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Publikationsdatum
24. November 2003
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Im Zeilensprungverfahren wird jedes Mal nur die Hälfte des Bildes angezeigt.
Progressive Scan ist die Darstellung des elektronischen Bildes in fortlaufenden Zeilen, im Gegensatz zum herkömmlichen Zeilensprungverfahren des Fernsehens, das alternativ die geraden und die ungeraden Zeilen darstellt.

Fernsehen und Video des in Europa verwendeten PAL-Standardes arbeitet von der Aufnahme bis zur Wiedergabe mit 50 Halbbildern pro Sekunde. Von den 625 Zeilen eines PAL-Bildes wird zuerst das Halbbild mit den ungeraden Zeilenzahlen (1, 3, 5 usw.) aufgezeichnet und wiedergegeben und dann das Halbbild mit den geraden Zeilenzahlen (2, 4, 6 usw.)

Diese Aufteilung wurde vorgenommen, da 25 Bilder pro Sekunde an der Grenze liegen, bei der das Auge (oder besser: das Gehirn) aus Einzelbildern eine fliessende Bewegung macht. Mit 50 Halbbildern pro Sekunde ist diese Grenze deutlich überschritten. Die Bewegungen erscheinen fliessend. Allerdings leidet die Auflösung, da nur die Hälfte der verfügbaren Zeilen verwendet werden.

Das Zeilensprungverfahren

Auch Filmbilder werden bei der Abspeicherung auf DVD in zwei Halbbilder aufgeteilt.
Auch Filmbilder werden bei der Abspeicherung auf DVD in zwei Halbbilder aufgeteilt.
In der Praxis äussert sich diese geringere Auflösung einerseits im Standbild, das ein Halbbild ist, und andererseits in der Sichtbarkeit der Zeilenstruktur. Wenn nämlich eine horizontale Linie – z.B. ein Draht - im Bild nur gerade die Dicke einer Zeile hat, dann ist sie beim einen Halbbild sichtbar beim anderen hingegen nicht. Das Gesamtbild zeigt dann ein deutliches Zeilenflimmern.

Vertikale Linien, die von Halbbild zu Halbbild an einem anderen Ort sind (bewegtes Objekt, Kameraschwenk) erscheinen im Zeilensprungverfahren (interlaced) ausgefranst. Treppenstufen und verwaschene Kanten sind die augenfälligen Beeinträchtigungen der Bildqualität.

Progressive Scan

Bei der progressiven Darstellung müssen die zwei Halbbilder wieder zu einem zusammengefügt werden.
Bei der progressiven Darstellung müssen die zwei Halbbilder wieder zu einem zusammengefügt werden.
Progressive Scan will diese Nachteile der halbbildweisen Wiedergabe vermeiden. Wie beim Computerbild soll das Videobild in fortlaufenden Zeilen (progressiv) von 1 bis 625 aufgebaut werden. Progressive Scan gibt also Vollbilder wieder statt Halbbilder. Um dennoch eine Bildwiederholrate von 50 zu erreichen, wird jedes Vollbild zweimal gezeigt.

Die Idee der Vollbildwiedergabe stammt technisch vom Computermonitor und inhaltlich vom Film. Bei letzterem liegt das Ausgangsmaterial bereits als Vollbilder vor, nämlich in Form von 25 Filmbildern pro Sekunde. Aufgezeichnet wird zwar mit 24 Bildern pro Sekunde. Beim Transfer auf eine DVD wird der Film jedoch um 4% schneller gespielt, so dass 25 Bilder pro Sekunde zur Verfügung stehen.

Wiedergabe von Film

Aus 25 Filmbildern werden für die DVD 50 Halbbilder gemacht.
Aus 25 Filmbildern werden für die DVD 50 Halbbilder gemacht.
Die Wiedergabe von Filmen in progressive Scan ist denn auch denkbar einfach. Bei der Übertragung auf DVD wird jedes Filmbild in zwei Halbbilder aufgeteilt und abgespeichert. Beim Abspielen müssen die beiden Halbbilder lediglich wieder zu einem Vollbild zusammengefügt und progressiv dargestellt werden.

Dadurch zeigt das Bild seine ursprüngliche Homogenität. Die Zeilenstruktur wird weniger auffällig, da das Zeilenflimmern verschwindet. Das mit progressive Scan dargestellte Filmbild wirkt ruhiger. Zudem kann die Betrachtungsdistanz bei gleichbleibender Qualität verkleinert werden. Eine höhere Auflösung zeigt hingegen nur das Standbild, das jetzt nicht mehr ein Halbbild sondern ein Vollbild ist.

Es gibt allerdings De-Interlacer, die jedes abgespeicherte Halbbild separat durch Zeilenverdoppelung zu einem Vollbild ergänzen. Dadurch wird erreicht, dass 50 verschiedene Vollbilder gezeigt werden können – im Gegensatz zum ersteren Verfahren, wo 25 verschiedene Vollbilder je zwei Mal gezeigt werden. Der Nachteil dieses Verfahrens besteht darin, dass jedes dieser neuen Vollbilder nur die halbe Auflösung hat. Damit verliert das Bild nicht nur an Detailtreue. Es kann auch zu unangenehmem Flimmern kommen, da die beiden Halbbilder unterschiedliche Details darstellen.

Wiedergabe von Video

Die einfache progressive Darstellung mit Zeilenverdoppelung zeigt deutliche Kantenfehler.
Die einfache progressive Darstellung mit Zeilenverdoppelung zeigt deutliche Kantenfehler.
Komplizierter wird die progressive Darstellung, wenn das Ausgangsmaterial Video ist. Das ist bei den meisten Konzertaufnahmen der Fall, aber auch bei Dokumentationen zu einem Film, wie dem „Making of“ oder „Behind the Scene“, die häufig als Specials auf der DVD enthalten sind.

Hier besteht das Ausgangsmaterial aus 50 verschiedenen Halbbildern. Werden diese paarweise zu einem Vollbild zusammengfügt, entstehen die aus dem Zeilensprungverfahren bekannten Bildfehler, denn jedes Halbbild fixiert einen neuen Moment im Bewegungsablauf. Um daraus visuell überzeugende Vollbilder zu erhalten, ist zusätzliche Rechenarbeit notwendig. Die Art der eingesetzten Algorithmen bestimmt die Qualität des De-Interlacers.

De-Interlacer

Die interpolierte progressive Darstellung wirkt detailreich und homogen.
Die interpolierte progressive Darstellung wirkt detailreich und homogen.
Jedes Halbbild besteht aus 288 Zeilen (die Hälfte der 576 sichtbaren Zeilen des PAL-Fernsehens). Daraus ist ein Vollbild mit 576 Zeilen zu machen. Einfache Linedoubler verdoppeln die Bildzeilen. Dies vermindert die Zeilenstruktur, verhindert jedoch keine Kantenfehler und erhöht auch die Auflösung nicht.

Komplexer arbeitende De-Interlacer interpolieren die fehlenden Zeilen aus benachbarten des gleichen Halbbildes oder gar aus benachbarten Halbbildern. Das letztere Verfahren ist besonders aufwändig, da auch die Bewegung, die von Halbbild zu Halbbild sichtbar wird, rechnerisch kompensiert werden muss. Durch die Interpolation wird die Auflösung künstlich erhöht.

Bei der Umwandlung des auf der DVD abgespeicherten Halbbildmaterials in Vollbilder erhält der De-Interlacer des DVD-Spielers Unterstützung von der DVD. Die Bilder werden bei der Encodierung mit Flags gekennzeichnet. Sie sagen aus, ob es sich um Film- oder Videomaterial handelt. Allerdings sind nicht alle DVDs sorgfältig gemastert. Die Flags sind fehlerhaft oder fehlen ganz. Daher analysieren aufwändig gestaltete De-Interlacer das Bildmaterial selbst und wandeln es anschliessend optimal in die progressive Darstellung.

Wiedergabe in PAL progressive

PAL progressive wird nur über die YUV-Cinch-Buchsen ausgegeben.
PAL progressive wird nur über die YUV-Cinch-Buchsen ausgegeben.
Progressive Scan stellt Filme und Video in Vollbildern dar. Wird die Wandlung von den abgespeicherten Halbbildern sorgfältig ausgeführt, resultiert daraus ein höher aufgelöstes, detailreicheres und ruhigeres Bild.

PAL progressive gibt dabei 50 Vollbilder pro Sekunde wieder. Um diese darstellen zu können, ist ein Bildwiedergabegerät nötig, dass PAL progressive tauglich ist. Dies wird mit 576p bezeichnet. Progressive Scan allein reicht dazu nicht unbedingt aus, da damit meist die Wiedergabe von NTSC-Bildern in progressiver Darstellung gemeint ist.