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Das Schaltungskonzept

Für das DAC-Projekt wurde ganz bewusst ein Chip verwendet, welcher der alten Sorte entspricht. Der AD1865 ist ein DAC-Chip, der vorwiegend von Audio Note eingesetzt wird und wurde. Audio Note kann man durchaus als Phänomen betrachten, denn beharrlich und konsequent an altbewährtem festhaltend, gelingt es dieser Marke, vom erschwinglichen Einsteiger-System bis in die allerhöchsten Gefilde viele Kunden rundum glücklich zu machen.

Doch wo liegt die Ursache, dass in solchen Fällen Low-Tech Trumpf ist? HiRes, Reclocking, aufwendige Filterung etc. – alles falsch oder was? Nein, das kann man so nicht sagen. Vielmehr ist es wohl in erster Linie kompliziert oder komplex. Das muss nicht unbedingt sein. Gleich vorneweg: Es ist vielmehr eine Frage von Konzept und Zusammenspiel und weniger abhängig von einzelnen Fakten! Exakt dieselbe Antwort bekamen wir übrigens auch vom Schweizer Entwickler und Hersteller Daniel Frauchiger von Merason zu unserer Interviewfrage nach dem klanglich entscheidendsten Teil eines Digital/Analog-Wandlers.

Paart man nämlich willkürlich Komponenten mit einzeln betrachtet superben Eigenschaften, führt dies im Verbund möglicherweise zu keineswegs überzeugenden Resultaten. Umgekehrt kann man aber auch eine gute Kombination mit einem einzigen Fehler an ungeschickter Stelle ordentlich ruinieren.

Doch was hat das alles mit unserem DAC-Projekt zu tun? Es soll erahnen lassen, warum wir ein Konzept nach dem Motto «KISS» (Keep it simple, stupid) wählen. Jedes Glied in der Kette stellt ein potenziell schwächstes Glied dar und als Prämisse gilt es vielmehr, Probleme zu vermeiden anstatt Lösungen finden zu müssen, die gegebenenfalls weitere Probleme nach sich ziehen.

Das Konzept für unsere Kette der Signalverarbeitung sieht wie folgt aus:

S/PDIF – Transformer – Digital-Receiver – DAC-Chip – Transformer – Röhrenstufe – Transformer.S/PDIF – Transformer – Digital-Receiver – DAC-Chip – Transformer – Röhrenstufe – Transformer.

Über die Transformer-Kopplungen werden in erster Linie galvanische Störungen vermieden (das sind Störungen, welche sich über Leitungen ausbreiten). Zudem kann die Signalübertragung durch Transformation angepasst werden.

Das digitale S/PDIF-Signal wird mit dem bei NOS-Wandlern wohl meistverbreiteten Chip CS8414 empfangen, welcher simpel in der Beschaltung und altbewährt ist. Dieser Chip wandelt S/PDIF zu I2S um, welches dem Standard bei DAC-Chips entspricht. Es gibt heute auch Digital-Receiver mit beispielsweise besserer Jitter-Unterdrückung. Aber mit vollstem Vertrauen auf die Erfahrungen von Audio Note haben wir uns für deren Standard-Lösung entschieden. Wie bereits im vorhergehenden Artikel erwähnt, wurde auch eine Lösung mittels sehr hochwertigem USB-I2S-Wandler getestet, welcher aber subjektiv für weniger gut empfunden wurde (gute S/PDIF-Quelle vorausgesetzt).

Der DAC-Chip liefert am Ausgang einen Strom, der dem analogen Signal entspricht und eine Amplitude von maximal -+1 mA aufweist. Dieses Signal ist als Strom nicht nur in einer kaum brauchbaren Form, sondern auch noch viel zu schwach vorhanden. Es muss also mittels I/V-Stufe in eine Spannung gewandelt und anschliessend noch verstärkt werden.

Wahrscheinlich über 95 % aller DAC-Hersteller verwenden zur Strom-Spannungswandlung einen Operationsverstärker (OP Amp). Das ist ein sehr günstiges und genügsames Bauteil, das mit der entsprechenden Beschaltung gleich alles auf einmal übernehmen kann: Strom-Spannungswandlung, Verstärkung und Filterung. Ein tolles Bauteil, aber es gibt bestimmt gute Gründe, weshalb nahezu kein einziger Hersteller der allgemein anerkannten Top-DAC auf diese OP-Amps setzt. Das letzte Quäntchen holt man damit scheinbar nicht heraus, auch wenn die technischen Daten sehr gut sind. Es gibt einige sehr kompetente und erfahrene Entwickler/Hersteller, welche überzeugt davon sind, dass ein Operationsverstärker der sichere Tod des guten Klangs bedeutet. Auch unserer Erfahrung nach geht da etwas verloren und wir wählen deshalb nicht den einfachsten Weg.

Lässt man einen Strom durch einen Widerstand fliessen, erzeugt dieser laut ohmschem Gesetz eine proportionale Spannung, welche nun noch von einer Spannungsverstärkerstufe verstärkt werden muss. Für die Strom-Spannungswandlung wird in unserem Projekt ein nichtmagnetischer Tantal-Widerstand von Audio Note verwendet, da dieser an neuralgischer Stelle liegt. Diese Form der I/V-Wandlung wird übrigens «passiv» genannt. Würde man diese Wandlung mit Transistoren oder Operationsverstärkern umsetzen, dann wäre die korrekte Bezeichnung folgerichtig «aktiv».

Das kleine Spannungssignal aus der passiven Strom/Spannungs-Wandlung wird erneut mittels Transformer vom DAC getrennt, damit der digitale «Hochfrequenzmüll» etwas herausgefiltert wird. Denn diese Störungen würden natürlich mitsamt der Signalspannung ebenfalls verstärkt werden.

In unserem Konzept wählen wir bewusst kein analoges Rekonstruktionsfilter, da dieses zwar die Messwerte deutlich verbessert, dem analogen Klang aber nicht sehr zuträglich ist. Ein Rekonstruktionsfilter ist etwas vereinfacht formuliert dafür zuständig, dass die Stufen von einem Spannungswert zum nächsten etwas verschliffen werden und somit die Ursprungsform des Signales, wie es der Name schon sagt, rekonstruiert wird.

Auch sorgt ein solches Filter dafür, dass Frequenzen oberhalb des Nutz- respektive Hörbereichs massiv abgeschwächt werden. Hierbei muss der Vollständigkeit halber noch bemerkt werden, dass die Transformatoren im Signalpfad sehr wohl eine Filterwirkung aufweisen, welche jedoch bei deutlich höheren Frequenzen und deutlich sanfter eingreift als dies typische Rekonstruktionsfilter tun.

Auch möchten wir an dieser Stelle festhalten, dass dies bei nachfolgenden Verstärkern in Röhrentechnik kaum, bei sehr schnellen Transistorverstärkern aber sehr wohl zu Problemen führen kann. Wenn da ein besonders schneller Transistorverstärker bei diesen ungefilterten, hohen Frequenzen Schwerstarbeit verrichtet, hört man dies kaum, bemerkt es dann aber, wenn der Verstärker heiss läuft oder wenn die Hochtöner anfangen zu rauchen. Normalerweise ist das aber auch bei Transistorverstärkern kein Problem, da diese im Rahmen der elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV) ohnehin nach oben hin zumachen (also einen Tiefpassfilter integriert haben, der hohe Frequenzen herausfiltert).

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