In Sachen Noise Cancelling schlägt Sony einen ganz anderen Weg als alle anderen ein. Hier werden wohl tieffrequente Störgeräusche sehr effizient reduziert, gleichzeitig hebt man aber die Höhen des Umgebungsgeräusches an!
Das kann dann so ausgehen: Man sitzt im Garten und der Hörer blendet den Lärm des Rasenmähers des Nachbarn fast vollständig aus, was sehr erfreulich ist. Gleichzeitig aber verstärkt der Hörer hochfrequenten Kinderlärm, Sirenen und zum Beispiel harte Hammerschläge auf Metall.
Das Positive daran ist, dass man es, trotz eingeschaltetem Noise Cancelling, nicht überhört, wenn die Köchin oder der Koch zum Abendessen ruft! Andrerseits kann der Hörer keine wohltuende Stille über den gesamten Frequenzbereich garantieren, wie etwa ein Bose QC 15.
Hier sollte Sony halt doch bei Audio-Technica etwas spionieren und zwei wählbare Noise Cancelling-Modi zur Verfügung stellen. Ganz klar zeigen auch die Messungen dieses eigenartige Verhalten.
Sieben Jahre hat man sich bei Bowers & Wilkins Zeit gelassen, Nachfolger für die diversen Modelle der renommierten Nautilus-Serie auf den Markt zu bringen.Nun sind sie da – und unterscheiden sich äusserlich nur wenig von den Vorgängern. Punkto Technik und Klang sind hingegen grosse Fortschritte zu verzeichnen.
Exemplarisch überprüfte avguide.ch dies am Spitzenmodell 800 D sowie an der kleinen 805 S.
Nachhaltige Detailoptimierung
Wer sich zuvor einen Hörer von Sony oder Sennheiser angehört hat, wird vom Klangbild des M40 zunächst schockiert sein. Da scheinen ja im passiven Betrieb jegliche Höhen zu fehlen. Das Klangbild erscheint dumpf und ohne jegliche Brillanz.
Ganz anders, wenn man umgekehrt verfährt und sich erst mal rund 15 Minuten in den M40 einhört: Ja, dann empfindet man einen Sony als grell, schrill und fürchterlich zischelig. Was ist nun richtig und was falsch?
Tatsache ist, dass der M40 in diesem Testfeld den extremsten Platz auf der warmen, dunklen Seite einnimmt. Und dies nicht nur im passiven Betrieb, sondern auch aktiv, wo der Hörer doch deutlich mehr Brillanz und Druck zum besten gibt. Aber auch so betrieben, klingen alle anderen Hörer deutlich heller.
Bewährtes und Neues
Die neue 800 D ist das teuerste Modell innerhalb der Nautilus-Reihe.Optisch unterscheidet sie sich nur wenig von der Vorgängerin. Rundungen beherrschen das gediegene Erscheinungsbild, welches man mit dem Design-Motto „Form follows function“ vielleicht am besten charakterisieren könnte.
Von den Abmessungen her lassen sich die 800 D selbst in mittelgrossen Räumen noch gut aufstellen, ohne dass sie allzu opulent wirken.
Auch die Vorgängerinnen konnte man ja schon problemlos in kleineren Räumen betreiben, da sie im Bass ausgesprochen trocken und dröhnfrei agierten.
Die Bassgehäuse sind noch verlustfreier ausgelegt, indem die rückseitige Rundung nun aus durchgehendem Multiplex besteht und die Matrix-Innenversteifung optimiert wurde.
Völlig neu sind die Basstreiber mit 8 mm dicken „Rohacell“- Carbonfaser-Verbundmembranen und extrem starkem Antrieb.
Sie sollen für sehr saubere und impulsstarke Bässe besorgt sein, da ihre Membranen sehr leicht sowie steif sind und sich viel weniger von rückwärtig reflektierten Schallwellen beeinträchtigen lassen.
Bis auf 32 Hz hinunter (–3 dB) soll die 800 D damit übertragen.
Bose stellt seit über 20 Jahren Kopfhörer mit Noise Cancelling her. Zu Gute kommt Bose, dass sie die Erfahrungen im Bereiche der professionellen Fliegerei mit ihren Aviation Headsets mit denen im HiFi-Bereich kombinieren kann. Das Top-Produkt dieses geballten Wissens ist der QC15.
Ganz neu ist dieser Hörer aber nicht, denn er wurde bereits vor drei Jahren bei avguide.ch getestet und für sehr gut befunden. Ja, er setzte bezüglich Noise Cancelling sogar neue Massstäbe!
Neu ist das – wie könnte es auch anders sein – iPhone optimierte Kabel mit den üblichen Bedienungselementen zum Telefonieren und Steuern des i-Clans. Ansonsten ist alles gleich geblieben und es wird spannend zu sehen oder besser zu hören, ob ihn die Konkurrenz bereits überflügelt hat.

Dieser bekam ein verbessertes Chassisdesign spendiert und beruht ansonsten auf dem „Signature“-Treiber des Vorgängers mit Neodym-Magnet und Alu-Phaseplug.
Dank sickenloser Aufhängung und Kugelgehäuse findet die Kevlar- Membrane beinahe rundum ideale Abstrahlbedingungen vor.
Nach unten zum Bassgehäuse hin bedämpft eine dicke Lederauflage unerwünschte Reflexionen.
Hochtöner mit Diamantkalotte

Hier gelang B&W ein echter Durchbruch, der wohl auch dringend notwendig war, wollte man – notabene mit dem Bauprinzip der Kalotte – mit den angesagten „exotischen“ Schallwandlern der Konkurrenz, sprich Bändchenhochtöner oder Heil Air Motion Transformer, weiter mithalten.
Nach intensiver Forschung kamen die B&W-Ingenieure zur Erkenntnis, dass Diamant das beste Material für eine Hochtonkalotte ist, da es sich durch optimale Verwindungssteifheit, geringste Partialschwingungen und entsprechende Impulstreue auszeichnet.
Als grundlegender Vorteil gegenüber Aluminium, Titan und Berillium erwies sich zudem, dass eine Diamantkalotte im ultrasonischen Bereich kaum aufbricht oder Überschwinger produziert.
Ihr Frequenzgang fällt oberhalb von 20 kHz sanft und kontinuierlich ab.
Die B&W-Leute stellten dann in ausgiebigen Hörversuchen fest, dass ein möglichst ideales, praktisch partialschwingungsfreies Verhalten unter 20 kHz viel wichtiger ist als ein bis 40 kHz erweiterter Frequenzgang, der mit mehr oder weniger starkem, hochfrequentem „Ringing“ erkauft wird.
Ultrasonischer „Müll“

Unbestrittene Tatsache ist, dass mit den hoch auflösenden Tonträgern SACD oder DVD-Audio das Übertragungsverhalten eines Lautsprechers oberhalb von 20 kHz plötzlich wichtig wird.
Oder anders ausgedrückt: Im CD-Zeitalter spielte es keine grosse Rolle, wenn ein Hochtöner starke Peaks und Resonanzen zwischen 20 bis 40 kHz aufwies, da diese ja gar nicht oder kaum (wenn, dann nur über Interferenzen) angeregt wurden.
Nun gewinnt die Forderung nach einem sauberen Übertragungsverhalten auch oberhalb der menschlichen Hörgrenze plötzlich an Gewicht.
Weniger ist mehr

Dabei kristallisierte sich heraus, dass sich mit lediglich einem extrem hochwertigen Kondensator die besten klanglichen Resultate erzielen liessen.
So kommt ein alterungsbeständiger MKP vom deutschen Hersteller Mundorf (Typ M-Cap Supreme Silver/Gold) zum Einsatz.
Dem Hochtöner reicht elektrisch ein 6-dB-Filter (akustisch resultiert eine 12-dB-Linkwitz-Charakteristik), was sich positiv auf das Impulsverhalten auswirkt.
So argumentiert B&W sicher nicht zu unrecht, wenn auch nicht unbedingt neu: Je weniger Bauteile im Signalweg liegen, umso besser.
Um einen sanften Phasenverlauf im Übergangsbereich zum Mitteltöner sicherzustellen, musste der Hochtöner im Vergleich zur Vorgängerbox weiter nach vorne wandern.
Sonst hätte man nämlich die Plus/Minus-Umpolung tauschen müssen, was aus der ganzheitlichen Sicht der Entwickler auch nicht ideal gewesen wäre.
Was der stolze Besitzer wissen muss: Die Diamantkalotte des Hochtöner ist extrem sensibel gegenüber Berührungen.
Er sollte deshalb keinesfalls auf die Idee kommen, das matt silbern glitzernde Teil mittels Abnehmen des Schutzgitters der familiären Öffentlichtkeit zugänglich zu machen.
Kraft und Feinsinn

Als adäquater Spielpartner kam Elektronik vom kanadischen High-End-Spezialisten Classé zum Einsatz, die Verkabelung stammte von Kimber, die laut Importeur sehr gut mit den Nautilus harmonieren soll.
Sofort viel auf, wie mühelos und absolut schlackenfrei die 800 D jegliches Musikmaterial reproduziert.
Sie agiert aberwitzig schnell – dies jedoch, ohne auch nur im mindesten aufdringlich zu werden.
Selbst helle timbrierte Streicher-Aufnahmen, die auf anderen Schallwandlern schnell einmal angestrengt rüberkommen, erklingen auf der Nautilus zwar ebenfalls brillant, bleiben aber edel, rein und ohne unnatürliche Aggressivität.
Damit werden Orchesteraufnahmen auch in Originallautstärke gehört zum Ohrenschmaus, denn insgesamt erlaubt die 800 D ein aussergewöhnlich ermüdungsfreies Langzeithören.
Wobei man natürlich betonen muss, dass langes Lauthören der Gesundheit nicht zuträglich ist.
Dieses Risiko dämpft die 800 D aber insofern, als sie – passende Elektronik vorausgesetzt – schon bei Zimmerlautstärke ein sehr vitales Hörerlebnis mit guter Feindynamik ermöglicht.
Dennoch macht es Spass, es mit der 800 D ab und zu mal richtig krachen zu lassen.
Zumal sie auch im Tieftonbereich – selbst bei sehr hohen Pegeln – „unaufdringlich“ bleibt, da gehäusebedingte Resonanzen und Überhöhungen praktisch vollständig fehlen.
Impulsschneller Bass

Erstaunlich im Tieftonbereich ist das Differenzierungsvermögen.
So ertönt Jazzbass mit ungeahnten Timbre- und Klangnuancen. Verschiedene Bassinstrumente wie Synthesizer, Elektro- oder Akustikbass werden in ihrer jeweiligen Charakteristik präzise getroffen.
Aber auch der Flügel profitiert von der Autorität und Konturiertheit im Bass- und Grundtonbereich.
So erklingt Claudio Arraus Schubert-Interpretation unvergleichlich authentisch in einer so grandiosen Klangfülle, wie man sie über andere Lautsprecher bisher kaum je wahrgenommen hat.
Überhaupt gilt, dass man viele bekannte Aufnahmen, die man eigentlich auswendig kennt, neu entdecken kann, weil ihnen die Nautilus einen ungeahnten Detail- und Klangfarbenreichtum entlockt.
So lässt sich mit Bestimmtheit sagen, dass die britische Spitzenbox ein absolutes Maximum aus jeder Klangkonserve herausholt.
Dabei erweist sie sich aber keineswegs als gnadenlos aufdeckender und analytisch klingender Studio-Monitor.
Sie bringt Fehler der Aufnahmetechnik zwar klar zu Tage, jedoch paradoxerweise ohne solche Aufnahmen deshalb gleich ungeniessbar zu machen.
Homogenität gross geschrieben
Homogenität wird bei diesem Schallwandler extrem hochgeschrieben.Nicht nur, dass die 800 D keinerlei hörbaren Klangverfärbungen aufweist; hinzu kommt, dass auch keine irgendwie gearteten „Sprünge“ vom Tief- zu Mittel- oder vom Mittel- zum Hochtöner erkennbar sind.
Insbesondere der Hoch- und Obertonbereich sticht trotz enormer Auflösung überhaupt nicht aus dem Gesamtklang heraus.
Somit tönt die 800 D wie aus einem Guss – übrigens eine Tugend, die man schon der Vorgängerin attestieren durfte, jedoch bei der Nachfolgerin dank Diamanthochtöner nochmals gesteigert wurde.
Damit erübrigt sich auch die Diskussion, für welche Art von Musik sich die Nautilus 800 D wohl am besten eignet.
Egal ob bei Pop, Jazz oder Klassik – überall läuft die britische Edelbox zur Höchstform auf.
Grosse Abbildung

Eine Blockflöte wird nicht zur Orgel, eine Laute nicht zur Harfe.
So schafft sie auch das seltene Kunststück, Solisten plastisch aus dem orchestralen Hintergrund herauszuarbeiten und sie dennoch gesamtheitlich in den musikalischen Gesamtzusammenhang einzubetten.
Damit werden etwa Opern zum veritablen Hörgenuss.
Das Klangbild atmet und offenbart eine perfekte Durchhörbarkeit.
Unterstützt durch die aussergewöhnlich gute Fein- und Grobdynamik dieses Lautsprechers erwachen gute Aufnahmen zu pulsierendem Leben.
Fazit
Die B&W Nautilus 800 D scheint ganz nach der Devise konzipiert: „Authentischere Musikwiedergabe dank weniger Lautsprecher-Eigenklang und konsequenter Detailoptimierung.“Damit haucht sie dem Ideal grösstmöglicher Wiedergabetreue neues Leben ein und holt gleichzeitig eine ungeahnte Klangfülle aus allen möglichen Musikkonserven.
Alles in allem ein Schallwandler, mit dem man getrost ein musikalisches Bündnis fürs Leben eingehen kann – bis hin zur diamantenen Hochzeit.