Kleiner Riese
Test der aktiven nuPro X-4000 von Nubert

Die zierliche Schlanke entpuppte sich als faustdicke Überraschung. Die Nubert nuPro X-6000 verblüffte avguide.ch letztes Jahr mit ihren überragenden technischen und klanglichen Fähigkeiten. So dass wir in Sachen nuPro X-4000 schon auf einiges gefasst waren. Nun gut, in technischer Hinsicht steht der mit etwa 20 mal 32 mal 26 Zentimeter geradezu winzige Aktivlautsprecher ja auf der gleichen Plattform wie die grössere Schwester – da lag also kein Überraschungspotenzial mehr brach. Aber was die pro Paar umgerechnet gerade 1770 CHF teure Kleine klanglich leistet – das überraschte dann doch wieder kolossal.
Funktionen
Doch der Reihe nach: Die Lautsprecher der nuPro-X-Serie des deutschen Direktversenders Nubert sind eigentlich keine Lautsprecher, sondern Schaltzentrale, DA-Wandler, Entzerrer-Vorverstärker, Endstufe und Schallwandler in einem. Eine oder mehrere digitale Quellen – mehr braucht es nicht. Das mögen zahlreiche in der Digital-Audio-Sphäre herumvagabundierende Brüllwürfel teilweise ja auch bieten, aber die schwäbischen Lautsprecher- und inzwischen auch Elektronik-Spezialisten bieten das alles auf HiFi- und professionellem Niveau. Ja, das ist nicht zu hoch gegriffen, hier steht High-End im Kompaktformat.
Natürlich nimmt auch die Nubert X-4000 drahtlos Tonsignale entgegen, via Bluetooth aptX können ihr geeignete Smartphones das Musikprogramm zufunken. Aber spannend wird es bei dem, was man da per Draht so anflanschen kann. Dafür stehen nicht nur jeweils zwei koaxiale und optische Digital-Schnittstellen zur Verfügung sowie eine USB-B-Buchse, sondern auch ein symmetrischer XLR-Eingang und eine weitere USB-A-Buchse, über die sogar ein entsprechendes Device aufgeladen werden kann. Zu allem gibt es noch ein Stereo-Paar analoge Line-Eingänge (Aux wie Auxiliary), und die symmetrische AES/EBU-Pforte lässt sich noch auf analoges XLR umschalten. Ach so, einen Subwoofer-Ausgang gibt es auch noch. Und das jeweils komplett an beiden Boxen.
Denn welche der beiden Boxen als «Master» und welche als «Slave» deklariert wird, bleibt ganz dem Nutzer überlassen. Er muss alles nur an eine anstöpseln, nachdem er das Stereo-Paar entweder drahtlos oder per Link-Cinchkabel verbunden und damit ihre Funktion definiert hat. Alle Kabel, die Fernbedienung und auch ein an den zweiten Port anschraubbarer Adapter von HDMI auf USB liegen beiden Lautsprechern bei – mehr Versorgung kann sich der Nutzer nicht wünschen. Der HDMI-Anschluss macht vor allem Sinn bei TV-Geräten, die einen Tuner eingebaut haben und über den Audio Return Channel ARC Tonsignale morsen können. Das spart die zweite Digital-Connection zum externen Sound-Aufbereiter.
Die Quellenwahl wie die Lautstärkeregelung kann man am Steuerkreuz auf der Front der Masterbox oder per Fernbedienung vornehmen. Viel mehr Spass macht das allerdings mit der kostenlosen App, die sich der Autor völlig problemlos auf sein iPad lud.
Bedienung

Die App bildet auf einer ersten Ebene die Fernbedienung 1:1 ab, auf einer zweiten Ebene gelangt man dann in die fortgeschrittenen Funktionen. Für Leisehörer gibt es da die Loudness-Funktion, welche die hohen und tiefen Frequenzen, für die das menschliche Ohr weniger empfindlich ist, anhebt. Und das in einem praxisgerechten Mass, also nicht im Krawumm-Modus.
Lauthörer können dagegen die untere Grenzfrequenz manipulieren. Die X-4000 reicht dank ihrem eingebauten Digital Signal Processing DSP nämlich für ihre Grösse extrem tief – und das kostet physikgemäss immer einige Dezibel Maximallautstärke. Problemraumhörer werden sich über den eingebauten Fünf-Kanal-Equalizer freuen, mit dem sich – auf Wunsch auch getrennt für jede Box – Frequenzbänder rauf- und runterregeln lassen.
Das macht nicht nur irren Spass, in der App die Regler rauf- und runterzufahren und in Echtzeit ihre Wirkung nachzuhören. Sondern es macht auch Sinn, wenn asymmetrische, ungünstig geschnittene oder anderwertig akustisch nur suboptimale Räume HiFi-gemäss zu beschallen sind. Ach so, in eine Surround-Anlage oder in ein Multiroom-Setting lassen sich die nuPros übrigens auch leicht eingliedern.
Das alles funktioniert ohne Zweitmatura und wird auch in der Bedienungsanleitung recht gut erklärt. Und falls doch mal etwas nicht auf Anhieb geht: Der Nubert-Kundenservice steht mit Rat und Tat zur Seite. Der Autor konnte es ausprobieren – da gibt es nichts zu meckern. Und wenn man sich doch mal zur Nachtzeit hoffnungslos verirrt hat im Funktions-Dschungel: Ein Reset geht immer (man muss nur in der Anleitung weit genug lesen).


Messungen

Die Kollegen von der deutschen HiFi-Zeitschrift «Stereoplay» haben die Nubert nuPro X-4000 nach allen Regeln der Kunst gemessen. Mit knapp 30 Hertz reicht sie in der Tat für eine Kompaktbox unfassbar tief – die meiste Popmusik jüngeren Datums steigt aus Rücksicht auf besagte Brüllwürfel und minderwertige Ohrstöpsel eine Oktave früher, also etwa bei rund 60 Hertz schon aus. Dieser enorme Tiefgang hat seinen Preis: Die Verzerrungen steigen schon bei recht niedrigen Pegeln stark an. Allerdings nur im unteren Frequenzbereich, wo der Klirr bei weitem nicht so störend wahrgenommen wird wie im oberen.
Und da bleibt die kleine Nubert vorbildlich. Vor allem aber bleibt sie vorbildlich linear, das heisst, sie betont keinen Bereich. Viele Lautsprecher schummeln da im Oberbass (was echten Bass vortäuscht), heben Brillanzen an (was Transparenz vortäuscht) oder senken sie (was klangliche «Wärme» vortäuscht). Aber unterm Strich und auf Dauer nervt das nur.
Die angegebenen 180 Watt Leistung für die 2,5-Zentimeter-Gewebehochtonkalotte und den 17-Zentimeter-Polypropylen-Tiefmitteltöner mussten wir nicht nachmessen. Bevor es den Chassis übrigens zu viel wird, begrenzt ein Limiter, von Nubert «Soft Clipping» genannt, den Leistungs-Schub der Schaltendstufen, so dass da nichts kaputtgehen kann.
Klang

Das alles führte dazu, dass wir im Hörtest subjektiv sehr viel lauter aufdrehen konnten, als uns die 87 Dezibel Maximalpegel aus dem Messlabor suggerierten. Den herzerfrischenden Progressive Rock der Neil Morse Band – Toptipps: «The Simplitude Of A Dream» und «The Great Adventure» – jedenfalls fuhren wir hoch, bis im gut lesbaren OLED-Display -20 (von -100) bläulich schimmerte. Und noch immer tönte der Gesang des Chefs unverzerrt, die brachialen Drums von Mike Portnoy knackig und die irrwitzigen Gitarrensalven von Eric Gillette krachscharf. Bei Pegeln, welche die Frau Gemahlin zwei Etagen darüber noch wohl vernahm ...
Aber bis wir die zierliche Box in ihrem tadellos schleiflackierten MDF-Gehäuse so weit quälten, verging natürlich erst einmal geraume Zeit. Zeit genug, damit der Autor via USB-Eingang vom Mac mini und mit der jedem Audiophilen zu empfehlenden Software Audirvana Plus direkt jede Menge Musik in hoher Auflösung zuspielen konnte. Die nuPro-Plattform kommt schliesslich mit Auflösungen bis zu 24Bit/192 Kilohertz (PCM) klar.
Damit muss sie aber auch etwas anfangen können – was nützt schliesslich hohe Auflösung, wenn die Lautsprecher alles zu einer Klangsauce verkochen? Nein, die nuPro X-400 liess alle Ingredienzien des Musikmenüs herausschmecken. Die vorbildliche Linearität und Neutralität ging hier mit einer Transparenz einher, dass man die Kochkunst eines wesentlich teureren Lautsprechers vermutet hätte. Der Genussfaktor von edlen Singer/Songwriter-Weisen blieb wie auch bei exquisiter Kammermusik sehr hoch. Die vorzügliche Einspielung des Cembalokonzerts von Johann Sebastian Bach mit Andreas Staier lief komplett durch – das muss den Nuberts erst einmal ein konventioneller Schallwandler nachmachen.
Der Autor stellte die beiden Lautsprecher recht nah zusammen (etwas mehr als die Hälfte der Hördistanz), winkelte sie kaum ein und gönnte ihnen ein Paar hochwertige und stark entkoppelnde Ständer aus eigenen Beständen (der Nubert-Shop bietet auch welche an). So brauchte er die Frequenzmanipulationen nach einschlägigem Ausprobieren nicht wirklich anzuwenden. Doch in problematischeren Umgebungen wie etwa im Büro, wo er testweise auch aufspielen liess, machten die Helferlein – mit Bedacht eingesetzt – einen Super-Job.
Im Hörraum zeigte die linear gestellte X-4000 auch weitere audiophile Tugenden. Ob vom CD-Laufwerk oder vom Computer angesteuert – mit faszinierender Selbstverständlichkeit löste sich der Klang von den Lautsprechern und breitete sich in einem weit nach hinten geöffneten Raum aus. Und als es dann richtig laut wurde, nahm man die behutsamen Eingriffe des Limiters doch mit mehr Wohlwollen als Missfallen zur Kenntnis. Und das war dann – neben den audiophilen Tugenden – wirklich wieder eine faustdicke Überraschung.
Fazit

Nubert landet mit der nuPro-X-Serie einen Volltreffer nach dem anderen. Nach der Standbox X-6000 konnte jetzt auch die kompakte Nubert X-4000 auf ganzer Linie überzeugen. Das Preis-Leistungs-Verhältnis können wir auch bei ihr nur mit «überragend» bewerten. Diese Serie bedient problemlos auch professionelle Ansprüche an Neutralität, Raumabbildung und Auflösung auch komplexerer Klänge. Für eine kürzestmögliche Kette aus Quelle (in diesem Fall Computer) und Lautsprecher stellt sie eine ideale Lösung für grosse Ansprüche und kleines Budget dar.
Die Nubert X-4000 ist direkt im Online-Shop vom Hersteller erhätlich.
recht hohe Versandkosten in die Schweiz
Onlinelink:
https://www.avguide.ch/testbericht/kleiner-riese-test-der-aktiven-nupro-x-4000-von-nubert