TESTBERICHT
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Publikationsdatum
7. August 2002
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Bereits vor rund 20 Jahren brachte Walter Schupbach mit dem Stereolith einen wahren Nonkonformisten unter den Lautsprechern auf den Markt. Während der Erfinder in seinen bisherigen Konstruktionen links und rechts getrennt ein breitbandiges Signal abstrahlen liess, hat er doch tatsächlich die Stirn, bei seiner neuesten Schöpfung, dem Stereolith Monitor 232, den Hochtonbereich monofon abzustrahlen. Der Grund für diese scheinbar verrückte Idee liegt darin, dass nach Schupbachs Forschungen vor allem der Frequenzbereich um 1 kHz für die Erzielung einer natürlichen, räumlichen Projektion verantwortlich ist.

Kleine Box - grosser Klang

Der Stereolith Monitor 232 ist geradezu ein Winzling. Bestückt ist er mit zwei 13-cm-Tiefmitteltönern – je einer für links und rechts -, die in ein und demselben Bassreflexgehäuse arbeiten, und mit einer 15-mm-Kalotte mit akustischer Linse. Diese verhilft dem Tweeter zu einer breiten Abstrahlcharakteristik. Das ganze System ist magnetisch abgeschirmt und kann auch als Home-Cinema-Speaker nahe zum Fernseher gestellt werden, ohne dass sich Farbfehler auf dem Bildschirm einstellen. Während das Gehäuse dieser aus einer kleinen Serie stammenden Box aus MDF besteht, wird es sie in naher Zukunft auch mit einem elegant geformten Kunststoffgehäuse geben.
Ein einziges, vieradriges Kabel verbindet den Stereolith mit dem Verstärker. Dieser muss kein Kraftwerk sein, denn die Empfindlichkeit dieses Speakers ist mit fast 92 dB sehr gut.

Gute Platzierung ein Muss

Zwei 13 cm- Tiefmitteltöner arbeiten in ein und demselben Bassreflexgehäuse
Zwei 13 cm- Tiefmitteltöner arbeiten in ein und demselben Bassreflexgehäuse
Ein Stereolith Monitor 232 macht überall im Raum aufgestellt irgendwie Musik. Seine vollen Fähigkeiten entfaltet er aber erst, wenn man mit der Platzierung etwas experimentiert. Direkt in eine Ecke gestellt, klingt unser Nonkonformist hohl, das Klangbild wirkt gepresst. Doch mit einem Abstand von rund 1,2 Metern zur Ecke kommen die wahren Werte dieses Speakers zur Geltung. Es muss aber keineswegs immer eine Ecke sein. Gerade so gut - oder sogar noch besser - stellt man ihn im Abstand von rund 30 cm parallel zu einer Rückwand und gibt ihm links und rechts freien Raum zur Klangentfaltung. Ihn in Nischen zu zwängen oder hinter dem Klavier zu verstecken, geht hingegen schief. Völlig frei im Raum sollte das System nur mit einem Subwoofer zusammen platziert werden. Man weiss: Je näher ein Speaker an der Rückwand steht, umso stärker ist sein Bass. Das gilt auch für den Stereolith Monitor 232, welcher frei im Raum platziert wohl sehr räumlich, im Bass jedoch etwas dünn klingt.

Sweet Spot im ganzen Raum

Das Klangbild des Stereolith Monitor 232 unterscheidet sich grundlegend von der herkömmlichen Wiedergabe mit zwei getrennten Boxen. Bei der konventionellen Wiedergabe wird der Schall extrem links und extrem rechts abgestrahlt. Wenn man Glück hat und haargenau zwischen den Boxen am einzigen optimalen Hörplatz, dem sogenannten "Sweet Spot" sitzt, ergeben sich auch zwischen den Boxen sogenannte Phantomschallquellen und ein sehr breites Klangpanorama kann vor dem Hörer entstehen. Hat man Pech und befindet sich nicht genau am optimalen Hörplatz, zerfällt das Klangbild in zwei räumlich mehr oder weniger zusammenhangslose Teile. Im Extremfall resultiert die sogenannte Ping-Pong-Stereofonie mit übertriebenen Links/Rechts-Effekten. Dies wird natürlich durch eine gute Abmischung der Aufnahme gemildert, und auch die breite Abstrahlcharakteristik moderner Stereolautsprecher tut das ihre dazu, um den Klang von den Lautsprechern zu lösen.

Raumklang pur

Aufgrund der Hörphysiologie des Menschen wurde der Hochtöner leicht asymmetrisch auf die Box gesetzt.
Aufgrund der Hörphysiologie des Menschen wurde der Hochtöner leicht asymmetrisch auf die Box gesetzt.
Wie es der Titel bereits antönt ist das Abstrahlverhalten des Stereolith vergleichbar mit einer Blume, die ihren Duft rundum ausströmt. Die Blume, oder hier besser der Klangkörper, steht also vor dem Hörer und dehnt sich bis zu einem gewissen Grad auch zu den Seiten hin aus. So entsteht ein konzertsaalähnlicher Eindruck. Absolut faszinierend stellte der Stereolith Instrumente wie ein Klavier oder ein Cembalo dar. Die räumliche Ausdehnung entspricht absolut der Realität. Bei sinfonischen Werken jedoch könnte man sich zuweilen etwas mehr Breite wünschen. Doch dies hängt auch von der Aufnahme ab. Verblüffende Wirkungen erzielt Schupbachs Kreation mit Zweimikrofonaufnahmen, wie sie etwa auch auf der Test Record "Impression" der Swiss High End Society geboten werden. Recht allergisch reagiert der Monitor 232 auf missratene Multimikrofonieaufnahmen. Gegenphasige Signale löscht der Stereolith glatt aus, was man auch bei den "Out of Phase"-Ansage der Test Record "Impressions" sehr gut feststellen kann. Beim Herumwandern im Raum ist festzustellen, dass praktisch an jedem Ort Raumklang zu hören ist. Dank der extrem grossen Raumklangzone ist der Stereolith nicht nur für anspruchsvolle Musikwiedergabe geeignet, sondern sehr gut auch für Hintergrundmusik und Beschallungen von nicht allzu wilden und lautstarken Parties.
Bezüglich Klangqualität sollte man aus einer so kleinen und relativ leichten Konstruktion eigentlich keine Wunder erwarten dürfen. Und gerade deshalb erstaunt es, was aus dem kleinen Kistchen an Klangvolumen herauskommt. Testhörer attestierten ihm ein erfreulich verfärbungsarmes Klangbild mit durchaus akzeptablem Bassbereich. Dieser ist vergleichbar mit dem Cello eines Streichquartetts. Auch ein Cello kann tiefe Töne spielen, doch eben nicht ganz so tief wie ein Kontrabass. Und wer den Tiefbass wirklich hören und fühlen will, kommt um einen Subwoofer nicht herum. Aktive Typen gibt’s davon genug auf dem Markt, und von Stereolith gibt es zwei dazu passende Passiv-Subwoofer.

Fazit

Mit dem Stereolith Monitor 232 hat der Schweizer Erfinder Walter Schupbach einen nonkonformistischen Lautsprecher geschaffen, welcher aus einer einzigen, sehr kompakten Box praktisch im ganzen Abhörraum geschmackvollen Raumklang hervorzaubert.

Interview

Walter Schupbach, der Erfinder des Stereoliths
Walter Schupbach, der Erfinder des Stereoliths
Hans Jürg Baum sprach mit Walter Schupbach, Erfinder des Stereolith-Lautsprechers.

avguide: Wann brachten Sie Ihren ersten Stereolith-Lautsprecher auf den Markt?
Schupbach: Das war 1982.

avguide. Was hielt die Fachwelt der Schweiz von Ihrer Konstruktion?
Schupbach: 1986 habe ich für den Stereolith den ersten Preis am "Salon des Inventions" in Genf bekommen.

avguide: Auf welchem Prinzip basiert der Stereolith?
Schupbach: Das Ziel des Stereoliths ist es, ein Tonrelief mit Breite, Höhe und Tiefe abzubilden. In diesem Relief sollte man gewisse Schallquellen hören können. Dieses Resultat hat man bisher mit zwei Lautsprechern fast nie realisieren können. Ich habe die Hörphysiologie analysiert und versucht zu verstehen, wie sie funktioniert. In der Folge kam ich zur Lösung mit nur einem Lautsprecher, einem Dipol, der auf den Algorithmus des menschlichen Gehörs abgestimmt ist.

avguide: Haben Sie Ihr System patentieren lassen, und gab es Lizenznehmer?
Schupbach: Die Patente sind jetzt nach 18 Jahren abgelaufen. Doch 1990 nahm Revox die Lizenz. Ich habe mehr als 2 Millionen Franken für Patente in 50 Ländern ausgegeben. Es war ein grosses Problem, diese Patente zu erhalten. Ich musste genug sagen, um den Patentschutz zu erhalten, aber doch so wenig wie möglich, um nicht kopiert zu werden.

avguide: In welchem Frequenzbereich liegt nach Ihrer Ansicht die wichtigste Stereo-Information?
Schupbach: In den letzten zehn Jahren habe ich herausgefunden, dass die Stereoinformation hauptsächlich um die 1000 Hz liegt.

avguide: Welches Frequenzspektrum strahlt der Stereolith zu den Seiten hin ab?
Schupbach: Vom Bass bis zu 2800 Hz. Oberhalb dieser Frequenz wird monofon abgestrahlt. Betreibt man einen Subwoofer, so arbeitet dieser im Bass ebenfalls monofon.

avguide: Weshalb ist es überhaupt möglich, den Hoch- und Obertonbereich ohne Verlust an Rauminformation monofon zu übertragen?
Schupbach: Das ist ganz einfach, weil die Wellenlängen über dem menschlichen Kopf viel zu kurz sind, als dass die beiden Ohren in diesem Frequenzbereich eine Rauminformation wahrnehmen könnten. Der Dipol ist wirklich auf den Algorithmus des menschlichen Gehörs abgestimmt. Die Ohren haben ja eine gewissen Abstand, und der ist praktisch gleich für jeden Menschen. Die Ohrformen sind natürlich nicht ganz gleich. Da gibt es gewisse Unterschiede.

avguide: Weshalb haben sie den Hochtöner nicht genau in die Mitte der Box gesetzt?
Schupbach: Meine neue Konstruktion ist noch näher bei der Hörphysiologie des Menschen. Das konnten wir mit den Forschungen, die wir in den letzten Jahren gemacht haben, verbessern. Weil das Gehör nicht symmetrisch ist – ein Linkshänder hört anders als ein Rechtshänder - ist der Hochtöner nicht genau in der Mitte auf der Box montiert. Dies realisiert die in der Natur vorhandenen Interferenzen zwischen den beiden Kanälen.
In Planung: Fernseher mit Stereolith-Aufsatz
In Planung: Fernseher mit Stereolith-Aufsatz
avguide: Was bringen denn die neuen Tonformate wie DVD-Audio und SACD?
Schupbach: Beide Systeme bringen eine Verbesserung, arbeiten aber immer noch auf dem alten Stereoprinzip mit zwei separaten Kanälen. In Zukunft sollt man da anders denken und wirklich richtige Stereoaufnahmen machen, die nach der Hörphysiologie funktionieren.

avguide: Müsste man da aber nicht auch die Aufnahmen anders machen?
Schupbach: Nicht unbedingt. Die Aufnahmen sollten anschliessend sinnvoller eingepackt werden. Da könnte man relativ viel Platz gewinnen, und es gäbe verschiedene Lösungen. Man sollte dieser Seite wirklich mehr Aufmerksamkeit schenken. Bei klassischer Musik funktioniert zum Beispiel eine Jecklinscheibe mit zwei Mikrofonen sehr gut. Aber für moderne Musik setzt man eine grosse Anzahl von Mikrofonen ein, die man mittels eines Computers in eine Schallwelt hineinsetzen sollte.

avguide: Wie sehen Ihre Pläne für die Zukunft aus?
Schupbach: Wir möchten eine Fernseher mit eingebautem Stereolith bauen. Es wird auch einen Stereolith für Beschallungen geben.

avguide: Besten Dank für das interessante Gespräch.
STECKBRIEF
Preis:
1370.-
Profil:
Nonkonformistischer Schallwandler made in Switzerland mit einem Klangbild, das sich grundlegend von der heute üblichen Stereowiedergabe unterscheidet. Unübertroffen natürliche Abbildung von Einzelinstrumenten und Solostimmen.
Pro:
verfärbungsarmer Klang, Raumklang aus einer Box, Raumklang im ganzen Hörraum, kompakte Abmessungen
Contra:
Aufstellung nicht ganz unkritisch, Bassbereich limitiert
Ausstattung:
Masse (BxHxT) 20 x 27 x 28 cm
System: Zweiweg Bassreflex, Stereolith
Anzahl Wege 2
Bestückung: 1 Kalotte, 2 x 13-cm-Tiefmitteltöner
Ausführungen: lackiert, metallisiert
Technische Daten:
Belastbarkeit 200 W
Impedanz 8 Ohm