TESTBERICHT
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Publikationsdatum
31. März 2008
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Die grössten Meister des Geigenbaus stammen bekanntlich aus Cremona. Man denke dabei an Namen wie Amati, Guarneri, Stradivari und etliche mehr. Die Geschichte und die Tradition dieser Stadt inspirierten den Entwickler Franco Serblin und seine Crew von Sonus Faber, eine gleichnamige Lautsprecherlinie herauszubringen.

Bereits vor sieben Jahren berichteten wir über die Cremona, einen Standlautsprecher, der sich rein optisch von seinem heutigen Nachfolger, der Cremona M, nicht nennenswert unterscheidet.

Der Grund liegt darin, dass man nach dem Motto „never change a winning team“ das an und für sich kaum noch verbesserungsfähige Gehäuse der Cremona bei der brandneuen Modifitcata-Version gleich belassen hat.

Die Fortschritte in der Elektroakustik bewogen Entwickler Serblin jedoch, das gesamte Innenleben der Lautsprecher auf den neusten Strand der Technik zu bringen.

Kunsthandwerk und HiTech

Mittels verstellbarer Spikes kann die Neigung der Boxen so gewählt werden, dass sich, je nach Sitzhöhe, ein optimales Klangbild ergibt.

Während weltweit immer mehr Hersteller von hochwertigen Lautsprechern glauben, in China fertigen lassen zu müssen, um sogenannt „wettbewerbsfähig“ zu bleiben, setzt man bei Sonus Faber nach wie vor auf die einheimische Kunst der Holzverarbeitung. Die Hoch- und Mitteltöner lässt man nach eigenen Vorgaben bei der dänischen Nobelschmiede ScanSpeak fertigen, die Bässe bei der norwegischen Firma SEAS.

Von den inzwischen auf knapp 60 Mitarbeiter angewachsenen Crew der in Vincenza ansässigen Firma Sonus Faber, sind etliche davon echte Alt-Meister in Sachen Holzverarbeitung. Diese gelernten Instrumentenbauer wissen um die über Jahrhunderte streng gehüteten Geheimnisse der Holzverarbeitung und kombinieren sie mit neusten Erkenntnissen der Holzbehandlung.

Dazu verwenden sie mindestens zwei Jahre lang sorgfältig gelagertes Holz, welches sie mit einer ganz bestimmten Pilzart behandeln. Die Pilze knabbern an den Zellwänden und verändern so die akustischen Eigenschaften des Holzes.

In einem kürzlich erschienenen Bericht der Empa ist zu lesen: „Schon seit längerem setzt die Holzabteilung der Empa Holz zersetzende Pilze als Nützlinge ein. So zum Beispiel, um für den Geigenbau vorgesehenes Holz mit besseren Klangeigenschaften zu versehen“.

Doch keine Angst! Diese Pilze sind in einem fixfertigen Gehäuse nicht mehr aktiv und die Holzlamellen des Gehäuses sind so verleimt, dass sie, wie eine echte Stradivari, Jahrhunderte überdauern können ohne bei Kälte, Hitze oder hoher Feuchtigkeit Risse zu bekommen.

In einer Cremona M stecken nicht weniger als 36 Stunden intensiver, meisterlicher Facharbeit. Rechnet man diese Mannstunden, das kostspielige Holz und nicht zuletzt das Geld für die hochwertigen Innereien zusammen, muss man sich fragen, wieviel Sonus Faber an einem Paar Cremona M noch verdient.

Eine Form für zwei unterschiedliche Funktionen

Entspricht der Form einer von Stradivari gebauten Laute. Diese Form sieht nicht nur sehr attraktiv aus, sie trägt auch dazu bei, dass sich weniger stehende Wellen und Resoanzen im Innern des Gehäues bilden.

Die Form der Cremona M gleicht einer von Stradivari gebauten Laute. Diese Form hat die lobenswerte Eigenschaft, keine bestimmten Frequenzlagen bevorzugt resonieren zu lassen. Ein Instrument sollte ja alle Töne möglichst gleich laut bringen. Und genau das sollte ja auch ein Lautsprecher tun.

Doch besteht ein grundlegender Unterschied zwischen einem Instrument und einem Lautsprecher: Während die Wände eines Instrumenten-Klangkörpers von den schwingenden Saiten angeregt werden müssen, sollte das Gehäuse eines Lautsprechers absolut frei von Vibrationen sein. Dies weiss man denn auch bei Sonus Faber, und die schweren und stabilen Holzgehäuse bestehen aus nicht weniger als 20 handverlesenen Holzschichten aus Ahorn.

Um die Reflexionen auf der Lautsprecherfront zu minimieren, wird echtes Leder von Hand auf die akustisch optimal geformte Frontpartie aufgebracht

Die Frontabdeckung ist eine weitere, nur bei Sonus Faber anzutreffende Spezialität: Sie besteht aus einer grossen Zahl von gummiartigen Fäden. Diese neu geformte Frontabdeckung ist ein Teil des Klangsystems und sollte nicht entfernt werden. Mittels verstellbarer Spikes kann die Neigung der Boxen so gewählt werden, dass sich, je nach Sitzhöhe, ein optimales Klangbild ergibt.

HiTech

Der Ringradiator von ScanSpeak gehört zur Art der Biegewellenstrahler. Die Luft wird dabei durch Wellen, die vom Zentrum der Membran nach aussen laufen, zu akustischen Schwingungen angeregt.

Neu ist der ganze aktive Teil der Cremona M. Schon rein optisch unterscheidet sich der Ringradiator vom Vorgänger. Er funktioniert nach dem Prinzip des Biegewellen-Strahlers und bietet ein nochmals verbessertes Impulsverhalten.

Der Mitteltöner besitzt eine Membrane aus Black Wood Fiber. Diese neue Generation von Mitteltonchassis verfügt über einen völlig linearen Antrieb. Dieser bewirkt, dass sich die Membran mit absolut gleichem Betrag nach innen und aussen bewegt. Das Resultat ist ein deutlich niedriger Klirrfaktor.

Aus einer extrem leichten, dennoch sehr verwindungssteifen Aluminium-Magnesium- Legierung bestehen die 18 cm-Membranen der Tieftöner. Zudem verfügen sie über sogenannte Phase Plugs zur Verbesserung des Phasenganges. So einfach wie möglich hat man die Frequenzweiche gehalten. Das heisst, es kommen phasenkorrigierende Filter zweiter Ordnung zum Einsatz.

Die Impedanz ist mit 4 Ohm eher niedrig und stromtüchtige Verstärker können ihre ganze Potenz voll ausspielen. Mit einer Signalspannung von 2.83 V und 1 kHz produzieren diese Lautsprecher in 1 Meter beachtliche 91 dB Schallpegel. Damit sind sie alles andere als sogenannte Leistungsfresser.

Die Spielpartner

Als Spielpartner für diesen Hörtest wählten wir folgende Komponenten: Krell SACD-Player Evo 505, Cyrus Vorverstärker Pre vs2 mit separatem PSX-R - Netzteil und. X Power – Stereo-Endstufe mit separatem PSX-R - Netzteil.

Als Lautsprecherkabel kamen zwei recht unterschiedlich klingende Exemplare von Fadel Art zum Einsatz: Das eher rund und warm klingende GreyLitz, sowie das eher straff und analytisch wirkende Aphrodite.

Goldene Mitte

Nicht nur das Bassgehäuse ist mit einer Reflexöffnung ausgerüstet. Auch der speziell für ventilierte Gehäuse entwickelte Mitteltöner arbeitet im Reflexgehäuse.

„Verblüffend nahe an der Realität“ schrieb ein Mitglied der Jury auf sein Bewertungsblatt und traf damit den Nagel auf den Kopf. Der Klang dieses Lautsprechers ist mit nichts anderem als mit „natürlich“ zu bezeichnen. Er klingt weder ausgesprochen analytisch noch übermässig charmant. Die Cremona M liegt genau in der goldenen Mitte und beweist damit ihre perfekte Ausgewogenheit.

Zuvorderst an der langen Reihe von Auszeichnungen steht die Homogenität. Da spielen keine überzüchteten Höhen ein separates, vom Rest des Klangbildes losgelöstes Konzertchen, noch brummt der Tiefstbass ein beeindruckendes Solo. Der Klang wirkt, wie man so schön sagt, wie aus einem Guss.

Neben der Homogenität ist die exzellente Feinzeichnung zu erwähne. Die Cremona M besitzt die seltene Fähigkeit, hohe Auflösung ohne jegliche Überzeichnung zu bieten. So hört man wohl, wie das Kolophonium der Bögen die Saiten zum Schwingen anregt, nicht aber hässliche wirkende Kratzgeräusche wie auf so vielen „knackig“ klingenden Boxen. Ganz im Gegenteil, die Cremona M klingt, wie weitere Urteile der Jury zeigen „vollmundig“ und „schlackenfrei“ und bietet zudem „ Detailfreude und Wohlklang.“

Nicht nur bezüglich des Klangtimbres kann die Cremona M überzeugen. Auch die ausgesprochen weiträumige und dennoch sehr exakte Projektion der Klangkörper inklusive Raumakustik ist eine Klasse für sich. Weit aufgefächert erscheinen Choraufnahmen in grossen Kirchen. Dennoch verdimensionieren die Cremona M eine Blockflöte nicht zu einer grossen Orgelpfeife, eine Gitarre zu einer Harfe, wie das gewisse Flächenstrahler tun.

Transparenz dank Stabilität

Massiv und vergoldet: Die Lautsprecherklemmen der Cremona M bleiben über Jahre hinweg für Kabelschuhe und Bananstecker kontaktfreudig...

Ein weiteres Thema ist die Transparenz. Diese wird auch bei teuren, säulenartigen Lautsprechern oft durch Resonanzen getrübt. Nicht so bei der Cremona M. Rebecca Pideons Stimme erschien denn auch nicht nur glockenrein, sondern auch völlig frei von Resonanzen. Diese Schallwandler betonen, noch färben sie gewisse Tonlagen. Der Klang ist frei von Stress. Ein entspanntes Langzeithören die Folge.

Mit der Hand sind wohl noch Andeutungen von Gehäusevibrationen zu erahnen. Sie sind jedoch nicht auf bestimmte Frequenzen konzentriert, sondern frequenzmässig breit verteilt, was gehörmässig kaum mehr wahrgenommen werden kann. Dies als direkte Folge von geschickter Formgebung und optimaler Materialwahl.

Vielfach wird bei Hörtests festgestellt, dass Boxen, die im Bass extrem tief hinunter spielen, leider auch etwas weich und schwammig wirken. Ganz anders bei der Cremona M: Ob gezupfter Kontrabass, Bass Drum oder getragene Orgelbässe, das Fundament wirkt straff, schnell und dennoch unglaublich tief.

Die Frage, welche Musikart der Cremona M am besten liegt, ist sehr einfach zu beantworten. Sie gehört zu jener einsamen Spitzenklasse, welche weder bei einem zarten Rondo Venetiano, noch bei den brachialen Klängen einer Gruppe namens Rammstein in Verlegenheit gerät.

Fazit

Die Cremona M ist in jeder Beziehung ein wahres Kunstwerk und bietet ein Klangniveau, das vielen weitaus teureren Boxen gut anstehen würde.

Info

www.montana-audio.ch

Preis pro Paar: 11'400 Franken 

STECKBRIEF
Modell:
Cremona M
Profil:
In der Cremona M von Sonus Faber vereinen in sich die jahrhundert alten Erkenntnisse des Instrumentenbaus mit modernster Elektro-Akusttik
Pro:
einmalige Erscheinung; perfekt ausgewogener Klang; hervorragende Verarbeitung; made in Italy; Chassis aus Skandinavien; reeller Preis
Contra:
(lange gesucht, doch nichts gefunden)
Preis:
5,700.00 CHF
Hersteller:
Jahrgang:
2008
Vertrieb:
Masse:
350 x 1120 x 565 mm
Gewicht:
36,5 kg
Farbe:
Ahorn, Graphit
Bass:
180 mm Aluminium-Magnesium-Legierung
Bauprinzip:
3-Weg Bassreflex
Empfohlene Leistung:
50 - 250 Watt
Frequenzgang:
40 - 30'000 ± 3dB
Hochton:
25 mm Ringradiator
Impedanz:
4 Ohm
Mittelton:
150 mm Konus
Wirkungsgrad:
91 dB