KAUFRATGEBER
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Publikationsdatum
2. September 2022
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Es ist einige Zeit verstrichen, seit sich avguide.ch letztmals mit den mobilen HiRes-Audioplayern befasste, etwa in Einzeltests und vergleichenden Tests. Musikstreaming in HiRes-Qualität steckte damals noch in den Kinderschuhen oder war noch nicht nutzbar.

Qobuz als Beispiel verkaufte noch ausschliesslich Downloads. HiRes-Musik wurde von SSD-Speicherkarten «gestreamt» und diese wurden am heimischen PC/Mac befüllt. Die damals verbreiteten Smartphones hatten in den meisten Fällen wenig SSD-Speicherkapazität oder sie waren diesbezüglich unflexibel.

Die Analogausgänge der damaligen Smartgeräte waren für die Verwendung vieler Hi-End-Kopfhörer ungeeignet, weil die Kopfhörerverstärker zu schwach auf der Brust waren. Als Anschluss diente nur gerade eine 3,5-mm-Jack-Buchse, die sich für den Betrieb guter Kopfhörer erst dann eignete, wenn man einen Adapter für 6,3-mm-Jack-Stecker anschloss. Der Kompromiss liess grüssen und das audiophile Herz kam nicht so recht auf Touren.

Die audiophile Marktlücke

Dass es heute immer noch mobile HiRes-Audioplayer gibt und nicht nur Smartgeräte, die alles beherrschen, und dass die HiRes-Audioplayer besser sind als je zuvor, ist vielleicht einer Entwicklung zu verdanken, auf die die Hersteller mobiler Spitzengeräte gar keinen Einfluss hatten. Ihr – zum Glück positives –  Schicksal wurde von den Herstellern der Smartgeräte für die grosse, glückliche und musikalisch relativ unbedarfte Allgemeinheit bestimmt.

Wireless heisst das Zauberwort. Ob mit Bluetooth oder Airplay2 oder Chromecast: Meistens erfüllt eine drahtlose Bluetooth-Verbindung zwischen Smartphone und Kopfhörer und anderen Audiogeräten die Ansprüche vollends. Die Smartphone-Hersteller verzichteten ganz auf analoge Audioausgänge oder lassen sie ein Ersatzbank-Dasein fristen.

Gewiss lässt sich mit einer kabellosen Lösung und modernen TWL-Kopfhörern eine Qualität erzielen, an der es wenig zu beanstanden gibt. Besonders eben bei der mobilen Nutzung unterwegs in Strassenbahnen, im Fitnesscenter und beim Joggen oder im Flugzeug. Dort ist die Unterdrückung von Geräuschen für das musikalische Gesamterlebnis wichtiger als die maximal erreichbare Klangqualität.

Bei der maximal zu erzielenden Wiedergabequalität kommen die mobilen oder portablen HiRes-Audioplayer ins Spiel. Hier wird alles im digitalen und analogen Signalweg optimiert und perfektioniert. Die Ansprüche einer – vermutlich überschaubaren Kundenzielgruppe – werden vollends befriedigt.

Es ist jedoch zumindest als Denkanstoss zu überlegen, ob für mobile Anwendungen das Streben nach maximal zu erzielender Wiedergabequalität überhaupt Sinn ergibt, wenn eine wichtige Voraussetzung dafür – Ruhe und Konzentration – selten existiert. Die Antwort steht weiter unten.

Audiophile Klang-Architektur

Ähnlich wie bei stationären, dedizierten Musikservern an der HiFi-Anlage (ob DIY oder Markengerät) versus universell einsetzbarer PCs und Macs, die als Musikserver eingesetzt werden, verspricht man sich durch die Fokussierung auf die Funktion der Musikwiedergabe eine bessere Klangqualität – und zwar unabhängig vom gestreamten Datenformat. Smartphones müssen viele Funktionen verwalten und viele Aufgaben ausführen. Sie sind nicht «spezialisiert». Die Qualität der Hardware und die Qualität des Betriebssystems (OS) erfüllt den Leistungsumfang aller Anwendungen.

Mobile HiRes-Audioplayer verfügen über sehr hochwertige Hardware mit entsprechenden Komponenten. Stichworte wie SoC (System on Chip), Snapdragon, proprietäre FPGA (Field Programmable Gate Array) und die Umgehung (Bypass) von Android-typischer Sample Rate Conversion (SRC), welche die Taktrate auf 44.1 bzw. 48 kHz beschränkt (selbst dann, wenn auf dem Display etwas anderes angezeigt wird), sind wichtige Bausteine, die mobile HiRes-Audioplayer von Smartgeräten unterscheiden.

Das Android-Betriebssystem ist nicht zu umgehen, weil man heute zwingend auf die Apps der Musikstreamingdienste zugreifen will. Aber es wird durch die Hersteller mit vielen Tricks und Kniffs konditioniert. Dazu verfügen die Geräte über ein eigenes Betriebssystem, mit dem die Musikwiedergabe ab dem lokalen Speichermedium «optimal» vonstattengeht. Zumindest in der Theorie. Im Praxistest waren die Unterschiede dann doch winzig und schwer zu reproduzieren, obwohl mit einigen Geräten ein direkter A/B-Vergleich durch schnelles Umschalten möglich war.

Der Begriff «Streaming» gilt übrigens für alle möglichen Speicherorte, nicht nur die Cloud-Server der Musikstreamingdienste. Auch den Speicherplatz im Gerät, am Gerät (externe USB-Speicher) und alle Speicherorte im heimischen Netzwerk gehören dazu.

Hochwertige Hardware im mobilen HiRes-Audioplayer (Symbolbild).Hochwertige Hardware im mobilen HiRes-Audioplayer (Symbolbild).

Dann kommen die DA-Wandler der einschlägigen Marken, Dual-Mono und mit mehreren Cores. Auch sie sind, wenn auch unübersichtlich, mit viel Reputation belegt. Manch ein Fan mag sich darüber ein theoretisches Wissen anlegen, ohne viel davon zu verstehen. Diese Gefahr ist gross, aber gut sind sie wohl, diese DACs in den mobilen HiRes-Audioplayern. Wir verweisen gerne auf die einzelnen Testberichte, die Steckbriefe und die Webseiten der Hersteller.

Besonders wichtig, vielleicht am wichtigsten, sind die integrierten Kopfhörer-Vorverstärker zu bewerten: Sie sind in der Lage, je nach Gerät jeden erdenklichen und noch so exotischen High-End-Kopfhörer zu «bewirtschaften». Je nach Gerät findet man unterschiedliche symmetrische und asymmetrische Ausgänge für diese Hörer.

Ein Kandidat im obersten Preissegment verfügt sogar über ein Triple-Amp-System: Es gibt drei verschiedene Verstärkungs-Modi, die auf unterschiedlichen Verstärkerpfaden beruhen. Zum einen ein Operationsverstärker (Transistor) und zum anderen einen Röhrenverstärker. Die Klangeigenschaften der Verstärkerpfade kann man mischen, wodurch sich ein Hybridbetrieb ergibt. Besagter Röhrenverstärker von Korg und Noritake wurde eigentlich für elektronische Keyboards entwickelt – eine miniaturisierte Doppeltriode in Form eines Chips!

Verarbeitung, Design und Preiswürdigkeit

Weitere Merkmale der aktuellen mobilen HiRes-Audioplayer: Die hochwertige Verarbeitung mit perfekten Gehäusen aus einem Guss. Die Schock-absorbierende Einbettung der wertvollen Hardware im Gehäuse. Schöne Etuis in Leder und grosse Displays mit beeindruckender Auflösung. Das Design der mobilen HiRes-Audioplayer orientiert sich schon fast ein wenig an Stealth-Kampfflugzeugen oder ausserirdisch anmutenden Objekten. Der mechanische Drehregler für die Lautstärke darf natürlich auch nicht fehlen. Er suggeriert ein analoges Feeling par excellence.

Die Wireless-Anbindung der Wiedergabegeräte – ob Kopfhörer, In-Ear oder Bluetooth-Lautsprecher – ist auch inbegriffen. Man will sich diese Möglichkeit nicht verschenken, auch wenn sie für den audiophilen Anwender unwürdig erscheinen mag.

Schliessen wir den Kreis: Warum soll man soll man bei einer mobilen Verwendung die maximal erzielbare Klangqualität anstreben? Es gibt zwei Antworten: Erstens eignen sich die Geräte auch zu Hause an der HiFi-Anlage. Das erklärt auch die Preiswürdigkeit. Zweitens geht ein kleiner Traum in Erfüllung – ähnlich wie beim lang ersehnten Sportwagen, dessen Performance selten genutzt werden kann. Die HiRes-Audioplayer machen einfach viel Spass.

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