TESTBERICHT
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Publikationsdatum
22. Januar 2021
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Wer sich mit einem Budget von 4000 bis 5000 CHF nach einem integrierten Verstärker umsieht, der hat sehr viel Auswahl. Man bekommt viel für das Geld – und vor allem auch viel Funktionalität. So viel Funktionalität, dass die wichtigen Tugenden des Verstärkers (oder der Verstärkung) etwas verschwimmen, weil man im Zuge der Integration von DACs und digitalen Eingängen im Multipack (wie Streaming und digitale Signalprozessoren) gerne mal den Durchblick verliert.

«Funktionalität» ist gewiss das, was einen Vollverstärker seit Entstehung des Begriffs HiFi definiert. Wer sich höheren Sphären der Klangtugend zuwenden wollte, griff zu einem Vorverstärker und einer Endstufe. Das war vor allem gut für die Hersteller, welche diese Hierarchie erfunden hatten und sie mit Hilfe ihrer Absatzpartner und der Fachmedien den Musikbegeisterten eintrichterten. Handkehrum haben Beispiele immer wieder gezeigt, dass kompromisslose Vollverstärker mit den Vor/Endstufen-Kombinationen durchaus mithalten können.

Die Eigenschaft der Kompromisslosigkeit im audiophilen Sinn setzt die Entscheidung voraus, den Karren nicht zu überladen. Das scheint jedenfalls ein gangbarer Weg zu sein und wurde von Rega mit dem Vollverstärker Aethos beschritten. Der Aethos ist der kleinere von zwei Referenz-Vollverstärkern von Rega neben dem Osiris. Es ist ein reiner Line-Verstärker ohne Phono- oder gar Digital-Eingänge. Der einzige Luxus – also das, was man nicht zwingend braucht – ist ein Kopfhörer-Vorverstärker mit 6,3-mm-Jack-Buchse für hochwertige Kabel-Kopfhörer.

Extrem hochwertige Komponenten und Platinen im Aethos von Rega. Dazu ein sehr potenter Ringkern-Transformator in der Stromversorgung.Extrem hochwertige Komponenten und Platinen im Aethos von Rega. Dazu ein sehr potenter Ringkern-Transformator in der Stromversorgung.

Filigraner Bolide

Der Aethos-Vollverstärker bringt 17,5 kg auf die Waage. Verantwortlich für dieses Lebendgewicht sind der grosse Ringkern-Trafo und das massive Gehäuse. Die seitlichen Kühlkörper sind sehr solide verarbeitet; Bodenplatte wie Topplatte ebenfalls sehr massiv. Alles wirkt wie aus dem Vollen gefräst. Man beachte auf den Bildern auch die massiven «Eckpfeiler» am Gehäuse.

Die maximale Leistung beträgt 2 x 156 Watt bei 6 Ohm Impedanz. Dem gegenüber steht eine maximale Leistungsaufnahme von 415 Watt, bemessen bei 124 Watt Ausgangsleistung an typischen 8 Ohm Impedanz. Da gehen also ca. 167 Watt in Form von Wärme weg. Als ich den Hörraum betrat, lief der Aethos schon Stunden im Standby und fühlte sich trotz problemloser Belüftung schön handwarm an. Der Hersteller weist darauf hin, dass bei konstant hohen Pegeln und bei 6 Ohm Last (oder kleiner) eine Temperatur von über 40° C erreicht werden kann, was dann die thermische Schutzschaltung aktivieren würde. Der Aethos wurde auf herzerwärmend getrimmt und nicht auf cool bleibend ...

Nebst den 5 Line-Eingängen (von links) bietet der Aethos auch einen direkten Eingang an seine Endstufe und verschiedene Ein/Ausgänge für Aufnahmegeräte.Nebst den 5 Line-Eingängen (von links) bietet der Aethos auch einen direkten Eingang an seine Endstufe und verschiedene Ein/Ausgänge für Aufnahmegeräte.

Der Aethos ist als Verstärker auch auf Aufnahmegeräte getrimmt: Ein Recording-Input/Output und ein zusätzlicher ungeregelter Link-Output (zum Beispiel für einen separaten Kopfhörer-Verstärker) stehen für Aufnahmegeräte zur Verfügung und erlauben mit der Recording-Taste auf der Frontplatte die Hinterbandkontrolle – also die Umschaltung vom Quellensignal zum Signal der Aufnahme.

Was früher mit Analogaufnahmen selbstverständlich war, ist heute wieder im Kommen – wenn auch Bandaufnahmen trotz ihrer steigenden Popularität noch immer eher selten gemacht werden. Die Tonband-Fans kaufen sich eher fixfertige Bandkopien von Masterbändern oder von Produktions-Mastern. Und doch: Man kann mit dem Aethos zwei Aufnahmegeräte anschliessen und von einer Quelle gleichzeitig aufnehmen ... wenn ich das richtig verstanden habe.

Der direkte Eingang führt von einer Quelle direkt an die Endstufe des Aethos. Der Eingang wird in der Regel für die Homecinema-Integration verwendet (man verwendet den Aethos und Top-Lautsprecher links und rechts in einem kombinierten Homecinema/HiFi-System) und ist mit 840 mV @ 50 kOhm deutlich weniger empfindlich als die Line-Eingänge mit 224 mV @ 17k Ohm.

Interessant ist Netzstrom-seitig der Class-2-IEC-Stecker ohne Erdleiter: Die Erdung des Aethos läuft also über die Masse der Verbindungskabel via Quellengeräte und damit eben nicht doppelt, wie es sonst oft der Fall ist. Somit können Brummschlaufen besser vermieden werden. Probleme mit Netzbrumm bei Phono-Betrieb dürften mit dem Aethos nicht vorkommen. Wer die Rega-Plattenspieler ohne Massekabel und die Phono-Vorverstärker kennt, der weiss, dass es damit einfach nie brummt.

Minimalistische Bedienung: Die 5 Line-Eingänge und der Direct-Eingang werden mit der Input-Taste einfach «durchgezappt». Dazu kommt die Mute-Taste und besagte Record-Taste sowie der Ein/Aus-Schalter links neben der Record-Taste.Minimalistische Bedienung: Die 5 Line-Eingänge und der Direct-Eingang werden mit der Input-Taste einfach «durchgezappt». Dazu kommt die Mute-Taste und besagte Record-Taste sowie der Ein/Aus-Schalter links neben der Record-Taste.
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