Als ich erfuhr, dass ich den mir bislang unbekannten Lautsprecher Vytrum Virtuoso testen darf, begann ich – wie wohl die meisten – mit einer Online-Recherche. Doch abgesehen von einer kurzen Vorankündigung aus der eigenen Redaktion fand ich kaum Informationen. Auch auf der Webseite des Herstellers Vytrum suchte ich zunächst vergeblich nach technischen Daten.
Schnell wurde mir klar: Vytrum möchte weniger mit Zahlen und Daten beeindrucken, sondern setzt auf eine feinstoffliche, ästhetische, fast sinnliche Darstellung. Die Webseite erinnert eher an Werbung für eine italienische Luxusjacht oder eine Stradivari-Geige als an ein Audioprodukt.
Gestalterisch überzeugt die Website mit stilvollen Bildern aus St. Moritz und vom Comer See. Der beschreibende Text wirkt hingegen phasenweise etwas überzogen und marktschreierisch – beispielsweise bei Aussagen wie: «Wir begannen als visionäres Unternehmen mit dem Ziel, die Art und Weise, wie die Welt Klang erlebt, neu zu definieren.» Klar, Visionen dürfen sein – doch letztlich müssen sie sich auch in der Realität im Produkt widerspiegeln.
Emotionen beim Auspacken
Zu Testzwecken brachte einer der Mitgründer von Vytrum, Marco Duff, den Lautsprecher persönlich vorbei. Mit einem Paket in der Grösse einer Nähmaschine stand er vor meiner Tür und erzählte sympathisch und offen vom aufwendigen Weg von der Idee bis zum serienreifen Produkt.
Vorfreude beginnt vor dem Auspacken.Die Verpackung besteht zwar aus nachhaltigen Materialien, wirkt aber dennoch hochwertig. Das Auspacken hat etwas Zeremonielles – fast wie das Schälen einer Physalis: Blatt für Blatt, bis man zur Frucht gelangt. Trotz Glasgehäuse zeigt sich der Lautsprecher weniger zerbrechlich als man vermuten würde. Dennoch gilt Vorsicht: Es ist mundgeblasenes Glas aus Hergiswil, kein Panzerglas.
Auspacken in Schichten.Der Firmenname Vytrum – vom lateinischen «vitrum» (Glas) abgeleitet – ist somit Programm. Die Form erinnert an eine historische, spitz zulaufende «Schütte» aus alten Vorratsschränken, in denen man Zucker, Mehl und Kolonialwaren offen aufbewahrte, allerdings deutlich filigraner. Mit etwa 3 bis 4 Millimetern Wandstärke bleibt das Design eher industriell inspiriert als alltagspraktisch.
Design, Verarbeitung und Haptik
Mit einem Gewicht von rund sechs Kilogramm sollte man gut überlegen, auf welchem Untergrund man die Virtuoso platziert. Sie wird aktuell als einzelner Lautsprecher angeboten – also kein Stereo-Duo –, was je nach Anwendung Vor- oder Nachteile hat. Optisch wirkt sie wie eine Diva, die keine Nebenbuhlerin duldet. Viele meiner Gäste wollten den Glaskubus spontan berühren; das Material wirkt trotz Glas überraschend warm und anziehend.
3 bis 4 Millimeter dickes, mundgeblasenes Glas aus Hergiswil.Der schwarze Sockel besteht aus Aluminium, nicht aus Kunststoff, wie auf manchen Bildern vermutet. Auch die beiden Bedienknöpfe sind aus massivem Metall gefertigt. Haptisch überzeugt das Produkt vollständig.
Mit zwei Knöpfen bedienbar – fertig.Der eigentliche Lautsprecher – ein schwarzer Topf, intern scherzhaft «Salatschüssel» genannt – ist an der Vorderseite im Glas aufgehängt. Ein Mittel-/Basschassis, ein Hochtöner sowie eine kleine Bassreflexöffnung erzeugen das Klangbild. Die runde Kunststoffabdeckung hält magnetisch – eine Metallversion hätte den hochwertigen Gesamteindruck noch verstärkt.
Innenansicht der Abdeckung.Das Design polarisiert. Etwa die Hälfte meines Umfelds würde sich ein solches Objekt nicht ins Wohnzimmer stellen, während die andere Hälfte begeistert war. Frauen sprachen besonders gut darauf an, doch auch jüngere Männer zeigten sich über den nonkonformen Lautsprecher interessiert. Repräsentativ ist meine Stichprobe von 15 Personen natürlich nicht.
Die Fantasie ging teilweise mit den Betrachtern durch: Einige wollten eine Pflanze obendrauf stellen, wovon aus Sicherheitsgründen dringend abzuraten ist; andere stellten sich die Glashaube als Mini-Gewächshaus vor – und wieder andere witzelten über ein Goldfischglas. Design soll Emotionen wecken – Ziel also erreicht.
4-Zoll-Tieftöner, 1,5-Zoll-Kalotten-Hochtöner, Bassreflexrohr.
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