-Licks von Nick Colionne … und natürlich immer wieder mit Soli von Brian Bromberg auf einem seiner diversen Bässe.

Fazit

«A Little Driving Music» ist genau das Album für diesen ungewissen Sommer. Wir brauchen etwas, das sich selbst nicht allzu ernst nimmt, keinen Anspruch auf künstlerisches Neuland beansprucht und einfach nur Spass macht.

Ob man es vor allem auf langen Autofahrten im offenen Cabrio unter blauem Himmel geniessen kann, wie das Cover suggeriert, sei dahingestellt. Ich genoss es zuhause auf dem Sofa bei trübem Wetter.

STECKBRIEF
Interpret:
Brian Bromberg
Besetzung:
Brian Bromberg, div. b, e-b, arr. comp.
Dave Koz, as
Elan Trotman, ts
Andrew Neu, cl, as, ts, bs
Everette Harp, as
Marion Meadows, ss
Darren Rahn, ts
Gary Meek, ts
Mich Forman, p
Tom Zink, keyboards
Lenny Castro, perc
Joel Taylor, drums
Nick Colionne, guit
Jerry Cortez, guit
Ray Fuller, guit
Michael Stever, tp
Nick Lane, tb
Craig Fundiga, vib
Charlie Bisharat, violin
und weitere
Albumtitel:
«A Little Driving Music»
Komponist:
Brian Bromberg (ausser #5)
Herkunft:
USA
Label:
Artistry Music / Mack Avenue Records II
Erscheinungsdatum:
21.05.2021
Spieldauer:
01:12:08
Tonformat:
FLAC 24-Bit 96,0 kHz – Stereo
Aufnahmedetails:
«Bromberg’s Third Album Created in Quarantine features an All-Star, Socially-Distanced Cast of Musicians.»
Medium:
Download/Streaming
Musikwertung:
8
Klangwertung:
8
Bezugsquellen