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Statische und dynamische Sicht

Nun gut, was will man mehr? So ein kleiner Bassreflex-Tunnel kostet ein paar Franken und ermöglicht eine deutlich tieferreichende Basswiedergabe. Doch auch hier macht uns die Physik einen Strich durch die Rechnung. Bis jetzt haben wir nur die statische Seite der Medaille betrachtet. Das bedeutet, wenn der Lautsprecher konstante (Sinus-)Signale abstrahlt, ist klar ein Vorteil ersichtlich. Musik hingegen besteht fast ausschliesslich aus Impulsen, das heisst, aus verschiedenen kurzzeitig angeregten Signalen mit einem Ein- und Ausschwingvorgang. Je nach Instrument gibt es dazwischen noch einen kurzen, quasi eingeschwungenen Zustand.

Bei einem Bassreflex-Gehäuse wird das zeitliche Verhalten negativ beeinflusst. Die Gruppenlaufzeit gibt hierfür eine Antwort. Diese ist frequenzabhängig und macht den zeitlichen Bezug der einzelnen Frequenzen sichtbar. Hier hinkt der Bassreflex-Lautsprecher dem geschlossenen Gehäuse buchstäblich hinterher und verzögert die Schallabgabe vor allem im Bereich der Abstimmfrequenz um mehrere Millisekunden. Zwischenresultat: 1:1.

Simulierte Gruppenlaufzeit im geschlossenen Gehäuse (rot) und im Bassreflex-Gehäuse (blau) bei 30 Hz, geschlossen 4 ms vs. bassreflex 13 msSimulierte Gruppenlaufzeit im geschlossenen Gehäuse (rot) und im Bassreflex-Gehäuse (blau) bei 30 Hz, geschlossen 4 ms vs. bassreflex 13 ms

Membranauslenkung

Dank moderner Tools (z. B. Speakerbench) kann auch die Auslenkung der Membran simuliert werden. Hier zeigt sich ein Vorteil für das Bassreflex-Gehäuse, das im Bereich der Abstimmfrequenz deutlich weniger Hub des Tieftöners verlangt. Unterhalb dieser Frequenz sieht der Tieftöner allerdings ein offenes Gehäuse und somit kein Luftpolster mehr, welches die Auslenkung bremst.

Vor allem bei Wiedergabe von Schallplatten kann dies ohne Subsonic-Filter zum Problem werden. Im Frequenzgang (weiter oben) wird sichtbar, dass unterhalb der Abstimmfrequenz eine Auslöschung stattfindet, weil die Schallanteile von der Membran und des Kanals nun gegenphasig arbeiten. Daher fällt der Frequenzgang deutlich steiler ab als bei einem geschlossenen Gehäuse. Über alles gesehen und vor allem auf den maximal erreichbaren Schalldruck bezogen, besteht ein Vorteil zugunsten des Bassreflex-Gehäuses. 2:1 für Bassreflex.

Simulierte Membranauslenkung bei 1 Watt Eingangsleistung, geschlossenes Gehäuse (rot), Bassreflex (blau). Im Bereich der Abstimmfrequenz benötigt die Bassreflex-Konstruktion deutlich weniger Hub.Simulierte Membranauslenkung bei 1 Watt Eingangsleistung, geschlossenes Gehäuse (rot), Bassreflex (blau). Im Bereich der Abstimmfrequenz benötigt die Bassreflex-Konstruktion deutlich weniger Hub.

Die Öffnung

Im Bassreflex-Kanal wird, wie weiter oben erwähnt, die eingeschlossene Luft zum Resonieren gebracht. Das Luftvolumen im Kanal wird auf eine bestimmte Länge passend zum Querschnitt angestimmt. Die Luft hat ein Gewicht und eine Nachgiebigkeit. Daher handelt es sich um ein Feder-Masse-System, ähnlich wie beim Lautsprecher-Chassis selber.

Bei der Abstimmfrequenz wird die Luft am meisten hin- und herbewegt und erreicht eine bestimmte Geschwindigkeit. Je nach Durchmesser des Rohrs, Frequenz und erzeugtem Pegel variiert diese Geschwindigkeit. Die Schwierigkeit besteht darin, eine möglichst grosse Querschnittsfläche zu erreichen, damit wenig Strömungsgeräusche entstehen.

Ein grosser Querschnitt verlangt aber nach grosser Länge, was gerade bei tiefen Abstimmfrequenzen und kleineren Gehäusen ein Problem darstellen kann. Dann kann die Port-Länge schnell mal länger werden als die Gehäusetiefe selber. Daher ist es fast unvermeidbar, leichte Strömungsgeräusche, verursacht durch hohe Geschwindigkeiten im Kanal, in Kauf zu nehmen. Ein geschlossenes Gehäuse kennt dieses Problem hingegen nicht. 2:2.

Die Luftgeschwindigkeit im Bassreflex-Kanal (d = 51 mm) bei ca. 50 W Eingangsleistung: max. rund 18 m/s bzw. 65 km/h. Dies kann Strömungsgeräusche verursachen.Die Luftgeschwindigkeit im Bassreflex-Kanal (d = 51 mm) bei ca. 50 W Eingangsleistung: max. rund 18 m/s bzw. 65 km/h. Dies kann Strömungsgeräusche verursachen.
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