TESTBERICHT
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Vincent SV-237: by Frank Blöhbaum

Der Hybrid-Vollverstärker zeigt seine eingangsseitige Doppel-Triode durch ein zentrales Bullauge und inszeniert sie wahlweise heller oder dunkler dank oranger und fernbedienbarer LED-Ausleuchtung.Der Hybrid-Vollverstärker zeigt seine eingangsseitige Doppel-Triode durch ein zentrales Bullauge und inszeniert sie wahlweise heller oder dunkler dank oranger und fernbedienbarer LED-Ausleuchtung.

Der Vincent SV-237 ist das jüngste Kind aus Blöhbaums Röhren-Schmiede, zu der sich Vincent Zugang verschaffte. Der Hybrid-Vollverstärker zeigt seine eingangsseitige Doppel-Triode durch ein zentrales Bullauge und inszeniert sie wahlweise heller oder dunkler dank oranger und fernbedienbarer LED-Ausleuchtung. Das ist nicht jedermanns Sache, aber man kann die Beleuchtung ausschalten.

Der SV-237 ist gut inszeniertes Retro-Desing mit moderner Technik. Die Eingangsstufe besteht aus einer Doppel-Triode und 2 Trioden aus UDSSR-Beständen. Dahinter folgt eine eindrückliche MOS-FET-Endstufe mit gigantischen Kühlkörpern. Es stehen 6 Line-Eingänge zur Verfügung, davon ein Digitaleingang (USB). Die Klangregler für Bässe und Höhen sind gut zu bedienen und ausschaltbar. Die selten gewordene Loudness-Taste findet man hier ganz unvermittelt. Sie ist bei sehr leisen Pegeln eine gute Option.

Die Verarbeitung ist von exemplarischer Güte und erinnert an Verstärker im fünfstelligen Preissegment. Die geschlitzte, massive Deckplatte gewährt Kühlung und Einblick. Ein Fest für die Augen und sogar ein wenig protzig. Man geizt nicht bei Vincent, und Understatement gehört scheinbar nicht zur Philosophie des Hauses. Wen stört's? Es ist ein Hingucker.

Dank hybrider Loslösung von Endstufen-Röhren gibt es 2 x 150 W zu bestaunen und deren 2 x 250 an 4 Ohm. Die Maschine wird handwarm und eignet sich nicht für den Einbau ins Sideboard. Für 2390 CHF bekommt man sehr viel schönes Gerät in schwarz oder silber. Ich empfehle schwarz.

Klangbeurteilung

Das ist hohe Klangkultur mit einer Tendenz zur Wärme und einer gewissen Sattheit, die tendenziell analytischen Lautsprechern gut zu Diensten steht. Die Struktur ist keineswegs übermässig gefällig oder verschweigend. Das Cello von Wispelwey  schwelgt in seinem knorrigen Holz und zeigt nicht dieses übertriebene Volumen. Trotz prägnantem Grundton gibt es viel Luft um die Instrumente, und die anschwellende Stimme im Intro zu Ombra mai fu von Fleming erzeugt eine vibrierende Spannung, die ins Unterbewusstsein dringt. Johnny Cashs kratzende Stimme, eine Anomalie der Aufnahme, trägt eine gewisse Sanftheit in sich und die „Telecaster“  hat einen betörend schönen Anriss der Saiten. Der Verstärker spielt eher gegen hinten und schlägt nicht so ins Gesicht, wie heute oft zelebriert. An diesem Klang wurde gearbeitet.

Wer es mit der Demut von Röhren hat und bei Leistung und Basskontrolle keine Kompromisse eingehen will oder wer einfach nicht die passenden Lautsprecher für reine Röhrenverstärker sein Eigen nennt, der kommt hier sicher ans Ziel.