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Publikationsdatum
15. April 2020
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MEDIEN

An einem Schönwetter-Mittwoch, wenige Tage vor dem Lockdown, der gerade unser Leben auf den Kopf stellt, fuhr ich ins luzernische Reiden, nahe Zofingen, wo die Kantonsgrenzen von LU, AG und SO schon fast gegen Social Distancing verstossen. Der Standort im Kanton Luzern ist für den neuen Firmensitz von JB swiss kein Zufall: Mit den zurzeit tiefsten Unternehmensgewinnsteuern in Europa kann man kosteneffizient erfolgreiche Unternehmen starten. Bei JB swiss geschieht dies gerade.

Dabei könnte er, Bruno Jeker, langsam in Pension gehen. Er baut seit seinen musikalischen Anfängen im Jahr 1973 Lautsprecher der Marke JB. Vielleicht dämmert es nun so manchem Leser: Von JB hat man schon irgendeinmal gehört, von Bruno Jeker ebenfalls. Eine lange Geschichte tritt aus dem Nebel, so wie die zunehmend schärfer werdenden Umrisse der Birken beim herbstlichen Morgenlauf.

Es wäre langweilig, die Geschichte chronologisch zu erzählen. Das macht heute niemand mehr. Es gibt zwei Geschichten zu erzählen: die von Jeker Bruno (JB) und die von JB swiss. Das ist nicht ganz dasselbe – und daher macht es so Sinn.

Als es Roger Döös dämmerte

Roger Döös ist ein richtig harter Kerl. Vor Jahrzehnten war er Thai-Boxer mit idealem Kampfgewicht, beruflich ist er Unternehmensberater für temporäre Mandate mit hohem Anspruch. Er wird engagiert für Produktionsverlagerungen, Change Management, Turnarounds und allgemein überall, wo es brenzlig oder kompliziert wird und wo Führungskompetenz gefragt ist.

Raten Sie mal: Wer ist Bruno Jeker und wer ist Vater und Sohn Döös? *Raten Sie mal: Wer ist Bruno Jeker und wer ist Vater und Sohn Döös? *

Seit vielen Jahren sammelt Roger Döös HiFi-Anlagen und -Geräte, besitzt ungefähr 50 Paar Lautsprecher und eine Menge High-End-Elektronik dazu. Er repariert und restauriert Geräte und hört leidenschaftlich gerne Musik damit. Vor zwei Jahren fand er im Internet ein Schweizer Produkt, von dem er zuvor nie etwas gehört hatte – ausgerechnet er. Er nimmt mit dem Hersteller namens Bruno Jeker Kontakt auf. Denn er hat zuvor nie etwas gehört, das ihn mehr überzeugt hätte.

Die Familie Döös setzt sich einige Monate später mit Bruno Jeker zusammen und kauft das Unternehmen auf. 2018 wurden Geschäftsräume in Reiden gemietet. Aus JB wurde die JB swiss AG sowie die Marke JB swiss. Bruno Jekers Lautsprecher starten nach einer langen Vergangenheit in eine neue Zukunft.

HiFi-Geschäft und Kirchenorgel

Plusminus im Jahr 1973: Bruno Jeker macht in jener Zeit vier Dinge: Eine Berufslehre bei Isola Breitenbach, eine Ausbildung auf der klassischen Orgel (mit der örtlichen Kirche als nächtliches Übungslokal), er baut Lautsprecher und er eröffnet ein HiFi-Studio im Haus seiner Eltern. Nicht schlecht für einen 18-Jährigen. Seine Lautsprecher sind kein Hobby: Er hatte sich dem Thema zuvor autodidaktisch angenähert und wusste genau, was er tat. Das Konzerterlebnis in der guten Stube war und blieb Motiv und Antrieb über Jahrzehnte.

Um die Zeit herum experimentierte Bruno Jeker mit direkter und indirekter Schallwellenausbreitung. Er richtete ein Paar Lautsprecher direkt aus sowie ein weiteres Paar in Richtung der Wand vor sich. Die Lautsprecherpaare erhielten dasselbe Musiksignal, aber mit unterschiedlichen Pegeln. Er stellte fest, dass sich bei einem bewusst erzeugten Indirektschall-Anteil von 10 bis 15 % ein Höreindruck ergab, der dem Klang eines Orchesters im Konzertsaal wesentlich näher kam. Es stellte sich ein Live-Gefühl ein. Er testete einen Prototyp in verschiedenen Räumen seiner Kunden, anfangs überwiegend bei Kollegen, die seine Lautsprecher kauften. Er fand sich mit diesem Prinzip bestätigt.

Schallwellen im Hochtonbereich breiten sich bei der JB Orchestra auch gegen hinten aus.Schallwellen im Hochtonbereich breiten sich bei der JB Orchestra auch gegen hinten aus.
Das gleiche Prinzip beim Referenzlautsprecher JB Concerto mkII.Das gleiche Prinzip beim Referenzlautsprecher JB Concerto mkII.

Pikant: Ein schon damals sehr bekannter US-Hersteller ersuchte ihn um eine Lizenz seiner Erfindung. Das verlief jedoch im Sand. Der Hersteller fand eigene Wege, das Prinzip umzusetzen, wenn auch mit einem extrem hohen Indirekt-Schallanteil. Man mag sich daran erinnern ...

Bruno Jeker wich nie mehr davon ab und perfektionierte das Prinzip bei vielen seiner Lautsprecher. Nach der offiziellen Firmengründung 1974 gelang ihm ein Hattrick: Seine JB Studio 50 Spezial wurde Testsieger an der Tonmeistertagung 1975 in Köln. Plötzlich wurde die Fachwelt auf ihn und seine Lautsprecher aufmerksam. Nebenbei sei gesagt, dass die Schweiz zu jener Zeit kaum wirklich bekannt war für Lautsprechermarken und -hersteller. Swiss Made wurde viel mehr im Bereich der Mechanik als aussergewöhnlich wahrgenommen.

* Von links nach rechts: Sandro Döös, Roger Döös, Bruno Jeker.

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