BLOGPOST
ARTIKEL
Publikationsdatum
10. Januar 2020
Themen
Drucken
Teilen mit Twitter

Der Vergleich ist allerdings reichlich akademisch. 1986 gab es ausschliesslich physische Tonträger. Heute machen die physischen Tonträger in den USA nur noch 9 % des Marktvolumens in USD aus. Zudem war 2019 der durchschnittliche Kaufpreis einer Vinylschallplatte in den USA doppelt so hoch wie der einer CD. Vinyl überholt die CD somit nur beim Umsatz. Die Stückzahlen entsprechen etwa der Hälfte.

Damals, im Jahr 1986, war es umgekehrt: CDs waren einiges teurer als Schallplatten. Die Musiklabels liessen die Konsumenten für den damals noch neuen «Tonträger» einen saftigen Aufpreis bezahlen. Vermutlich waren die Stückzahlen von Schallplatten auch 1987 noch deutlich höher als die der CDs.

Immerhin stagnierte der CD-Umsatz in den USA im Vergleich 1. Semester 2019 zum 1. Semester 2018. Der über Jahre beobachtete Abstieg der CD ist gestoppt. Gleichzeitig sind die Vinyl-Umsätze im Vergleich der beiden Semester nur noch um 13 % gewachsen – also nur noch im tiefen, zweistelligen Bereich. Das Wachstum hat sich etwas verlangsamt.

Die Einschätzungen der Medien fokussieren sich überwiegend auf diese «Breaking News: Vinyl überholt CD». Wir interpretieren die Zahlen etwas differenzierter. Oder zumindest anders.

Entscheidend sind nicht die Umsätze der physischen Tonträger, sondern die Absätze, also die Stückzahlen. Ein Musikliebhaber mit Affinität zum physischen Tonträger kauft sich ein Album – entweder als CD oder als Vinylschallplatte, sehr selten sogar wieder als Tonband. Den Musik-Content, den der Käufer mit einem Album erwirbt, ist in etwa gleich – egal, welchen Tonträger er bevorzugt. Deshalb haben die Umsätze nur für die Industrie eine hohe Bedeutung und lassen keine eindeutigen Rückschlüsse auf das Konsumverhalten zu.

Die CD war somit auch 2019 mit dem nahezu doppelten Absatz (Stückzahl) gegenüber Vinyl der klar bevorzugte physische Tonträger. Das mag sich aufgrund der Wachstumszahlen der Vinylschallplatte in Zukunft ändern, mit einem aktuellen Wachstum von 13 % p.a., wie zurzeit erhoben, dürften aber noch 5 bis 6 Jahre vergehen, bis es so weit ist.

Der eigentliche Wachstumsmarkt ist natürlich Musikstreaming – und zwar mit einem Anteil am Gesamtmarkt von 62 % die sogenannten «paid subscriptions». Das sind die bezahlten Streamingdienste von Spotify über Apple Music und Amazon bis hin zu Tidal oder Qobuz. Das Wachstum ist dort viel höher als bei den physischen Tonträgern. Es betrug im Erst-Semestervergleich 2018/2019 sagenhafte 30 %.

Das Gesamt-Marktvolumen von «recorded music» wuchs im Erst-Semestervergleich 2018/2019 um 18 % auf 5,4 Milliarden USD. Über das Jahr 2019 dürften es in etwa 12 Milliarden USD sein.