Wieder einmal hat jemand in einer (möglicherweise verstaubten) Schublade ein analoges Tonband «gefunden», eine Live-Aufnahme, die nie veröffentlicht worden war. Trotzdem genügt sie qualitativ auch heutigen HiRes-Standards vollkommen. Und obgleich die Aufnahme von 1982 stammt, wirkt sie frisch und dynamisch, hat also überhaupt keinen Staub angesetzt.
Der Pianist Monty Alexander hat mich – spätestens seit einem Live-Erlebnis am Jazzfestival in Montreux – fasziniert («Montreux Alexander» Rezension vom Januar 1997). Als mir nun Ausschnitte des Live-Auftritts in Bubba’s zu Ohren kamen, musste ich alles hören. In der Annahme, tonqualitativ das Beste vom Besten zu besprechen, wählte ich die von René Laflamme gemasterte 2xHD-Version im Format DSD 128. Doch dazu später.
Monty Alexander
Als «Verschnaufpause» und zur Erinnerung, wie gut Alexanders Zusammenspiel mit Clayton und Hamilton auch nach Jahren funktionierte, hier eine NPR-Aufnahme von 2013.
Seither ist Monty Alexander dauernd enorm aktiv, sei es im Studio, auf Tourneen, als Pianist für Sängerinnen oder in eigenen Formationen. Immer wieder drängt es ihn, seine jamaikanischen Wurzeln in den Jazz einfliessen zu lassen wie beispielsweise im Album «Stir it up» (1999), das eine Sammlung von Bob-Marley-Songs enthält.
«Love You Madly»
Und nun taucht also plötzlich eine bisher unveröffentlichte Live-Aufnahme auf, die Monty Alexanders Musikalität und Improvisationsfreude, seine feuerwerksartigen Ausbrüche, rhythmischen Spielereien, aber auch seine sanfte Einfühlsamkeit in voller Dynamik wiedergeben, da das Album auch tontechnisch nicht nur einwandfrei, sondern überzeugend ist.
Hier das Promo-Video zum Album.
Von Burt Bacharachs Filmhit zu «Arthur» (1981) bis zu Milt Jacksons Blues «SKJ»: Die rund 92 Minuten dieses Auftritts sind ausnahmslos atemberaubend, aufstellend, geschmackvoll, spannend. Auf dem ganzen Album gibt es keine «Ausreisser», die man hätte weglassen sollen. Die abwechselnden Tempi und Rhythmen sind perfekt ausgewogen, wie es bei einem Konzert sein sollte. Wahrscheinlich wegen der Zeitlimite wurde der Applaus nach jedem Stück ausgeblendet. Ansagen und Kommentare wurden weggelassen, sodass wir nicht wissen, ob der Auftrittsablauf auch wirklich so geschehen war, wie wir ihn nun hören. Doch das ist Nebensache.
Das Monty Alexander Quartett «Live at Bubba’s» (Collage aus Bildern des Booklets).Die drei Mitmusiker waren mir bis dahin kein Begriff, doch lernte ich, dass der Bassist Paul Berner erst kurz vor diesen Aufnahmen zu Montys Quartett stiess und zuvor bei Lionel Hampton für das Bassfundament verantwortlich war. Duffy Jackson spielte immer wieder Gigs mit Monty Alexander und war von 1972 bis 1992 einer der «regulären» Schlagzeuger des Trios respektive des Quartetts. Auch der Perkussionist Robert Thomas jr., der unter anderem in Gruppen wie Weather Report oder The Zawinul Syndicate mitwirkte, war ein langjähriger Begleiter Alexanders, wann immer dieser einen Perkussionisten benötigte.
Alle drei haben ihren fairen Anteil an Soli, aber natürlich überwiegt Montys Tastenakrobatik.
Sound
Wie eingangs erwähnt, wünschte ich eine besonders gute Version dieser Musikperle und wählte die 2xHD-DSD-Version. Nach meiner Begeisterung für hervorragend gemastertes DSD bei der Aufnahme von Bill Cunliffe wurde ich diesmal enttäuscht, hatte ich doch eher eine noch konzentriertere Brillanz und Tiefe der Aufnahme, deren Ausschnitt ich noch im Ohr hatte, erwartet.
Diesmal hat der 2xHD-Ingenieur René Laflamme für meinen Geschmack etwas zu extrem in den Gesamtklang eingegriffen: Gutwillig kann man behaupten, die Aufnahme habe nun mehr Wärme. Gewiss wurden einige Höhenspitzen gebrochen, doch das recht bissige «Original», das die typische Club-Atmosphäre von «Bubba’s» so gut abbildet und auch die Dynamik von Monty Alexanders Klavierstil unterstreicht, wurde meiner Meinung nach zu stark beschnitten; nun klingt die Aufnahme eher flach, der «dreidimensionale» Klang, die Raumabbildung, ist etwas abhanden gekommen. Schade.
Fazit
Gute Live-Aufnahmen haben es einfach in sich. Man weiss: Was man hört, wurde auch so gespielt – keine nachträglichen Korrekturen, keine technischen Tricks.
«Love you Madly» von Monty Alexander und seinen Mannen ist ein solch aussergewöhnliches Album, das Spielfreude, Musikalität, Können, aber auch das aufeinander Eingehen widerspiegelt und von A bis Z mitreisst.
Auch wenn das 2xHD-Remastering der wiedergefundenen Analogbänder meiner Ansicht nach nicht optimal erfolgte, ist «Live at Bubba’s» eine absolute Empfehlung!

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