TESTBERICHT
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Nach der Theorie die Praxis

Gehört wurde die Refyn am SmartAMP mit lediglich 2 x 50 Watt (8 Ohm) und einem Streamer von Bluesound, mit einem Preisschild deutlich unter 500 Franken. Dabei hätte Aebischer mit Leichtigkeit grösseres Geschütz auffahren können. Aber auch hier möchte er unter Beweis stellen, dass gar nicht immer «Luxury High-End» notwendig ist für hervorragenden Klang.

Auch bei der Verkabelung wird nicht übertrieben: Solidcore-Kabel von Rowen. Auch diese liegen im bezahlbaren Rahmen. Der Rowen-Stromaufbereiter PT2000 in Form eines 2000-VA-Transformators und die Stromkabel Rowen PowerCord rundeten das Set-up ab.

Was bereits beim ersten Klang auffällt, ist die immense Räumlichkeit: «Immersiv» ist hier kein Schlagwort, sondern Programm. Denn einen Sweet Spot sucht man (fast) vergebens – der Klang breitet sich im gesamten Raum gleichmässig aus. Praktisch ist dies sowohl beim Musikhören als auch beim Fernsehen: Die ganze Familie sitzt gleichberechtigt quasi in der ersten Reihe. Aber auch als gehobene «Hintergrundbeschallung» beim Nachtessen mit Freunden wäre die Refyn ein idealer Spielpartner.

 

Die Faustregel besagt, dass die Qualität eines Lautsprechers auch daran gemessen werden kann, wie gut er bereits bei geringer Lautstärke klingt – und die Refyn punktet in dieser Disziplin enorm. Sie ist eben nicht nur ein Lautsprecher, sondern auch ein Leisesprecher. Auch zu vorgerückter Stunde kommt man so noch zu genussvollen Hörmomenten.

Ihre räumliche Abbildung und die hohe Auflösung stellte die Refyn eindrucksvoll bei Vollenweiders «Caverna Magica» (... under the tree – in the cave ...) unter Beweis. Der Hall jedes einzelnen Schrittes entfaltete sich präzise im Raum. Das Echo der flüsternden Stimmen des Pärchens war ebenso deutlich zu hören wie jeder Tropfen, der sich von den Stalaktiten löste und zu Boden fiel.

 

Auch beim «Limehouse Blues» von Arne Domnerus kamen Räumlichkeit und Ambiance des Blues-Kellers sehr schön zur Geltung. Vor dem inneren Auge sah man förmlich die durchziehenden Rauchschwaden: qualmende Gäste, versunken in ihren tiefen Sesseln. Die Anschläge auf dem Xylofon waren präsent, aber niemals überpräsent. Vor allem schienen die Höhen vom LMT.2 zu profitieren: sehr feinzeichnend, aber ohne Härte. Das Konzept der Dekompensation der Höhen mittels bipolarem Hochton ist wirklich gelungen.

Ebenfalls beeindruckend war die ausserordentlich klare Sprachverständlichkeit der Refyn im gesamten Hörraum. Dieser Effekt stellt sich nur ein, wenn Höhen und vor allem auch Bässe stimmig ins Gesamtklangbild integriert sind.

 

Besonders eindrucksvoll zeigte sich dies bei Reinhard Meys Klassiker «Narrenschiff». Der Text, den Mey stellenweise in rappender Manier wortsalvenartig vorträgt und der sonst oft verworren klingt, war nun durchgehend verständlich. Die Dramaturgie des Stücks – der allmähliche Spannungsaufbau bis zur bitteren Havarie, das Zerschellen des Narrenschiffs an der «gesellschaftlichen Dekadenz» – entfaltete sich mit beeindruckender Klarheit. Der raumfüllende, sphärische Klang wirkte dabei aussergewöhnlich fesselnd und atmosphärisch dicht. Danach hätte ich gleich liebend gerne einen Blockbuster-Klassiker mit Kapitän Jack Sparrow über diese Lautsprecher geschaut bzw. gehört.

Auch bei leisen, sakralen Klängen überzeugte die Refyn: Das «1. Kyrie» von Ariel Ramirez vom Album «Misa Criolla» klang ergreifend und differenziert.

 

Beim Stück «Jazz Variants» der O-Zone Percussions Group zeigte die Refyn ihre Agilität und Schnelligkeit. Von feinsten Xylofon-Soli bis zu dröhnenden Trommelwirbeln bildete sie das gesamte perkussive Spektrum authentisch ab.

Die einzelnen Instrumente liessen sich zwar nicht zentimetergenau im Raum verorten, dafür vermittelte der Lautsprecher das Gesamtensemble mit beeindruckender Geschlossenheit und Natürlichkeit. So entsteht jene entspannte Höratmosphäre, die man sich für gesellige Musikabende zu Hause wünscht.

Knochentrockener Bass

 

Beim «Banditen Galopp» oder der «Explosions-Polka» vom Album «Strauss in St. Petersburg» des Estonian National Symphony Orchestra schreckt man bei jedem Böllerschlag zusammen – obwohl man zuvor weiss, dass er gleich folgen wird. Diese Effekte setzt die Refyn ansatzlos und mit absoluter Trockenheit um.

Dass der Lautsprecher auch das gegenteilige Register beherrscht, bewies Geoff Castelluccis «I See Fire» vom gleichen Album: Seine Bassstimme klang abgründig tief und zugleich berührend differenziert.

Als aussagekräftiger Basstest diente «Hotel California» der Eagles in der MTV-Live-Aufnahme von 1994 aus dem Forum in Inglewood, Kalifornien.

 

Nach 45 Sekunden setzen die grossen Conga-Trommeln ein – ein Moment, der zeigt, wie intensiv und voluminös ein Lautsprecher tiefe Frequenzen darstellen kann. Die Refyn bildete diese Trommeln machtvoll ab, ohne dabei zu dominant zu wirken.

Wer seine Nachbarn an den Bass-Qualitäten der Refyn teilhaben lassen möchte, kann dies mit dem Stück «One Dance» von Drake hervorragend tun. Da geht die Post buchstäblich ab, und die Refyn kann zeigen, dass auch aus schlanken, richtig konzipierten Lautsprechern mächtiger Schub kommen kann.

Der Lautsprecher wächst mit

Die Grundversion der Refyn startet bei 13'000 Franken. Sie bietet wohl für die meisten Kunden mehr als genug Klangfreuden. Wer aber, vielleicht auch erst Jahre später, die Refyn noch weiter perfektionieren möchte, kann es, wie oben schon erwähnt, auch nachträglich mit einigen optionalen «Farb-Tunings» tun, aber vor allem lassen sich Rowen-Lautsprecher alle auch aktivieren.

Die Refyn ist farblich anpassbar. Alle Blenden sind austauschbar und können mit Stoff bespannt werden.Die Refyn ist farblich anpassbar. Alle Blenden sind austauschbar und können mit Stoff bespannt werden.

Eine externe Aktivweiche zwischen Vor- und Endverstärker plus eine weitere Endstufe bieten gemäss Aebischer nochmals eine «Schippe» mehr an Auflösung und Präzision. Hierzu werden die passiven Weichenteile der Refyn mit zwei Lötpunkten überbrückt. Das evolutive Upgrade auf Bi-Aktive ermöglicht eine schrittweise Perfektionierung des Rowen-Wiedergabesystems – wobei ich ehrlich gesagt nicht weiss, wie das bei der Refyn gehen soll; für mich war die Standard-Version bereits high-endig. Dieses Prädikat bekäme Aebischer vermutlich nicht einmal gerne attestiert, da er lieber geerdet bleibt und nicht gerne mit Superlativen auftrumpft – sondern lieber durch konkrete Taten statt Platituden besticht.

Das Anschlusspanel der Refyn. Für die «Aktivierung» mit einer externen Aktivweiche und einer zweiten Endstufe werden intern die passiven Weichenteile der Refyn an zwei Punkten gebrückt.Das Anschlusspanel der Refyn. Für die «Aktivierung» mit einer externen Aktivweiche und einer zweiten Endstufe werden intern die passiven Weichenteile der Refyn an zwei Punkten gebrückt.

Fazit

Die Refyn ist ein moderner Lautsprecher, der sich chamäleonartig an den Wohnraum anpassen lässt. Daher wird der Akzeptanzfaktor im gemeinsamen Wohnraum sehr hoch sein. Die Frische in der Erscheinung zieht sich auch durchs Klangbild: transparent, farbenfroh, überaus räumlich und super homogen in jedem Winkel des Raumes. Die Refyn kommt schon leise sehr gut rüber, kann aber auch mächtig «Schub» geben, ohne zu verzerren. Der Lautsprecher wird kaum an seine Grenzen zu bringen sein.

Schon mit einfachem Equipment lässt sich die Refyn gut in Szene setzen – es sind keine Türme von Verstärker-Equipment nötig, das spricht für das stimmige Gesamtkonzept. Wem das Gute zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr gut genug sein sollte, kann den Lautsprecher auch nachträglich problemlos «aktivieren».

Mit der Refyn bekommt man einen qualitativ hochstehenden Lautsprecher zu einem sehr vernünftigen Preis. Entsprechend ist die Refyn wohl einer der wenigen Lautsprecher, bei dessen Kauf ich bedenkenlos von einer guten Investition sprechen kann.

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STECKBRIEF
Modell:
Refyn
Profil:
Die Refyn ist ein moderner, klangstarker Lautsprecher, der sich flexibel an den Wohnraum anpasst, schon bei geringer Lautstärke überzeugt und selbst bei hoher Leistung kaum an seine Grenzen stösst. Dank ihres cleveren Gesamtkonzepts, der später möglichen Aktivierung und des sehr guten Preis-Leistungs-Verhältnisses sorgt sie für nachhaltige Begeisterung.
Pro:
Räumliches, luftig frisches Klangbild
Breiter Sweetspot
Trockener, nicht aufgeblähter Bass
Upgrade auf Aktiv
Contra:
-
Preis:
13,000.00 CHF
Hersteller:
Jahrgang:
2025
Vertrieb:
Masse:
119 x 21 (30) x 31 mm
Gewicht:
31 kg
Farbe:
Silber, weitere REL-Farben auf Wunsch
Bass:
2 x 20 cm dynamisch Konus
Bauprinzip:
Geschlossen, 3-Weg
Hochton:
LMT.2 und rückseitige 19-mm-Kalotte
Mittelton:
LMT.2 & dynamisch Bassmittelton