
Der Cyrus One überzeugte uns sehr und wurde im Testbericht entsprechend gewürdigt. Ein moderner, kleiner und leistungsfähiger Vollverstärker für den kostenbewussten Kenner mit hohen Klangansprüchen. Dazu ging der Wunsch in Erfüllung, für 950 Franken ein in England produziertes Gerät zu erwerben – Britishness und Swissness liegen nahe beieinander.
Seit unserem Test des Cyrus One sind gut 10 Monate vergangen – und schon gibt es den Cyrus One HD. Das wäre etwas zu früh für einen Nachfolger. Doch das ist er eben nicht. Die HD-Version ist der grosse Bruder des One, ausgestattet mit einem DAC-Board und zusätzlichen Digitaleingängen. Das sieht nach Understatement aus: Der einzige visuelle Unterschied ist die Beschriftung auf der Frontplatte und natürlich das Anschlussfeld auf der Rückseite.
Aber damit nicht genug: Die sogenannte «One-Series» von Cyrus wird mit einem neuen Lautsprecher ergänzt, dem Cyrus One Linear. Das erstaunt, weil Cyrus schon länger keine Lautsprecher mehr gebaut hat. Dann gibt es auch noch den «Cyrus One HiFi Starter Kit», die Kombination des Cyrus One (nicht One HD!) mit dem One Linear.
Sag einmal! Die haben ja richtig gute Ideen. Ein Einsteiger-Set für angehende Audiophile, die mit geringem Investment gleich auf die Überholspur wollen. Eine Kampfansage an die grassierende Audio-Beliebigkeit, die «guten Sound und volle Bässe» aus Bierbüchsen zaubert. Manch einer der anerkannt audiophilen HiFi-Marken würde so etwas nicht einfallen. Lieber übt man sich in wissender Zurückhaltung und wartet (vergebens) auf die neuen Kunden ...
Kann man damit auf die Überholspur? Wir werden sehen. Der Titel des Testberichts zeigt jedenfalls schon mal die Richtung an.


One HD: Technik

Die Platine oder Leiterplatte des Cyrus One HD wurde komplett neu entwickelt und nicht bloss ergänzt. Man sieht das auf den Bildern deutlich. Der One HD verfügt natürlich im Unterschied zum One über eine komplette DAC-Sektion. Zudem scheint man bei Cyrus auch die Phono-Vorstufe verbessert zu haben. Unmittelbar hinter dem Phono-Eingang des One HD sieht man eine separate Platine.
Ansonsten ist die Verstärkung identisch aufgebaut, mit kleineren Umplatzierungen verschiedenster Bauelemente. Das kann auf Klangoptimierung zurückzuführen sein – oder wahrscheinlicher auf das neue Layouting. Technisch ist auch der One HD ein Schaltverstärker mit 2 x 100 Watt Leistung. Allerdings nun in der 4. Generation, und die Stromversorgung besorgt wie beim One HD ein grosszügiges Linear-Netzteil, dessen Rinkern-Trafo Platz braucht und viel Gewicht beisteuert. Der One HD ist insgesamt 120 Gramm schwerer geworden.
Das Anschlussfeld erhielt gegenüber dem One Zuwachs, und zwar in Form von drei Digitaleingängen: 1 asynchroner USB und 2 x SPDIF, optisch und coaxial. Ansonsten gibt es keine Änderungen. Was ich bei beiden Modellen sehr schön finde, ist die Anordnung und Beschriftung des Phono-Eingangs. Damit wird dem versehentlichen Anschliessen einer falschen Quelle am Phono-Eingang vorgebeugt.
Der asynchrone USB-2.0-Eingang akzeptiert am Eingang 32 Bit und eine maximale von 192 kHz sowie DSD64 und DSD128. 32 Bit am Eingang heisst aber nicht zwingend, dass der DAC durchgängig mit 32 Bit arbeitet. Das ist generell so.
Die beiden SPDIF-Eingänge, Toslink und coaxial, verarbeiten Daten mit maximal 24 Bit und 192 kHz Taktrate.
Unterschiede mit Klangrelevanz
Hier möchte ich auf die Frage eingehen, ob es Sinn macht, den One HD zu kaufen, auch wenn Sie die neuen Digitaleingänge nicht benötigen. Es gibt einige Hinweise, die dafür sprechen: Cyrus' Schalterverstärker ist eine neue Generation. Die Vierte gegenüber der Dritten beim One. Das kann man ernstnehmen.
Bluetooth wird mit aptX HD spezifiziert. Beim One gibts «nur» aptX. Zwei Einschränkungen: Bei Bluetooth hat HD nichts mit Hi-Res zu tun, und die Bluetooth-Quelle, meistens ein Smartgerät, muss aptX HD auch unterstützen, sonst bringt das nichts.
Beim Phono-Vorverstärker vermute ich eine Qualitätsverbesserung aufgrund der neuen Platine. Das wird aber vom Hersteller nicht hervorgehoben. Das neue Layout kann durchaus klangliche Vorteile mitbringen.

Cyrus One Linear

Der neue Cyrus One Linear macht einen sehr guten Eindruck. Er ist als universell platzierbarer Lautsprecher ausgelegt und eignet sich prinzipiell als Regallautsprecher in Bücherregalen oder auf Sideboards. Mit den Bassreflex-Ports gegen hinten gerichtet, empfiehlt Cyrus einen Rückwandabstand von 10 bis 30 cm. Ich würde eher in Richtung 30 cm tendieren, doch da wirds schwierig in einem Bücherregal.
Für 30 cm Tiefe müsste man also ein umso tieferes Regal haben, oder man platziert es grosszügig von der Rückwand entfernt, was nicht ganz im Sinne des Erfinders sein dürfte. Geschlossene Regale eignen sich nicht, und somit kommt auch das Billy von Ikea ... Nein, der Lautsprecher ist für Sideboards und Ständer eindeutig besser geeignet, als für Regale.
Das Design ist nicht von schlechten Eltern. Das weisse Kunststoffgehäuse ist nahtlos, monolithisch und wirkt sehr edel. Die Frontabdeckung ist elegant in einen Metallrahmen eingelassen. Man kann die Abdeckung mit einigem Aufwand zwar abnehmen, aber das ist eine tückische Angelegenheit – und vermutlich weder nötig noch vorgesehen. Der Spalt zwischen Abdeckung und Rahmen ist so schmal, dass man mit blossen Händen nicht zugreifen kann. Man benötigt dazu ein dünnes Plättchen oder ein stumpfes Küchenmesser, was mit Vorsicht zu verwenden ist.
Mit einer Nominal-Impedanz von 8 Ω und einem Wirkungsgrad von 86 dB ist der One Linear recht laut für seine Grösse. Die empfohlene Verstärkerleistung beträgt 20 bis 120 Watt, und der Frequenzgang von 50 Hz bis 24 kHz (±3dB) kann sich sehen lassen. Das Gehäusevolumen beträgt 11 Liter mit Aussenabmessungen von 305 x 200 x 295 mm (H x B x T). Der Lautsprecher wiegt beachtliche 7 kg.
Natürlich wurde der Lautsprecher hin zum Cyrus One und One HD entwickelt und optimiert. Die Entwicklung erfolgte bei Cyrus in England, gefertigt werden die Lautsprecher hingegen in China.


Soundcheck

Für den Soundcheck wählte ich für einmal eine ungewohnte Aufstellung, nämlich auf einem Sideboard. Das ist allerdings nur für mich ungewohnt. Für die meisten Nutzer von sogenannten Kompakt-Hifi-Systemen ist das wohl der Standard. Voraussetzung für guten Klang in Verbindung mit einer Platzierung auf einem Sideboard ist ein Abstand der Lautsprecher von mindestens zwei Metern. Man sollte sich nicht weiter als drei Meter davon entfernt hinsetzen, und zwar so mittig wie möglich.
Das Einwinkeln der Lautsprecher macht sich optisch auf einem Sideboard nicht so gut, deshalb habe darauf verzichtet. Allerdings habe ich die Speaker bündig an die Vorderkannte des Sideboards geschoben, um einen Abstand von ca. 20 cm zu erhalten (gemessen von der Rückseite der Lautsprecher bis an die Wand). Damit wird der Raum durch die Bassfrequenzen nicht so stark angeregt, denn Bassresonanzen (Bassmoden) können die Suppe gehörig versalzen. Bei kleinen Lautsprechern ist das eher unproblematisch, aber nicht zu vernachlässigen.
Die Cyrus One Linear Speakers verfügen über gute Gummifüsse, die einigermassen gut entkoppeln, um das Mitschwingen der Oberfläche, auf der sie stehen, zu mildern. Ich habe dazu keine besonderen Massnahmen ergriffen. Optimal wäre auf jeden Fall die Platzierung auf ordentlichen Stativen und die Aufstellung im Stereo-Dreieck.
Klangeindruck
Als ich ungefähr sieben Jahre alt war, kauften meine Eltern eine Stereoanlage. So nannte man das damals. Zwei Lautsprecher im Regal, ein Receiver von Marantz und einen Plattenspieler von Dual. Ich sass fasziniert davor und es klang so schön, so viel besser als vorher. Und heute? Ich fühle mich zurückversetzt. Stereo in Reinkultur ohne dieses fachmännische Optimieren. Einfach hinstellen und Musik hören.
Das System klingt im emotionalen Bereich sehr vollkommen und ausgewogen. Ich hatte mit der Selbstverständlichkeit meiner Kindheit dieses Gefühl einer quasi vollkommenen Darbietung. Was besonders gut stimmt, ist die Ausgewogenheit des Grundtonbereichs und des Mitteltonbereichs. Das führt zu dieser emotionalen Harmonie, die sich mit wenig Aufwand durchaus erreichen lässt.
Das System – und vor allem die One-Linear-Lautsprecher schmeicheln ein wenig, aber sie übertreiben nicht. Gerade die Feindynamik ist sehr ansprechend, und bei hohen Pegeln arbeiten sie so verzerrungsarm, dass man die Musik nicht leise hören möchte.
Im Bassbereich kam dann die Kopfarbeit an die Oberfläche. Der Bass wirkte auf dem Sideboard etwas wuchtig. Noch nicht mulmig oder sogar aufgeblasen, aber schon mit der Tendenz zu «etwas fett». Da schimmert ein wenig die «Tragik» der Regallautsprecher durch: Sie suggerieren, dass man sie überall hinstellen kann. Aber am besten klingen sie halt doch auf den Stativen mit 50 Zentimeter Abstand zur vorderen Wand – und bitte auch nicht in die Ecken verbannt.
Das obere Ende des Frequenzspektrums ist nahe an «grandios» mit verblüffender Feinzeichnung. Der Hochtonbereich verleiht die Grandezza, die es noch braucht.
Fazit

Das Cyrus-One-HD-Bundle mit dem Cyrus One HD und den Lautsprechern Cyrus One Linear kostet, so wie hier getestet, 1690 CHF. Das ist eine Vergünstigung von 190 CHF im Vergleich zum Preis der separaten Komponenten.
Das Cyrus-One-Bundle mit dem Cyrus One und Cyrus One Linear kostet 1350 CHF. Ebenfalls um 190 CHF günstiger im Vergleich zum Preis der Einzelkomponenten.
Das ist das Eintrittsticket zu wirklich gutem Stereo-HiFi. Wer nach einiger Zeit einen Klassenwechsel machen will, der hat mit dem Cyrus One HD und mit entsprechenden Lautsprechern viel Potenzial nach oben. Den One HD wird man noch lange behalten und verwenden können.
Das One-HD-System und mit leichten Abstrichen auch das One-System decken die musikalischen Bedürfnisse des normalen, musikdurchfluteten Haushalts, in dem man des Öfteren auch «hinhört» so gut ab, dass man den Briten zurufen möchte: «Job well done!»
avguide.ch meint
Vielleicht überlegen Sie sich einmal, mit welcher Qualität von Musikwiedergabe Sie Ihre Kinder aufwachsen lassen möchten und was gute Qualität den Kids bringt. Vielleicht ein Eintrittsticket in ein gutes Leben, in dem man hinhört.