
Das Klangschloss, der kleine aber feine High End Audio Event im Schloss Greifensee, ist für so manchen Liebhaber von hochwertigen Musikanlagen zu einem Fixpunkt im Jahreskalender geworden. Die aus dem 13. Jahrhundert stammende kleinere Burganlage wurde zu Beginn des 16. Jahrhunderts zu einem bescheidenen Schlösschen umgebaut. Die Nähe zum See und inmitten des liebevoll restaurierten, historischen Dorfkerns bilden ein wunderbares Ambiente, im dem sich ausgesprochen genussvoll hochwertige Musikanlagen geniessen lassen.
Das Klangschloss ist ein Event, der nichts gemeinsam hat mit den bisweilen doch recht unterkühlten Messen in unpersönlichen Geschäftshotels, wie sie im High End Audio Umfeld ja durchaus bekannt sind. In elf Räumen mit viel historischem Ambiente präsentierten Fachhändler, Vertriebe oder direkt der Hersteller Audioprodukte von hohem Niveau. Organisator Markus Thomann gelingt es immer immer wieder, einen Mix an Ausstellern zusammenzustellen mit einem vielseitigen Spektrum an Produkten. Gemäss Thomann gab es durchaus Anfragen von weiteren Ausstellern.
Aber irgendwie macht die durch das Schloss Greifenssee gegebene Beschränkung im Platzangebot auch den Reiz aus. Die Eingrenzung führt dazu, dass man sich für eine Hörsession ausgiebig Zeit nimmt und nicht in Versuchung kommt, hastig von Zimmer zu Zimmer zu eilen. Jedenfalls bestätigten die Ausstellerr die gute Kommuniaktion mit den Besuchern. Gerade der Austausch zum Thema High End Audio macht den Reiz eines Besuch im Klangschloss aus. Und ehrlich gesagt, das Klangschloss hat gerade den Umfang, den man gerade noch so wirklich aufnehmen kann, ohne in der Beliebigkeit zu versinken.
Inzwischen zum zehnten Mal organisierte Markus Thomann vom Klangwerk mit Leidenschaft und Geschmack den aussergewöhnlich sympathischen Audioevent. Neben den Vorführungen der Audiokomponenten waren insbesondere die traditionell sehr hochstehenden Fachvorträge eigentliche Publikumsmagnete. Zwei Vorträge könne Sie in voller Länge am Ende diese Reports nachvollziehen. Der Schallplattenbasar der Analogue Audio Association und die gut sortierte Wein- bzw. Kaffeebar sorgten für Gemütlichkeit.

Tour d'Horizon der Musikanlagen
Sie waren einst der der Traum adoleszenter HiFi-Enthusiasten in den achtziger Jahren: die Quadral Titan. Meist männlich pilgerte man an die FERA, und die Quadral Titan, damals noch mit Transmissionlline-Bassgehäuse, war mit ihrer schier grenzenlosen Dynamik und ihrem wuchtigen Erscheinungsbild der Star und erster Anlaufpunkt. Die Titan gibt es immer noch - nunmehr seit 30 Jahren und nun zum ersten mal auch am Klangschloss. Das Transmissionline-Gehäuse ist Geschichte, das eindrückliche Erscheinungsbild und die dynamische Klangentfaltung sind aber geblieben. Man bewirbt sie mit den Hinweis auf deutsche Wertarbeit. Der Bass ist gewaltig, und auch ein Orgelkonzert bringt die Titan nicht so schnell ins Wanken. Die Räumlickeit würde ich mit vorbildlich umschreiben. Das Hochtonbändchen glänzt hingegen in guter alter Titan-Tradition nicht unbedingt mit Zurückhaltung, wodurch ihr doch etwas an Homogenität abhanden kommt.
Im gleichen Schlossssaal präsentierte Daniel Weiss alternierend zur Titan seine Digitalkomponente. Der Mam301 Netzwerkplayer hat Weltruf und gehört zweifellos zu den besten seiner Zunft. Interessant war die Vorführung der Kombination der hochspezialisierten Weiss-Digitalkomponenten und den Quad-Elektrostaten ESL63, die 1981 auf den Markt kamen. Der Nimbus der Quads scheint grenzenlos, was nicht unbedingt für ihren Dynamikumfang gilt. Ab einem mittleren Pegel zeigen sie sich doch recht angestrengt, brillieren aber mit einer vorbildlichen Homogenität. Quasi der Kontrapunkt zur Aurum Titan.
Thomas Flammer von “voice70” ist es zur verdanken, dass am Klangschloss als Schweizer Premiere ein Vorserienmodel des Devialet Phantom Lautsprechers zu bestaunen und zu hören war. Die Innovationkraft von Devialet ist ungebrochen, und der Phantom hat das Zeug dazu, den modernen Lautsprecher neu zu definieren. Aus nur einem sechs Liter Gehäuse (!!!) zaubert der Phantom eine nicht für möglich gehalten Tiefbasswiedergabe. Die untere Grenzfrequenz entspricht dem einer Box von circa 120 Liter Gehäusevolumen. Die Quasi-Überwindung der bekannten Lautsprecherphysik gelingt nur mit der Zuhilfenahme von viel Elektronik. Die Basswiedergabe war eindrücklich, wirkte aber auch etwas aufgesetzt. Wir werden später auf avgudie.ch näher auf diesen komplett neuen Lautsprecher eingehen.
Digitales Hightech oder Retro-Audio mit toller Mechanik: Beides gabs am Klangschloss zu hören. Für Jürg Schopper besteht die Faszination HiFi aus zweiterem. Und angesichts der stimmungsvollen Vorführung ist man durchaus geneigt, ihm zuzustimmen. Seine Renovationen des Thorens TD 124 verschafftem ihm internationalen Ruf. Neu nimmt er sich mit Lenco einer zweiten Schweizer Plattenspielerlegende an. Schon erstaunlich, wie gut ein ehemals 300 CHF Lenco Plattenspieler klingen kann. Mit preiswerten, aktuellen Plastikfabrikaten hat das rein gar nichts zu tun. Einmal mehr zeigt sich wie gut und mit welcher Akkuratesse von den sechziger bis in die achtziger Jahren in audiophile Feinwerkskunst investiert wurde. Heute kaum mehr bezahlbar. Da macht die Renovation historischer Produkte richtig Sinn. Eine Eigenkreation sind die beiden neuen 10- beziehungsweise 12-Zoll Tonarme mit Kugellagern aus dem Fundus von originalen Thorens-Ersatzteilen, die mehrheitlich noch in Ste.Croix hergestellt wurden und von Jürg Schopper aufgekauft wurden.
An jedem Klangschloss vertreten sind die Manger Lautsprecher. Diesmal präsentierte Daniel Manger die passive Version an einer Lindemann Endstufe und angespielt mit dem formidablen Netzwerkplayer “musicbook”. Liebevolle Detailpflege macht sich bezahlt. Die Manger spielen nicht nur akustisch in der Oberliga, inzwischen ist auch ihr Erscheinungsbild topp. Nicht zuletzt ein Verdienst von Markus Thomann, der als CH-Importeur mit seinem hohen Designanspruch tatkräftige Unterstützung bot. Immer wieder faszinierend zu bestaunen, mit welcher Leichtigkeit der Manger Lautsprecher auch bei geringen Lautstärken noch feindynamische Nuancen zum Ausdruck bringt.
Ein Unikum sind auch die MBL Lautsprecher aus Berlin. Das Design des Radialstrahlers mag zwar erst irritieren, doch die sphärische Schallausbreitung und die Mühelosigkeit, mit der eine dreidimensionale Klangbühne aufgebaut wird, hat Suchtpotential. Den Audiospezialisten von Design und Ton ist es zu verdanken, dass dieser aussergewöhnliche Lautsprecher wieder in der Schweiz erhältlich ist.
Die Aktivlautsprecher von PSI Audio sind durch und durch seriöse Lautsprecher mit viel bewährter analoger Elektronik. Klingen sie deswegen so harmonisch und natürlich? Die Lautsprecher sind gerade mit Blick auf das Preis/Leistungverhältnis ein echter Tipp. Überstrahlt wurden die Lautsprecher von der Premiere des im Herbst auf den Markt kommenden aktiven Bassabsorbers von PSI Audio. Eine echte Schweizer Innovation und am Klangschloss zum ersten mal im Publikumseinsatz. Entstanden aus einer Zusammenarbeit der Universität Genf und der ETH Lausanne, ermöglicht der Absorber eine signifikante Reduktion von Raummoden im Bassbereich. Der Effekt ist beeindruckend. Die Elektronik misst die Schallschnelle und erzeugt mit einem spezialisierten Lautsprechechassis ein “akustisches Fenster”, welches die Energie im Bassbereich abführt. So gelingt die Absorption von Resonanzen auch im normalen Wohnbereich, wo man sich gewöhnlich keine riesigen passiven Absorber wünscht.
Beliebte Fachvorträge aufgezeichnet
Zum zehnjährigen Jubiläum gelang es Markus Thomann wieder, hochkarätige Referenten zu aktuellen Audio-Themen zu finden. Der hohe Gehalt der Fachvorträge am Klangschloss hat sich herumgesprochen. Der Publikumsandrang gerade am Samstag war überwältigend.
Nach Thomas Flammers Referat zu den hochauflösenden Audioformaten, widmete sich Dirk Noy dem Thema “Märchen und Mythen der Akustik ", bevor Jürg Jecklin die "Geschichte der Konzertsäle " aufzeigte. Die beiden letztgenannten Vorträge können Sie unten in der Aufzeichnung von avguide.ch. nachvollziehen.
Komponist Walter Fähndrich reflektierte am Sonntag, wie wir eigentlich hören, während Musikredaktor Lothar Brandt aus seinem unerschöpflichen Vinylfundus diesmal Led Zepplin rauspflückte und Originale sowie die Reissues genau unter die Lupe nahm.