
Zugegeben: Meine letzte Beschäftigung mit analogen Audiokabeln datiert schon eine Weile her. Dabei ist eigentlich unbestritten, dass gute Verbindungskabel zwischen Musikquellen wie DACs oder Streamer und Verstärker einerseits sowie zwischen Verstärker und Lautsprechern andererseits zur Klangqualität einer Hifi- oder High-End-Anlage entscheidend beitragen. Aber wahrscheinlich geht es vielen audiophilen Musikliebhabern so, dass man sich eine Weile intensiv mit dem Thema beschäftigt – bis man das Gefühl hat, die heimische Anlage mit ausreichend guten NF- und Lautsprecherkabeln ausgestattet zu haben. Dann lässt man das Thema gerne mal für einige Zeit ruhen. Denn schliesslich handelt es sich bei «audiophilen» Kabeln um recht bedeutende Investitionen, die man über einige Jahre amortisieren möchte.
Dennoch ist es auch für «alte Hasen» interessant zu sehen, ob es noch Fortschritte bei der Entwicklung und Fertigung von analogen Verbindungskabeln gibt. Selbst wenn der Fokus in jüngster Zeit mehr auf «audiophilen» Digital- und Ethernetkabeln liegt. Dies, weil heutzutage viel mehr über Streamer Musik gehört wird. In vielen Fällen docken diese über optische oder koaxiale Digitalkabel an einem Verstärker mit integriertem DAC an. Andererseits gibt es aber auch Audio-Server, Streamer und Netzwerkspieler, die über sehr gute DA-Wandler verfügen und analog mit dem Verstärker Kontakt aufnehmen. Es gibt also nach wie vor Bedarf für hochwertige analoge Kabel. Nicht zuletzt auch zur Verbindung von Vor- und Endverstärkern.
Meister der Metallurgie
Nomen est Omen – Spezialität des polnischen Herstellers Argentum bilden Kabel mit Leiterdrähten aus hochreinem Silber. Dieses Material weist bekanntlich die beste elektrische Leitfähigkeit unter allen Metallen auf. Daraus allein schon kann man ein Plus an Wiedergabetreue erwarten. Ebenso entscheidend ist aber die Art und Weise der Isolierung und der elektromagnetischen Abschirmung der Leiter.

Auch hier haben die Polen, die bereits seit rund 17 Jahren Kabel herstellen, sehr viel Know-how und technische Finesse vorzuweisen. So sind sie wahre Meister der Metallurgie: Die Herstellung von Silberleitern höchster Reinheit (unabhängige Labors bescheinigen Argentum einen Reinheitsgrad von 99.999 %) ist ein aufwändiges Verfahren. Nach dem eigentlichen Ziehen der Silberdrähte bis zur Stärke des gewünschten Leiterquerschnitts werden die zukünftigen Signalleiter einer zweifachen thermischen Bearbeitung zur Rekristallisierung unterzogen, um die ursprüngliche kristalline Struktur wiederherzustellen. Dieser Prozess ist hoch komplex und dauert mehrere Stunden.
Hier bewegt man sich theoretisch im Bereich der Physik und Chemie der Metalle, was für den Laien natürlich schwer nachzuvollziehen ist. Entscheidend sind offenbar die Schnelligkeit der Erhitzung, die Dauer der Wärmebehandlung sowie die Phase der Hitzestabilisierung, sprich Abkühlung. Ziel ist es jedenfalls, damit eine molekulare Struktur hinzukriegen, die eine «uneingeschränkte Bewegungsfreiheit der Elektronen» im Signalfluss gewährleistet.

Doch damit nicht genug: Die Polen tüftelten ausserdem eine spezielle Anordnung der Silberleiter aus und erfanden eine Methode der abwechselnden Anordnung der einzelnen Drähte in den Leitern. Bereits das Einsteiger-Kabel der «Basic»-Linie verfügt über sieben Silberfäden mit einem Querschnitt von je 0,32 mm. Jeder zweite Draht in den Leitern ist der ursprünglichen Ziehungsrichtung entgegengesetzt angeordnet. Diese Methode soll das Phänomen des kristallinen «Gedächtnisses» der Silberstruktur berücksichtigen und so indirekt den Signalfluss der Elektronen optimieren.
Vier Produktefamilien
Im Bereich der analogen Verbindungskabel bietet Argentum die vier Qualitätsstufen «Basic», «Premium», «Exclusive» und «Extreme» an. Bis auf das «Basic», welches koaxial mit einem einzelnen Silberleiterbündel im Zentrum aufgebaut ist, verwenden alle anderen das sogenannte «Star Quad»-Design mit vier Leiterbündeln, deren Anordnung die elektromagnetische Wechselwirkung zugunsten eines geringeren Übersprechens positiv beeinflussen soll.
Extrem aufwändig und komplex ist die Art und Weise der Abschirmung, welche Argentum bei den Silberkabeln appliziert. Je nach Modell – von «Basic» bis «Extreme» – werden bis zu drei Abschirmungen mit unterschiedlichen Schirm-Leitern und Metallisierungen eingesetzt. Auch hier kommt der Laie bei der Begutachtung an seine Grenzen. Dennoch verfestigt sich der Eindruck, dass hier fortschrittliche Wissenschaft in die Praxis umgesetzt wurde. Das Ganze hat Hand und Fuss. Nicht nur der Materialaufwand ist bei Argentum-Kabeln sehr hoch; auch die Fertigung ist bestechend gut. Damit der Käufer einen Eindruck vom getriebenen Aufwand mitbekommt, werden jedem Produkt 1,5 Zentimeter Kabelmuster mitgeliefert. Eine wirklich nette Geste.

Haben Kabel einen «Eigenklang»?
Die Antwort lautet strenggenommen: «nein». Kabel klingen nicht. Dennoch ist eigentlich unbestritten, dass sie ihren Anteil zur Klangqualität einer Anlage beitragen. Um möglichst objektiv an die Sache heranzugehen, realisierten wir beim Hörtest ein Szenarium, welches einen Blindtest mit A/B-Umschaltung ermöglichte. Zunächst testeten wir die Kabel an einer älteren High-End-Anlage, bestehend aus einer feingetunten Audiodata Elance II, einem Vollverstärker Azur 851A von Cambridge Audio sowie einem SACD-Universalplayer von Pioneer (DV-989AVi). Letzterer verfügt über zwei parallele Cinch-Ausgänge. Somit konnten gleichzeitig zwei Cinch-Kabelpaare am Azur 851A angeschlossen werden – mit der Möglichkeit, bequem via Fernbedienung bei laufender Musik umzuschalten. Wohlweislich wusste der Autor dabei nicht, welches Kabel jeweils welchen Eingang der Verstärker belegte. Zum Vergleich mit den Argentum-Modellen «Basic» und «Premium» dienten Cinch-Kabel einer ähnlichen Preisklasse von Inakustik, Nordost-Flatline und Goldkabel. Das Erkenntnisinteresse für den Autor war insbesondere, ob auch älteres HiFi- und High-End-Equipment von neueren Kabeln würde profitieren können – und wie sich Letztere im Vergleich mit älteren Referenzkabeln schlagen würden. Oder kurz zusammengefasst: Ist klanglicher Fortschritt bei NF-Kabeln überhaupt noch möglich?

Da die Preise für die Exclusive- und Extreme-Kabel von Argentum deutlich höher liegen, wurden diese zusätzlich an einer aktuellen Referenzanlage «gehört». So hatten wir die Möglichkeit, sie mit dem Michi-Vorverstärker von Rotel und den neuen Delta-Verstärkern von Classé auszuprobieren. Der Michi P5 (Test: siehe hier) diente dabei als Quellgerät und wurde über die Argentum-Cinchkabel mit dem Delta Pre (Test: siehe hier) verbunden.
Komplettiert wurde diese Abhöranlage durch den Delta-Stereo-Endverstärker und ein Paar Bowers & Wilkins 702 Signature (Test: siehe hier) sowie Kabel der Serie 32 Mk II von Silent Wire. Sowohl der Michi P5 wie der Delta Pre verwenden DAC-Chips vom Typ AKM 4497. Freilich kostet der Classé Vorverstärker fast dreimal so viel wie der Rotel. So interessierte primär nicht, wie gut sich der Michi P5 im Vergleich schlagen würde, sondern vielmehr, ob Unterschiede in der Klangqualität der Gesamtanlage bei Verwendung der verschiedenen NF-Kabel von Argentum festzustellen waren. Das Ergebnis – so viel sei vorab verraten – war doch verblüffend.

Argentum Sw-0.5/1 «Basic»
Das Basic-NF-Kabel von Argentum ist als Koaxialkabel ausgelegt. Demgemäss besteht «nur» der zentrale Leiter aus sieben Reinsilberdrähten à 0,32 mm. Der Rückleiter ist hingegen als verzinntes, sauerstofffreies Kupfergeflecht ausgelegt. Die Ummantelung aus blauem Polyestergeflecht ist recht flexibel, sodass das Handling unproblematisch ausfällt. Die Stecker sind mit Klemmgewinde versehen, sicherer Halt ist garantiert.

Im Blindtest war das Basic von Argentum von den zum Vergleich herangezogenen Kabeln von Inakustik (NF-1302 und NF-202) klar auseinanderzuhalten. Mit dem Sw-0.5/1 zeigte die Wiedergabe deutlich mehr räumliche Transparenz und Offenheit. Die Höhen wurden klarer gezeichnet und kamen mit schöner Brillanz. Mit einem Nordost Flatline Blue Heaven klang es im Blindtest zwar ähnlich spritzig und räumlich offen, die Wiedergabe wirkte aber etwas weniger kultiviert, tendenziell fast schon aggressiv. Dafür gefiel das Blue Heaven im Signalweg mit schier ungebremster Dynamik und Attacke. Dennoch wurde dem Basic-Kabel von Argentum im Blindtest schlussendlich der Vorzug gegeben. Das Argentum Sw-0.5/1 offeriert eine sehr hohe Wiedergabegüte für vergleichsweise wenig Geld (ab CHF 246.-) und ist insbesondere dazu geeignet, einer Anlage zu mehr räumlicher Transparenz und Obertonbrillanz zu verhelfen. Dies ohne jeglichen Beigeschmack von klanglicher Härte.

Argentum SCG-2/4 «Premium»
Das Premium-NF-Kabel von Argentum ist voll symmetrisch ausgelegt und kann auch als XLR-Version bestellt werden. Es verfügt über 2 x 2 Leiter mit je sieben Silberdrähten à 0,32 mm Querschnitt. Das Kabel ist mehrfach und aufwändig abgeschirmt. Trotzdem ist die Ummantelung aus blauem Polyestergeflecht ausreichend flexibel.

Das Argentum SCG-2/4 «Premium» distanzierte im Blindtest die Kabel von Inakustik/Nordost sehr deutlich. Auch gegenüber dem hauseigenen «Basic» gewann die Wiedergabe klar an Ausdruck und Substanz. Im Blindtest schon schwerer auseinanderzuhalten war das SCG-2/4 gegenüber einem Executive Rhodium vom Hersteller Goldkabel (Preis ab CHF 572.-). Beide verhalfen der Wiedergabe zu einer hohen Klangpracht mit wunderbaren Klangfarben und ausgeprägter Vitalität. Erst im Langzeittest erwies sich das SCG-2/4 als noch etwas besser. Die Wiedergabe hatte letztlich eine stimmigere, angenehmere Note. Musik erklang – wenn auch subtil – irgendwie schöner.
Zu einem Preis ab CHF 500.- verspricht das Argentum SCG-2/4 «Premium» sehr viel potenziellen Klanggewinn – ideal für Anlagen bis etwa 10'000 Franken. Erst der Vergleich mit den hauseigenen «Exclusive»- und «Extreme»-Modellen zeigte, dass punkto Wiedergabegüte noch sehr viel mehr möglich ist.
Das «Premium» von Argentum ist gegen Aufpreis auch in den Versionen SCG-4/4 (vier Leiter mit 13 Silberdrähten à 0,32 mm) und SCG-6/4 (vier Leiter mit 7 Silberdrähten à 0,55 mm) erhältlich.

Argentum SCG-6/4E Gold «Exclusive»
Die «Exclusive»- und die «Extreme»-Modelle von Argentum bilden die Luxusvarianten innerhalb der Kollektion an Silberkabeln. Äusseres Kennzeichen ist die Echtleder-Ummantelung mit fein eingearbeitetem Goldstreifen. Das SCG-6/4E Gold «Exclusive» verfügt über 2 x 2 Reinsilberleiter mit je sieben Adern à 0,55 mm. Zur Vibrationsdämpfung und auch zur Reduzierung von Mikrophonieeffekten sind vier «Stopper» aus Baumwolle in das «Star Quad Design» des Kabelkerns miteingearbeitet. Diese sollen zudem elektrostatische Ladungen nivellieren. Das SCG-6/4E Gold «Exclusive» ist auch in einer XLR-Variante erhältlich. Besonderes Kennzeichen ist die aufwändig gestaltete Dreifach-Hybrid-Abschirmung mit Aluminium-Polyesterfolie, vergoldetem OFC-Geflecht sowie einem dichten Chrom-Nickelflechtwerk. Wer etwas Geld sparen möchte, kann das «Exclusive» in Übrigen auch mit versilberter anstelle vergoldeter Abschirmung bestellen. Der Einstiegspreis für ein Reinsilber-Stereo-Cinchkabel der «Exclusive»-Klasse von Argentum liegt somit bei CHF 1316.- (Länge: 0,6 m).

Punkto möglichen Klanggewinns rangiert das «Exclusive» in einer ganz anderen Liga als das «Premium» aus gleichem Haus. So verhalf es dem als Quellgerät herangezogenen Vorverstärker Michi P5 von Rotel zu einer Wiedergabegüte praktisch auf dem Niveau des rund dreimal so teuren Delta Pre von Classé. Im selben Vergleich – jedoch über ein Argentum SCG-2/4 «Premium» verbunden – hatte der Michi P5 deutlich das Nachsehen.
Musik wurde ab Qobuz gestreamt und via Digitaleingang in die beiden Vorverstärker eingespeist. In einem Fall wurde direkt ab Streamer und Delta Pre gehört, im anderen Fall über den Umweg via Michi P5 mit analoger Cinchverbindung zum Delta Pre. Diesen prinzipbedingten Nachteil machte das SCG-6/4E Gold (im Gegensatz zum günstigeren SCG-2/4) erstaunlich gut wett.
Für einen Preis von CHF 1516.- (0,6 m Länge) darf man von einem NF-Verbindungskabel aber auch einiges erwarten. Das Argentum SCG-6/4E Gold «Exclusive» erfüllt tatsächlich höchste Ansprüche punkto Materialaufwand, Verarbeitung und – am wichtigsten – bezüglich des Klanggewinns innerhalb sehr guter High-End-Anlagen. Von daher geht das Preis-Leistungs-Verhältnis absolut in Ordnung.

Argentum SCG-7,5/3/4E Gold «Extreme»
Beim Argentum SCG-7,5/3/4E Gold «Extreme» handelt es sich um das teuerste NF-Verbindungskabel von Argentum. Im Unterschied zum «Exclusive»-Modell kommen hier Leiterbündel mit vier Strängen à 0,55 mm sowie zusätzlich vier Stränge à 0,32 mm zum Einsatz. Die insgesamt acht Stränge pro Leiter sind ihrerseits mit einem Silbergeflecht umhüllt. Summa summarum verfügt dieses Kabel also über 32 Stränge aus hochreinem Silber. Die aufwändige Mehrfach-Abschirmung ist ansonsten mit derjenigen des SCG-6/4E Gold «Exclusive» vergleichbar. Als Cinch-Stecker kommt ein noch etwas massiveres Exemplar mit vergoldetem mittleren Pin aus reinem Silber zum Einsatz. Weiteres Unterscheidungsmerkmal: die rote Echtleder-Ummantelung.

Im Hörtest erwies sich dieses sehr teure Verbindungskabel als der Überflieger. Damit klang der Vorverstärker Michi P5 definitiv auf dem Niveau des Delta Pre von Classé. Tatsächlich hatte man subjektiv den Eindruck, dass die Wiedergabe einen ganz besonderen Glanz dazu gewann – während die Musik, direkt über den Delta Pre gehört, zwar noch etwas direkter, aber auch etwas nüchterner klang.
Das Argentum SCG-7,5/3/4E-GS «Extreme» eignet sich also für gezieltes Klangtuning – vor allem, wenn es darum geht, die Wiedergabe einer Anlage zu verschönern. Dies bei allerhöchsten Ansprüchen bezüglich Feindynamik und Durchhörbarkeit der Musik. Auch der Preis (ab CHF 2190.-) kann sich im Vergleich mit der Konkurrenz (etwa zu Reinsilberkabeln von Kimber Kable) durchaus sehen lassen.

Fazit
Die getesteten Verbindungskabel von Argentum überzeugen mit durchwegs sehr hoher Wiedergabegüte und erbringen den Beweis, dass Reinsilberkabel eine Wiedergabekette entscheidend aufwerten können. Dabei macht sich die nicht unerhebliche Investition natürlich erst bezahlt, wenn der Rest der Anlage klanglich auf einem adäquaten Niveau liegt. Dann nämlich macht es Sinn, mit Feintuning-Massnahmen wie dem Einsatz sehr teurer Kabel noch (sehr) viel Mehr an Klangqualität herauszuholen.
Hierfür sind die «Exclusive»- und «Extreme»-Verbindungskabel von Argentum bestens geeignet. Wer also einen separaten DAC oder getrennte Vor- und Endverstärker der Spitzenklasse sein Eigen nennt und auf der Suche nach Verbindungskabeln ist, die eine transparentere Wiedergabe realisieren: Bei Argentum wird er fündig. Und dies dankenswerterweise ohne übermässig analytischen Beigeschmack. Preis-Leistungs-Tipp in diesem Vergleich ist zweifelsohne das «Premium»-Modell des polnischen Herstellers, das für einen fairen Preis Topqualität anbietet. Argentum sollte man beim anstehenden Kauf von High-End-Kabeln mit auf dem Radar haben.