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Publikationsdatum
24. März 2008
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Vor rund 10 Jahre brachte der Kassensturz erstmals einen Bericht über den Boxen-Strassenverkauf. Hans Jürg Baum prüfte damals die Qualität dieser Boxen und kam zum Schluss: Trotz attraktivem Outfit: absoluter Ramsch!

Der Bericht des Kassensturzes wirkte und der Strassenverkauf wurde (vorübergehend) eingestellt.

Doch rund 3 Jahre später war die ganze Sache wieder aktuell, denn ein Kollege teilte mir voller Freude mit, er hätte auf der Strasse den Kauf seines Lebens gemacht. Nachdem er aufgeklärt worden war, überlegte er sich, wie er sein Geld zurück erhalten könnte.

Zum guten Glück hatte er eine Adresse und Telefonnummer einer der Verkäufer. Und so beschlossen wir, diesen Typen eine Falle zu stellen.

In die Falle gelockt

Kollege X bestellte in der Folge ein zweites Boxenpaar – weil er so begeistert sei! - und man traf sich zur Übergabe der Boxen an einer Autobahnraststelle. Dort stellten wir die Verkäufer zu Rede.

Diese stellten sich ahnungslos und zeigten sich höchst erstaunt, als ich ihnen die Messprotokolle ihrer Boxen unter die Nase hielt. Sie hätten nicht gewusst, dass ihre Produkte so schlecht seien, und sie würden jetzt gleich zu ihrem Chef gehen und Krach schlagen.

Man trennte sich in scheinbar bestem Einverständnis, und die Verkäufer versprachen, dafür zu sorgen, dass KX sein Geld zurück erhielte. Und tatsächlich, nach langer, langer Zeit, kam das Geld denn auch tatsächlich...

Der anschliessende Bericht in avguide.ch zeigte Wirkung, und in Sachen Schnäppchenkauf auf der Strasse herrschte wieder einige Zeit Funkstille.

Doch Anfangs 2008 war die Zeit reif, einen neuen Strassenverkauf zu starten, denn es galt eine neue Generation von leichtgläubigen Schnäppchenjägern übers Ohr zu hauen.

Von der Redaktion Kassensturz erhielten wir drei kürzlich auf der Strasse gekaufte Boxenpaare zur Begutachtung. Wo die Strassenverkäufer auftauchen, weiss niemand. Also seien Sie auf der Hut...

0815 - Schmieren-Theater

Die Verkäufer gehen seit Jahren immer nach dem haargenau gleichen Muster vor: Sie suchen sich ein ahnungsloses Opfer aus und behaupten, dass sie gerade am Liefern von profesionellen Studioboxen seien. Per Zufall hätten sie ein Paar zuviel in der Lieferung erhalten und dieses sei nun zu einem einmaligen Schnäppchenpreis zu haben. Pikantes Detail: Ihr Chef dürfe aber auf keinen Fall etwas davon erfahren!

Dabei treten die jugendlichen Verkäufer immer im Duett auf und geben sich sehr jovial. Einer spielt den netten, zurückhaltenden Typen, der seinem Kollegen rät, den Kunden nicht zu drängeln. Der andere geht freundlich, aber bestimmt zur Sache und erklärt dem Opfer, die Boxen hätten einen Wert von einigen Tausend Dollar das Paar und dieses sei nun für wenig Geld zu haben.

Ist der genannte Betrag dem Opfer zuviel, geht man im Preis herunter bis zu einer gewissen Grenze von wenigen hundert Franken. Willigt der Käufer schliesslich ein, muss sofort Bares her. Hat er kein Geld dabei, geht man zum nächsten Geldautomaten und liefert dem Opfer anschliessend die Boxen nach Hause.

Der Käufer merkt meist zu spät, dass er übers Ohr gehauen wurde. Schadenfreude ist bekanntlich die schönste Freude: Wer wieder mal so richtig lachen will, lese in den Foren des Internets die schauerlichsten Geschichten...

Der Super-Blender

Genesis R-2810 nennt sich der wohl grösste Blender aller Audio-Zeiten. Es scheint, als ob die Verpackung mit einem hochglänzenden, vierfarbig abgebildeten Boxenpaar samt allen technischen Angaben über den Inhalt, speziell für den Strassenverkauf entworfen worden sei. Zu sehen sind grosse, elegante Standboxen mit echt genialem Design.

Auf der schlanken Front prangt eine D'Appolito- ähnliche Anordnung von Hoch- und Mitteltönern. Während der Hochtöner über eine simple Gewebekalotte verfügt, besitzen die Mitteltöner Membranen aus scheinbar hochwertigem Kevlar. Zudem sind diese Mitteltöner mit einem sogenannten Phase Plug ausgerüstet, der in der so wichtigen Mittellage für hohe Transparenz sorgen sollte. Seitlich ist ein riesiger Tieftöner angebracht.

Rein äusserlich macht diese Konstruktion einen echt professionellen Eindruck.

Stutzig wird man jedoch, ob der Töne, die das Gehäuse beim Anklopfen von sich gibt. Hier glaubt man, an eine Pauke zu hauen. Der Sound ist hohl und resonierend, wie das nur bei einem miserablen, exrem dünnwandigen Gehäuse der Fall ist.

Entfernt man den seitlich montierten Bass, so erblickt man ein billiges Chassis mit erstaunlich kleinem Magneten. Zudem hat man auf jegliches (!) Dämm-Material verzichtet. Das Öffnen des Mitteltongehäuses zeigt ebenfalls billige Chassis und auch hier ist nichts, aber auch gar nicht bedämpft. Hinzu kommt, dass man sich die Paar Cents für Gummidichtringe gespart hat. Die Chassis werden einfach aufs nackte Holz geschraubt.

Das soll eine Frequenzweiche sein? Doch eher ein schlechter Scherz...Das soll eine Frequenzweiche sein? Doch eher ein schlechter Scherz...

Ein Rekord in Sachen Minimalisierung bietet der Magnet des Hochtöners.

Aber das Beste kommt noch: Anstelle einer seriösen Frequenzweiche findet man hier lediglich zwei winzige Kondensatoren, die man mit der Leimpistole im Eilverfahren an das bereits korrodierte Anschlusspanel geklatscht hat.

Die Messung des Frequenzganges zeigt einen sehr unruhigen, welligen Verlauf. Bei 8 kHz fällt der Pegel gegenüber 1 kHz um ganze 8 dB ab. Das ist nicht mehr die feine Art, sondern eine grobe Fahrlässigkeit, die einem sogenannt „professionellen Produkt“ nicht zur Ehre gereicht.

Die Genesis-Boxen spielen laut, aber nicht schön.

Den rumpelnden Bässen fehlt Präzision und Durchzeichnung. Bassgitarren und Bass-Drums können kaum voneinander unterschieden werden. Auch die Mitten wirken verwaschen und liefern einen unappetitlichen Klangbrei.

Kein Wunder bei der vollkommenen Abwesenheit von Dämpf-Material in den Gehäusen. Wenig Brillanz und Auflösung bietet auch der Billigst-Hochtöner. Das Klangbild wirkt generell plump und matt. Er nervt nach kürzester Zeit unglaublich.

Urteil

Trotz echt genialem Konzept liefern die Genesis R-2810 aufgrund miserabler Gehäusequalität, billigen Treibern und einer Frequenzweiche, die wie ein schlechter Witz anmutet, eine sehr schlechte Klangqualität, die einem „sogenannt professionellen Produkt“ ganz schlecht ansteht.

Designed in Denmark

„Jannsonn&Fynn, designed in Denmark „- das tönt zunächst mal gar nicht schlecht.

Diese in Fachkreisen (noch) völlig unbekannte Marke, erlebt ihre Hochblüte nicht im Fachhandel, sondern auf der Strasse.

Das Modell 7100 ist zwar nicht ganz so attraktiv wie die Genesis, doch auch sie bietet eine beachtliche Show. Bestückt ist diese relativ grosse Box ebenfalls mit einer rein optisch beeindruckenden Chassis-Auswahl in D'Appolito-Anordnung. Doch ein Blick ins Innere der Boxen gibt sofort Klarheit.

Auch hier wurde, um ein Paar Cents zu sparen, auf Gummidichtringe zwischen Chassis und Gehäuse verzichtet. Die Frequenzweiche ist winzig klein, die Chassis von zweifelhafter Qualität. Als Bedämpfung findet man lediglich zwei kleine Lappen. Um sich das bisschen Geld für Schrauben oder Leim zu sparen, hat man das Bassreflexrohr einfach ins Gehäuse gesteckt. Es fällt beim Anfassen leicht heraus.

Der Frequenzgang zeigt eine totale Fehlabstimmung. Der Verlauf der Kurve gleicht einem Alpenpanorama. Der Hochtöner hat rund 10 dB zu wenig Pegel und gehört nun wirklich nicht in die Box. Messungen im Bass (nicht auf dem Diagramm) ergaben, dass das Bass-System total falsch abgestimmt ist.

Der Klang ist, wie zu erwarten war, absolut undiskutabel. Er präsentiert sich mitteltönig, resonierend und die Bässe sind, wie auch die hohen Töne, total unterbelichtet. Es gibt heute rund ein Viertel so grosse, preisgünstige Kleinboxen mit einem wesentlich ausgewogeneren, und vor allem breitbandigeren Klang.

Urteil

Diese Box muss man als miserabel verarbeitete, totale Fehlkonstruktion bezeichen. Sie hat, aufgrund einer völlig falschen Bassabstimmung kaum Tiefbass. Hinzu kommt, dass der Hochtöner rein pegelmässig nicht zum System passt.

Schrott fürs Pantoffeltheater

Das farbenfrohe Bild auf der attraktiv gestylten Verpackung dieses Produktes zeigt ein Lautsprechersystem, das mit „Digital Sound and Home Cinema System“ angepriesen wird. Es besteht aus einem Center- und zwei Frontlautsprechern. Aufdrücke wie „Dolby Pro Logic Ready“, „Dolby Digital Ready“ und „DTS Ready“ versprechen ein optimales Kinofeeling. Was der ahnungslose Käufer mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht weiss ist, dass das System nur an einem speziellen AV-Verstärker mit mindestens drei Kanälen funktioniert. Um in den Genuss der auf der Verpackung angegeben Surround Sound Formate zu kommen, muss sich der Kunde also zusätzliche Elektronik hinzukaufen.

An einem normalen Stereoverstärker betrieben, wird der Centerspaker arbeitslos und auch auf Surround Sound muss man verzichten. Ein Manual war in der Verpackung nicht zu finden. Also muss sich der ratlose Käufer im Fachhandel erkundigen, was er tun soll.

Die Verarbeitung ist typisch Jannsonn&Fynn: Miserable Gehäusequalität, minderwertige Chassis, minimale Frequenzweiche.

Die Messprotokolle der Frontlautsprecher zeigen einen extrem unausgeglichenen Frequenzverlauf. Das Resultat sind massive Klangverärbungen. Nach einem Einbruch bei 3.5 kHz kommt bei 7 kHz eine kräftige Resonanz und bei 10 kHz eine Delle. Im Bass ist nicht viel Pegel vorhanden. Der Frequenzgang des Centerlautsprechers zeigt eine nochmals gesteigerte Berg- und Talfahrt, die geradezu grotesk anmutet.

Demensprechend ist der Klang dieser Boxen: Keine Transparenz, stark verfärbte Mitten und Höhen. Einer der Hochtöner zeigte einen Höhenflug des Klirrfaktors, der gerade bei Klavier zu einer wahren Kreischorgie führt.

Urteil

Home Cinemal System, das völlig falsche Hoffnungen erweckt. Die Qualität der Lautsprecher ist als total verfehlt zu bezeichnen.

Fazit

Bei allen hier geprüften Lautsprechern handelt es sich um Blender, die mit der ganz bestimmten Absicht produziert wurden, ahnungslose Leute mit zweifelhafter Verkaufstaktik übers Ohr zu hauen.

Messung des Frequenzganges

Da die Akustik eines konventionellen Abhörraumes die Messung im Bassbereich verfälschen kann, wurde der Frequenzgang erst ab 200 Hz aufgezeichnet. Mit gewobbeltem Sinus-Signal resultiert eine realitätsnahe Messung unter wohnraumgerechten akustischen Verhältnissen. (Auflösung: 2 dB/Div.) 
So sollte ein Frequenzgang aussehen: linealgerade und erst oberhalb 20 kHz abfallend. (Elac FS274)So sollte ein Frequenzgang aussehen: linealgerade und erst oberhalb 20 kHz abfallend. (Elac FS274)
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