Was muss ein Kopfhörer eigentlich alles können? Für die einen zählt nur kompromislose Klangqualität. Für andere ist Mobilität und Kompaktheit wichtig, aber bitte trotzdem mit einem kräftigem Bass. Wieder eine andere Gruppe verlangt lediglich genügend lange Anschlusskabel, um Filme auf dem weit entfernten Gross-Fernseher nachbarfreundlich anzuschauen.
Für den Audiophilen muss ein Kopfhörer vor allem eines leisten: nämlich wahnsinnig gut klingen. Jetzt wirds interessant: Schon seit Jahrzehnten tüftelt man an Konzepten für den perfekten Kopfhörer. Oberstes Ziel ist, Instrumente und Stimmen harmonisch, natürlich, transparent und mit korrekter räumlicher Abbildung erklingen zu lassen. Nur so fühlt sich der Zuhörer mitten im Klanggeschehen. Wie nahe die Kopfhörerexperten von Sennheiser dem Ideal kommen, zeigt dieser Test.
Breite Palette
Insgesamt neun Modelle finden im Sennheiser HighEnd-Kopfhörer Programm. Zwei, der drei neuen HighEnd-Modelle haben wir ausgiebig probegehört, den HD 558 sowie den HD 598.
Was muss ein Kopfhörer eigentlich erfüllen, damit er das Prädikat HighEnd verdient? Eigentlich muss er in allen Bereichen zu den Besten gehören und sich wohltuend von der breiten Masse der Durchschnittshörer absetzen. Interessiert hat uns dabei natürlich in erster Linie die Klangqualität, fast genau so wichtig ist aber der Tragekomfort. Entscheidend für Werterhaltung sind die verwendeten Materialien und die Verarbeitung.
HD 558 - Der Mercedes
Der HD 558 von Sennheiser kommt mit in klassischen Schwarz- und Silbertönen und macht einen eleganten und doch unauffälligen Eindruck. Die Kopfhörermuscheln haben die für Sennheiser typisch ovale Form und sind aus hochwertigem Kunststoff gefertigt. Die wabenartige strukturierte Aussenhülle des HD 558 wird eingefasst durch einen silbernen Ring, der von einem leicht glänzenden, halb transparenten schwarzen Stoff überzogen wird. Im Zentrum prangt majestätisch das Sennheiser-Logo.

Das knapp vier Zentimeter breite Kopfband des HD 558 ist mit weichem Velours gepolstert wie auch die Kopfhörermuscheln. Selbst nach vielen Stunden Probehören drückt der Hörer nirgends. Die offene Bauform verhindert zudem das Erhitzen der Ohren, was bei geschlossenen Modellen oft der der Fall ist.
Sind die ovalen Ohrpolster einmal abgenutzt, können sie einfach abgenommen und ersetzt werden. Dasselbe gilt für das drei Meter lange und einseitig geführte Anschlusskabel. Eine leichten Drehbewegung im Uhrzeigersinn entriegelt der Stecker, der sich anschliessend herausziehen lässt: Sehr gut, denn dank diesem elegantem System kann das Anschlusskabel bei einem Bruch einfach ausgewechselt werden.
Im Lieferumfang beigefügt ist ein vergoldeter Adapter für die Reduktion vom Klinkenstecker (6,3 Millimetern) auf das Mini-Klinken Format (3,5 Millimetern) portabler Geräte. Der HD 558 primär für den Musikgenuss an der heimischen Stereoanlage gedachte Hörer, lässt sich so fexible einsetzen.
Klangeigenschaften

Der maximale Schalldruckpegel wird mit 112 Dezibel angegeben bei einer Impedanz von 50 Ohm. Der hohe Wirkungsgrad lässt sich auch subjektiv nachempfinden. Der HD 558 kann auch an leistungsschwachen Ausgangsstufen von portablen Playern bereits sein volles Potential entwickeln.
Der gute Wirkungsgrad beruht auf einem leistungsstarken Magnet-Antrieb und einer ultraleichten Antriebsspule aus Aluminium. Im Zusammenspiel ergibt sich ein exzellentes Ansprechverhalten mit einer sehr hohen Gesamtdynamik. Gerade Saiteninstrumente profieren davon. Dezente Zupfgeräusche einer Gitarre werden ebenso eindrucksvoll und doch feinsinnig reproduziert wie ein gestrichenes Cello.
Ein Schlagzeug erklingt in angestammter Dynamik ohne Kompressionseffekte als würde man unmittelbar davor stehen. Jeder Beckenschlag wird genau dort wahrgenommen, wo er eigentlich gespielt wurde oder der Tonmeister ihn ins Panorama setzte. Trotz der sehr angenehmen, offenen Bauform kommen die Bässe kraftvoll zur Geltung. Der HD 558 bietet höchsten Hörgenuss, der eigentlich kaum noch übertroffen werden kann. Oder doch?
HD 598 - Der Bentley
Nun zum Spitzenmodell der Sennheiser HD 5x8er-Serie. Ungefähr 90 Prozent aller Kopfhörer, die auf dem Markt erhältlich sind, haben entweder eine schwarze Färbung mit grauen Verzierungen, oder eine graue Farbe mit schwarzen Elementen. Warum hat wohl niemand früher daran gedacht, einen Kopfhörer in edlem Beige zu entwerfen?
Mit den Wurzelholzverzierungen gleicht der HD 598 von Sennheiser eher dem Interieur einer Nobelkarosse. Anstelle von schwarzen Velours-Polstern wurden braune angebracht, die bestens zum Wurzelholzimitat passen und ungemein Schmuck aussehen. Auch hier sitzt der Kopfhörer während Stunden angenehm auf dem Kopf. Gepolstert ist das Kopfband mit weichem Schaumstoff. Das Ganze ist wiederum mit Kunstleder überzogen, das kaum von echtem unterschieden werden kann.
Das beim HD 558 bestens sichtbare Sennheiser-Logo schimmert beim HD 598 dezent durch ein schwarzes Metallgeflecht. Das neuartige Design - gefällt vielleicht nicht allen Fundamentalisten, exklusiv wirkt der HD 598 aber auf jeden Fall.
Ein Schmuckstück in beige und braunAusgestattet ist der HD 598 mit der identischen, extrem resonazarmen Duofol-Membran, welche auch hier für einen sehr ausgewogenen Klang sorgt. Gemäss Datenblatt soll der HD 598 im Topend des Frequenzbandes noch mehr Auflösung bieten. Im Hörtest liess sich dies im Direktvergleich aber nur erahnen.
Wie schon der HD 558 besticht der HD 598 mit seiner räumliche Auffächerung. Mühelos gelingt ihm eine dreidimensipnale Raumdarstellung - sofern es denn die Aufnahme zulässt. Egal, ob bei einer Jazz-Combo oder einem grossen Symphonieorchester, der Raumeindruck kommt wunderbar zur Geltung. Alles klingt weit und gross, plötzlich lassen sich auch sonst leicht verdeckte Instrumente spielend lokalisieren.
Fazit
Beide neuen HighEnd Modell im Sennheiser Programm halten, was sie versprechen. Sowohl der HD 558 als auch der HD 598 klingen unglaublich gut. Ein adäquate Abspielquelle sollte man ihnen jedoch schön gönnen.
An eine ordentliche Stereoanlage angeschlossen, können der HD 598 und auch der HD 558 ihre Stärken voll ausspielen. Klanglich sind keine Unterschiede zu hören. Beide Kopfhörer besitzen trotz der halboffenen Bauweise einen kräftigen, sauber konturierten Bassbereich und brillieren mit einem transparenten, filigranen Hochtonbereich. Die für die Stimmenwiedergabe so wichtige Mittellage ist frei von unnatürlichen Verzerrungen und kommt mit einem angenehm warmen Timbre.
Welcher ist nun der richtige? Wer einen eher schlichten Kopfhörer mit Topklangqualität sucht, ist mit dem HD 558 bestens bedient. Wer hingegen etwas Exklusiveres sucht, darf auch ruhig mal Bentley fahren - der Aufpreis von 80 Franken rechtfertigt sich durch die Verwendung hochwertiger Materialen. Der HD 558 kostet 238 Franken, der HD 598 schlägt mit 318 Franken zu Buche. Ein fairer Preis für puren Hörgenuss!

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