TESTBERICHT
ARTIKEL
Publikationsdatum
13. April 2009
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Digitalisierer: Der TTUSB von ION

Liegen bei Ihnen auch noch einige LPs herum, die Sie gerne wieder mal anhören würden, wären sie nur einfacher abspielbar?

Aber selber digitalisieren? Viel zu kompliziert! Ausser Sie haben einen Plattenspieler, den Sie direkt an Ihren Rechner anschliessen können.

Auch bei mir lagern ein paar Dutzend LPs im Schrank, Zeitzeugen vergangener Jahre, verflossener Liebschaften und ... doch lassen wir den romantischen Teil und werden wir technisch.

Erinnerungen

Als ich von den diversen ION Produkten las, war ich sofort Feuer und Flamme, hatten mich doch viele Freunde und Bekannte in den letzten Monaten nach einer Lösung für ihr «LP Problem» angegangen.

Als ich nun den zum Test bestellten Plattenspieler auspackte, war ich erstaunt über das geringe Gewicht. Erinnerungen an «je schwerer der Plattenteller, desto stabiler der Gleichlauf» und «Riemen angetrieben ist schlechter als Direct Drive» sowie endlose Diskussionen über MM und MC Zellen, Ortophon, Shure, Elac, Dual, Thorens usw. wurden plötzlich wach.

Drum gleich vorweg: Alle audiophilen Leser können hier aufhören: Der TTUSB von ION ist kein Gerät für Leute, die schon beim Ausdruck MP3 die Nase rümpfen.

Für alle übrigen wird's nun aber spannend!

Erster Eindruck

Schnell zusammengebaut und betriebsbereit. Erfreulich: Netzschalter!

Ich erlebte wirklich eine kleine Zeitreise, als ich - genau dem kurzen, präzisen Manual (in fünf Sprachen!) folgend - das Gegengewicht auf den Tonarm schob und auf rund drei Gramm justierte. Eine Antiskating Vorrichtung ist ebenfalls vorhanden, soll jedoch nur im Notfall (beschrieben) verwendet werden.

Nachdem der Plattenteller in Position gebracht und der Riemen korrekt eingefädelt wurde, war der Plattenspieler bereit.

Auf der beiliegenden CD gibt es sowohl für PC als auch für Mac OS X je zwei Softwareprogramme, von denen mindestens eines vor der Inbetriebnahme installiert werden muss (mehr zur Software später).

Ich wählte den mir unbekannten «EZ Audio Converter», der die einfachste Art der Digitalisierung ermöglichen sollte. Die Installation auf meinem Mac war problemlos.

Gespannt schloss ich den Plattenspieler mit dem beiliegenden USB Kabel an meinen Rechner an, startete den EZ Audio Converter, dann den Plattenspieler und ... nichts.

Undokumentiert

Das Anschlussfeld auf der Unterseite mit dem nicht dokumentierten Gain Regler und dem Umschalter für den Cinch Ausgang.

Doch da war doch was: Als ich vor der Installation eine Schalterposition auf der Unterseite des Plattenspielers kontrollierte (Phono oder Line out), hatte ich einen in der Bedienungsanleitung nicht erwähnten «Gain» Regler gesehen.

Gut, aber wieso auf der Unterseite des Plattenspielers?

Sorgfältig schob ich den Plattenspieler über die Tischkante, so dass ich den Regler erreichen konnte, während die LP spielte.

Ein eher mühsames Unterfangen, doch es klappte: Etwa ¾ offen hatte ich optimalen Pegel für die Aufnahme.

Achtung Aufnahme!

Während ich die gut erhaltene LP (von «Matia Bazar», falls Sie es genau wissen wollen) abspielte, forderte mich die Software auf, zwischen zwei Tracks einen Button anzuklicken. Alles wird auf dem Bildschirm einfach und übersichtlich erklärt.

Nachdem ich beide Seiten der LP so eingespielt hatte, wurde ich aufgefordert, den Namen der Gruppe, den Titel des Albums sowie die Titel der einzelnen Stücke einzutippen.

Danach wurde eine Wartezeit angezeigt, in der der Rechner die Aufnahmen in MP3 Dateien wandelte und diese automatisch in iTunes (der Freeware von Apple, für Mac und PC) einbettete.

Alles war paletti. iTunes wurde automatisch gestartet und ich konnte «Matia Bazar» sofort als MP3 geniessen.

Unter der Lupe

Nur Mini-Klinke und erst noch versenkt: Der Stereoeingang zum Anschluss z.B. eines Kassettendecks.

Wie schon oben erwähnt: Der ION USB Plattenspieler ist nichts für Audiophile. Wer seine LPs in vollendeter Qualität hören will, ohne einen Plattenspieler zu bemühen, muss sich die entsprechende (meist neu gemasterte) CD kaufen (sofern erhältlich).

Unser Testobjekt ist alles andere als perfekt, wenn man die Problemzonen wie Rumble und Geräuschabstand näher unter die Lupe nimmt.

Legt man z.B. den Tonarm auf die Platte ohne den Antrieb zu starten, ist ein «Leergeräusch» in den Pegelanzeigen sicht- und bei aufgedrehtem Volumen hörbar.

Doch die meisten LPs, die wir digitalisieren wollen, sind selbst schon nicht eben geräuschfrei - und um eine 100 mal abgespielte Lieblingsplatte aus den 70er Jahren oder die Märchenplatte aus der Kindheit in die neue Technologie hinüber zu retten, genügt die Tonqualität allemal!

Zusatzfreuden

Wie bei den «Grossen»: Tonkopf resp. Tonzelle sind auswechselbar

Und wenn wir schon am Digitalisieren sind: Vielleicht besitzen Sie ja auch noch ein paar Kassetten (Kasperlitheater mit Jörg Schneider?), die Sie auch noch digitalisieren möchten.

Dazu besitzt der ION einen Stereoeingang (allerdings Mini-Klinke) auf der Oberseite, an den man sämtliche Geräte mit Linienausgang (also z.B. ein Kassettendeck) anschliessen kann.

Statt des LP-Signals werden dann diese Daten in den Rechner geschaufelt.

Und falls Sie den Plattenspieler an Ihre Stereoanlage anschliessen möchten, können Sie dies ebenfalls tun, auch wenn Ihr Verstärker keinen Phono- sondern nur noch einen Aux (Linien-) Eingang hat, beides ist dank des oben erwähnten Umschalters über das Cinchkabel möglich.

Software

Die zweite Software (PC und Mac), die etwas komplexere Möglichkeiten bietet, heisst «Audacity» (Freeware, Open Source). Sie bietet so ziemlich alles, was das Audioherz begehrt, ist jedoch einiges anspruchsvoller in der Handhabung.

Vorteil: Man nimmt nicht MP3 sondern WAV resp. AIFF Dateien auf, die nachträglich bearbeitet werden können.

Audacity - die ich übrigens allen Audiointeressierten wärmstens zum Download empfehlen kann - bietet Geräuschverminderer, Kratzgeräuschentferner und vieles mehr an, doch kann ich aus eigener Erfahrung schreiben, dass es nicht nur viel Zeit, sondern auch einiges an Feingefühl und Erfahrung braucht, um einer alten LP geräuschfreien Wohlklang zu entlocken.

Mein Rat: Freuen Sie sich, dass die LP noch so klingt, wie Sie sie kannten. Falls Sie experimentieren wollen, empfehle ich, zuerst eine Kopie der Originaldaten zu erstellen.

Ein Nachteil der WAV resp. AIFF Dateien ist deren Grösse resp. der Speicherplatz, den sie auf der Festplatte beanspruchen: 6 bis 10 x mehr als MP3 Dateien.

Die Einfachsoftware für den PC heisst «EZ Vinyl Converter» und soll noch ein paar Tricks mehr drauf haben als die Mac-Version; so soll es z.B. möglich sein, die Tracknamen via Internet direkt aus der internationalen Datenbank einlesen zu lassen. Ich konnte dies nicht testen.

Übrigens: Beide Softwareprogramme sind in den ebenfalls auf der CD vorhandenen PDF Dateien hervorragend und Schritt für Schritt erläutert, verständlich und nachvollziehbar für jedermann.

Fazit

Trotz ein paar Ungereimtheiten (Gain Regler UNTER dem Gerät, Stereoeingang auf der Oberseite, jedoch nur als Mini-Klinke) und nicht audiophiler Klangqualität kann ich den ION USP Plattenspieler für Transferzwecke wärmstens empfehlen, umso mehr als dass bei einem Listenpreis von CHF 239.00 das Preis-Leistungsverhältnis absolut stimmt.
STECKBRIEF
Modell:
TTUSB
Profil:
Plattenspieler mit Vorverstärker und USB Interface
Pro:
Einfache Bedienung, ;schnell erlernbare Software, ;gutes Preis-Leistungsverhältnis, ;Tonzelle auswechselbar
Contra:
Plattenspieler in Leichtbauweise, ;Geräuschabstand nicht optimal
Preis:
239.00 CHF
Hersteller:
ION
Jahrgang:
2008
Vertrieb:
Masse:
420 x 140 x 370 mm
Gewicht:
3,5 kg
Farbe:
silber