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Smarte Klangkunst

Test Sony WF-1000XM3

Publiziert am 05. September 2019 - Daniel Schmid
Sony WF-1000XM3.Sony WF-1000XM3.

Seit Apple beim iPhone den analogen Kopfhörausgang entfernte und gleichzeitig die Airpods lanciert hatte, ist eine neue Gattung von Kopfhörern durchgestartet: True Wireless In-Ear-Kopfhörer – oder Earbuds, wie sie treffend im Neu-Hochdeutsch bezeichnet werden. Kleine Ohrknöpfe, die völlig kabelfrei agieren und sich per Bluetooth vernehmlich mit Smartphones verbinden. Beinahe 40 Millionen Einheiten verkaufte Apple im letzten Jahr.

Seit auch die meisten anderen Smartphone-Hersteller nachzogen und sich der Kopfhörer-Klinkenbuchse entledigten, sind die Verkaufszahlen von True-Wireless-In-Ears bei allen Brands explodiert. Sony brachte im August mit dem WF-1000XM3 ein Königsprodukt auf den Markt. Dessen Vorgänger, den WF-1000X hatte avguide.ch schon im Test. Diesmal schöpfte man aus dem Vollen und gab dem Nachfolger (fast) alles mit, was eine guter True-Wireless-Kopfhörer ausmacht. Wir schauten genau hin.

Unpacking

Mit 249 Franken Listenpreis liegen die Sony WF-1000XM3 weit über dem Preisbereich von China-Schnäppchen. Man bekommt aber auch einiges geboten. Das Premium-Feeling beginnt schon beim Auspacken. Bereits die im schicken Kupfer-Farbthema gehaltene Transportbox versprüht Wertigkeit. Im Gegensatz zum Vorgängermodell ist sie weniger unförmig. Sie klappt mit einem soliden Magnetmechanismus elegant auf und ist mit einer rutschfesten Kunststoffperforierung versehen.

Die schicke, kupferne Transportbox mit Magnetverschluss.Die schicke, kupferne Transportbox mit Magnetverschluss.

Derselbe, leicht haftende Kunststoff, umgibt auch die Hörer selbst. Diese sind nicht klein, aber längst nicht so wuchtig wie zum Beispiel die Sennheiser Momentum. Das fühlt sich alles sofort gut und sehr hochwertig an. Man merkt, das Sony versuchte, an alle Details zu denken.

Guter Tragekomfort

Auf die eigentlich genialen «Flügelchen» für einen besseren Halt des Vorgängers verzichtet man. Dafür ist die Passform nun so ausgelegt, dass die Hörer an drei Punkten mit der Ohrmuschel Kontakt halten. Wie die meisten Earbuds müssen sie ins Ohr eingedreht werden.

Drei Punkte halten mit der Ohrmuschel Kontakt.Drei Punkte halten mit der Ohrmuschel Kontakt.

Hat man den Dreh mal raus, halten sich die Hörer selbst beim Autor mit seiner für In-Ears notorisch schwierigen Physiognomie gut im Ohr. Zusammen mit dem weichen Oberflächenmaterial sind die WF-1000XM3 sehr angenehm zum Tragen. Wasser- und schweissresistent ist der WF-1000XM3 aber nicht, und daher zum Sport ungeeignet.

Akkulaufzeit

Die Akkulaufzeit des WF-1000XM3 ist sehr gut. Mindestens sechs Stunden gibt Sony in der Spezifikation bei aktiviertem Noise Cancelling an. Das sind sehr realistische Werte. In der dreiwöchigen Testphase mit Sony WF-1000XM3 kamen wir immer mindestens auf sechs Stunden Laufzeit.

Die Transportbox erlaubt zusätzlich ein dreimaliges Nachladen. Mit aktiviertem Noise Cancelling kommt man so auf 24 Stunden Betriebszeit, mit ausgeschalteter Geräuschunterdrückung werden es sogar 32 Stunden. Das reicht auch für Vielnutzer und für praktisch jede Flugdistanz. Der Ladevorgang der Transportbox geht über den USB-C-Anschluss ziemlich flott vonstatten. Da hat Sony wirklich ganze Arbeit geleistet.

Bedienung

Im Gegensatz zum Vorgänger sind die Bedienelemente nun nicht mehr als winzige Druckknöpfchen, sondern als kreisförmige Sensor-Touchpads an der Aussenseite der Hörer angelegt. Das ist nicht zwingend ein Fortschritt. Damit sind sie zwar leichter zugänglich, allerdings werden sie auch öfters unabsichtlich ausgelöst. So lässt sich der Modus der Geräuschunterdrückung umschalten, den Google Assistenten aktivieren oder die Play/Pause-Funktion bedienen. Nimmt man die Earbuds vom Ohr, stoppt die Wiedergabe am Audioplayer unmittelbar. Das ist gut umgesetzt.

Bedienung über Sensoren mit Touchpanels an der Aussenseite.Bedienung über Sensoren mit Touchpanels an der Aussenseite.

Sprachmitteilungen geben Auskunft über den Status des Noise Cancelling. Das klappte auf Englisch ganz gut. Nach dem Wechsel auf Deutsch fehlten aber einige Statusmitteilungen, sodass bei Umschaltung am Hörer die Übersicht verlorenging. Auch das Halten der Stummschaltung über konstanten Druck auf den Sensor ist nicht wirklich praktisch.

Man kann es irgendwie verschmerzen, denn besser lässt sich der Sony WF-1000XM3 über die sehr gute App bedienen. Dort findet sich auch ein recht brauchbarer Equalizer.

Die Sony Kopfhörer App gibt Auskunft über den Akkustand, aktiviert das adaptive Noise Cancelling und offeriert einen guten Equalizer.Die Sony Kopfhörer App gibt Auskunft über den Akkustand, aktiviert das adaptive Noise Cancelling und offeriert einen guten Equalizer.

Noise Cancelling

Als einer der wenigen Eardbuds bietet der Sony WF-1000XM3 eine Geräuschunterdrückung an, die im Zug oder bei Flugreisen sehr hilfreich, beim Schlendern durch die Stadt aber auch ein Gefahrenherd sein kann. Der Hörer versucht automatisch, die Aktivität des Benutzers zu eruieren und regelt entsprechend das Mass der Unterdrückung der Aussengeräusche. Adaptives Noise Cancelling nennt sich das.

Wie schon beim Vorgänger ist die Geräuschunterdrückung aber nicht besonders effektiv. Das hat auch mit dem In-Ear-Prinzip zu tun. In-Ears schlissen nun mal nicht so konsequent wie Over-Ear-Hörer. Das Noise Cancelling greift daher weniger effektiv. Schlendert man bei viel Wind durch die Stadt, hat das Noise Cancelling zu kämpfen und produziert relativ starke Artefakte. Auch ist ein dezentes Grundrauschen bei eingeschaltetem Noise Cancelling wahrnehmbar.

Trotzdem kann das Noice Cancelling ein entscheidender Kaufgrund für den Sony WF-1000XM3 sein, wenn man sich viel in geräuschvoller Umgebung aufhält oder den Hörer viel in Zugfahrten und Flugzeit benutzt.

Klangkünstler

Im Hörtest gefiel der Sony WF-1000XM3 mit seinem ausserordentlich guten Klang. Da hebt er sich deutlich von der Masse der Earbuds ab und kann auch gegenüber dem hauseigenen Vorgänger punkten. Vor allem im Hochtonbereich ist er nun mit seiner samtweichen Wiedergabe deutlich zurückhaltender, was sich bei jeder Art von Musik sehr angenehm auswirkt. Gleichzeitig agiert er in der Mittellage sehr transparent. Die Durchhörbarkeit ist auch bei klassischer Musik hervorragend. Tendenziell wünscht man sich vielleicht eine etwas breitere Klangbühne, aber das sind wirklich schon Details. Der Bassbereich ist wunderbar konturiert mit einer stilvollen Prägnanz.

Der Klang des WF-1000XM3 hat echt Klasse. Kein Dröhnen im Bass, keine nervenden Verfärbungen bei Stimmen, keine überzogenen Höhen. Das macht ihn auch auf langen Reisen zu einem angenehmen akustischen Begleiter, den man gerne mitnimmt.

Die Entwickler bedienten sich im breiten Fundus der Sony-Technologien und bearbeiteten das Audiosignal mit Algorithmen wie «ClearBass», einer Kombination aus Bassentzerrung und Kompressor sowie dem «DSEE HX», welches zusätzliche Werte in datenreduzierte Audiofiles interpoliert.

Der Sony WF-1000XM3 hat dank Bluetooth 5 eine sehr stabile Verbindung. Nimmt man ihn aus der Transportbox, verbindet er sich sogleich mit dem Smartphone.Der Sony WF-1000XM3 hat dank Bluetooth 5 eine sehr stabile Verbindung. Nimmt man ihn aus der Transportbox, verbindet er sich sogleich mit dem Smartphone.

Normalerweise bin ich keinen Freund von solchen «Klangverbesserern», aber welche Klangqualität Sony aus seinen In-Ears entlockt, hat Hand und Fuss. Beide Algorithmen bringen dezent eingesetzt einen deutlichen Gewinn.

Alles perfekt? Nein, nicht ganz. Leider gab man dem WF-1000XM3 keinen hochauflösenden Bluetooth-Audiocodec mit auf die Reise. Er kennt lediglich den standardmässigen und stark datenreduzierten SBC-Codec und den wenig besseren AAC für iPhone-Benutzer.

Schade, bieten doch alle Android-Smartphones ab Version 8 weit bessere Codecs wie aptX HD und LDAC an, die bereits ins Betriebssystem integriert sind. Mit LDAC hat Sony sogar den am besten klingenden Bluetooth-Audiocodec im Portfolio. Wieso man beim Sony WF-1000XM3 im Gegensatz zu den hauseigenen Over-Ear-Modellen darauf verzichtet, wollte Sony auf Anfrage nicht beantworten.

So ist es die Limitierung durch den SBC- und AAC-Codec in der Bluetooth-Übertragung, die ein noch besseres Klangerlebnis verhindert.

Die Messungen der Schalldruckkurve bestätigt der Höreindruck. Ab 4 kHz fällt die Amplitude ab. Entsprechend angenehm zurückhaltend klingt der Sony WF-1000XM3 im Hochtonbereich.Die Messungen der Schalldruckkurve bestätigt der Höreindruck. Ab 4 kHz fällt die Amplitude ab. Entsprechend angenehm zurückhaltend klingt der Sony WF-1000XM3 im Hochtonbereich.

Fazit

Mit dem WF-1000XM3 setzt Sony ein Statement unter der True-Wireless-In-Ear-Kopfhörern. Mit 249 Franken verlangt das Unternehmen einen satten Obolus, liefert dann aber fürs Geld einiges. Die hervorragende Klangqualität, das edle Design inklusive einer erstklassigen Verarbeitung, der Tragkomfort sowie die beeindruckende Akkulaufzeit überzeugen.

Die Geräuschunterdrückung hilft im Flugzeug und bei Bahnreisen, arbeitet aber nicht so effektiv, wie bei den Over-Ear-Kopfhörern von Bose oder Sony. Letztere verfügen auch über den hochwertigen LDAC-Bluetooth-Codec, den man beim WF-1000XM3 leider vermisst.

STECKBRIEF
Modell:
WF-1000XM3
Profil:
Edler True-Wireless-In-Ear Kopfhörer mit exzellenter Verarbeitung und hervorragendem Klang.
Pro:
Klangqualtiät
Hoher Tragkomfort
Lange Akkulaufzeit
Edle Materialien
Contra:
Hoher Preis
Keine aptX- und LDAC-Codecs
Preis:
249.00 CHF
Hersteller:
Jahrgang:
2019
Vertrieb:
Masse:
keine Angabe mm
Gewicht:
0,094 kg
Farbe:
Schwarz, Silber
Bluetooth:
Ja
Noise Cancelling:
Ja
True Wireless:
Ja
Wireless:
Ja
Bauprinzip:
In-Ear
Bluetooth Codecs:
SBC, AAC
Ladezeit:
1,5 h
Sprachsteuerung:
Google Assistant
Verwendungsdauer:
8 h

Onlinelink:
https://www.avguide.ch/testbericht/test-sony-wf-1000xm3-smarte-klangkunst