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Test Lautsprecher Fyne Audio F501 und F702

Mastermind bei Fyne Audio ist kein Geringerer als Paul Mills, jahrzehntelang für die Produkte-Entwicklung bei Tannoy verantwortlich – nun ist er technischer Direktor im eigenen Unternehmen, das er zusammen mit fünf weiteren (ehemaligen Tannoy-) Mitstreitern leitet. Das Portfolio ist erstaunlich umfangreich und umfasst vier verschiedene Lautsprecher-Linien. Die preisgünstigen F300- und F500-Serien werden in China gefertigt, erfüllen aber – bezogen auf den Preis – sehr hohe Qualitätsstandards. Ist die F500-Serie bereits mit Koaxialchassis bestückt, so weisen die Modelle der Einsteigerlinie F300 eine klassische Zweiweg-Bestückung mit separatem Kalottenhochtöner auf. Nochmals deutlich hochwertiger wird es ab der F700-Serie. Diese wird mit viel Handarbeit liebevoll in Schottland gebaut. Ebenso wie die exklusive F1-Serie, die leider für die meisten Musikliebhaber unerschwinglich bleibt (Preis ab CHF 23'500). Wir hörten uns die bezahlbare F501 für CHF 1600.- (das Paar) sowie die F702 für CHF 8000.- (das Paar) an.

Fyne F702
Die Koaxialtreiber von Fyne hören auf den Namen «IsoFlare Point Source». Es handelt sich dabei keineswegs um Kopien alter Tannoy-Konstruktionen, sondern um grundlegende Neuentwicklungen, in die jahrzehntelanges Know-how einfloss. Bei der Fyne F702 sitzt ein Druckkammertreiber mit einer Magnesium-Kalotte im Zentrum des Tiefmitteltöners. Sie arbeitet auf eine ausgeklügelte Schallführung (mit phasenkorrigierenden Elementen und Druckkammer-Effekt), die nahtlos in die Krümmung der Tieftonmembrane übergeht. Die hohen Töne breiten sich somit über eine Art Kugelwellenhorn in den Hörraum aus. Um Schallbrechungen zu vermindern, verfügt die Sicke des Tiefmitteltöners über wellenförmige Einbuchtungen.

Interessant und aussergewöhnlich ist das Membranmaterial: Mit Magnesium lassen sich ebenso steife Membranen fertigen wie mit dem sonst üblichen Titan. Das sogenannte «Break-up»-Verhalten ist aber unproblematischer: «Metallische» Resonanzen am oberen Endes des Frequenzspektrums sind besser bedämpft. Ebenso bezeichnend ist, dass beim Tief- und beim Tiefmitteltöner keine Kunststoffmembranen, sondern die guten alten Pappmembranen in einem speziellen Faserverbund zum Einsatz kommen.
Grundsätzlich haben Koaxialtreiber in der Art von Fyne verschiedene Vorteile. Damit lässt lässt sich einerseits «Constant Directivity» realisieren: Die Abstrahlcharakteristik verläuft über einen weiten Frequenzbereich auf ähnliche Weise. Ausserdem ist das Phasenverhalten deutlich ausgeglichener als bei typischen Zweiweg-Konstruktionen, wo der Signalimpuls des Hochtöners demjenigen des Tiefmitteltöners vorauseilt. Hier wird durch die zurückversetzte Anordnung eine Art natürliches «Time Alignment» erzielt. Beide Eigenschaften wirken sich erfahrungsgemäss positiv auf die räumliche Abbildung in der Musikwiedergabe aus. Solche Konstruktionen klingen auch weniger vordergründig als herkömmliche Zweiweg-Systeme.

Das Gehäuse der F702 ist äusserst stabil konstruiert: Interne Versteifungen sorgen dafür, dass der Verlustfaktor durch Resonanzen gering bleibt. Sie dienen auch dazu, stehende Wellen (die sich im Inneren des hohen Gehäuses sonst gerne bilden) zu brechen. Auch der Umstand, dass sich das Gehäuse nach hinten in Form einer sanften Rundung verengt, ist akustisch von Vorteil. Dies bewirkt ausserdem, dass die F702 trotz ihrer stattlichen Grösse erstaunlich wohnraumfreundlich daherkommt. Gerundete Gehäusewände wirken wahre Wunder.
Etwas ganz Besonderes hat man sich bei Fyne für Verbesserung der Basswiedergabe ausgedacht: Das Bassreflexrohr ist im Inneren der Box angebracht und arbeitet auf eine zusätzliche Zwischenkammer, bevor der nutzbare Anteil des rückwärtig abgestrahlten Tiefton-Schalldrucks über einen speziell gestalteten Kegel und einen fächerförmigen Vollmetallsockel rundum an die Umgebung abgestrahlt wird. Mit dieser aufwändigen Bassreflexkonstruktion sollen Dröhneffekte vermieden werden. Denn mit einer Membranfläche von über 250 cm² ist die Fyne F702 im Bass sicher kein Kind von Traurigkeit. Der Hörtest zeigt tatsächlich, dass sich der Druck im Bass mit aussergewöhnlicher Mühelosigkeit entfaltet. Dies auch schon mit wenig Verstärkerleistung: Die hohe Empfindlichkeit von 92 dB macht dies möglich und erlaubt sogar den Einsatz von Röhrenverstärkern.

Fyne 501

Zwar wird die F500-Serie in China hergestellt. Die Verarbeitung kann sich aber wahrlich sehen lassen: Die Gehäuse sind wahlweise in Echtholzfurnier (Eiche hell, Eiche dunkel) oder – gegen Aufpreis von 250 Franken – auch in makellosem Hochglanzlack zu haben. Das von uns gehörte kleinere Standmodell F501 verfügt über zwei 15-cm-Treiber. Der untere der beiden arbeitet als reiner Tieftöner bis hinauf zu 250 Hz. Beim oberen ist (in vergleichbarer Manier zur F702) ein Hochtonhorn integriert. Dieses hier arbeitet mit einer Titankalotte, die ebenfalls schon ab 1,7 kHz zum Einsatz kommt. Auch hier sind die Sicken wellenförmig gestaltet, was nebst einem reizvollen optischen Effekt auch akustische Vorteile mit sich bringen soll. Ebenfalls ähnlich ist die spezielle Bassreflexkonstruktion mit Zwischenkammer und Rundumabstrahlung über einen Sockel, der hier allerdings aus MDF besteht. Der gute Wirkungsgrad der Boxen (Empfindlichkeit: 90 dB) erlaubt die Kombination schon mit Verstärkern mittlerer Leistung ab etwa 35 Watt.
Räumlicher Schönklang mit sattem Bass
Die F501 bewies auf Anhieb die Vorteile ihres Koaxialtreibers: In Kombination mit dem Vollverstärker Creek Evolution 50A und dem Streamer Reson Rondo zeigte sie eine exquisite klangliche Vorstellung mit exzellenter Räumlichkeit und ausgeprägter Tiefenstaffelung. Eine richtiggehend «süsse» Höhenwiedergabe in Kombination mit einem – angesichts der Grösse – erstaunlich satten und tiefreichenden Bassfundament prädestiniert die Box für musikalische Geniesser, denen ganzheitlicher, körperlich spürbarer Klang ein Hauptanliegen ist.
Zwar mag es in dieser Preisklasse Boxen geben, die noch mehr «Glanz» in den Höhen generieren, aber meist wirkt das eben aufgesetzt. Nicht so bei der Fyne F501: Punkto Auflösung und Feinzeichnung ist alles vorhanden, was das Herz begehrt; nur drängen sich Klangdetails weniger auf. Sie lädt zum aktiven Hineinhören in die Musik ein, wozu auch die überdurchschnittlich gute räumliche Abbildung beiträgt. Streicher kommen mit betörend schönem Timbre, das klingt sehr angenehm. Die Box ist ausserdem ein wahres «Stimmenwunder». Davon profitieren Klassik und Popmusik gleichermassen.

Ein echtes Highlight bildet die mühelose Basswiedergabe – auch schon bei geringem Pegel. Davon profitiert etwa akustischer Jazz enorm. Man muss gar nicht erst laut aufdrehen, um Musik richtig erleben zu können. Schön dabei ist, dass die tiefen Töne das Grundtonfundament in keiner Weise überlagern. Hier agiert die Box nämlich ausnehmend sauber und gut durchhörbar – genauso wie im gesamten übrigen Frequenzbereiche. Punkto Verfärbungsfreiheit darf man der F501 ebenfalls ein gutes Zeugnis ausstellen. Insgesamt erweist sich die F501 als Volltreffer für Geniesser, die besonderen Wert auf ganzheitliches, räumliches Musikhören legen. Sie lädt zum aktiven Hin- und Hineinhören ein und serviert Klangdetails nicht auf dem Präsentierteller, sondern wunderbar eingebettet ins musikalische Geschehen.
Technik hinter sich lassen
Die Fyne F702 macht dem kritischen Hörtester das Leben schwer. Bereits nach kurzem, aufmerksamem Hinhören ertappt man sich dabei, wie man entspannt im Sessel zurücklehnt und «nur noch» die Musik zu geniessen beginnt. Sie hat nämlich das Zeug dazu, die technischen Umstände bei der Musikwiedergabe vollständig vergessen zu lassen. Zumal dann, wenn sie (wie in unserem Fall) von Elektronik angetrieben wird, die ebenfalls auf natürlichen Schönklang hin ausgelegt ist. Das Elektronik-Duo bestehend aus dem DAC/CD-Spieler Cantata MC 3.0 und dem Vollverstärker Cantata C50 2.0 von Resolution harmonierte ganz ausgezeichnet mit den schottischen Standboxen und verhalf ihnen zu einer livehaftigen und vitalen Darbietung, der jedweder artifizielle Beigeschmack oder Hang zu vordergründigen Übertreibungen abgeht.

Nebst dem ausgesprochen natürlichen Timbre von Originalinstrumenten und Gesangsstimmen fallen die enorme Ausdruckskraft und die mühelose Klangentfaltung bei jeder beliebigen Lautstärke auf. Kleinste dynamische Schattierungen bei guten Aufnahmen zeugen von einer exzellenten Feindynamik dieses Lautsprechers. Live-Aufnahmen gewinnen über die F701 eine unglaubliche Präsenz, deren Magie man sich beim Anhören kaum entziehen kann. Dazu trägt ganz entscheidend die exzellente räumliche Abbildung bei, zu der dieser Lautsprecher fähig ist. Das musikalische Geschehen löst sich auf verblüffende Art und Weise von den Boxen, deren Tiefenstaffelung den Hörraum imaginär erweitert.
Aber auch die Stereoperspektive ist sehr weit gespannt. Am besten winkelt man die Fyne leicht zum Hörplatz hin an, jedoch selbst bei paralleler Aufstellung zur Rückwand erscheint die Wiedergabe wie aus einem Guss. Das «Constant Directivity»-Verhalten wirkt sich auch insofern positiv aus, als man nicht auf eine einzige optimale Hörposition fixiert ist. Steht man auf oder geht im Hörraum umher, ändert sich die Klangbalance praktisch überhaupt nicht.

Fast schon referenzverdächtig ist die Tieftonwiedergabe der F701. Die Leichtigkeit, mit der sich Basslinien schon bei geringer Lautstärke druckvoll entfalten, lädt unwiderstehlich zum Mitwippen ein. Der Bass reicht sehr tief (-6 dB bei 30 Hz), bleibt auch beim Lauthören konturiert und sauber. Nicht nur dank diesem Fundament beweist sie viel Gespür für ernste Musik. So inszenierte sie Claudio Arraus «Final Sessions» fast schon andächtig und zauberte den Flügel schlackenlos authentisch, plastisch greifbar in den Hörraum. Man gewinnt als Zuhörer das Gefühl, über die Grenzen der Zeit hinaus live dabei zu sein.
Fazit
Geht doch: Fyne beweist mit ihren «IsoFlare Point Source»-Schallwandlern, dass sich Lautsprecher fertigen lassen, die zwar anspringend und vital, aber dennoch nie aufdringlich oder gar vordergründig tönen. Die F701 ist mit Sicherheit einer der spannendsten Lautsprecher unter CHF 10‘000 und setzt ihren eigenen Massstab an Authentizität und Durchhörbarkeit der Musikwiedergabe. Die F701 taugt zum zeitlosen Klassiker, was auch die fällige Investition von CHF 8000 in einem positiven Licht erscheinen lässt. Wer sich das nicht leisten kann oder will, darf durchaus mit der F501 für äusserst faire CHF 1600 liebäugeln. Sie offeriert die gleichen Tugenden wie die F701 – auf einem zwar niedrigeren Niveau, aber immer noch so toll, dass man beim Musikhören die Technik vergessen und nur noch geniessen mag.

- voller Klang schon bei geringer Lautstärke
- ausgesprochen harmonische tonale Abstimmung
- guter Wirkungsgrad
- sehr fairer Preis
- einwandfreie Verarbeitung
- druckvolle, bestens konturierte Tieftonwiedergabe schon bei kleiner Lautstärke
- tonal sehr ausgewogen mit schönem Timbre und unaufdringlichen Höhen.
- exzellente Verarbeitung
Onlinelink:
https://www.avguide.ch/testbericht/test-lautsprecher-fyne-audio-f501-und-f702-let-the-good-times-roll