Frischer Fast-Alles-Könner
Test des Limetree Network von Lindemann

Die Limetree-Serie von Lindemann besteht zurzeit aus vier verschiedenen Geräten mit identischen Abmessungen. Es gibt einen Phono-Vorverstärker für MM und MC, einen Kopfhörer-Vorverstärker sowie zwei Netzwerk-Player: den Limetree Network und den Limetree Bridge. Letzterer verfügt ausschliesslich über Digitalausgänge. Der Limetree Network in unserem Test hingegen hat einen integrierten DAC und gibt die Musik ausschliesslich analog aus – als Signal für den Kopfhörer auf der Frontplatte und über RCA-Ausgänge auf der Rückseite.
Lindemann ist nicht der einzige Hersteller, der sich prinzipiell den kleinen Baugrössen verschrieben hat. Doch Lindemann Audio verspricht ohne explizite Einschränkungen High-End-Qualität. Zudem gibt es bei Lindemann im Allgemeinen und bei der Limetree-Serie im Speziellen keine Geräte, bei denen man nach dem Öffnen des Deckels die Elektronik mit der Lupe suchen muss. Integration und Miniaturisierung dürfen zu kleinen und hochwertigen Geräten führen, ohne eine geräumige Kulisse abzugeben.
Aufgrund des geringen Strombedarfs setzt man auf externe Netzteile, im Fall des Limetree Network mit 5VDC. Das reduziert den Raumbedarf der hochintegrierten Elektronik ebenso wie der Verzicht auf eine Anzeige und auf zahlreiche Bedienungselemente auf der Frontplatte.
So ist es halt in der schönen, neuen HiFi-Welt: Die Geräte kommen uns langsam abhanden. Wo einst Mechanik, Elektrotechnik und Leistung für Antriebsmotoren und dergleichen die Grösse bestimmten (und uns beeindruckten), gibt es nur noch Hardware und Software, Daten und Rechenleistung. Und die «Geräte», die übrig bleiben, brauchen in manchen Fällen noch nicht einmal mehr im Sichtfeld des Musikhörers platziert zu sein.
Beim Limetree Network gibt es gerade mal zwei LEDs, und beide müssen nicht zwingend im Sichtfeld sein. Man kann die kleine Kiste also gerne hinter einem Aktivlautsprecher verstecken oder im Siedeboard unter dem Verstärker.

Inbetriebnahme und User Interface
Das ging völlig sorglos: Stromversorgung einstecken, Netzwerkkabel einstecken (mit WLAN geht's natürlich auch) und die Analogausgänge (Cinch) mit dem Verstärker oder in meinem Fall den Analogeingängen der Aktivlautsprecher verbinden. Den Kippschalter kurz betätigen und abwarten bis die linke LED konstant leuchtet.
Die Lindemann-App bildet das User Interface des Limetree Network. Bei erstmaligem Öffnen findet man das Gerät auf dem Bildschirm, oder ... gleich mehrere Geräte. Dann scrollt man nach unten zu den Settings. Ich würde das Gerät unter «Device Name» erstmal benamsen und dann unter «Firmware Update» nach einem Online-Update suchen. Gesagt, getan.
Da ich über ein NAS verfüge, konnte ich schnell einmal durch die Musikordner hindurch nach einem Album suchen und gleich einen Track abspielen. Die grafische Übersicht ist okay, so wie man sich das gewohnt ist. Übersichtlich wäre wohl anders, aber dafür gibt es weitere Betriebsarten, die unterstützt werden.
Zusätzlich zum Zugriff auf gespeicherte Inhalte auf einem NAS kann man auf eine USB-Festplatte zugreifen, die mit dem Gerät verbunden werden muss. Auch das ging problemlos. Zu guter Letzt läuft es auch mit Bluetooth einwandfrei.
Internet-Radio läuft besonders elegant. Man kann natürlich, den üblichen Kriterien folgend, nach einem geeigneten Sender suchen und wird vermutlich zuerst mit den lokalen Sendern beginnen. Sehr interessant ist die Auswahl «High Quality». Dort findet man Internet-Sender, die mit MP3, 320 kBit/Sekunde übertragen werden. Das ist bei Internetradio das Höchste der Gefühle und macht gerade bei Klassik- und Jazz-Sendern schon einen hörbaren Unterschied.
Podcasts werden auf dieselbe Weise gefunden wie Internetradio-Stationen.
Die Auswahl an integrierten Streamingdiensten ist sehr grosszügig: Deezer, Tidal, Qobuz und Highresaudio stehen zur Verfügung. Die Lindemann-App funktioniert wirklich ausgezeichnet.



Roon
Der Limetree Network von Lindemann lässt sich auch mit Roon steuern. Das empfiehlt sich besonders, wenn man viel Musik gespeichert hat und Streamingdienste rege nutzt. Die Übersichtlichkeit, Metadaten-Präzision, Bit-Transparenz und die redaktionelle Qualität der Inhalte sind bei Roon einfach vorbildlich. Die Nutzung kostet allerdings 500 USD lifetime.
Als sogenannter Endpoint (Roon ready) kommt der Limetree Network allerdings nicht ohne die Unterstützung eines weiteren Geräts mit Roon-Core-Software aus. Das ist vermutlich in den meisten Fällen – so wie in meinem Testbetrieb – ein PC, der dann wiederum mit der Roon-App als Fernbedienung von einem Smartgerät gesteuert wird. Wie man in der Abbildung unten erkennen kann, ist der Limetree als Ziel = Endpoint ersichtlich und kann angesteuert werden.
Das geht natürlich auch mit einem Musikserver mit integriertem Roon Core (à la Nucleus oder Innuos etc.). Eine Liste aller Marken, die von Roon unterstützt werden, finden Sie hier.

Ich kann nun das Gerät sowohl von der Lindemann-App als auch von der Roon-App steuern. Auf Anhieb würde das nicht gerade als Vorteil einleuchten, doch unterstützt der Limetree mehr Streamingdienste als Roon, und die Internetradio-Applikation ist beim Limetree viel komfortabler als bei Roon. So hat man das Beste aus zwei Welten.

D/A und Klangqualität

Beim Limetree Network werden zwei DACs von Astell & Kern verwendet, und zwar in einer Dual-Differential-Schaltung. Dazu gesellt sich noch ein DSD-Re-Sampler, ebenfalls von AK. Die technischen Daten sind hervorragend (siehe Steckbrief). Die maximale Auflösung kann 32 Bit / 384 kHz betragen und DSD 256.
Der Clock ist natürlich sehr präzise und lässt Jitter (Taktbreiten-Schwankungen) nicht aufkommen. Das Re-Sampling erfolgt Bit-perfekt oder wählbar mit einem besonderen DSD-Re-Sampler, der durch längere Betätigung des Hauptschalters zugeschaltet wird. Das soll die Klangqualität verbessern. Der Hersteller spricht von einem transparenteren und natürlicheren Klang mit dem DSD-Re-Sampler, vor allem bei 16 Bit / 44.1 kHz nach dem Redbook-Standard (CD).
Die Samplingraten werden für PCM-Formate in 4 Gruppen und 4 Farben der SR-LED zusammengefasst. Z. B. Türkis für 88.2 bis 96 kHz. DSD 64, 128 und 256 werden mit 3 zusätzlichen Farben angezeigt.
Um die Klangqualität zu beurteilen, habe ich den Limetree Network analog (anders geht's nicht) an das Kii-THREE-BXT-System angeschlossen und mehrheitlich mit Roon bedient, aber auch mit der Limetree-App. Das Musikmaterial war vorwiegend in Hi-Res von Qobuz.
Im Vergleich zu einem Streaming-Gerät eines anderen Herstellers mit USB-Ausgang behauptete sich der Limetree Network sehr gut, trotz der erforderlichen AD-Wandlung bei den Kii THREE BXT (nur mit dem Limetree Network). Die Musik klang ausgezeichnet, differenziert und ganzheitlich auf einem Niveau, das mich zu diesem Preis verblüffte.
Ich spielte auch einige sehr gute Aufnahmen im CD-Format (16/44) ab und schaltete den DSD 256 Re-Sampler zu und wieder weg. Es gelang mir allerdings nicht, einen Unterschied auszumachen, der sich als reproduzierbar bzw. klangverbessernd gezeigt hätte. Aus meiner Sicht ist das DSD-Re-Sampling fragwürdig und unter dem Motto «Was nicht nützt, muss nicht schaden» zu verstehen.
Testfazit

Der Limetree-Network ist ein Gerät mit grossem Funktionsumfang, perfekter Bedienung und ganz erstaunlicher Klangqualität. Er verfügt allerdings über keine Digitalausgänge und lässt sich darum nicht mehr verwenden, wenn man sich z. B. für einen externen DAC entschliesst. Dafür gibt es den Limetree-Bridge, Letztere prinzipiell ohne DSD-Re-Sampling.
Für knapp 1000 CHF, exakt 999 CHF, ist er ein Schnäppchen. Und der Limetree Bridge ist noch günstiger. Das DSD-Re-Sampling ist meiner Meinung nach fragwürdig, aber die Hardcore-DSD-Fans wird das kaum kümmern.
Der Limetree Network ist der lebende Beweis für High-End-Qualität im Kleinstformat für eine neue Generation von anspruchsvollen Musikhörern, die sich nicht mehr mit beeindruckenden und preistreibenden Gerätedimensionen überzeugen lassen.
Kostengünstig
Viele Funktionen
Sehr gutes User Interface (Lindemann-App)
DSD-Re-Sampling ist fragwürdig
Onlinelink:
https://www.avguide.ch/testbericht/frischer-fast-alles-koenner-test-des-limetree-network-von-lindemann