TESTBERICHT
Vifa Helsinki: Modernes Kofferradio.Vifa Helsinki: Modernes Kofferradio.

Bluetooth-Lautsprecher sind nicht für Puristen gemacht und auch nicht für audiophile Musikhörer, die sich das pure Live-Erlebnis vor das Sofa stellen wollen. Diese Audiogeräte sind nicht in der Lage, Musik authentisch wiederzugeben, aber man kann mit ihnen Musik hören und Spass haben. Sie gleichen den Transistorradios der 1970er-Jahre, erfüllen exakt diesen Zweck und sie klingen besser.

Man kann sie überall verwenden und mit den Smartphones, die man ohnehin besitzt, bespielen. Konkret tut man das vermutlich am häufigsten mit U-Musik dieser Tage. Ihre zunehmende Verbreitung überspannt aber mittlerweile Generationen, und daher müssen sie auch "anspruchsvollem" Material genügen. Das tun sie gar nicht schlecht.

Es geht bei der Entwicklung dieser Gerätesparte nicht nur um Lifestyle und Marke. Es geht den Entwicklern tatsächlich auch darum, dass es im Rahmen der begrenzten Möglichkeiten gut und immer besser klingt. Meine Verblüffung ist echt. Ich war stets ein Gegner von "Brüllwürfeln" und werde nun eines Besseren belehrt.

Es war früher so, dass man sich in Hotelzimmern mit dem bettseitigen Telefon-Rundspruch-Radio begnügte. Sechs Sender und es plärrte wirklich grauenhaft. Trotzdem kam Musik irgendwie herüber und man vergass die Qualität für einen Moment. Überhaupt scheint die emotionale Sprache der Musik Qualitätsansprüche dann und wann zur Seite zu schieben. Man weiss dann schon, dass es viel besser klingen könnte, aber der emotionale Moment lässt es ein wenig vergessen.

Die Geräte im Test

Die Geräte sind funktional unterschiedlich, ebenso von der Grösse her.Die Geräte sind funktional unterschiedlich, ebenso von der Grösse her.

Die getesteten Geräte sind funktional unterschiedlich. Teilweise stehen proprietäre Apps zur Verfügung, z.b. Bose SoundTouch, Funktionsoberflächen, die einiges vereinfachen und vereinheitlichen, aber streng genommen können sie trotzdem nicht viel mehr.

Das Tablet/Smartphone lässt alles zu, sofern ein WiFi zur Verfügung steht, und Bluetooth funktioniert immer in realistischer Distanz. Darum sind die einfacheren Geräte, die ohne solche Oberflächen auskommen, durchaus mit den aufwendigen zu vergleichen.

Unterschiede gibt es auch in Bezug auf Grösse und damit Verwendung: Das geht vom kleinen Harman Go + Play bis hin zu zu den währschafteren "Kisten". Das Gehäusevolumen spielt beim Klang nach wie vor eine entscheidende Rolle.

Testfeld

Vifa Helsinki
Das coole nordische Handtaschen-Design gewann 2016 einen Red Dot Design Award und kostet 399 CHF.

Bose SoundTouch 10
Das eher klassische Gerät von Bose wird vom hauseigenen SoundTouch-System unterstützt und eingebunden. Mit Fernbedienung für 250 CHF.

Panasonic SC-ALL05
Als "all-connected wireless speaker" sehr universell einsetzbar und komfortabel für 279 CHF.

Ultimate Ears UE Boom 2
Für jede noch so feuchte Party geeignet für 180 CHF.

KEF Muo
Stylish eleganter Speaker in vielen Farben für 385 CHF.

Canton Musicbox S
Sehr solides Gerät, auch geeignet für Stereo-Pairing für ca. 300 CHF.

Harman Esquire Mini
Klein, edel und businesslike. Auch als Konferenzsystem geeignet für ca. 170 CHF.

Vifa Helsinki: Nordisch cool

Das Helsinki ist absolut perfekt verarbeitet, einfach zu bedienen und so schön gestaltet, dass man es nicht mehr aus der Hand geben will. Der Stoff für die Bespannung wird vom dänischen Textildesigner Kvadrat hergestellt und das Leder-Tragband vom schwedischen Hersteller Tärnsjö Garveri. Die Lautsprecher-Treiber kommen von Vifa selbst. Helsinki hat eindeutig skandinavische Gene, aber die Herstellung passiert in China.

Technik
Es arbeiten insgesamt 4 Lautsprechertreiber (2 x Breitband, 2 x Bass) zusammen mit 2 Passiv-Radiatoren in einem soliden Kunststoffgehäuse, eingespannt in einen fugenlosen Aluminium-Rahmen. Es kommen ein DSP (Digital Sound Processing) und ein Schaltverstärker zum Einsatz. Dazu gibt es einen Kopfhöreranschluss.

Dezent: Ladestecker und Kopfhöreranschluss auf der Rückseite von Helsinki.Dezent: Ladestecker und Kopfhöreranschluss auf der Rückseite von Helsinki.

Klangerlebnis

Das Helsinki klingt angenehm war, ausgewogen und abgerundet. Klassische Musik gefällt gut. Den Mitteltonbereich fand ich bei gewissen Passagen ein wenig bedeckt. Die Tieftonenergie ist abhängig von der Platzierung. Näher an die Wand = mehr Bass. Das Helsinki ist ein gut konzipiertes Gerät, bei dessen Entwicklung auch die Ohren zum Zug kamen.

Bose Soundtouch 10: Tiefgang

Bose SoundTouch 10: Ein multiroomfähiges Sound-System.Bose SoundTouch 10: Ein multiroomfähiges Sound-System.

SoundTouch 10 ist nicht nur Bluetooth-Speaker. Das kann es natürlich auch und ohne Fehl und Tadel. Dazu ist es netzwerkfähig, kann über eine kostenlose App gesteuert werden, ist somit streamingfähig und lässt sich darüber hinaus in ein drahtloses Multiroom-System von Bose einbinden. Eine sehr schön gemachte Fernbedienung ist auch dabei. Zu viel des Guten? Nein, denn die einfache Verwendung als Bluetooth-Speaker wird durch all diese Möglichkeiten nicht verkompliziert.

Design und Verarbeitung sind ausgezeichnet, aber zurückhaltend. Besonders gefallen mir die Soft-Touch-Taster mit toller Haptik und Taktilität. Auf der Rückseite findet man eine Art Bassreflex-Port mit Exponential-Horn, wie ich vermute, und einen direkten Netzanschluss. Ein Ladegerät ist nicht erforderlich, aber die Mobilität ist etwas eingeschränkt, wohl nicht zufällig.

Bose spricht im Vergleich zu früher kaum mehr über Technik und Akustik. Vermutlich ist alles, wie früher schon, ziemlich ausgeklügelt und beim Lautsprecher würde ich ein Breitbandsystem vermuten.

Rückseite: Bassreflex-Port, Service-Schnittstelle, AUX-Eingang und Netzstecker.Rückseite: Bassreflex-Port, Service-Schnittstelle, AUX-Eingang und Netzstecker.

Klangerlebnis

Der Bose-Sound hat mich nie richtig überzeugt, aber das SoundTouch 10 klingt wirklich toll. Die Basswiedergabe ist beeindruckend und vor allem sehr tief. Das haben sie wirklich ausgezeichnet hinbekommen. Dazu spielt der Lautsprecher sehr dynamisch auf und auch sehr ausgeglichen mit einer packenden Mittelton-Präsenz. Das ist eine sehr musikalische Darbietung und somit eine reife Leistung.

Panasonic SC-ALL05: Alles oder nichts

Der SC-ALL05 lässt sich ebenfalls auf jede erdenkliche Weise einsetzen.Der SC-ALL05 lässt sich ebenfalls auf jede erdenkliche Weise einsetzen.

Der SC-All05 von Panasonic ist funktional weitgehend identisch mit dem Bose, kann ebenso einfach als Bluetooth-Speaker verwendet werden. Das netzwerkfähige, durch Apps steuerbare und multiroomfähige "Streaming Ready"-Gerät ist zudem wasserdicht und eignet sich daher für Nassräume und die zuweilen feuchte Umgebung ums Haus. Ich frage mich manchmal, wo man überall Musik hören will. Gerade das Beispiel "unter der Dusche" erwärmt mich persönlich schon aus akustischen Gründen nicht. Nun, schaden kann es nicht und die Gerätefamilie von Panasonic ist sehr umfangreich.

Der grossflächige Touch-Screen trägt der Wasserdichtheit Rechnung. Anders wäre das kaum zu lösen. Das Gerät ist schön ausgeführt und qualitativ gut gemacht, wirkt aber mit dem Chrom-Rand und dem Mikro-Lochblech ein wenig konventionell. Vorteilhaft ist die versprochene Akkulaufzeit von 9 Stunden.

Der grossflächige Touch-Screen des Panasonic.Der grossflächige Touch-Screen des Panasonic.

Klangerlebnis

Das Panasonic-Gerät offenbart eine leichte Mittel-Bass-Betonung, ein oft angewendeter Trick zu Gunsten des wahrgenommenen Klangvolumens. Das Gerät klingt trotzdem ausgeglichen, schön und nie nervig.

Ultimate Ears UE Boom 2: Spassfaktor pur

Ein perfekt inszeniertes, handschmeichlerisches Gesamterlebnis.Ein perfekt inszeniertes, handschmeichlerisches Gesamterlebnis.

Betrachtet man sich das Gerät auf der Web-Seite, dann wird klar, welche Generation angesprochen ist. Es geht um Party und Spass schlechthin. Der BT-Speaker muss daher auch zwingend über eine passende App gesteuert werden können, sonst wäre das sehr uncool. Erforderlich ist das aber nicht. Ich habe den UE Boom 2 direkt mit dem Neutron-Player-App betrieben. Die App des Geräts ermöglicht aber auch Software-Updates.

Die Bauweise ist sehr kompakt, etwa in der Grösse einer Bierdose mit wertigem Stoffbezug und von einem haptisch schmeichlerischen Kunststoff-Formteil umschlossen. Dieses beinhaltet die Funktionstasten für Ein/Aus, Pairing und Lautstärke. Auf der Unterseite verbergen sich ein Aux-LineIn-Eingang und ein Micro-USB unter einer wasserdichten Abdeckung. Qualität und Design sind aus meiner Sicht perfekt gelungen und schön unkonventionell. Erhältlich in vielen Farben.

Die Unterseite mit der verschraubten Abdeckung für KH-Ausgang und USB.Die Unterseite mit der verschraubten Abdeckung für KH-Ausgang und USB.

Klangerlebnis

Meine Erwartung war Boom oder Bumms. Aber nein, es klang dann basierend auf meinem Vorurteil geradezu unglaublich schön. Das hat man mit Überraschungen. Die Realität erstrahlt schöner, als sie sein mag. Ob zufällig oder beabsichtigt, die Entkopplung des Geräts ist gut gelöst, Vibrationen entstehen kaum, und sie führen nicht zu spürbaren Resonanzen der Unterlage, einem 10-mm-Sperrholztisch, in meinem Fall.

KEF Muo: Ein Style-Teil

Design by Ross Lovegrove...Design by Ross Lovegrove...

KEF Muo ist eher für das sorgfältig gestylte Office oder die assortierte Bibliothek des stilbewussten Intellektuellen gemacht. Die Formensprache ist perfekt gelungen und die Verarbeitung exemplarisch. Zu haben in 6 dezenten Farbtönen und optional mit einer klugen Lederhülle für unterwegs.

Man kann Muo als Einzellautsprecher oder als Stereo-Paar verwenden. Das Paar lässt sich auch in Doppel-Mono betreiben um den Raum musikalisch besser auszuleuchten. Dazu dient die KEF-Muo-App. Es kommen 2 50-mm-Breitbandtreiber zum Einsatz sowie ein Bass-Radiator. Der Akku soll bis zu 12 Stunden Strom liefern.

Seitenansicht mit Tastenfeld.Seitenansicht mit Tastenfeld.

Muo klingt transparent, ausgewogen und natürlich. Die Sprachverständlichkeit ist sehr gut, ein of unterschätzter Qualitätsaspekt. Der Bassbereich erschien mir ein wenig zurückhaltend, was mich persönlich anspricht und die Entkopplung von der Unterlage könnte man noch optimieren. Es gab auf der Tischplatte eine vernehmbare Resonanz.

Canton Musicbox S: Gut gereift

Eine klare Formensprache von Canton.Eine klare Formensprache von Canton.

Wenn man den ziemlich schweren Speaker von Canton in Betrieb setzt, dann ertönen Sprachkommandos, und das ist sehr nützlich. Das Design ist zeitlos und ein wenig langweilig. Nur ist das eben kein Widerspruch. Trotz beträchtlichem Gewicht benötig man ein Netzteil, um die Musicbox S aufzuladen. Aber dank dem analogen AUX-Eingang kann man das Gerät auch direkt ohne Bluetooth betreiben.

Die Musicbox S lässt sich mit einem zweiten Gerät koppeln. Dazu gibt es von Canton auch noch die kleinere Musicbox XS.

Funktionales Tastenfeld.Funktionales Tastenfeld.

Klangerlebnis

Die Musicbox S klingt über alles sehr schön, hat einen guten und nicht übertriebenen Tiefgang, bringt aber auch Violinen mit Schmelz rüber. Auch Stimmen klingen recht natürlich und klar. Ich würde das als reifen Klang bezeichnen, der nicht nach Effekten sucht.

Harman Esquire Mini

Urbaner Schick und multitalentiert.Urbaner Schick und multitalentiert.

Das Esquire Mini von Harman/Kardon unterscheidet sich natürlich grundsätzlich von den anderen Geräten in diesem Test. Es verschwindet sogar in der Jackentasche, ist nicht nur Bluetooth-fähig, sondern auch iOS- und Android-kompatibel. Das sehr edel verarbeitete Gerät mit der wunderschönen Belederung auf der Rückseite passt in jedes Anwendungskonzept.

Die Batterie kann über einen USB-Port aufgeladen werden und erlaubt im Idealfall 8 Stunden Musikwiedergabe. Das Gerät lässt sich auch als sog. Telefon-Konferenzsystem verwenden. Das ist etwas vollmundig. In einem Sitzungszimmer kann man damit gemeinsam ein Gespräch verfolgen und über das Smartphone auf dem Tisch auch sprechen. So ist das. Im Vergleich zu den anderen getesteten Geräten wirkt das Esquire Mini mehr als ein Gadget, wenn auch in edler Form.

Ausklappbare Stütze auf der Rückseite des Esquire Mini.Ausklappbare Stütze auf der Rückseite des Esquire Mini.

Klangerlebnis

Das Esquire Mini klingt etwas in sich gekehrt. Der Tieftonbereich lässt zu wünschen übrig. Da liegt einfach nicht mehr drin, in einem so kleinen Gehäuse. Daher kommt auch der Grundton etwas zu kurz, was Stimmen etwas kehlig klingen lässt. Punkto Transparenz und Auflösung war ich sehr zufrieden und denke, dass ein so kleines, mobiles Gerät kaum besser Musik wiedergeben kann.

Fazit und Empfehlung

Bluetooth-Lautsprecher sind klanglich insofern sehr überzeugend geworden, als dass man früher, vor 10 Jahren oder länger, solche Klangqualität mit Geräten dieser Grösse schlicht nicht erreichen konnte. Selbst aus audiophiler Sicht kann man feststellen, dass die Klangqualität Musik erlebbar macht.

Beim Funktionsumfang gibt es Redundanzen. Mehrere Testkandidaten haben eigene Apps und integrierte Funktionen, mit denen man allerlei bewerkstelligen kann. Zum Beispiel Streaming oder die Einbettung in grössere Systeme, Stichwort Multiroom oder Stereo oder einfach 2 Bluetooth-Lautsprecher im gleichen Raum.

Hinsichtlich Streaming dienen diese proprietären Apps lediglich der Vereinfachung, mitunter der Bevorzugung bestimmter Streamingdienste. Da gibt es andere Apps auf den Smartphones und Tablets, die das auch können.

Bei den Hörtests verwendete ich gespeicherte Musikbeispiele auf meinem iPad und dem Neutron-Player. Damit konnte ich die bestmögliche Qualität sicherstellen.

Des Weiteren geht es den Herstellern darum, attraktive Geräte anzubieten, die unterschiedlichen Bedürfnissen und Präferenzen entsprechen: von "nordisch cool" bis "ab unter die Dusche". Ich wette, dass die meisten Kaufentscheide aufgrund dieser Kriterien gefällt werden. Die Klangunterschiede im Testfeld sind nicht so signifikant, dass man deshalb ein Gerät kaufen müsste, das einem nicht gefällt.

Wenn die Konsumenten allerdings bereit wären, für diese Qualität vielleicht einen Hunderter mehr zu berappen, dann müsste die Herstellung nicht unbedingt in China erfolgen und es müssten keine Container um die halbe Welt geschifft werden.

Eine ungewöhnliche Empfehlung

Manchmal muss man als Redaktor Farbe bekennen. Meine Empfehlungen berücksichtigen nur den Bluetooth-Betrieb:

Ich empfehle das Bose SoundTouch 10 all jenen, die den guten Klang suchen und eine Steckdose in der Nähe haben.

Guter Klang und Akku-Betrieb? - Da empfehle ich die Canton Musicbox S.

Guter Klang und Akkubetrieb plus wasserdicht? - Panasonic SC-ALL05.

Wasserdicht und der Party-Brüller schlechthin? - Ultimate Ears UE Boom 2

Wunderschönes Design, stylish, edel: Harman Esquire Mini oder KEF Muo.

Die Damen dürften sich mit grösster Wahrscheinlichkeit für das Vifa Helsinki entschliessen.

Wer sich für drahtlose Multiroom-Systeme interessiert, der müsste sich damit spezifisch auseinandersetzen. Dafür ist dieser Test zu wenig repräsentativ.

Voilà!