TESTBERICHT
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Publikationsdatum
31. Mai 2004
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Im Ticino, genauer in Morbio Inferiore nahe Chiasso, werden seit Jahren die Heil-Lautsprecher bei der Firma Precide gefertigt. Der jüngste Spross heisst Syrinx und leistet erstaunliches.

Heil Lautsprecher gibt es inzwischen drei: Die grosse Kithara, der kompakte Aulos und neu die mittelgrosse Syrinx zu einem Preis von 4300.- Franken das Paar. Allen gemeinsam ist der Heil A.M.T- Hochtöner, der nach einem ganz speziellen Prinzip arbeitet.

Klingender Vorhang

Die Luft wird fünfmal schneller aus den Falten gepresst als sich die Membran selbst bewegt
Dr. Oskar Heil, der Erfinder des Heil Air Motion Transformers und übrigens auch des Feldeffekt-Transistors (!), war ein guter Freund von Precide-Boss Martin Dürrenmatt. Er zeigte ihm sein ganzes Know-how in der Herstellung seines Lautsprechers. Dürrenmatt entwickelte in der Folge neue Membranmaterialien, die optimal bedämpft noch bessere Resultate liefern.

Der Witz dieses Lautsprechers besteht darin, dass die Luft aus der vorhangähnlich gewellten Membran fünfmal schneller aus den Falten gepresst wird, als sich die Membran selbst bewegt.

Deswegen heisst der Speaker auch Heil Air Motion Transformer, abgekürzt A.M.T. Schade ist, dass man mit diesem System noch keine tiefen Töne abstrahlen kann. Je nach Grösse des Systems herrscht unterhalb von rund 500 Hz Funkstille.

Beim Heil Kithara-Lautsprecher lässt man das grosse Heil-System bis zu 650 Hz spielen, beim Syrinx bis zu 1 kHz. Dass der Speaker “schnell” ist und über ein exzellentes Impulsverhalten verfügt, zeigt auch der Frequenzgang, der locker bis über 20 kHz reicht.

Auch andere namhafte Hersteller wie Elac und Burmester haben die Vorteile dieses Prinzips erkannt und setzen diese Systeme bei ihren neuen Boxen mit Erfolg ein.

Elegante Erscheinung in ausgesuchten Hölzern

Black Beauty
Ungleich dem Klassiker “Kithara”, bei welchem Andre Baschlakov die Aufgabe hatte, diesen Lautsprecher in ein schönes Gehäuse zu kleiden, wurde beim Syrinx das Design von Hause Telos als “Vorgabe” gestaltet.

Wie bei einigen Musikinstrumenten mussten Hölzer “abgestimmt” werden. Schichtholz einer genau bestimmten “Güte” (Birken–Sperrholz) für das Gehäuse, MDF für Baffle und Boden .

Obwohl die Gehäuse aus Italien und die Basschassis von Vifa stammen, so bleibt noch genügend Arbeit in Morbio Inferiore zu tun, so dass der Speaker offiziell unter “Made in Switzerland “ segeln darf.

Im Ticino erfolgen Entwicklung, Herstellung des Heil A.M.T, Montage und das Klangtuning. Speziellen Wert legt man auf sorgfältig gelagerte Hölzer, die zusammen mit den akustisch günstigen Formen ein resonanzarmes Gehäuse ergeben.

Lesen Sie dazu auch den Artikel "High-End aus dem Ticino". Link am Ende dieses Tests.

Geigerin mit "goldenen Ohren"

Nicht nur die Chassisbestückung, auch die klangliche Abstimmung einer Box entscheidet über ihren Einsatzzweck. Die von Precide gefertigten Boxen tragen alle die Handschrift von Dürrenmatts Gattin Mieko, die als professionelle Violinistin natürlich peinlich darauf achtet, dass “ihr” Instrument möglichst originalgetreu klingt.

Das Hauptaugenmerk liegt denn zunächst bei der optimalen Wiedergabe von klassischer Musik. Doch Martin Dürrenmatt begnügt sich nicht nur mit Klassik. Bei ihm muss eine Box auch swingen und rocken können.

Wie man alles unter einen Hut bringt, ist die grosse Kunst des Boxenbaus.

Stabiler Raumklang

Der schräg nach oben strahlende Tieftöner arbeitet mit minimaler Distanz zum Hochtöner. Dies ergibt günstige Abstrahleigenschaften mit einer gewollten Portion Indirektschall.

Der Heil-Lautsprecher ist ja auch ein Dipolstrahler und gibt seine Energie zu je 50% nach vorne und nach hinten ab. Anders als bei vielen Rundumstrahlern "schwimmt" das Klangbild bei dieser Abstrahlcharakteristik nicht, sondern steht stabil im Abhörraum.

Bass Plus

Auch bei der Syrinx unterstützt man tiefe Bässe mit einem Bassreflexsystem. Doch nirgends ist eine Reflexöffnung zu finden.

Das Geheimnis besteht darin, dass Dürrenmatt das BR-Rohr im Inneren des Gehäuses angebracht hat und die Luft durch einen feinen, rund um die Box gehenden Schlitz am Fuss der Box zirkulieren lässt. Diese sonderbare Konstruktion soll laut Dürrenmatt noch vorhandene Resonanzen eliminieren.

Die nicht ganz einen Meter hohe Box steht auf Pin Points und erlaubt Bi-Wiring.

Klangliche Feinkost

Von den ersten Takten an fasziniert das Klangbild der Syrinx durch extrem feine Zeichnung der Instrumente. Wie zu erwarten war, ist die Wiedergabe der Streicher eine Klasse für sich.

Der Heil A.M.T klingt nicht so analytisch wie ein Bändchen, überzeugt jedoch durch einen deutlich wärmeren, ja geradezu lieblichen Klang. Von einem Schönfärber zu reden, wäre jedoch total verfehlt, denn der Heil-A.M.T-Lautsprecher ist ein hochpräziser Schallwandler, dem jegliche unnatürliche klangliche Härten fehlen.

Dass der A.M.T auch punkto Dynamik und Attacke mehr als nur ein Wörtchen mitreden kann, beweist er bei Blechbläseraufnahmen. Trompeten schmettern ihre Fanfaren mit goldglänzenden Klangfarben durch den Abhörraum. Bis hinunter zur Tuba kommen Posaunen und Hörner mit vollmundig rundem Klang.

Klavieraufnahmen hat man sicher schon vitaler und brillanter gehört. Doch überzüchtete Brillanz ist noch lange keine Qualitätsmerkmal. Und was klingt erbärmlicher als ein grell und ordinär scheppernder Stainway Flügel? Dieses Instrument bringen die Syrinx mit warmer Brillanz und ohne sogenannte Strohfeuereffekte, die im ersten Moment faszinieren und nach kurzer Zeit nerven.

Was diese eleganten und doch recht kompakten Systeme bei der Darstellung grosser Klangkörper wie Sinfonieorchestern, Chören und Orgeln leisten, erstaunt. Die Klangbühne vermittelt nicht nur Breite, sondern bei sehr guten Aufnahmen auch eine beeindruckende räumliche Tiefe. Nicht nur im High-End bietet die Syrinx High-End-Qualität, auch das Bottom-End kann überzeugen. Orgelbässe kommen tief und sauber und bei Jazz sind die Linien des Zupfbasses immer klar erkennbar. Lediglich bei knallharten Drum-Orgien kommt der doch relativ kleine 16 cm-Woofer dann und wann an seine Grenzen.

Die Syrinx sind aber keineswegs nur biedere Klassiker. Ganz im Gegenteil: Auch bei jazziger und rockiger Musik sind sie im Element. Natürlich sind ihr bezüglich Schallpegel Grenzen gesetzt, doch in einem normalen Wohnraum swingen sie locker und bringen vom Jazz Trio über die Big Band bis zur gemässigten Rock-Band einen sehr gefälligen Sound.

Fazit

Bei den Swiss Made Syrinx-Lautsprechen stimmen Design und Sound. Die erstklassige Wiedergabe von Streichinstrumenten lässt aufhorchen. Aber auch bei den verschiedensten Arten von Musik sind sie im Element und zeigen stets ein edles, sehr räumliches und dennoch klar gezeichnetes Klangbild
STECKBRIEF
Preis:
4300.- pro Paar
Profil:
Eleganter Swiss Made Lautsprecher mit erstklassigen klanglichen Eigenschaften. Bei der Wiedergabe von Streichinstrumenten auch von aufwendigeren Systemen kaum zu schlagen.
Pro:
exzellente Klangdefinition,
breitbandiger Klang,
sehr räumliche Wiedergabe,
hohe Fertigungsqualität,
elegante Erscheinung,
breite Stereobasis
Contra:
-
Ausstattung:
Ausführungen: Furnier schwarz, Ahorn und Kirsche (auch lackiert)

Garantie: 6 Monate, nach Einsenden der ausgefüllten Garantieunterlagen 5 Jahre
Technische Daten:
Abmessungen (BxHxT) 27/10,5 x 27 x 91 cm
Impedanz: 4 Ohm min.
Gewicht: 13.8 kg
Trennfrequenz: 1000 Hz
Tieftöner: 16 cm
Mittel-Hochtonlaustsprecher: Heil A.M.T
Empfindlichkeit: 90 dB 1W/1m
empfohlene Verstärkerleistung: 30 – 200 Watt