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Audiophiler Pragmatiker

Test des Plattenspielers Audio-Technica LTW50PB

Publiziert am 01. April 2020 - Christian Wenger
AT-LTW50PB von Audio-Technica.AT-LTW50PB von Audio-Technica.

Der Traditionshersteller Audio Technica aus Japan ist, wie kaum ein anderer Hersteller mit langer Tradition, auf kostengünstige Plattenspieler spezialisiert. Das muss man können, denn mit besten Zutaten können alle kochen. Der brandneue AT-LTW50PB rundet die Audio-Technica-Palette mit 499 CHF nach oben ab. Kaum zu glauben, denn da ist alles inbegriffen, sogar der eingebaute Phono-Vorverstärker.

Wo andere Marken preislich gerade erst beginnen, da liegt Audio-Technica mit dem LTW50PB bereits am obersten Ende der eigenen Fahnenstange. Gleichwohl ist ein Preis um 500 CHF für viele Interessenten schon ein schöner Batzen Geld – und dem Vernehmen nach verkaufen sich Plattenspieler bis 500 CHF weltweit mit Abstand am besten.

Mein erster Plattenspieler kaufte ich übrigens 1978 im Ex Libris für 250 CHF oder etwas weniger. Vielleicht ist das ein Vergleich wert, ich kann mich noch gut an das Gerät und seine Plastik-Haptik erinnern. Dennoch wären Pink Floyd, Queen und Fleetwood Mac damals ohne ihn nicht geniessbar gewesen.

Spieglein, Spieglein ohne Wand, wer ist der Schönste im ganzen Land?Spieglein, Spieglein ohne Wand, wer ist der Schönste im ganzen Land?

Der erste Eindruck beim Auspacken – oder beim «Unboxing», wie man in Youtube-Zeiten besser sagt – war vielversprechend. Die Zarge oder Grundplatte des Audio-Technica LTW50PB ist eine 30 mm starke MDF-Holzplatte mit einer perfekten schwarzen Hochglanz-Lackierung. Der Tonarm ist vormontiert und die noch fehlenden Komponenten sind schnell parat gelegt. Der Plattenspieler steht auf vier formschönen und verstellbaren Gummifüssen. Sie versprechen Vibrationen wirkungsvoll zu dämpfen und man kann den Dreher damit gut in die Waage justieren.

Motor und Antrieb

Der Motor hängt, über drei Gummi-Pilze entkoppelt, unter einer runden Befestigungsplatte aus Metall. Im Zentrum operiert der Pulley, ein präzise gedrehtes Messingteil, und nicht etwa Kunststoff. Das Tellerlager ist zwar Standard mit einer konischen Kopplung zum Plattenteller, aber auch hier kommt Messing zum Einsatz.

Effektive Motor-Aufhängung mit drei Gummi-Pilzen.Effektive Motor-Aufhängung mit drei Gummi-Pilzen.
Tellerlager mit konischer Aufnahme.Tellerlager mit konischer Aufnahme.

Der Plattenteller ist eine leichte Konstruktion aus Aluminiumguss mit fixem Radius für den Flachriemen und rippenartigen Verstrebungen gegen das Zentrum zwecks Verhinderung von Resonanzen des Tellers. Der Flachriemen ist bereits aufgespannt und mit einem roten Bändel von der Oberseite durch die seitliche Bohrung greifbar. Man setzt den Teller auf das Tellerlager und zieht den Riemen vorsichtig über den Pulley – fertig.

Leichtgewicht: Präziser Alu-Druckgussteller mit durchdachten Streben.Leichtgewicht: Präziser Alu-Druckgussteller mit durchdachten Streben.
Einfacher als man denkt: Der Riemen wird durch die Öffnung auf den Pulley gespannt.Einfacher als man denkt: Der Riemen wird durch die Öffnung auf den Pulley gespannt.

Die dicke und exakt gefertigte Gummimatte ist ein wichtiger Bestandteil des Plattentellers. Nicht bloss bezüglich Dämpfung, sondern auch als Gewichtszulage. Es lohnt sich kaum, eine andere Tellermatte zu verwenden, besonders dann nicht, wenn sie leichter und/oder dünner wäre.

Die solide Gummimatte dämpft störende Schwingungen wirkungsvoll und erhöht die Tellermasse nicht unwesentlich.Die solide Gummimatte dämpft störende Schwingungen wirkungsvoll und erhöht die Tellermasse nicht unwesentlich.
Stopp-Position zwischen den Geschwindigkeiten: Eine sinnvolle Anordnung.Stopp-Position zwischen den Geschwindigkeiten: Eine sinnvolle Anordnung.

Man setzt den Plattenspieler mit einem einfachen und formschönen Drehschalter in Betrieb. Die Stopp-Stellung befindet sich in der Mitte der beiden relevanten Drehzahlen 33 1/3 und 45. Der Teller dreht bei beiden Geschwindigkeiten schnell hoch und benötigt etwa eine halbe Umdrehung. Das ist wirklich speditiv für einen Riemenantrieb, aber das ist der eher kleinen Tellermasse geschuldet.

Am Anfang hörte ich ein leises Geräusch zwischen Riemen und Pulley oder auch zwischen Riemen und Teller. Nach einer Stunde Einlaufen war nichts mehr zu hören, und zwar auch nach längeren Haltezeiten nicht mehr. Das Antriebssystem benötigt einfach eine kurze Einspielzeit, was nicht aussergewöhnlich ist.

Phonovorverstärker und Tonarm

Die Anschlüsse auf der Rückseite des Audio-Technica LTW50PB sind selbsterklärend. Die RCA-Ausgänge (Cinch) können direkt mit dem Line-Eingang eines Verstärkers verbunden werden, wenn man den Schiebeschalter auf die Position «Line» stellt. Dann ist der im Plattenspieler integrierte Phonovorverstärker in Betrieb und verstärkt das Audiosignal des Tonabnehmers auf eine Nennspannung von 200 mV.

Umschaltbar: Direkter Phono-Ausgang oder mit Phonovorverstärkung für MM-Tonabnehmer.Umschaltbar: Direkter Phono-Ausgang oder mit Phonovorverstärkung für MM-Tonabnehmer.

Belässt man den Schalter auf der Position «Phono», dann beträgt die Ausgangsspannung 4.0 mV. Damit lässt sich ein separater MM-Phono-Vorverstärker oder einen HiFi-Verstärker mit Phonoeingang anschliessen. Der Audio-Technica LTW50PB eignet sich also gewissermassen sowohl für «Plug-and-Play» als auch für die höheren Weihen der Disziplin «Phono-Betrieb» oder gar Phonophilie ...

Tonarm

Das Auffälligste an dem Drei-Punkt-gelagerten Tonarm ist das Tonarmrohr aus Karbon-Verbundstoff. Das Material ist leicht, resonanzarm und ... es sieht gut aus. Die Antiskating-Vorrichtung und der Tonarmlift sind konventionell und funktionieren prima. Das Headshell mit SME-Stecker ist gekröpft, also angewinkelt.

Zurück zum Anti-Skating: Laut Hersteller soll es eine dynamische Wirkung haben. Ich bezweifle das. Die dynamische Komponente der Skatingkraft hängt von der Stärke der Modulation der Rille ab. Je lauter und dynamischer die Musik, desto grösser die Skatingkraft. Ein dynamisches Antiskating müsste demnach eine dynamisch veränderliche Kraft entgegensetzen und daher über ein Sensorium verfügen. Es gab einst entsprechende Lösungen, aber sie waren kompliziert, aufwändig und teuer.

Nice! Das Tonarmrohr aus Karbon-Verbundstoff: leicht, steif ... und hübsch. Nice! Das Tonarmrohr aus Karbon-Verbundstoff: leicht, steif ... und hübsch.
Laut Hersteller verfügt der Tonarm über eine dynamische Anti-Skating-Kompensation.Laut Hersteller verfügt der Tonarm über eine dynamische Anti-Skating-Kompensation.
Gekröpftes Headshell mit SME-Anschluss.Gekröpftes Headshell mit SME-Anschluss.
Audio-Technica macht auch den bewährten Tonabnehmer AT-VM95E selbst – einen MM-Tonabnehmer mit elliptischem Nadelschliff und guter Performance.Audio-Technica macht auch den bewährten Tonabnehmer AT-VM95E selbst – einen MM-Tonabnehmer mit elliptischem Nadelschliff und guter Performance.

Klang und Fazit

Der Audio-Technica klang über den Phono-Ausgang und einem externen Phono-Vorverstärker (Chord Huei) sehr gut. Mit der eingebauten Phono-Vorverstärkung fiel er deutlich ab. Das ist nicht wirklich überraschend. Zu berücksichtigen ist natürlich auch, dass ich einen sehr guten Phonovorverstärker benutzte, der fast dreimal so teuer ist wie der Audio-Technica-Plattenspieler. Die unangemessene Paarung diente der Auslotung des Klangpotenzials.

Klanglich gab es kaum Schwächen, zumindest nicht solche, die etwas mit Laufwerk und Tonarm zu tun hätten. Es klang aus einem Guss, dynamisch, aber auch mit einem erstaunlichen Mass Ruhe oder Schwärze. Der Plattenspieler hat Drive. Die Auflösung, aber auch der Zusammenhalt des Musikgeschehens, waren sehr gut spürbar.

Mit dem integrierten Phonovorverstärker geht es eher um Plug-and-Play. Das kann man machen, wenn es nicht so drauf ankommt – und das ist bei der Preisklasse schon auch der Fall. Eine gute Idee ist es alleweil.

Sehr schönes Erscheinungsbild mit offener Haube.Sehr schönes Erscheinungsbild mit offener Haube.

Der AT-LTW50PB ist ein ganz verblüffendes Gerät. Tadellos verarbeitet, sehr schön zu betrachten und mit einer Musikwiedergabe, die mich in Staunen versetzt. Preis-Leistung? Keine Diskussion, das Verhältnis ist sensationell! Bei Audio-Technica kommt alles aus einem Stall und ist dann eben aus einem Guss. Ich fragte mich, was die Firma hinbekommen würde, wenn sie einmal wirklich kostspielige Plattenspieler bauen würde.

STECKBRIEF
Modell:
AT-LTW50PB
Profil:
Vielseitiger und schöner Plattenspieler für Einsteiger mit Ambitionen. Der Phono-Vorverstärker ist eingebaut, sodass das Gerät sofort betriebsbereit ist.
Pro:
Komplett mit MM-Phono-Vorverstärker
Tonarmrohr aus Karbon-Verbundmaterial
Ausgezeichnetes Preis-Leistungs-Verhältnis
Einfaches Set-up
Contra:
Begrenzte Entkopplung
Klangliche Grenzen im Line-Out-Betrieb
Preis:
499.00 CHF
Hersteller:
Jahrgang:
2020
Vertrieb:
Masse:
mit Abdeckung: 126 x 420 x 340 mm
Gewicht:
ohne Abdeckung: 4.81 kg
Farbe:
Schwarz Hochglanz

Onlinelink:
https://www.avguide.ch/testbericht/test-des-plattenspielers-audio-technica-ltw50pb-audiophiler-pragmatiker