TESTBERICHT
Der T1 von Beyerdynamic schafft dank seiner Bauweise einen räumlichen Klang

Beim T1 von Beyerdynamic handelt es sich um einen halboffenen, ohrumschlies-senden Kopfhörer. Mit dieser Kategorie lässt sich prinzipiell ein räumlicheres Klangbild erzielen als mit ohraufliegen-den oder gar mit Stöpsel-hörern. Der Grund liegt darin, dass durch eine geschickte Auslegung der Membran in der Hörmuschel gewisse Laufzeitunterschiede simuliert werden. Diese bilden im Grunde genommen die Voraussetzung für räumliches Hören.

Im Unterschied zu Lautsprechern, die ja eine räumliche Musikabstrahlung und damit eine Vorne-Ortung erlauben, gibt der Kopfhörer prinzipbedingt vorwiegend Direktschall, links und rechts kanalgetrennt, an die Ohren ab. Mit dem Resultat, dass sich das musikalische Geschehen seitlich oder „im Kopf“ abspielt. Dennoch schaffen es einige wenige Spitzenhörer, auch ohne elektronische Hilfsmittel ein räumlich differenziertes Hörerlebnis zu kreieren. Zu diesen Ausnahmekönnern zählt auch der Beyerdynamic T1.

Etwas Technik

Mit dem ringförmigen Magneten wird eine hohe Flussdichte und damit ein starker Antrieb erzielt
Sehr viel lässt Beyerdynamic über den T1 nicht verlauten. Technisches Hauptargument bildet eine innovative Magnetkonstruktion: Ein starker, ringförmiger Magnet soll eine hohe magnetische Flussdichte von bis zu 1,2 Tesla auf die Schwingspule bringen. Letztere ist sehr leicht und filigran gehalten, was insgesamt zu einem dynamischen Antriebsverhältnis führt. Wohl aus diesem Grund weist die Spule eine relativ hohe Impedanz von 600 Ohm auf, was den Einsatz des T1 vorwiegend für den Heimbereich sinnvoll macht. Denn viele portable Geräte generieren bei einem hochohmigen Abschluss zu wenig Leistung. Dabei nimmt Beyerdynamic für den T1 einen hohen Wirkungsgrad in Anspruch. Tatsächlich tönte er im Praxistest sogar etwas lauter als der niederohmige K701 von AKG. Tatsache ist auch, dass die höhere Impedanz des T1 stromschwache Kopfhörerverstärker entlastet.

Top-Verarbeitung

Das Tesla-System sorgt zusammen mit der leichten Membran für eine optimale Impulswiedergabe

Äusserlich kommt der T1 eher diskret daher – insbesondere, wenn man ihn mit dem futuristisch gestalteten HD800 von Sennheiser vergleicht. Punkto Materialanmutung muss er sich jedoch nicht verstecken. Die Vollmetallmuschel hinterlässt nicht nur beim Anfassen einen wertigen Eindruck. Ihre hohe Stabilität sorgt auch für Resonanzarmut sowie – in Zusammenarbeit mit den straffen, aber dennoch bequemen Polstern – für einen sauberen und druckvollen Bass. Nicht nur für Lautsprecherboxen gilt, dass sich eine reduzierte Schwingneigung und damit ein geringerer Verlustfaktor des Gehäuses in verschiedener Hinsicht positiv auswirkt. Davon profitieren auch beim Kopfhörer die Verfärbungsfreiheit und das Impulsverhalten.

Der Tragekomfort, den der T1 offeriert, ist hoch: Wenn man die Muscheln justiert, haben die Ohren genügend Luft, um nicht allzu schnell heiss zu laufen. Trotz dem relativ hohen Gewicht – zu dem der grosszügige Querschnitt des Anschlusskabels beiträgt – erlaubt die gelungene Kombination aus passendem Anpressdruck und komfortablem Bügelpolster längeres ermüdungsfreies Hören.

Klanglich Spitzenklasse

Verarbeitung und Materialanmutung gehören beim T?1 zum Besten, was der Kopfhörermarkt anzubieten hat

Zunächst durfte sich der T1 mit der bewährten Oberklasse der Hi-Fi-Kopfhörer messen. Im Vergleich zum K701 von AKG und – noch deutlicher – mit dem HD650 von Sennheiser zeigte sich sehr schnell, dass der T1 in einer anderen Liga spielt. Der HD650 klingt vergleichsweise flach; aber auch der schon sehr gute K701 hat Mühe, eine so schön aufgefächerte Stereoperspektive aufzubauen. Ausserdem klingt der T1 schon bei geringer Lautstärke deutlich kraftvoller und lebendiger. Seine Stärke liegt zweifellos in einer ausgezeichneten Feindynamik: Man muss mit ihm gar nicht laut hören, um ein gehaltvolles Musikerlebnis geboten zu bekommen.

Punkto Verfärbungsfreiheit kann man dem T1 ebenfalls beste Noten verleihen: Er gehört zu den wenigen Hörern, mit denen man auch im Vergleich zu einem sehr guten Abhörlautsprecher ohne das Gefühl, punkto Hi-Fi Abstriche machen zu müssen, gerne länger Musik hört. Dazu trägt eine ermüdungsfreie tonale Abstimmung bei, bei der auf die sonst übliche Akzentuierung des Hochtonbereichs verzichtet wurde.

Interessant ist der Vergleich mit dem HD800 von Sennheiser: Dieser klingt auf Anhieb etwas effektvoller, was er aber auch einem prägnanteren Hochtonbereich verdankt. Der T1 erweist sich demgegenüber als unkritischer bei der Wiedergabe weniger guter Aufnahmen. Auch er gefällt mit sehr hoher räumlicher Transparenz, wobei der Sennheiser eine noch bessere Vorne-Ortung des musikalischen Geschehens schafft. Dennoch werden auch über den Beyerdynamic gute Opern-Liveaufnahmen zum veritablen Musikerlebnis. Bei beiden Spitzenhörern ist das räumliche Imaginationsvermögen des Musikliebhabers gefragt: Man muss sich Sänger und Musiker auf der Bühne vorstellen, was über beide Hörer leicht gelingt.

Der T1 klingt insbesondere bei intimer Kammermusik betörend schön, hier kann er sich mit seinem straffen sowie druckvollen Grund- und Tieftonbereich eindrucksvoll in Szene setzen. Orgelaufnahmen ertönen weiträumig und körperlich spürbar, man fühlt sich in das Kirchenschiff hinein versetzt. Vokalmusik profitiert ebenso von der ausgewogenen tonalen Abstimmung: Männerstimmen erklingen mit angemessenem Brustvolumen, Frauenstimmen mit schönem Timbre.

Bei Jazz und Rock überzeugte der T1 mit kraftvollen Bassläufen und einer genauso relaxten wie rhythmischen Spielweise, die auch härtere musikalische Gangarten zum Genuss werden lassen. Gerade hier erweist es sich als Vorteil, dass man nicht gesundheitsschädigend laut aufdrehen muss, um auf seine Kosten zu kommen.

Fazit

Der Beyerdynamic T1 gehört zu den wenigen Spitzenkopfhörern, mit denen ein wirkliches Hi-Fi-Musikerlebnis ohne Abstriche möglich wird. Im Vergleich zu einem Sennheiser HD?800 oder einem Grado GS1000i klingt er vielleicht etwas weniger räumlich-effektvoll, dafür ist er unter dem Strich wohl der ehrlichste unter den Kopfhörern bis 2000 Franken. Dass er nicht einmal 1200 Franken kostet, macht ihn umso sympathischer.
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