TESTBERICHT
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Filme machen

Die Videokamera: Im kreativen Filmmodus läuft die Panasonic Lumix GH6 zur Bestform auf.Die Videokamera: Im kreativen Filmmodus läuft die Panasonic Lumix GH6 zur Bestform auf.

Im Videobereich macht der Lumix GH6 im Micro-FourThirds- und APS-C-Lager niemand etwas vor. Allein schon die Auswahl an Videoformaten ist beeindruckend – über 60 habe ich –, die alle intern aufgezeichnet werden können. Und mit dem Firmware-Update ab 5. Juli 2022 sollen noch weitere hinzukommen! Auch für das Aufnehmen auf externe Recorder.

Die GH6 ist die erste Lumix-Kamera, die intern 5,7K 30p Video im Apple ProRes 422 HQ Codec speichern kann. Mit 5,7K 4:2:0 10-bit 60p/50p und anamorphotischen 4:3-Modi in 5,8K 30p/25p/24p (oder 4,4K 60p) 4:2:0 10-bit bietet sie zudem höhere Auflösungen und höhere Bitraten und erfüllt so die Anforderungen an Bildqualität, Vielseitigkeit und Bandbreite, die für Film, Fernsehen und alle Arten der Videoproduktion erforderlich sind. Mehr Technisches dazu auf der nächsten Seite.

Verschiedene Zeitlupen-Varianten ermöglichen kreative Funktionen wie das «Speed Ramping» und halten selbst schnellste, für das Auge sonst unsichtbare Bewegungen eines Motivs fest.

Bei dieser Vielzahl an Einstellmöglichkeiten geht rasch die Übersicht verloren. Deshalb gibt es zum einen eine Filterfunktion im Videoformat-Menü und zum andern können oft benutzte Videoformate in einer Liste gesammelt werden. Wird dieses Listen-Menü mit den «Mein Menü»-Einstellungen kombiniert, ist man schnell in der Auswahlliste seiner Lieblingsformate.

MOV-Videoformat-Auswahl Seite 1.
MOV-Videoformat-Auswahl Seite 1.
MOV-Videoformat-Auswahl Seite 2.
MOV-Videoformat-Auswahl Seite 2.
MOV-Videoformat-Auswahl Seite 3.
MOV-Videoformat-Auswahl Seite 3.
MOV-Videoformat-Auswahl Seite 4.
MOV-Videoformat-Auswahl Seite 4.
MOV-Videoformat-Auswahl Seite 5.
MOV-Videoformat-Auswahl Seite 5.
MOV-Videoformat-Auswahl Seite 6.
MOV-Videoformat-Auswahl Seite 6.
Filteroptionen für Videoformate.
Filteroptionen für Videoformate.
Sammlung oft gewählter Videoformate.
Sammlung oft gewählter Videoformate.

Problemkind AF-C

Aus den anfänglichen Lumix-GH-Hybridkameras für Foto und Video wurden über die Jahre hinweg auf Bewegtbilder spezialisierte Arbeitsgeräte, die in der Branche einen sehr guten Ruf geniessen. Bis auf den kontinuierlichen Autofokus, der auch bei der GH6 immer noch nach Panasonics «Depth from Defocus»-Kontrast-AF-Technologie arbeitet.

Die gute Nachricht: Panasonic hat den kontinuierlichen AF bei der GH6 überarbeitet und um einiges schneller gemacht. Zudem lässt sich jetzt eine Fokusbegrenzung einstellen. Damit wird verhindert, dass zum Beispiel bei einem Interview die Schärfe plötzlich in den Hintergrund abhaut. Zusammen mit der Gesichts- und Augenerkennung funktioniert der AF-C nun um einiges besser als noch bei den Vorgängern.

Die schlechte Nachricht: Noch immer arbeitet der AF-C der GH6 nicht so zuverlässig wie alle seine Mitbewerber mit einem Phasenvergleichs- oder einem Hybrid-AF-System, welches Kontrast- und Phasendetektion kombiniert. Besonders bei Videoaufnahmen sieht das Schärfepumpen, auch wenn es nur sehr kurz ist, einfach nicht professionell aus.

Die ganze Problematik lässt sich umgehen, wenn man manuell scharfstellt, was engagierte Filmemacher sowieso tun. Dies ist meist nur beim szenischen Filmen möglich, wo man die Aufnahme beliebig oft wiederholen kann.

Wer ein «run & gun»-Filmer ist, Sportveranstaltungen, Hochzeiten oder Wildlife dokumentiert, ist zumindest teilweise auf den kontinuierlichen Autofokus angewiesen, will er nicht wichtige, meist unvorhersehbare «Action» verpassen. Es lohnt sich deshalb, sich etwas genauer mit den AF-Einstellungen der GH6 zu befassen und so seine Kamera auf unterschiedliche Aufnahmesituationen hin zu konfigurieren, damit auch das Scharfstellen in den meisten Fällen stimmt.

Fokus-Einstellung: Motiv-Erkennung, individueller AF für Video, Fokusbegrenzung.
Fokus-Einstellung: Motiv-Erkennung, individueller AF für Video, Fokusbegrenzung.
Individuelle AF-Einstellung: AF-Geschwindigkeit.
Individuelle AF-Einstellung: AF-Geschwindigkeit.
Individuelle AF-Einstellung: AF-Empfindlichkeit.
Individuelle AF-Einstellung: AF-Empfindlichkeit.
Individuelle AF-Einstellung: Hilfe-Seite.
Individuelle AF-Einstellung: Hilfe-Seite.

Scharfstellen in der Praxis

Wie üblich startete ich im Modus «kreatives Filmen» den Schärfeverlagerungstest und erlebte gleich die erste Überraschung. Die Lumix GH6 hat es als erste aller meiner bisher ausprobierten GH- und S-Modelle(!) von Panasonic tatsächlich geschafft, durch eine – ähem, etwas schmutzige – Fensterscheibe hindurch nach draussen zu fokussieren bzw. die Schärfe jeweils schön dorthin und wieder zurückzuverlagern!

Das gelang bisher nur allen anderen Marken wie Sony, Canon, Nikon, Fujifilm und auch Olympus – jedoch noch keiner Panasonic. Die blieben einfach auf dem Fensterrahmen «fokussiert» stehen. Damit verfügt die GH6 meiner Meinung nach über den besten Autofokus aller MFT- und Vollformatfotokameras von Panasonic.

Wie wichtig eine Anpassung der AF-Parameter ist, zeigte sich bei den Aufnahmen draussen im Sonnenlicht von Wiesen- und Busch-Hintergrund auf eine Blume im Vordergrund. Dies gelang in den AF-Standard-Einstellungen, Geschwindigkeit 0 und Empfindlichkeit 0 mehr recht als schlecht. Manchmal wurde die Blume zügig erkannt und fokussiert, dann wieder überhaupt nicht oder erst nach einem «Anschubsen» per AF-ON- oder Auslöser-Taste während des Filmens. Mit dem bekannten Hin- und Her-Wabbern der Schärfeebene.

Dann stellte ich die Empfindlichkeit auf +1. Danach flutschte die Verlagerung bei vier von fünf Versuchen bestens. Leider ist eben diese Ungewissheit bzw. Unsicherheit nach wie vor vorhanden. Einmal wird problemlos auf das neue Motiv scharfgestellt, dann wieder nicht.

Liegen die Schärfeebenen nahe und parallel zur Kamera, wird zügig scharfgestellt. Muss jedoch vom Hintergrund auf ein Detail im Vordergrund gefahren werden, dauert es entsprechend länger und es kommt vermehrt zu kurzem Schärfepumpen.

Interessant war auch, dass beim Schwenken von rechts nach links mehr korrekte AF-Verlagerungen gelangen als von links nach rechts. Dann nochmals probiert und nun gelangen wieder beinahe alle Verlagerungen, unabhängig von der Schwenkrichtung. Es ist manchmal einfach zum Haareraufen.

Natürlich spielt auch das eingestellte Fokusfeld eine Rolle. Bei einzelnen Motiven habe ich mit der «1-Feld»- oder «1-Feld+»-Wahl die besten Ergebnisse erzielt, abhängig von der Grösse des Sujets.

Motiverkennung

Bei Personenaufnahmen ist das Einschalten der Motiverkennung für die Scharfstellung sehr hilfreich. Die Funktion «HUMAN» – ja, auch so in der deutschen Anleitung bezeichnet – unterscheidet zwischen menschlichen Gesichtern, Augen und Körpern. Bei «FACE/EYE» werden nur menschliche Gesichter und Augen erkannt, und bei «ANIMAL+HUMAN» neben Menschen auch Tiere. Das Handbuch zählt dazu speziell Vögel, Hunde einschliesslich Wölfe usw. und Katzen, einschliesslich Löwen usw. auf. Ich hatte jedoch auch Erfolg bei Ziegen, Mäusen, Enten und Gänsen.

Wird für das Fokusfeld nicht der AF-Gesamtbereich gewählt, erkennt die GH6 auch Menschen oder Tiere, die nur zum Teil in das AF-Feld hineinreichen, markiert diese gelb und fokussiert darauf. Werden dabei innerhalb des Fokusfelds Augen erkannt, wird auf das sich näher zur Kamera befindliche Auge fokussiert und mit einem weissen Fadenkreuz markiert.

Im Gegensatz zu anderen Kameramarken ist es bei der GH6 nicht möglich, das Auge zu wechseln, auf das scharfgestellt wird.

Schau mir ins Auge: Das Gesicht wird mit einem gelben Rahmen, das Auge mit einem weissen Fadenkreuz markiert und das ursprüngliche Fokusfeld beim linken Auge ignoriert.Schau mir ins Auge: Das Gesicht wird mit einem gelben Rahmen, das Auge mit einem weissen Fadenkreuz markiert und das ursprüngliche Fokusfeld beim linken Auge ignoriert.

Bei Wahl des AF-Gesamtbereichs werden Gesicht, Augen und Körper (ganzer Körper oder obere Hälfte) sowie Körper von Tieren von der Kamera automatisch erkannt und der Fokus wird angepasst. Durch Berühren des weissen AF-Feldes oder Bewegen des Joysticks kann auf das gewünschte Feld gewechselt werden.

Gesichterwahl: Mehrere erkannte Gesichter werden weiss markiert, dasjenige im Fokus gelb. Das gewünschte kann per Fingertipp aufs Display oder mittels Joystick gewählt werden.Gesichterwahl: Mehrere erkannte Gesichter werden weiss markiert, dasjenige im Fokus gelb. Das gewünschte kann per Fingertipp aufs Display oder mittels Joystick gewählt werden.

Entenjagd

Beim Tracking mit kontinuierlichem Autofokus entscheiden Kontraste, Farb- und Grössenunterschiede zwischen verfolgtem Objekt und Hintergrund sehr stark, wie lange der AF-C dranbleibt. So folgte er einer schwimmenden Ente zuverlässig, bis er durch starke Licht-Reflexionen auf dem Wasser durcheinandergebracht wurde und den Fokus verlor.

Bei Viechern mit weissen Federn, die sich deutlich vom Hintergrund abhoben, liess er sich kaum abschütteln. Noch etwas zuverlässiger geht er zu Werke, wenn auch die Menschen/Tier-Motiverkennung aktiv ist. Bei der Entenverfolgung blieb die Panasonic GH6 die meiste Zeit hartnäckig am Motiv und «trackte» sie auch durch Äste und Blätter hindurch, bis diese zu dicht wurden.

Mein Fazit beim Autofokus der GH6: Mit eingeschalteter Motiverkennung ist der Unterschied bei der Treffsicherheit und Zuverlässigkeit des AF-C nicht mehr soo gross im Vergleich zu Sony, Canon, Nikon oder Olympus, aber halt immer noch vorhanden. Am meisten hat mich beim AF-C der GH6 das technisch bedingte kurze AF-Pumpen und Wabbern gestört. Weniger empfindlichen Zuschauern wird dies kaum auffallen.

Beim manuellen Scharfstellen unterstützt einem die GH6 mit einer Lupenfunktion, die das Bild automatisch beim Drehen des Fokusrings oder beim Drücken auf die Fokusfeld-Taste oder den Joystick vergrössert darstellt. Zusätzlich kann eine Kantenhervorhebung (Fokus-Peaking) in wählbarer Empfindlichkeit und Farbe angezeigt werden. Und schliesslich lässt sich noch eine Aufnahmedistanz-Gitterlinie einblenden.

Ausgezittert

Beim Filmen kann anstelle der optischen Stabilisatoren (O.I.S) in der Kamera oder im Objektiv ein elektronischer 5-Achsen-Hybrid-Bildstabilisator verwendet werden. Der Bildwinkel wird dabei zwar ein wenig kleiner, dafür ist er mit allen Objektiven kompatibel und die Beruhigungswirkung ist verblüffend.

Die Wirksamkeit dieses elektronischen Bildstabilisators kann durch Zuschalten der Funktion «Bildstabil. verstärken» noch erhöht werden. Mit diesem Effekt wird die Bildkomposition stabil gehalten werden, wenn man von einer festen Perspektive aus, ohne zu Schwenken, aufnehmen möchte. Als Beispiel habe ich an einem Vortrag den Redner mit dem Kit-Objektiv in Telestellung (Brennweite 120 mm, auf 35 mm Vollformat umgerechnet) aus freier Hand von meinem Sitzplatz aus aufgenommen.

Beim zweiten Beispiel wurde aus der Hand mit aktivem 5-Achsen-Hybrid-Bildstabilisator geschwenkt.

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