BLOGPOST
Seite 1 / 2
ARTIKEL
Publikationsdatum
11. April 2016
Themen
Drucken
Teilen mit Twitter

Es lässt sich ja nicht mehr wegdiskutieren. Weltweit explodieren die Schallplatten-Verkäufe. Detaillisten wie Manor wollen wieder Schallplatten verkaufen, und die Presswerke haben Produktionsengpässe. Sogar neue Maschinen werden gebaut, um der Lage Herr zu werden.

Wenn es um das Geschäft geht, ist man um Argumente nicht verlegen. Das Hauptargument ist, dass Schallplatten besseren Klang ermöglichen als moderne, digitale Soundfiles. In der Regel wird in Ermangelung einer differenzierten Semantik von "wärmerem" Klang gesprochen. Das hört sich doch gut an.

Natürlich ist da etwas dran, und die etablierten Analog-Freaks, für die das nie diskutabel war, erhalten Auftrieb, ausgerechnet von der MP3-Generation, die nun plötzlich zustimmt, aus dem Bauch heraus. Alles Gutklingende kommt vom Vinyl und die Kids sind auch begeistert. Zu viele Anhänger hat die schwarze Scheibe mittlerweile und alle schwärmen sie mantragleich vom "analogen Sound".

Man darf das Offensichtliche nicht ausblenden. Es sind zu viele, die so denken und dem alten Medium Auftrieb geben. Alle loben sie den natürlichen Klang der Schallplatte, und so wird es quasi zur Gewissheit.

Mit einer vergleichbaren Beobachtung könnte man allerdings auch ausserirdische Erdenbesucher zur Gewissheit erklären, eingedenk tausender Ufo-Beobachtungen. Die Beobachtungen gleichen sich in ähnlichem Mass wie die Klangeindrücke von Schallplatten. Demzufolge ist die klangliche Überlegenheit von Vinyl ebenso "gewiss" wie Alienbesuche auf der Erde.

Gewiss ist, dass auf Schallplatten Schall direkt in Form einer mechanischen Schwingung gespeichert wird, mit allen Vor- und Nachteilen. Alles davor ist allerdings mehr als ungewiss.

So sind die Aufnahmen neuer Alben meistens digital entstanden, von wenigen Ausnahmen einmal abgesehen. Bei Re-Issues älterer, analoger Aufnahmen sind die Masterbänder oft so gealtert, dass man sie neu mastern, bzw. restaurieren muss, und das geschieht, ob wir wollen oder nicht, meistens mit digitalem Equipment, weil man damit viel mehr Möglichkeiten hat. Analog wird zu Digital und dann wieder zu Analog.

Manchmal sind die alten Masterbänder (40 bis 60 Jahre alt) unbrauchbar und dann behilft man sich mit einer CD als Master, also auch digital und nach Betrug riechend. Aber wen kümmerts, wenn die Musik gefällt? Selbst bei Beatles-Re-Issues soll man sich so geholfen haben.

Von diesen Fakten kann man nur alte Schallplatten ausnehmen, damals produziert, gut erhalten und definitiv analog aufgenommen. Die Platten also, für die sich Sammler interessieren, und die Musik muss gefallen. Da stehen die MP3-Kids wohl nicht in der vordersten Reihe. Adele ist ja dem Vernehmen nach vor 25 Jahren auf die Welt gekommen.

Man muss eine wichtige Unterscheidung treffen: die Unterscheidung zwischen Analog und Vinyl. Es ist nur zu oft nicht dasselbe, wenn man die Entstehung von Schallplatten als Prozess versteht. Auch muss man gute Aufnahmen und analoge Aufnahmen unterscheiden, denn das ist auch nicht dasselbe. Eine gute Aufnahme ist dann gut, wenn sie gut aufgenommen wurde, analog oder digital.

Übersicht zu diesem Artikel
Seite 1:
Seite 2: