TESTBERICHT
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Das Testobjekt

Der neue AN-Vollverstärker Cobra ist erst seit kurzem auf dem Markt und hat, dank Charly Baggenstos, schon einige Liebhaber gefunden. Mein Test-Setup war spannend, denn zufällig warteten zwei AN-E LX HE Signature auf einen geeigneten Spielpartner. Ganz nach der Maxime vom Mastermind Qvortrup, dass AN-Geräte am besten in einer AN-Kette funktionieren. Die grossen Zweiweger haben unglaubliche 98 dB Wirkungsgrad und sollten für den Cobra somit eine leichte Last darstellen, ein Klacks! Die beiden Frequenzweichen dieser High-End-Lautsprecher sind ausgelagert, die Verkabelung dienten AN-Lexus-Kupferkabel.

Beginnen wir mit den nüchternen Fakten. Der Audio Note (UK) Cobra ist ein integrierter Class-A-Röhrenverstärker mit 4 EL34-Pentoden im Push-Pull-Modus. Er leistet 28 Watt pro Kanal. Als Premiere (für Audio Note) ist der Digital/Analog-Wandler gleich eingebaut. Der Cobra verfügt über drei analoge Cinch-Eingänge und 3 Digital-Eingänge: USB/Toslink und Koax. Konstruiert wurde der Cobra vom Chef-Entwickler Andy Grove, der in den 1990er-Jahren auch den ersten Level-1-Vollverstärker, den OTO, konzipiert hat.

Der Cobra Ouïr Swiss Edition im Kupfer-Look seines Übervaters Ongaku.Der Cobra Ouïr Swiss Edition im Kupfer-Look seines Übervaters Ongaku.

Noch ein Wort zur verwendeten EL34-Röhre: Auch das ist ein Novum bei AN. Peter Qvortrup und Andy Grove setzen in der Regel auf Röhren wie die 6L6G oder die 300B oder auf 211er bei den Trioden. Die EL34-Pentode ist weit verbreitet, robust und wird heute noch in grosser Stückzahlen gefertigt. Daher gibt es EL34-Geräte wie Sand am Meer. Allerdings ist die Schaltung das A und O beim Befeuern dieser Pentode. Und in dieser Domäne ist Andy Grove ein Zauberer. 

Der Cobra wird mit Electro-Harmonix-Röhren ausgeliefert. Diese könnten allenfalls noch etwas Luft nach oben haben. In den einschlägigen Foren wird die EL34 von Sophia Electric als heisser Tipp gehandelt, vier gemachte Grade-A-Tubes kosten dann schon mal CHF 600.

Look and feel

Das Pult-Design der Cobra hat seinen eigenen Reiz. Der Verstärker ist tiefer als breit. Mit diesem Design orientiert er sich an den Überflieger innerhalb der AN-Hierarchie, dem (Kupfer-) «Jinro»-Verstärker – als Level-3-Geräte eingestuft – oder dem Silberjungen: dem legendären «Ongaku», der auf dem Level-5-Nonplusultra thront. Das matte Schwarz hat wirklich einen Stealth-Look und der Cobra hat etwas von einem Raptor-Kampfflieger. Nur die Röhren passen dann halt nicht ganz zum futuristischen Industrie-Look. Röhre trifft also auf Tarnkappen-Design, was für eine Ironie.

Charly Baggenstos fand das matt-schwarze Gehäuse anscheinend dann doch etwas eintönig und so entschloss er sich, das Gehäuse farbig spritzen zu lassen. Der Kunde kann also bei Ouïr die spezielle Swiss-Edition-Version des Cobra bestellen und kommt so zu einem farblich einmaligen und personalisierten Gerät. Diese Idee finde ich einfach originell und Swissness liegt sowieso wieder im Trend!

Zwei Geräte der Swiss Edition. Der blaue Verstärker ist frisch vom Spritzwerk, noch ohne Knöpfe.Zwei Geräte der Swiss Edition. Der blaue Verstärker ist frisch vom Spritzwerk, noch ohne Knöpfe.

Wer ein Röhrengerät sein Eigen nennt, dem ist klar, dass diese Wärme abstrahlen. Wenn sie im Class-A-Modus laufen sowieso, also nix von wegen Stealth Design! Daher sollte der stolze Besitzer immer schön für Umluft sorgen. Oberhalb der Röhren sind Tablare und ähnliches tabu. Oder sie benötigen einen Mindest-Abstand von 30 luft-umfächelten Zentimetern. Die vier im Testgerät verwendeten EL34-Röhren stammen von Elektro Harmonix, die beiden Doppeltrioden-Röhren 6AU6 und die zwei Treiberpentoden 5670 sind von General Electric in der JAN-Version (Joint Army Navy). Qvortrup ist der Meinung, dass seine Produkte schon mit den Standardröhren gut klingen. Hardcore-Röhrenfans mögen das «Tube Rolling» allerdings sehr; und so ist «Röhren rollen» (das Experimentieren mit verschieden Röhrentypen) von verschiedenen Herstellern ein äusserst beliebtes Thema in den entsprechenden Foren. Es ist ja auch reizvoll sein Schätzchen noch nach dem eigenen Geschmack zu tunen.

Die Cobra-Vorderseite gibt sich aufgeräumt. Ausser den beiden Drehknöpfen, dem Quellen-Wahlknopf links und dem Lautstärkeregler rechts gibts nichts zu sehen oder zu spielen.

Die Rückseite ist gut belegt. Die AN setzt bei den drei Pärchen Cinch-Buchsen auf versilberte Versionen, zudem gibt es für allfällige Brumm-Probleme eine Erdungsklemme. Clever! Ein harter Netzschalter, eine Netzkabel-Buchse sowie die Lautsprecherterminals komplettieren die Ausstattung rückseitig. Da AN viel Wert auf kurze Signalwege legt, sind die Schalter nicht da, wo sie gut zu bedienen sind, sondern da, wo sie kurze Signalwege ermöglichen, also eben hinten. Die Fernbedienung ist von der einfachen Sorte, aber allein die Tatsache, dass ein AN-Gerät überhaupt eine Fernbedienung hat, ist schon mal ein Quantensprung bezüglich Bedienbarkeit. AN hat bisher aus klanglichen Gründen auf motorisierte Lautstärkepotis grundsätzlich verzichtet.

 

Die gut belegte Rückseite, unter anderem unten rechts mit den drei Digital-Eingängen.Die gut belegte Rückseite, unter anderem unten rechts mit den drei Digital-Eingängen.
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