TESTBERICHT
ARTIKEL
Publikationsdatum
11. Oktober 2003
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Soll man denn für solch einen erfolgreichen Dauerbrenner überhaupt noch Werbung machen? Wäre es nicht gescheiter, den altgedienten 301 auf seinen bisher geernteten Lorbeeren ausruhen zu lassen?

Doch wir glauben, dass es sich lohnt, den mit mehr als nur einem Facelifting versehenen Oldtimer nochmals auf die Prüfbank zu stellen und ihm mit audiophilen CDs und neuster, hochauflösender Software ab Hybrid-SACD auf die Probe zu stellen.

Altes Prinzip neu aufbereitet

Elegante Formen beherbergen bewährte Technik
Elegante Formen beherbergen bewährte Technik
Die 301 von 1975 war ein viereckiges Kistchen mit einem nach vorne strahlenden Mittel-Tieftöner und einem seitlich montierten 5 cm-Tweeter.

Mittels eines vorgeschalteten Paddels, konnte der Schall je nach Wunsch direkt nach vorne oder mehr indirekt zur Seite hin gelenkt werden.

Der Series V spendierte man ein elegantes, wenngleich nicht sonderlich stabiles Gehäuse und verzichtete auf diesen Reflektor.

Dafür montiert man auf der Rückseite einen weiteren 5 cm Tweeter. Bei beiden Hochtönern setzt man zur breiteren Abstrahlung eine akustische Linse ein.

Der 20 cm Tieftöner wurde modifiziert, arbeitet aber immer noch mit einer – und das soll kein Werturteil sein- sehr leichten aber stabilen Pappmembran.

Die Weiche ist "audiophil-minimal": Zwei Kondensatoren schneiden den Tweetern mit 6 dB/Okt die Bässe ab und damit hat‘s sich auch schon. Der Frequenzgang des Basses fällt ungefiltert auf natürliche Art ab.

Die Boxen gibts in Schwarz und Kirsche hell.

Hart im Nehmen

Genialer Schutz: Eine Glühlampe entzieht den Hochtönern übermässige Leistung
Genialer Schutz: Eine Glühlampe entzieht den Hochtönern übermässige Leistung
Damit die Box nicht bei der lautstarken Heimparty frühzeitig den Geist aufgibt und dies mit Rauchzeichen signalisiert, werden die Schwingspulen der Hochtöner mit Ferrofluid gekühlt.

Zudem werden sie mit einer Glühlampe geschützt. Ja, sie haben richtig gelesen: Diese Glühlampe beginnt bei Überspannung zu leuchten und entzieht den Hochtönern überschüssige Leistung. Da die Lampe eine gewisse Trägheit besitzt, ergibt sich ein Softlimiter-Effekt, der zu hohe Pegelspitzen sanft limitiert.

Platzierung

Wer die Boxen nicht ins Regal stellen will, kann sie auf die Ständer FS-1 stellen.
Wer die Boxen nicht ins Regal stellen will, kann sie auf die Ständer FS-1 stellen.
Der nach hinten gerichtet Hochtöner muss, um seine Aufgabe als "Raumstrahler" ausüben zu können, frei abstrahlen können.

Die Box in eine enge Nische im Regal zu zwängen ist grundfalsch, denn seitlich sollten mindestens 30 cm Freiraum sein.

Die Beschaffenheit der Rückwand spielt eine Rolle. Hart reflektierende Wände wirken sich für die Verteilung des Indirektschalles absolut positiv aus.

Unter der Bezeichnung FS-1 bietet Bose zu Fr. 178.- / Paar einen passenden Lautsprecherständer an, der eine optimale Abstrahlung ermöglicht.

Am besten stellt man diese Kombination mit einem Abstand von 5 bis 10 cm an die Rückwand, aber nie direkt in eine Ecke.

Da die Chassis nicht magnetisch abgeschirmt sind, sollt ein Minimalabstand von rund 60 cm zu Fernsehgeräten und Computermonitoren eingehalten werden.

Breite Hörzone

Mit der Direct/Reflecting-Technik will man die akustischen Verhältnisse im Konzert nachbilden.
Mit der Direct/Reflecting-Technik will man die akustischen Verhältnisse im Konzert nachbilden.
Die Direct/Reflecting-Technologie hat unzweifelhaft ihre Vorzüge. Die Stereohörzone ist sehr breit. Bewegt man sich aus der Mitte der Speaker, so bleibt die Stereoperspektive aufgrund der geschickten Anordnung der Chassis stabil.

Man kann frei im Raum herumwandern und geniesst überall noch einen Stereoeffekt. Der Klang ist von den Boxen losgelöst. Eine Tugend, die so manchen teureren Konkurrenten fehlt.

Gefälliger Sound

Erstaunen auf der avguide-Redaktion: Was, das soll diese kleine, unscheinbare Box sein, die da so gross aufspielt? Doch alles schön der Reihe nach.

Die Boxen wurden auf einer Höhe von 1,5 m mit einer Distanz von rund 5 cm an die Rückwand gestellt. Links und recht hatten die indirekt strahlenden Tweeter freie Bahn, um ihren Schall abzugeben.

Ein Vollverstärker von Rotel mit rund 2 x 80 Watt trieb die 301 zu erstaunlichen Leistungen an.

Hochwertige Software in Form von Hybrid SACDs und DVD-Audios aller Musik-Stilrichtungen lieferten ein ideales Test-Klangmaterial.

Räumlicher Klang

Michael Camilos "Triangulo" Latin-Jazz-Aufnahme brachten die 301 mit sehr gefälligem Sound, dynamisch, bassig und sehr räumlich.

Das Fundament reichte sicher nicht bis in den tiefsten Keller, wirkte aber doch beeindruckend.

Elegant perlte der Flügel auf und ab; mal säuselnd, mal kraftprotzend. Lediglich bei höheren Pegeln machten sich leichte Gehäuseresonanzen bemerkbar. Die Folge davon war eine gewisse klangliche Unschärfe.

Fein und spritzig

Ein auf der Rückseite montierter Hochtöner veleiht dem Klangbild einen gewissen Raumeffekt.
Ein auf der Rückseite montierter Hochtöner veleiht dem Klangbild einen gewissen Raumeffekt.
Bemerkenswert ortungsscharf, dennoch mit ausgeprägter Räumlichkeit brachten die 301 Gesangswerke wie etwa die SACD "Love&Lament" mit Gesangsmusik aus dem Mittelalter.

Recht differenziert, aber gewiss nicht ganz frei von Verfärbungen, zeigten sie die unterschiedlichen Klangtimbres von Sopran, Alt, Tenor und Bass. Warm und füllig legte die Violone ein schönes Fundament unter das Klanggeschehen, während das Cembalo mit feinen silbrigen Impulsen rhythmische Akzente setzte.

Die weiträumige Darstellung grosser Klangkörper zeigte die 301 auch bei orchestralen Werken.

Streicher erschienen fein und spritzig. Erst bei massiven Paukenschlägen meldete sich dann auch das Gehäuse zum Wort und verlieh dem an und für sich bei gemässigten Pegeln recht sauberen Klang eine gewisse Topfigkeit.

Bei jazzigen und rockigen Sounds sind unsere Dauerbrenner absolut im Element. Sie entfalten hier einen erstaunlichen Druck, den man solch kompakten Boxen nie zugetraut hätte.

Zudem punkteten sie auch hier mit einer Räumlichkeit, die zuweilen echte Livestimmung aufkommen liess.

Power-Test

Trotz einfacher Technik liefern die leistungsfähigen Komponenten einen kräftigen Sound
Trotz einfacher Technik liefern die leistungsfähigen Komponenten einen kräftigen Sound
Zum Abschluss des Hörtests dann der Power-Test: Die gewaltigen Bass-Drum-Impulse des berüchtigten Boxenkillers der High-End Test Record "Impression" schallten durch den Abhörraum.

Erst laut, dann noch lauter, bis es den anwesenden Hörern so langsam ungemütlich wurde.

Doch weder ein panikartiges Anschlagen der Schwingspulen noch Rauchzeichen aus den Hochtönern, meldeten das baldige Ende der Systeme an, und so langsam bekam der Vollverstärker Schweissanfälle.

Also wurde diese Übung abgebrochen und die Bose 301 hatte gewonnen.

Power und Ausdauer ist also bei der heimischen Partybeschallung garantiert.

Fazit

Die Bose 301 ist inzwischen ein fast dreissigjähriger Dauerbrenner, der in Anbetracht seines bescheidenen Preises und des zu einer High-End-Box vergleichsweise geringen Aufwandes gar nicht so gut klingen dürfte.

Doch wie heisst es so schön: Eine gute Ingenieurleistung erkennt man daran, dass mit einem Minimum an Aufwand ein Maximum an Leistung erzielt wird. Und das ist den Bose Ingenieuren wahrhaft gelungen.
STECKBRIEF
Preis:
648.00
Profil:
Bose Dauerbrenner mit ansprechendem Klang zu günstigem Preis
Pro:
grosse Stereohörzone, guter Klang, kompakte Abmessungen
Contra:
nicht seht stabiles Gehäuse, nicht magnetisch abgeschirmt
Ausstattung:
Tief/Mitteltöner 1 x 20 cm
Hochtöner: 2 x 5 cm
Technische Daten:
Abmessungen (BxHxT): 20 x 35 x 22 cm
Gewicht: 5 kg
Wege: 2