Nur Inhalte zählen
Das Fernsehen ist tot, lang lebe der TV!

Zeitversetztes Fernsehen, Video-on-Demand, 4K-Settop- und Game-Boxen sowie Netflix und YouTube heissen die Zauberworte der TV-Zukunft. Denn das lässt sich überall und jederzeit auf Smartphones und Tablets konsumieren.
Mobilgeräte sind dabei praktische Zeittotschlager. Wirklichen Genuss gibt es aber weiterhin nur auf dem grossen TV. Denn natürlich kann man sich bei Netflix die Serie "Marco Polo" auf dem 5-Zoll-Handy-Display reinziehen. Doch die Augen werden tränen und der Akku stöhnen. Wer stattdessen die Serie auf einem 2000-fränkigen 4K/UHD-HDR-Fernseher im 60-Zoll-Format geniesst, wird sich schlicht für mehrere Stunden nicht mehr aus dem Sofa kämpfen können. Denn Bilder in bisher unbekanntem Kontrastumfang und in bestenfalls im Kino gesehener Farbvielfalt fesseln dermassen, dass nur die Pausen-Taste Erleichterung und Notversorgung via WC und Kühlschrank ermöglicht.
Content is King

Nur wer die besten Inhalte in bester Qualität liefert, wird in der Stube überleben. Das hat auch Swisscom erkannt und hat ihre neue Box für Swisscom TV ebenfalls ins 4K-HDR-Zeitalter aufgepeppt. Als besonders cleverer Schachzug hat sich Swisscom sogar einige 4K-Inhalte exklusiv gesichert. Zahlreiche lokale Fussballbegegnungen lässt Swisscom in 4K-Qualität produzieren und zeigt sie exklusiv. Wer die Schweizer an der EM 2016 in 4K kicken sehen will, kann das wohl nur bei Swisscom TV. Denn Sunrise TV hat ihre neue Box noch nicht ausgeliefert und ist bezüglich der EM-Rechte erst in Verhandlung. Ganz zu schweigen von UPC, welche den 4K-Trend vorläufig erst mal gemütlich verschläft.
Dabei liefert Swisscom nicht nur eine doofe TV-Box. Dank Offenheit gegenüber YouTube und installiertem VLC-Player lassen sich auch die bei YouTube eingestellten Ferienvideos von Freunden oder die lokale Videosammlung in 4K-Qualität nutzen. Natürlich liefert Swisscom auch Mietfilme in 4K-Qualität aus. Nur wer Netflix nutzen will, sucht die App auf der Swisscom-Box vergeblich. Doch meist hat diese der TV-Hersteller eh bereits auf dem Gerät vorinstalliert.
Bevor Sie nun aber zum Fachhändler rennen und einen 4K-Fernseher kaufen, sollten Sie aber unbedingt ihren Internetanschluss prüfen. Mit weniger als 30 Mbit/S Bandbreite bleibt 4K-Genuss ein unerfüllter Traum. Bestenfalls können Sie sich dann für teures Geld einen 4K-BD-Player kaufen und sich einige Abende lang mit den wenigen 4K-Silberscheiben vergnügen.

Recall-TV rettet SRG

Im Wettrennen um 4K-Inhalte sind die bekannten Fernsehanbieter von ARD über SRG bis ZDF chancenlos. Sie haben ihre Produktionskette erst auf 720 Bildzeilen aufgerüstet (Full-HD 720p). Die 2160 Bildzeilen von 4K werden sie wohl noch jahrelang nicht liefern.
Dass ihre Zuschauerzahlen nicht total absacken, haben sie dem von Zattoo "erfundenen" und inzwischen von allen Fernsehverteilern übernommenen Recall-TV zu verdanken. Von Sunrise über Swisscom bis UPC kann man nun nämlich im TV-Programm einfach zurückspulen, und die verpasste Tagesschau einfach um 21 Uhr statt um 19.30 Uhr konsumieren. Wer später mit dem Spielfilm startet, gewinnt ferner Lebenszeit, weil er die Werbung dann einfach überspulen kann.
Wie eine Studie von GfK zeigt, werden heute nur noch 35 Prozent der Videoinhalte wirklich "nach Programm" konsumiert. 15 Prozent werden zeitversetzt betrachtet, der Rest stammt bereits von Video-on-Demand-Diensten und Videoportalen.
Die Studie wurde an der alljährlichen IFA Global Press Conference (IFA GPC) präsentiert. Dort treffen sich alljährlich über 300 Journalisten und Experten, um sich über die Trends aus TV, Audio, Unterhaltungselektronik und Haushaltsgeräte zu informieren. Gezeigt werden die Produkte dann an der Internationalen Funkausstellung (IFA), welche dieses Jahr vom 2. bis 7. September in Berlin stattfindet. Details zur GfK-Studie finden sich hier.
8K und VR

Wie die Zukunft des Fernsehens aussehen konnte, zeigte am Anlass der Branchenexperte Paul Gray von IHS auf. Denn das Wettrüsten von Full-HD (1920 x 1280) über 4K/UHD (3840 x 2160) hat nun mit 8K mit der Auflösung von 7680 x 4320 Bildpunkten die nächste Stufe erreicht. Allerdings braucht es für vernünftigen 8K-Genuss einen Fernseher mit mindestens 80-Zoll-Bilddiagonale. Man sollte also vor dem TV-Kauf erst mal prüfen, ob das 2-Meter-Monster auch durch die Stubentüre passt. Ausser ein paar Testsendungen des japanischen TV sind bisher ferner auch kaum Inhalte verfügbar.
Dass virtuelle Realität (VR) den Fernseher kurzfristig nicht konkurrenziert, liegt vor allem an der noch eher mässigen Bildqualität des 360-Grad-Kinos und den dafür nötigen, sperrigen Brillen. Andererseits haben sich sowohl Facebook als auch YouTube klar zu VR bekannt. VR-Videos und Fotos lassen sich inzwischen mit entsprechenden VR-Kameras auch von Privaten einfach produzieren. Die Einschätzungen von Paul Gray zur TV-Zukunft finden sich hier.
Onlinelink:
https://www.avguide.ch/blog/nur-inhalte-zaehlen-das-fernsehen-ist-tot-lang-lebe-der-tv