Die Alternative
Test Huawei Freebuds 3

Seit November sind die Huawei Freebuds 3 zum Preis von 179 Franken in der Schweiz erhältlich. Huawei bezeichnet sie als die ersten Openfit-Kopfhörer mit Noise Cancelling.
Mit «Openfit» bezeichnet Huawei das von Apple bei den Airpods der ersten und zweiten Generation initiierte Tragekonzept. Man verzichtet auf direkten Kontakt der In-Ears mit dem Gehörgang. Die Hörer sitzen quasi wie ein Mini-Lautsprecher im Ohr – aber ohne sich per Silikon-Adapter im Gehörgang zu verankern.
Der grosse Vorteil liegt in der Ergonomie. Ohne Druckpunkt am Gehörgang, aber mit an der Ohrmuschel angepassten Rundungen lassen sich die Openfit-Kopfhörer auch über mehrere Stunden bequem und ermüdungsfrei tragen. Den Airpods 1 & 2 war damit ein riesiger Erfolg beschieden.
Der Nachteil liegt in der reduzierten Abschottung gegen Umgebungsgeräusche und einem prinzipiell ausgedünnten Bassbereich. Bei den neuen Airpods Pro hat sich Apple nun von diesem Konzept verabschiedet. Damit sind die Huawei Freebuds 3 tatsächlich die einzigen Openfit-Hörer mit Noise Cancelling.
Dass sich Huawei beim Designkonzept am Erfolgsprodukt aus Cupertino orientiert, ist unschwer zu erkennen. Rein äusserlich sehen sie sich zum Verwechseln ähnlich – wenigstens in Weiss, die Hörer sind auch in Schwarz erhältlich.
Aufbewahrt werden die Huawei Freebuds 3 in einer an einen Handschmeichler erinnernden runden Ladeschale. Diese passt perfekt und komfortabel in jede Hosentasche. Offensichtlich machte man sich auch bei der Ladebox Gedanken zur Ergonomie im Alltag.

Smartphone-Technologie
Voll aus dem eigenen Fundus schöpfen kann Huawei dann bei der Technik. Im Innern werkelt ein Ableger des bekannten Kirin-Smartphone-Prozessors, der speziell für die Audio- und Wearable-Produkte entwickelt wurde und deutlich weniger Strom benötigt. Er verarbeitet den rechenintensiven Noise-Cancelling-Algorithmus und sorgt sich um die Kommunikation mit dem Smartphone.
Auch dank Bluetooth 5.1 konnte die Verbindungszeit mit 2,3 Sekunden nochmals deutlich optimiert werden. Der Chip erkennt zudem automatisch Störeinflüsse auf das 2,4-Gigahertz-Signal und wechselt eigenständig auf einen freien Kanal.

Für Besitzer eines neueren Huawei Smartphones oder der Smartwatch Watch GT 2 gibt es einen zusätzlichen Bonus: Das Huawei selbst entwickeltes Zweikanal-Bluetooth verbindet die beiden Kopfhörer zeitgleich, aber unabhängig voneinander. So empfangen die Hörer den linken und rechten Audiokanal direkt vom Smartphone auf einem eigenen Kanal. Das erhöht die Übertragungssicherheit. Die Latenz liegt gemäss Huawei bei nur 190 Millisekunden – gerade für Smartphone-Zocker, die ohne Verzögerung eine akustische Rückmeldung brauchen, ist das ein wichtiges Feature.
Für die Schallwandlung vertraut man auf einen einzigen dynamischen 14-Millimeter-Treiber. Das macht Sennheiser beim IE-80-In-Ear auch so, das muss keinesfalls ein Nachteil sein.

Laufzeit
Damit der ungestörte Musikgenuss nicht zu früh endet, sorgt der Kirin-A1-Prozessor für eine konstante Überwachung und Optimierung des Leitungshungers. Mit einer Ladung kommen die Huawei Freebuds 3 auf vier Stunden Laufzeit. Das ist nicht ausserordentlich viel. Das können andere inzwischen besser. Immerhin lassen sich mit der Tragebox vier weitere Zyklen nachladen, sodass man auf maximal 20 Stunden Laufzeit kommt.
Dank der Schnellladefunktion sind die Hörer nach 30 Minuten auf 70 % ihrer Kapazität geladen. Das ist in der Praxis sehr annehmen. Die Tragebox lädt sich auch drahtlos über eine induktive Ladematte sowie mittels «Reverse-Charging» vom Smartphone.

Noise Cancelling
Ein Doppelklick auf den linken Kopfhörer schaltet das Noise Cancelling an oder wieder aus. Die Geräuschunterdrückung ist nicht so ausgeprägt spürbar wie bei Kopfhörern, bei denen Silikonadapter den Gehörgang versiegeln. Trotzdem – das Noise Cancelling der Freebuds 3 ist ein deutlicher Gewinn.
Auch wenn im Zug oder Bus die Umgebungsgeräusche nicht komplett eliminiert werden können, werden doch die äusseren Ablenkungen merklich reduziert. Dass man seine Umgebung noch dezent wahrnimmt, muss ja auch nicht unbedingt negativ sein.
Wer aber einen Kopfhörer mit Noise Cancelling sucht, um sich im Flugzeug vom lästigen Dröhnen der Motoren zu befreien, ist zum Beispiel mit einem Bose QC20 deutlich besser bedient.

Positiv zu vermerken ist der geringe Einfluss des Huawei Noise Cancellings auf die Audioqualität. So mancher Hersteller hat da mächtig mit Artefakten zu kämpfen, während mit den Freebuds 3 kaum zusätzlich Verzerrungen auszumachen sind.
Bei einem eingehendem Telefongespräch aktiviert sich das Noise Cancelling automatisch, um die Gesprächsqualität zu verbessern. Das wurde sehr clever gelöst.
App für Android
Keine Earbuds ohne App. Für die Freebuds muss die auf Google Play verfügbare Huawei-App AI Life geladen werden. Die App ermöglicht eine Anpassung des Noise Cancellings. Allerdings ist die Einstellung in der App über einen Touch-Ring wenig informativ. Man optimiert das Noise Cancelling rein akustisch. Was man genau einstellt, bleibt verborgen. Immerhin ist der Effekt auf die Geräuschunterdrückung beziehungsweise auf die Vermeidung von Artefakten akustisch so eindeutig, dass man seine Einstellungen schnell gefunden hat.
Die wichtigste Information der App betrifft den Ladezustand der Hörer und der Tragebox. Weitere Funktionen wie etwa einen Equalizer bietet die App nicht. Eine App für iOS gibt es nicht.

Im Alltag
Der ergonomische Vorteil des Openfit-Konzepts wird im Alltag schnell spürbar. Die Huawei Freebuds sind auch über einen längeren Zeitraum extrem komfortabel zu tragen. Man nimmt sie praktisch nicht wahr. Sie eigenen sich daher gut für ausgedehnte Spaziergänge oder den Genuss von Hörbüchern auf langen Zugreisen. Der Sitz im Ohr ist hervorragend. Auch beim hektischen Umsteigen im überfüllten Bahnhof fühlt sich der Halt sehr sicher an.
Klanglich präsentieren sich die Freebuds 3 solide und durchaus ansprechend. Auch beim kritischen Hinhören sind keine groben Ausrutscher oder Betonungen bemerkbar. Sie klingen durchs Band sehr ausgewogen und überzeugen mit einem angenehm natürlichem Gesamtklang. Da nerven keine überzogenen Höhen, Artefakte oder dumpf dröhnende Bässe. Der kritische Bereich um 2–5 kHz erscheint leicht abgesenkt, was einen eher warmen, runden und dezenten Klangcharakter ergibt. Man trägt und hört die Earbuds gerne – auch auf langen Reisen.

Der Nachteil des Prinzips ist der etwas schwächelnde Bassbereich, da die Hörer den Gehörgang nun mal nicht abschliessen. Auch beim Auflösungsvermögen können die Huawei Earbuds nicht mit den Klassenbesten von Sennheiser und Sony mithalten. Sie machen nichts falsch. Geht es aber um klangliche Feinheiten, nivellieren sie doch deutlich. Highfidele Gemüter und Klassikhörer werden eine gewisse Transparenz vermissen. Viele wird es hingegen im Alltag unterwegs nicht gross stören.
Positiv zu vermerken ist der Windschutz mit eingeschaltetem Noise Cancelling. Da sind sie auch den ansonsten famosen Sony WF-1000XM3 überlegen, die in der Sparte patzen. Selbst bei deftigen Herbststürmen waren nur minimale Artefakte hörbar.
Fazit
Für 179 Franken sind die Huawei Freebuds 3 die perfekte Alternative zu den Airpods für Android-User. Die Ergonomie ist hervorragend, das Noise Cancelling ist trotz prinzipbedingten Einschränkungen sehr gut umgesetzt – und der angenehm saubere Klang weiss zu gefallen. Das Handling ist einfach und die solide Bluetooth-Konnektivität unterstreicht die hohe Alltagstauglichkeit der Huawei-Earbuds.

schnelles Aufladen
Noise Cancelling
guter Klang
kein aptX-Codec
Onlinelink:
https://www.avguide.ch/testbericht/test-huawei-freebuds-3-die-alternative