
Punkto Design kann der neue JBL Live Pro 2 True-Wireless-in-Ear-Kopfhörer auftrumpfen: Der kleine Ladebehälter allein ist schon verheissungsvoll. Wenn Sie das Musikdöschen Ihrer Freundin schenken möchten, dann auf jeden Fall mit Verpackung, sonst laufen Sie Gefahr, dass sie das Geschenk mit etwas anderem verwechselt und das gäbe bestimmt Ärger. Vielleicht liegt es ja auch an der Farbe unseres Testmusters im Test des JBL Live Pro 2. Punkto Marke kann sich JBL schon beinahe zurücklehnen, so bekannt und berühmt ist dieses Kürzel, das an den legendären James Bullough Lansing erinnert. Er war der US-amerikanische Lautsprecher-Entwickler schlechthin. Er wurde nur 47 Jahre alt.
Harman webt die glorreiche Geschichte von JBL mit grossem Geschick in den reichhaltigen Stoff seiner vielen Produkte «Marke JBL» ein, wobei das aktuelle Sortiment im Bereich Consumer Audio, zum Beispiel mit Earbuds, gewiss wenig mit den klassischen Ikonen des amerikanischen Lautsprecherbaus zu tun haben dürfte. Auch ist nicht von der Hand zu weisen, dass es bei diesen Produkten heute deutlich mehr Marken als Hersteller gibt. Für den Konsumenten zählt hingegen das Resultat: Der JBL Live Pro 2 ist ein True-Wireless-Ohrhörer, ein Earbud neuster Bauart und Performance, was so viel bedeutet, dass man die Ohrhörer lange und in vielen mobilen Lebenslagen tragen kann – frei von Störgeräuschen und dennoch ohne etwas zu verpassen.
Dazu gehören die adaptive Geräuschunterdrückung des JBL Live Pro 2, 10 Stunden Betriebsdauer plus noch einmal 30 Stunden Ladereserve im Behälter, 6 Mikrofone, die für perfekte Telefonie sorgen, Bedienung und Kontrolle mittels Berührung und Stimme, Wasserdichtheit nach IPX5 und eine formidable App auf dem Smartphone. Last but not least kommt auch beim JBL Live Pro 2 der sogenannte «JBL Signanture Sound» hinzu. Dieser Aspekt interessierte uns natürlich ganz besonders.

Tragekomfort
Die drei unterschiedlich grossen Silikon-Gummiaufsätze des Test JBL Live Pro 2 passen zu den meisten Gehörgängen unserer Genetik, aber die oval ausgeformten Ohrstöpsel tragen ganz besonders zu einem sehr überzeugenden Tragekomfort und einer guten Abdichtung der Earbuds bei. Die Konstruktion stützt den Ohrhörer gut in der Ohrmuschel ab und verschiebt den Schwerpunkt des JBL Live Pro 2 von der Gehörgangachse etwas nach unten. Der Ohrhörer wirkt nicht fremdkörperhaft – und ich bin da ziemlich heikel.
Mit der JBL Headphone App kann man die optimale Passform der JBL Live Pro 2 sogar mit einer automatischen Einmessung prüfen und optimieren. Das ist eine Art Dichtigkeits-Prüfung, die tatsächlich funktioniert. Nach dem Start der Prozedur hört man ein akustisches Signal und ausserhalb des Ohrs misst der Ohrhörer vermutlich, was davon «durchsickert». Das hilft bei der Entscheidung, welche Gummiaufsätze beim JBL Live Pro 2 zu verwenden sind und ob man beim Einsetzen links oder rechts noch ein wenig nachbessern muss.
Der Sitz der Earbuds bleibt auch bei brüsken Kopfbewegungen sicher und stabil.

Adaptive Noise Cancelling und Talk Thru
Die adaptive Geräuschunterdrückung konnte ich per Default mit kurzem Antippen des linken Ohrhörers aktivieren, nachdem ich gedacht hatte, sie wäre schon aktiv, bis ich das Ticken der antiken Wanduhr im Gang vernahm. Die akustische Abdichtung ist bei den JBL Live Pro 2 auch ohne ANC ausgezeichnet. Windgeräusche vom offenen Fenster waren kaum zu vernehmen. Die Musik in meinem Ohr (Donald Fagan, «Kamakiriad») klang ohne ANC aber einen Tick befreiter und die Wanduhr war mir dann ziemlich egal – und auch das Klappern der Tastatur. Das Geräuschaufkommen ist in meiner Umgebung doch eher bescheiden.
Mit zweimaligem Tippen auf den linken JBL Live Pro 2 wurde dann «Talk Thru» aktiviert, sodass ich mich kurz mit meiner Frau unterhalten konnte. Wenn man den Finger länger hinhält, unterhält man sich mit Siri. Aber der Dame habe ich eigentlich nichts zu sagen. Jedenfalls funktioniert das alles, so wie im Beschrieb der JBL Live Pro 2 vermerkt.


Der Equalizer ist wichtig!
Die JBL Headphones App ist eine feine Angelegenheit. Die Verbindung der JBL Live Pro 2 und dem Smartphone gelingt spielend. Die Screenshots weiter unten zeigen die wichtigsten Elemente der App. Besonders wichtig ist nach meiner Erfahrung der Equalizer, mit dem der Klangcharakter der Earbuds individuell oder mit verschiedenen Presets definiert werden kann. Die Presets sind gut gewählt. Es sind die folgenden:

Studio: Dieser EQ ist ab 250 Hz aufwärts völlig linear und zeigt unterhalb von 250 Hz eine leicht abfallende Kurve. Das Klangbild ist ausgewogen und wirkt authentisch, soweit man das beurteilen kann, weil man bei der Aufnahme nicht dabei war.
Jazz: Dieser EQ hat eine deutliche Bassanhebung unter 250 Hz und eine ebenso deutliche Hochtonanhebung oberhalb von 2 kHz. Der Mitteltonbereich ist abgesenkt. Dieser EQ eignet sich nicht grundsätzlich für Jazz-Aufnahmen, aber sehr gut für alte Jazz-Aufnahmen (vor 1960 oder älter) mit ihren typischen aufnahmetechnischen Defiziten.
Vocal: Erwartungsgemäss dient dieser EQ der verbesserten Sprachverständlichkeit und verfügt über eine markante Anhebung zwischen 500 Hz und 2 kHz. Der Bass ist stark zurückgenommen und der Hochton fällt linear ab. Der EQ ist ideal für Podcasts und Sprache (Dialoge) und nicht etwa für Gesangsstimmen.
Bass: Bei diesem EQ geht unterhalb von 500 Hz langsam die Post ab und unter 64 Hz wird auch noch der Tiefbassbereich geboostet. Die jungen Generationen dürften mit diesem EQ wollüstige Bassbäder geniessen.
Club: Dieser EQ verändert nicht viel. Er zeigt einen leichten Badewannen-Effekt zwischen 250 Hz und 4 kHz.
My EQ: Hier kann man eine individuelle Wiedergabekurve einstellen, was ganz einfach geht: Man bewegt mit dem Finger die Kurve, die sich dann intelligent verformt. Das gewünschte Resultat kann dann mit den Presets verglichen werden.
Es macht Spass, mit den EQs zu spielen. Die Presets sind gut gewählt und man kann mit der App einfach umschalten und vergleichen. My EQ ist einfach zu bedienen/generieren. Beim Hörtest hielt ich mich an die lineare Studio-Einstellung mit der angenehmen, leichten Absenkung im Tieftonbereich.


Darüber hinaus erlaubt die App eine komfortable Bedienung und eine individuelle Festlegung aller Usability-Einstellungen inkl. Sprachassistenten, Gesten und der Intensität der Geräuschunterdrückung der JBL Live Pro 2.
Musiktest
Die Live Pro 2 von JBL bieten dem Hörer ein entspanntes Musikerlebnis ohne Ecken und Kanten, mit einer natürlichen Dynamik und einem überzeugenden Live-Gefühl bei Aufnahmen wie z. B. «Skylark» von Gregory Porter (Album «Water»). Ich fühlte mich wohl bei diesem groovigen Swing, mit der angerauten Stimme von Porter und einer wunderbaren Trompete dazwischen. Da war recht viel Luft und Offenheit im Klanggeschehen.

Die grosse Stärke dieser Ohrhörer ist die Basswiedergabe: Erstaunlich druckvoll, exakt und grossräumig kommt der Bassist von Robert Cray daher und besonders eindrucksvoll auch die Begleitung von Ben Sidram. Etwas weniger überzeugend sind komplexe Klangkörper mit vielen Facetten. Hier gibt es Defizite bei Transparenz und Durchhörbarkeit, vor allem auch bei höheren Pegeln. Stimmen sind soweit gut dargestellt, Frauen wie Männer, aber es fehlt schon ein wenig der ultimative emotionale Kick.
Bei elektronischer Musik fallen solche – eher geringe Defizite – nicht ins Gewicht. Die JBL Live Pro 2 überzeugen gerade in diesem Genre mit viel Drive und Energie. Insgesamt liegen die musikalischen Stärken der Earbuds bei einem guten, entspannten Live-Gefühl mit viel Originalität.
Fazit
Es hat schon etwas mit dem «Signature Sound» von JBL. Die Soundsignatur der JBL Live Pro 2 – eine Frage von DSP & Co – entspricht tatsächlich in gutem Mass dem, was ich mit JBL bisher in Verbindung gebracht habe. Es geht mehr um dynamische Live-Opulenz und um Musikspass als um die schöne Wahrheit in allen Facetten. Das entspricht mit Sicherheit einem breiten Geschmack. Qualität und Funktionsumfang der JBL Live Pro 2 sind so tadellos wie Bedienung und Tragekomfort. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist ebenfalls sehr gut. Man kann immer noch weniger Geld ausgeben, aber so viel sollte uns Musik in allen Lebenslagen schon wert sein.