TESTBERICHT

«Leak» – sagt Ihnen das nichts? Kein Problem, wir helfen Ihrem Gedächtnis gerne etwas nach. Die 1934 in London von Mr. Harold Joseph Leak gegründete Firma H.J. Leak & Co liess 1945 mit dem Röhrenverstärker Point One aufhorchen. Der Name «Point One» stand für die Unterschreitung von 0,1 Prozent Verzerrungen bei der Nennleistung. Das war eine Ansage in Zeiten, als Werte um 2 % noch die Regel waren.

Die Schaltung verzichtete auf Transformatoren zwischen einzelnen Verstärkerstufen, was eine Über-alles-Gegenkopplung vom Lautsprecheranschluss des Ausgangstransformators auf den Eingang ermöglichte. Zwei Jahre später wurde eine weitgehend ähnliche Topologie von D.T.N. Williamson in der Elektronikzeitschrift Wireless World publiziert. Noch heute gilt der Williamson-Verstärker vielen Herstellern als Vorbild – nicht nur Röhrenentwickler beziehen sich auf ihn. Leak konnte in Folge die Anzahl der Verstärkerstufen ohne Qualitätsverlust von vier auf drei reduzieren, was damals im wachsenden HiFi-Markt einen nicht unerheblichen Preisvorteil einbrachte. Der Leak Stereo 30 leistete zweimal 15 Watt an 4 Ohm und läutete 1969 das Transistorzeitalter ein. Bald nach Verkauf der Firma an die in vielen Märkten aktive Rank Organisation fand Leak leider ein vorläufiges Ende.

Der Leak Stereo 30 mit 2 x 15 Watt an 4 Ohm läutete 1969 das Transistorzeitalter ein.Der Leak Stereo 30 mit 2 x 15 Watt an 4 Ohm läutete 1969 das Transistorzeitalter ein.

Doch nun – sozusagen nach fast 50 Jahren Dornröschen-Schlaf – erweckt die International Audio Group (IAG) die Marke Leak zu neuem Leben. Zur IAG Group gehören bekannte Hersteller wie Luxman, Mission, Quad oder Wharfedale. Wie die Aufzählung veranschaulicht, haben die Chinesen bereits ein stattliches Portfolio an britischen Firmen unter ihrem Dach. Nun kommt also Leak noch hinzu!

Die Testobjekte – Optik und Haptik

Mit einem Stereo 130 genannten Verstärker/DA-Wandler und dem CD Transport CDT startet Leak neu durch. Der Stereo 130 scheint seinem ein halbes Jahrhundert älteren Vorgänger «Stereo 30» wie aus dem Gesicht geschnitten. Der CDT kopiert das Design gekonnt. Das fängt bei den Gehäusen an, deren Oberflächen die Holzstruktur des Nussbaums noch spüren lassen, anders als die tausendfach versiegelten Holzapplikationen gewisser Luxusautos, die eher an Kunststoff erinnern.

Apropos Kunststoff: Die Knöpfe sind, getreu ihrem Vorbild, aus eben diesem Material. Dabei gilt es zu bedenken, dass der Stereo 30 einer Zeit entstammt, in der Kunst­stoff noch ein modernes Luxusmaterial war und nicht ein allseits verfügbarer, billiger Werkstoff. Beide Geräte gibt es ohne das Holzgehäuse auch in der Version Silber. Dann erinnern sie eher an den Bauhaus-Stil.

Retro wie aus dem Bilderbuch. Hier die Geräte mit dem Holzgehäuse.Retro wie aus dem Bilderbuch. Hier die Geräte mit dem Holzgehäuse.

Preis-Leistungs-Verhältnis

Gleich zu Beginn müssen wir über die Preise reden, denn während ich die Leak-Komponenten auf Herz und Nieren prüfte, musste ich mir dauernd die günstigen Preise der beiden ins Gedächtnis rufen, um nicht dauernd in das typische Highend-Mimimi zu verfallen. Was Leak hier abliefert, ist einfach stark. Der Stereo 130 kostet in der Nussbaum-Ausführung 999 CHF, der CDT Drive kostet 699 CHF. Die Silberausführungen der beiden Geräte ohne Nussbaum-Gehäuse kostet jeweils 100 CHF weniger. Wenn man bedenkt, dass im Stereo-130-Verstärker auch noch ein hochwertiger DAC und ein Bluetooth-Empfänger eingebaut sind, ist das preislich eine Wucht. Designt und entwickelt in Huntington, England, produziert in China – so geht das in Zeiten der Globalisierung. Aber was können diese beiden Geräte nun technisch leisten, abgesehen davon, dass sie nicht fliegen und Kaffee kochen können?

Stilstudie des Stereo 130 in Silber – Bauhaus lässt grüssen.Stilstudie des Stereo 130 in Silber – Bauhaus lässt grüssen.

Leak Stereo 130

Der Leak Stereo 130 ist ein analoger Class-A/B-Verstärker mit einer RMS-Leistung von 2 x 60 Watt (4 Ohm). Für Phono-Fans ist ein JFET-basierter Phono-MM-Vorverstärker eingebaut. Neben analoger Schaltungstechnik ist der Leak Stereo 130 auch mit verschiedenen digitalen Schnittstellen ausgestattet. Drei digitale Audioeingänge (1 x SPDIF und 2 x Toslink) sorgen zusammen mit einem USB-Eingang und Bluetooth aptX für angemessene Konnektivität. Der ESS Sabre32 Reference ES9018K2M ist anerkannt einer der derzeit besten D/A-Wandler-Chips und unterstützt über USB PCM-Auflösungen mit bis zu 384 kHz sowie DSD 256.

In der praktischen Anwendung haben mir die übersichtliche Anordnung der Bedienelemente sowie die einfache Bedienung gefallen. Auch haptisch überzeugen die Bedienelemente. Die Taster haben einen definierten Druckpunkt, die Drehregler laufen satt. Einzig der Eingangswahl­schalter läuft etwas leichtgängig, doch auch dies ohne einen Hauch von Spiel. Die Positions-LEDs könnten für ältere Augen etwas grösser sein. Bei der generellen Haptik könnte sich selbst das eine oder andere Gerät mit vierstelligem Preis­schild eine Scheibe abschneiden.

Übrigens, alle Funktionen können am Gerät abgerufen werden, aber auch mithilfe der mitgelieferten Fernbedienung gewählt werden. Beispielsweise schaltet der Stereo 130 nach ca. 15 Minuten in den Standby-Modus. Dies kann mit der Fernbedienung auf einen längeren Zeitraum geändert oder ganz abgeschaltet werden. Die schnörkellose Bedienungsanleitung in Englisch erklärt sämtliche Funktionen kurz und bündig.

Die aufgeräumte und komplette Rückenansicht des Leak Stereo 130.Die aufgeräumte und komplette Rückenansicht des Leak Stereo 130.

Leak CDT

Das CD-Laufwerk Leak CDT ist eigentlich untypisch für Leak, da es solche Geräte in den 50er- bis 70er-Jahren ja noch gar nicht gab. Doch die Zeiten haben sich bezüglich digitaler Medien wahrlich geändert. Das Laufwerk selbst ist in einem eigenen, elektromagnetisch entkoppelten Gehäuse untergebracht. Laufwerk und digitale Audioelektronik werden zudem über jeweils eigene Netzteile mit Strom versorgt, um die gegenseitige Beeinflussung zu minimieren. Die Entwickler haben den Leak CDT zudem mit einem permanent temperaturkompensierten, hochpräzisen Quarz ausgestattet, der für minimale Verzerrungen (Jitter) an den digitalen Ausgängen sorgt. Auch hat der Leak CDT eine USB-Schnittstelle, mit der sich auch auf FAT32-formatierten Datenträgern befindliche Audiofiles mit bestechender Klangtreue abspielen lassen.

Die Leak-Entwickler setzten hier auf ein Slot-in-Laufwerk. Dies führt dazu, dass die Front im Retro-Stil nicht mit einer Lade, sondern einem dezentem Schlitz aufwartet, die den Gesamteindruck nicht trübt und nicht zu «technisch modern» wirkt. Selbst das Display an der Front fügt sich sehr harmonisch ein und die Taster zur Wiedergabesteuerung sehen ohnehin so aus, als würden sie direkt von einem alten Tonbandgerät stammen. Leak hat auch hier dem Retro-Look Genüge getan und das Verstärker-Design gekonnt weitergeführt.

Die Bedienung des Leak-CDT-Laufwerks ist selbsterklärend und einfach. Die von mir persönlich vielfach favorisierte Repeat-Funktion kann mithilfe der mitgelieferten Fernbedienung aktiviert werden. Die Fernbedienung ist zweckmässig, ebenso die mitgelieferte englische Bedienungsanleitung.

Rückenansicht des Leak CDT: aufgeräumt und übersichtlich.Rückenansicht des Leak CDT: aufgeräumt und übersichtlich.

Hörtest

Der Leak Stereo 130 ist kein Leistungswunder, liefert er doch mit zweimal 45 Watt an 8 Ohm bzw. zweimal 65 Watt an 4 Ohm. Er hat aber ausreichend Kraft, um in Verbindung mit Wirkungsgrad-starken Lautsprechern einen grossen Hörraum mit sattem Klang zu füllen.Er steht für eine mitreissende, detaillierte und akkurate Performance. Jede analoge und digitale Quelle wird mit jener musikalischen Integrität und klanglichen Wärme übertragen, für die Leak-Geräte schon in vergangenen Zeiten hochgeschätzt waren. Er ist aber klanglich kein Erbsenzähler und ist, wie wohl schon sein Vorgänger eher gnädig mit schlechten Aufnahmen. Er verzeiht mit seinem runden, gefälligen Klang und liefert ab. Genuss kommt vor Analytik.

Jedenfalls scheint er sich an meinen beiden Wharfedale Linton sichtlich wohlgefühlt zu haben. Im Zusammenspiel Leak und Wharfedale erfreut dieses HiFi-Traumpaar Augen und Ohren gleichermassen. Insbesondere die Nussbaum-Variante der Leak-Komponenten passt so gut zu den Linton Lautsprechern, dass man fast glauben könnte, sie wären gemeinsam entwickelt worden.

Das Laufwerk tut im Uebrigen seinen Dienst klaglos und ich konnte zwischen einer CD und deren Streaming-Kopie keine wirklich markanten Unterschiede ausmachen. Bluetooth mit aptX ist klanglich je nach Aufnahme nahe der CD und für die Gerätebesitzer und deren Besucher ein toller Weg, unkompliziert Musik aus Smartphone oder Tablet abzuspielen.

Die Leak-Komponenten und die Wharfedale-Linton-Lautsprecher: eine perfekte Retro-Kombination.Die Leak-Komponenten und die Wharfedale-Linton-Lautsprecher: eine perfekte Retro-Kombination.

Fazit

In Anbetracht der günstigen Preise der beiden Leak-Komponenten, der gelieferten Material- und Sound-Qualität sowie der umfangreichen Ausstattung können wir nur sagen: «Well done and welcome back, Leak!»

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