TESTBERICHT
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ARTIKEL
Publikationsdatum
25. November 2024
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Eigentlich weiss man es schon lange: Aktivlautsprecher können alles besser als ihre passiven Kollegen. Dennoch haben sich Mehrwege-Lautsprecher mit integrierter Elektronik im High-End-Bereich bisher kaum durchgesetzt. Zwar haben viele renommierte Hersteller Wireless-Lautsprecher im Sortiment, diese jedoch kaum in der Luxusklasse. Die Gründe dafür sind vielfältig. Einer davon mag sein, dass traditionelle audiophile Musikliebhaber eben doch Wert auf eine individuelle Zusammenstellung ihrer Gerätschaften legen, mit separiertem Vor-, End- oder Vollverstärker, DAC, Streamer, Kabel, etc. Auch der Handel mag seinen Anteil daran haben, lieber Einzelkomponenten als Gesamtlösungen zu verkaufen. Also eine Verkettung von Umständen, welche den erfolgreichen Durchmarsch von aktiven Wireless-Lautsprechern im Luxussegment bisher behindert haben. 

Mit der neuen, aktiven Focal Diva könnte nun endlich der erfolgreiche Einstand des aktiven Lautsprechers im Top-High-End-Bereich gelingen. Sie bringt alle entscheidenden audiophilen Zutaten mit und vereint sie in einer All-in-One-Lösung, die ihresgleichen sucht. Die Focal Diva ist das jüngste Kind der bereits vor 14 Jahren erfolgten Fusion von Focal mit Naim. Zum ersten Mal wurden die nachgewiesenen Stärken der beiden Marken – Lautsprechertechnologie auf der einen Seite und kompromisslose High-End-Elektronik auf der anderen Seite – konsequent in ein gemeinsam entwickeltes Produkt zusammengeführt.

Aktivlautsprecher haben prinzipbedingte Vorteile gegenüber ihren passiven Kollegen. So kann die Aufteilung des Signals in drei Frequenzbereiche (Tief-, Mittel- und Hochton) auf digitaler Ebene erfolgen – und damit verlustfrei (ohne passive Filterbausteine im Signalweg) und auch ohne Phasendrehungen. Frequenzgang-Korrekturen und Pegelanpassungen sind ebenfalls ohne weitere Nachteile via DSP zu realisieren. Die nachfolgenden Endverstärker arbeiten dann direkt auf die Treiber und haben diese dank höchstmöglichem Dämpfungsfaktor bezüglich Impulsverhalten bestens im Griff.

Der bewährte «W»-Mitteltöner mit Sandwich-Membran aus Harz-Glasfaserverbund ist für eine klare, unverfälschte Stimmenwiedergabe ausschlaggebend.Der bewährte «W»-Mitteltöner mit Sandwich-Membran aus Harz-Glasfaserverbund ist für eine klare, unverfälschte Stimmenwiedergabe ausschlaggebend.

Die neue Focal Utopia bedient sich der besten Zutaten aus beiden Firmen-Divisionen: Boxen-Design und allerbeste Treiber vonseiten Focal; Verstärker- und Streaming-Technik vonseiten Naim. Dabei hat sich keine Seite lumpen lassen: Als Schallwandler steuert Focal den bewährten «W»-Mitteltöner mit Sandwich-Membran aus Harz-Glasfaserverbund bei. Dieses Material soll laut Focal gleichzeitig leichter und steifer sein als anderswo erfolgreich eingesetzte Membranen aus Aramidfasern. Und dies bei kontrollierter Dämpfung von Resonanzen im Übergangsbereich zum Hochtöner. Bei Letzterem setzt Focal auf die bestens beleumundete Inverskalotte aus Beryllium. Dieses ultrateure Material vereint perfekte Steifigkeit mit hoher Breitbandigkeit (bis 40 kHz) und extrem schneller Impulsansprache. Damit eignet es sich perfekt für die HiRes-Musikwiedergabe. 

Die inverse Beryllium-Kalotte hat ihre superbe Qualität auch schon in den passiven High-End-Lautsprechern von Focal unter Beweis gestellt.Die inverse Beryllium-Kalotte hat ihre superbe Qualität auch schon in den passiven High-End-Lautsprechern von Focal unter Beweis gestellt.

Völlig neue Wege beschreitet Focal hingegen im Bassbereich: 2 x 2 seitlich abstrahlende 16,5-cm-Tieftöner in einer Push-Pull-Konfiguration arbeiten intern auf ein Bassreflexgehäuse mit definierter Öffnung nach unten über eine strömungsoptimierte Schallführung im massiven Sockel aus Aluminium-Spritzguss. So wurde es möglich, ein vergleichsweise schlankes Gehäuse (Breite: 42 cm) zu kreieren. Dass sich dieses dafür reichlich in die Tiefe streckt, fällt visuell von vorne betrachtet viel weniger ins Auge. Die Formgebung wirkt harmonisch und elegant, mit dezenten Rundungen, die nicht nur ästhetische, sondern vor allem akustische Vorteile mit sich bringen.

Eine solche Bauweise kann mit traditionellem Boxenbau kaum verwirklicht werden. Vielmehr handelt es sich um ein «Polymergehäuse mit hoher Dichte und struktureller Verstärkung, optimiert durch Finite-Elemente-Analyse». Sicherlich wäre es interessant, mehr über den Fertigungsprozess zu erfahren. So viel ist jedoch klar: dass es sich um eine extrem aufwändige Konstruktion handelt, deren Herstellung viele Ressourcen in Anspruch genommen haben dürfte. Die Aussage von Focal, dass die Entwicklung der aktiven Diva Utopia fünf Jahre gedauert habe, ist absolut nachzuvollziehen. Das Polymergehäuse ist über weite Teile mit relativ dickem (akustisch vorteilhaftem) grauem Filz belegt. Der Clou: Die zweiteilige Filzoberfläche ist abnehmbar und soll sich künftig durch andere Farbvarianten austauschen lassen.

Elegant versteckt: Seitlich sind zwei Tieftöner integriert, die diametral gegen zwei weitere auf der anderen Gehäuseseite arbeiten.Elegant versteckt: Seitlich sind zwei Tieftöner integriert, die diametral gegen zwei weitere auf der anderen Gehäuseseite arbeiten.

Verstärker und kabelloses Streaming integriert

Naim steuerte die gesamte Elektronik zur Focal Diva bei. Der britische Hersteller verfügt bereits über eine ausgereifte Technologie für aktive Systeme: Die «Pulse»-Plattform wurde für die Diva Utopia weiter optimiert und hinsichtlich Konnektivität und Rechenleistung auf Vordermann gebracht. Ausserdem entwickelte Naim ein Dreiwege-Verstärkermodul mit 400 Watt Gesamtleistung – und dies nicht etwa in kostengünstiger Class-D-, sondern in aufwändiger, dafür klanglich vorteilhafter Class-AB-Technik. 250 Watt stehen für die vier Tieftöner zur Verfügung, je 75 Watt für den Mittel- und den Hochtöner. Entsprechend nimmt ein grossflächiger Kühlkörper weite Teile der schlanken Gehäuserückseite in Anspruch. In unserem Testbetrieb wurde dieser niemals richtig warm oder gar heiss – ein gutes Zeichen für die thermische Stabilität der Konstruktion.

Die Kunst der Integration: Die Rückseite der Diva Utopia offenbart den riesigen Kühlkörper für die Class-AB-Verstärker sowie darunter die Anschlussperipherie inklusive HDMI-eARC, USB-Anschluss, Cinch- und Digitaleingängen.Die Kunst der Integration: Die Rückseite der Diva Utopia offenbart den riesigen Kühlkörper für die Class-AB-Verstärker sowie darunter die Anschlussperipherie inklusive HDMI-eARC, USB-Anschluss, Cinch- und Digitaleingängen.

Prinzipiell lässt sich die Diva Utopia kabellos ansteuern. Der einzige Anschluss pro Lautsprecher bildet in diesem Fall das Netzkabel. Bezüglich der Wireless-Versorgung setzt man auf eine «Ultra Wide Band»-Technologie, welche in Zusammenarbeit mit einem externen Spezialisten entwickelt wurde. Sie soll sich durch «verlust- und kompressionsfreie» Übertragung von HiRes-Signalen praktisch ohne Latenz auszeichnen. Die Wireless-Wiedergabe ist jedoch auf 24-Bit/96-kHz begrenzt. Wer Musik in höheren Datenraten wiedergeben möchte, kann alternativ ein Ethernet-/RJ45-Link-Kabel als Verbindung zwischen Primär- und Sekundärlautsprecher einsetzen. Laut Hersteller soll dies die Wiedergabe von Musik in 24-Bit/192-kHz ermöglichen.

Grundsätzlich ist das neue Naim-Streaming bei der Diva Utopia aber in einer zukunftssicheren 32-Bit-Architektur ausgelegt. Wir machten deshalb kurzerhand die Probe aufs Exempel und stöpselten am USB-Slot an der Rückseite des Hauptlautsprechers einen USB-Stick mit einem Musikfile im 32-Bit-/352,8-kHz-WAV-Format ein. Und siehe da: Via Focal/Naim-App liess sich der Musiktitel anstandslos abspielen. Wobei der Sekundärlautsprecher in unserem Fall per Link-Kabel angebunden war. Diese Variante ist aus grundsätzlichen audiophilen Erwägungen wohl auch generell vorzuziehen.  

Die Diva Utopia offeriert eine vielfältige kabelgebundene wie auch Wireless-Connectivity. Zu ersterer gehört ein HDMI-eARC-Eingang, über den die Focal TV-Ton wiedergeben kann. Die Lautstärke wird in diesem Fall per TV-Fernbedienung reguliert. Per Kabel (digital optisch) findet etwa ein BluRay-Spieler Anschluss, und Stereo-Cinch (z. B. für eine Phono-Vorstufe) wird ebenfalls angeboten.

Raumeinmessung inklusive: Via iOS-App lässt sich die Diva Utopia sehr einfach an die individuelle Hörraumakustik anpassen. Die Intensität der Korrektur kann man variieren.Raumeinmessung inklusive: Via iOS-App lässt sich die Diva Utopia sehr einfach an die individuelle Hörraumakustik anpassen. Die Intensität der Korrektur kann man variieren.

Die Diva Utopia lässt sich wahlweise via wertiger und übersichtlicher Vollmetall-Fernbedienung steuern oder über die bewährte Focal/Naim-App. Letztere offeriert auf Wunsch eine sehr einfach vorzunehmende Raumanpassung der Lautsprecher, dank der sich diese selbst in «schwierigen» Räumlichkeiten akustisch gut entfalten können. Diese «Adapt»-Funktion kommt ohne Messmikrofon aus, erfordert für den Einsatz jedoch ein iPhone. Die Einmessung kann problemlos vom Laien durchgeführt werden, dauert nur rund 10 Minuten und wird am Sitzplatz vorgenommen. Die Stärke der Raumkorrektur lässt sich via App variieren. «Adapt» ist zwar keine professionelle Raumeinmessung à la Dirac, leistet jedoch insbesondere im Tieftonbereich erstaunlich gute Arbeit. Zumindest im Umkreis der bevorzugten Sitzposition kommt man in den Genuss einer akustisch optimierten Wiedergabe.

App-Steuerung vom Feinsten

Die Focal-&-Naim-App (wahlweise für Android/iOS) hat zurecht bereits viele Meriten eingeheimst. Sie gehört zum derzeit Besten an Musiksteuerungs-Software und hat auch hier auf avguide.ch schon mächtig Eindruck hinterlassen. Trotz vieler Funktionen ist sie sehr einsteigerfreundlich gehalten: Sämtliche Musikprovider – so etwa Qobuz, Tidal oder Spotify – stehen übersichtlich zur Auswahl. Darunter werden nebeneinander Presets, Alben, Interpreten, Titel, Radiostationen sowie (im Fall von Musikprovidern) Playlisten dargeboten. Je nachdem, was man drückt, erscheint links die Auswahl, durch die man nach unten scrollen kann. Das ist bestechend einfach und praxisgerecht.

Eldorado für Internetradio-Nutzer: Das Webradio-Angebot ist innerhalb der Focal/Naim-App vorbildlich gestaltet.Eldorado für Internetradio-Nutzer: Das Webradio-Angebot ist innerhalb der Focal/Naim-App vorbildlich gestaltet.

Nutzer, die gerne Radio hören, können Sender anhand von gesonderten Bouquets aussuchen, darunter etwa «Naim‘s Choice», «HiDef» (Sender mit besonders guter Klangqualität) oder auch «SRF». Gut gelöst hat Naim das Erstellen/Abrufen der Favoritenliste. Mit zweimaligem Tastendrücken ist ein Sender gespeichert und sehr einfach über die Favoritenübersicht wieder auffindbar. Inhalte ab USB-Datenträger oder Home-Servern werden schnell und übersichtlich aufgelistet. Und nicht zuletzt eröffnet die App den Multiroom-Zugang zu weiteren vernetzten Naim-Produkten.