TESTBERICHT
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Bokeh, Selfie und Panorama

Unscharfer Hintergrund: Das Spiel mit Unschärfe und Bokeh-Effekt beherrschen Smartphones immer besser. Hier das Samsung Galaxy S9+ in der Live-Fokus-Einstellung mit anpassbarer Hintergrund-Unschärfe.Unscharfer Hintergrund: Das Spiel mit Unschärfe und Bokeh-Effekt beherrschen Smartphones immer besser. Hier das Samsung Galaxy S9+ in der Live-Fokus-Einstellung mit anpassbarer Hintergrund-Unschärfe.

Eine weitere Do­mäne, die bis­lang vor allem Kameras mit grossen Sen­soren und licht­starken Ob­jek­tiven vor­behalten war, ist der Tiefen­schärfe-Effekt. Zum Bei­spiel ein un­scharfer Hinter­grund bei Porträt­auf­nahmen. Oder bewusst ein­ge­setzte Schärfen­bereiche mit schönen, cremigen Uns­chärfe-Kreisen, den so­ge­nannten «Bokehs».

Da Smart­phones mit Mini-Bild­wandlern und Weit­winkel-Objektiven die Auf­nahmen generell von vorne bis hinten scharf ab­bilden, wird dieser Unschärfe-Effekt mit innova­tiven Funk­tionen simu­liert. Dabei wird die Un­schärfe gleich bei der Auf­nahme aus zwei Fotos berechnet, eine Tele- und eine Weit­winkel­aufnahme dazu kom­biniert oder erst später aufs Bild an­ge­wendet. Die Er­geb­nisse fallen je nach Handy-Marke und Motiv-Abstand unter­schied­lich gut aus.

Wie oft man diesen Effekt an­wendet, sei mal dahin­gestellt. Möchte man seine Urlaubs­bekannt­schaft in den Mittel­punkt stellen, ist ein ver­schwom­mener Hinter­grund durch­aus gewünscht. Sollen tolle Land­schaft plus tolle Bekannt­schaft ge­mein­sam aufs Selfie, muss wieder alles scharf sein.

Apropos Selfie: Hier können natur­gemäss die Smart­phones bril­lieren. Sie schalten blitz­schnell zwischen Haupt- und Selfie-Kamera um und haben das gesamte Display für die Auf­nahme­kontrolle zur Ver­fü­gung. Die Foto­kameras müssen dazu erst den Bild­schirm hoch- oder seitlich aus­klappen. Bei der Panasonic TZ202 ist dies gar nicht mög­lich, da sie ein fest ein­gebautes Display be­sitzt.

Auch gegen die High-Tech-Bild­schirme der Smart­phones ziehen die Foto­kameras den Kürzeren. Ihre LC-Displays können schlicht­weg nicht mit Leucht­kraft, Kontrast­umfang und Farben­viel­falt der Handy-Riege kon­kur­ren­zieren. Wobei es Huawei und Samsung mit der Dar­stel­lung schon wieder über­treiben und da­durch oft kitschig und un­natür­lich wirken. Viel­leicht hat dies etwas mit dem Farb­empfinden von Koreanern und Chinesen zu tun. Apple und Sony sind da eher zurück­haltender.

Bei Auf­nahmen unter sonnigem Himmel haben mich die Smartphone-Bild­schirme sehr positiv über­rascht. Es war durchaus noch etwas darauf zu er­kennen, auch wenn man ihnen ab und zu etwas Schatten spenden musste. Die beiden Foto­kameras Nikon und Panasonic konnten hier nur mit ihren Suchern mit­halten. Die Canon taugte unter diesen Be­din­gun­gen mangels Suchers höch­stens noch als Beauty- oder Rasier­spiegel.

Verschönern oder verunstalten: Die Smartphone-Selfies lassen sich mit den unterschiedlichsten Filtern bearbeiten.Verschönern oder verunstalten: Die Smartphone-Selfies lassen sich mit den unterschiedlichsten Filtern bearbeiten.

Alles so schön breit hier

Pano­rama-Auf­nahmen setzten alle vier Smart­phones gut zu­sammen, wenn ihr Blick in die Ferne schweifte und man ruhig schwenkte. Sobald sich aber Ob­jekte in unter­schied­lichen Ab­stän­den vor den Linsen be­fanden oder sich etwas zu stark be­wegte, gab es merk­würdige Resul­tate. Und Gegen­licht beim Schwenken mochten alle Handys nicht wirk­lich.

Beim Land­schafts-Panorama über­zeugte dann je­doch die Foto­kamera Panasonic TZ202. Zwar fiel sie mir bei­nahe aus der Hand, als sie in der Panorama-Ein­stel­lung los­rat­terte, so uner­wartet laut im Ver­gleich zu den stillen Smart­phones war sie. Dafür brachte nur sie Gräser, Bäume, Wiesen und Häuser so klar, scharf und ohne digitale Über­zeichnung hin – auch in der 100-%-Dar­stel­lung.

Die vier Smart­phones und die Nikon B700 lagen hier etwa gleich­auf. Und die Canon G7 X Mark II? Die hat gar keine Panorama-Ein­stel­lung. Jeden­falls habe ich keine ge­fun­den.

Grössere Unter­schiede gab es bei den Pano­ramen vom Balkon aus mit Haus­fassade, Geländer und Stütz­pfeiler inner­halb des Schwenk­bereichs. Senk­rechte Kanten blieben einiger­massen gerade, doch das Balkon­geländer schräg im Bild wurde von allen Handys nicht sauber zusammen­gesetzt. Beim Huawei hörte es gar im Nichts auf. Die Fassaden-Platten unter­halb der Fenster hatten bei Apple, Huawei und Sony beinahe jegliche Zeichnung ver­loren. Am besten konnte hier Samsung mit dem Gegen­licht um­gehen, patzte aber auch beim Ge­län­der. Und als der Test-Re­dak­tor noch däm­lich in den Schwenk hinein­winkte, er­rech­nete es ein ganz spe­ziel­les Porträt.

Mit Samsung, Sony und der Nikon-Fotokamera sind 360-Grad-Rund­um­schwenks mög­lich, mit dem Rest nur etwa 180-Grad-Pano­ramen.

Panorama-Aufnahme, Apple iPhone X
Panorama-Aufnahme, Apple iPhone X
Panorama-Aufnahme Ausschnitt Balkon, Apple iPhone X
Panorama-Aufnahme Ausschnitt Balkon, Apple iPhone X
Panorama-Aufnahme, Huawei P20 Pro
Panorama-Aufnahme, Huawei P20 Pro
Panorama-Aufnahme Ausschnitt Balkon, Huawei P20 Pro
Panorama-Aufnahme Ausschnitt Balkon, Huawei P20 Pro
Panorama-Aufnahme, Panasonic DC-TZ202
Panorama-Aufnahme, Panasonic DC-TZ202
Panorama-Aufnahme, Samsung Galaxy S9+
Panorama-Aufnahme, Samsung Galaxy S9+
Panorama-Aufnahme Ausschnitt Balkon, Samsung Galaxy S9+
Panorama-Aufnahme Ausschnitt Balkon, Samsung Galaxy S9+
Panorama-Aufnahme Ausschnitt Test-Redakteur, Samsung Galaxy S9+
Panorama-Aufnahme Ausschnitt Test-Redakteur, Samsung Galaxy S9+
Panorama-Aufnahme, Sony Xperia XZ2
Panorama-Aufnahme, Sony Xperia XZ2
Panorama-Aufnahme Ausschnitt Balkon, Sony Xperia XZ2
Panorama-Aufnahme Ausschnitt Balkon, Sony Xperia XZ2

Unschlag­bar ist das Smart­phone beim sofortigen Teilen der Fotos. Vor allem die junge Ge­ne­ra­tion möchte jedes auf­genommene Bild­chen un­be­dingt Freunden und Feinden zeigen. Bei der Foto­kamera muss dazu erst mehr oder weniger um­ständ­lich eine Ver­bindung übers Smart­phone her­ge­stellt werden.

Neben­bei protokolliert das Handy automatisch, wo jedes Foto auf­ge­nommen wurde. Und die Daten­sicherung läuft meist un­be­merkt im Hinter­grund in eine Cloud – auch in den Ferien übers Hotel-WLAN. Hoffent­lich, denn wenn das Smart­phone ver­loren geht oder ge­klaut wird, sind auch alle Fotos und Videos weg. Dann ist in der Regel neben dem ideellen oder emotionalen Verlust auch der finan­zielle Schaden weit grösser als beim Ab­handen­kommen einer kleinen Foto­kamera, wo für jeden Urlaub ein neues Speicher­kärtchen ver­wendet werden kann.

Vorteil Fotokamera: Dank Sucher ist auch im Sonnenlicht ein Bild zu erkennen, der ergonomische Handgriff gibt festen Halt, und über die Tasten und Rädchen werden Einstellungen direkt ausgeführt. Bei der Nikon B700 schwenkt das Display auch seitlich aus.Vorteil Fotokamera: Dank Sucher ist auch im Sonnenlicht ein Bild zu erkennen, der ergonomische Handgriff gibt festen Halt, und über die Tasten und Rädchen werden Einstellungen direkt ausgeführt. Bei der Nikon B700 schwenkt das Display auch seitlich aus.

Smarte Bedienung

Mit dem Smart­phone wird tele­foniert, gemailt, gewhatsappt, im Web ge­surft, elek­tro­nisch ge­lesen, ge­spielt, Filme ange­guckt, foto­gra­fiert und vieles mehr. Die Be­die­nung er­folgt dabei immer über die­selbe Ober­fläche. Ohne weiteres Zu­be­hör ist die Hand­habung besonders beim Filmen und Foto­grafieren – sagen wir mal – etwas ge­wöh­nungs­be­dürftig. Vor allem die ältere Ge­ne­ra­tion ver­misst eine hap­ti­schere Be­die­nung.

Da gibt es keinen rich­ti­gen Aus­löser, die Zoom­taste fehlt oder muss mittels Laut­stärke-Regler simu­liert werden, alle Ein­stel­lungen ge­schehen über winzige Symbole – und über­haupt, wie halte ich das Ding richtig, ohne zu ver­wackeln oder die Linse zu ver­decken? Ein Stativ­gewinde ist nicht vor­handen, und ohne ein­ge­bauten Bild­stabili­sator ist es kaum mög­lich, im Schummer­licht einer Bar ein einiger­massen scharfes Selfie zu er­stel­len.

Digital Natives, also Leute, die bereits mit einem Snapchat-Konto und virtueller Brille auf die Welt kommen, werden darüber nur lachen. Den­noch sind dies meiner Mei­nung nach durch­aus prak­tische Gründe für das Foto­gra­fieren mit einer rich­tigen Foto­kamera.