Überraschende Beispiele
Weitere überraschende Beispiele, die für Stirnrunzeln sorgen.
Wie wir bisher gesehen haben, kann die Datenübertragung übers Internet – sei es für den Download, sei es fürs Streaming – sehr akkurat erfolgen. Die Fehlerquote liegt weit im unhörbaren Bereich. Hörbare Klangunterschiede entstehen nicht bei der Datenübertragung, sondern basieren auf nicht mit der CD identischen Daten auf dem Server. Hier ein Beispiel, das zu denken gibt:

Die PK-Metric-Resultate für die CD, den Download und den Stream zeigen tiefe und abweichende Werte untereinander.


Bei Download und Stream ist offensichtlich eine MP3-Datei die Grundlage. Dies zeigt der scharfe Abbruch des normalen Spektrums bei 16 kHz. Der Hochtonanteil über 16 kHz wurde mit einem Exciter-Tool künstlich hinzugefügt. Bei Qobuz wurden die Dateien so als CD-Auflösung vorgegaukelt, mit entsprechender Dateiendung. Auch hier, Download und Stream stammen von unterschiedlichen Masters. Die naheliegende Schlussfolgerung, dass Stream und Download auf einer MP3-Datei basieren, bedeutet auch, dass Informationen aus dem Original rausgerechnet wurden.
Mal perfekt, mal etwas daneben – die Überraschung im Tagesverlauf
Nochmals eine Haydn-Symphonie, von der durch frühere Tests schon zahlreiche Resultate verfügbar sind. Was hier herauskam, hat zuerst für Verwirrung gesorgt und drohte die bisherigen Erkenntnisse zu relativieren. Bis klar war, was Sache ist.


Für den überraschend tiefen PK-Metric-Wert über mehrere Stunden gab und gibt es zurzeit keine gesicherte Erklärung. Ein Vergleich der Streams mit 73 dBfs untereinander zeigt eine sehr hohe Übereinstimmung der Daten (PK Metric 156 dBfs). Dies ist ein Hinweis, dass die Datenübertragung selbst nicht das Problem war. Eine mögliche Erklärung wäre, dass es mehrere Dateien desselben Albums auf einem oder mehreren Servern gibt und die Qobuz-Desktop-App eine alternative Datei mit möglicherweise geringerer Auflösung in einem 24/96-Container gestreamt hat. Diese Vermutung stützt auch die Spektralanalyse.

Schlussfolgerungen
• CD und Streaming sind prinzipiell gleichwertig, was die mögliche Präzision der digitalen Datenübertragung und -speicherung anbelangt (gilt auch für Download).
• Klangliche Unterschiede sind dennoch möglich und wohl durchaus häufig, da die Master für CD und Streaming oft nicht identisch sind. Selbst bei Download und Streaming konnten diesbezüglich unterschiedliche Masters festgestellt werden, was eher überraschend ist.
• Da neuere Alben mehrheitlich in einem HiRes-Format produziert und distribuiert werden, sind Klangunterschiede zwischen CD und Stream prinzipbedingt vorhanden. Wie gut die jeweils hörbar sind, hängt auch vom Musikgenre und der Studioarbeit ab. HiRes ist prinzipiell der CD nicht immer überlegen. Der von der Compact Disc bereits abgedeckte Frequenzbereich bis 22 kHz wird mit einem HiRes-Format nicht genauer reproduziert. HiRes erweitert den Frequenz- und Dynamikbereich.
• Ältere Alben sind oft nur als Remaster auf den Portalen vorhanden. Da diese Remasters meistens dem Zeitgeschmack angepasst sind – sprich durch Dynamikkompression auf laut getrimmt werden –, ist es offensichtlich, dass der ursprüngliche Release auf CD besser klingt. Es gibt auch positive Beispiele für gelungene Remasters: Steve Wilsons Arbeit mit Oasis, Jethro-Tull-Alben oder die aufwendige Maria-Callas-Edition.
• Die Schlussfolgerungen dieses Artikels beziehen sich auf die digitale Ebene mit Datentransport und Datenspeicherung. Die D/A-Wandlung und Wiedergabe über ein Audio-System beeinflussen am Ende das Hörresultat und sind abhängig von vielen Faktoren, der Qualität von Elektronik und Lautsprechern, der Systemkombination sowie der korrekten Installation im Hörraum.
• Die heute verfügbaren Übertragungsraten im Internet von mehreren hundert Megabit pro Sekunde ermöglichen selbst präzises HiRes-Audio-Streaming im dichtesten Datenverkehr ohne Probleme. Die Compact Disc mit 1,411 Mbit/s oder eine 24/96-Datei mit knapp 4,608 Mbit/s rutschen da schlank durch. Schwankungen der Datenrate können beim Streaming mit Pufferung (Buffering) meist abgefangen werden, solange die mittlere Rate über der Audio-Bitrate liegt. Bei Livestreaming oder schlecht gepufferten Streams kann ein kurzfristiger Abfall hörbare Effekte verursachen – allerdings nicht im Sinne von «Klangqualität», sondern durch Unterbrechungen (Klicks, Aussetzer).
Fazit
Einmal mehr sollten wir uns weniger Gedanken und über Träger- und Distributionsformate und deren Leistungsfähigkeit machen, sondern mehr um die Inhalte auf den Trägern. Das Aufnahme- und Masteringstudio ist entscheidend dafür, ob Wohlklang oder Missklang aus der heimischen Anlage kommt. Dies hat der CD-Streaming-Vergleich deutlich herausgearbeitet. Neben dieser technischen Betrachtungsweise kommen für jeden Musikfreund weitere Faktoren hinzu, die eine Präferenz für das eine oder andere Format ergeben.