Es werde Licht
Erhellende Informationen zum Thema Leinwand

Jeder, der schon einmal mit einem Projektor hantiert hat, kennt das Problem. Ist Licht im Raum, wird das Bild schnell flach und fad. Oder anders ausgedrückt: Der Kontrast ist weg. Aus diesem Grund werden die Custom-Homecinemas dunkel eingerichtet. Fenster sucht man in solchen Räumen vergebens. Um es gleich vorweg zu nehmen: Ein absolut dunkler Raum ist auch heute noch das Nonplusultra für eine hochwertige Filmprojektion.
Heimkino oder Business
Bei der Projektion muss allerdings unterschieden werden, welcher Inhalt projiziert werden soll. Bei einer Präsentation ist primär wichtig, dass der Inhalt gut lesbar ist und dass die Grafiken knackig ihre Wirkung entfalten können. Daher ist es für diese Anwendung nicht entscheidend, dass der Raum möglichst dunkel ist. Moderne, lichtstarke Projektoren kommen gut gegen das Licht im Raum an, vielfach werden 5000 ANSI Lumen und mehr eingesetzt.
Warum gilt das für die Filmwiedergabe nicht? Bei Filmen ist in der Regel das ganze Helligkeitsspektrum vorhanden, von ganz hell (100 % Helligkeit) bis zu total schwarz (0 % Helligkeit). Und dort liegt das Problem: «Total schwarz» kann nur in einem komplett abgedunkelten Raum dargestellt werden. Wenn der Raum dunkel ist, ist auch die weisse Leinwand dunkel. Oder anders ausgedrückt, so hell wie die Leinwand im jeweiligen Raum ist, so dunkel ist das dunkelste (i. d. R Schwarz), das dargestellt werden kann.
Restlicht beeinflusst den Kontrast
Im Bild 1 ist dieser Sachverhalt grafisch etwas vereinfacht dargestellt. Um das Umrechnen zwischen Lumen und Lux zu vermeiden, nehmen wir an, dass die Fläche der Leinwand 1 m2 beträgt. Dann entspricht ein Lumen (Lichtstrom) genau einem Lux (Beleuchtungsstärke bzw. Helligkeit auf der Fläche). Der linke Balken (1) zeigt den Helligkeitsbereich eines typischen Heimkinobeamers. Er kann einen Bereich von 1 bis etwa 1500 Lux darstellen. Rechts (2) ein Business-Projektor mit einem Bereich von 5 bis 5000 Lux.
Aus den beiden Werten lässt sich der maximale Kontrast des jeweiligen Projektors ausrechnen: 1500:1 ergibt 1500 bzw. 1000 beim Business-Modell (5000:1). Aber nur unter idealen Bedingungen (abgedunkelt) wird dieser Kontrast erreicht. Leider macht das Licht im Raum – im Fachjargon als Restlicht bezeichnet – einen Strich durch die Rechnung. Angenommen, das Restlicht beträgt 300 Lumen (eingezeichnet als gestrichelte Linie), kann keiner der beiden Projektoren etwas Dunkleres darstellen, als eben diese 300 Lumen. Die Kontrastwerte der Projektoren ändern dann wie folgt: 1500:300, was noch einen Wert 5 ergibt, beim Präsentationsmodell immerhin noch 16,7 (5000:300).
Im Bild 1 ist der effektive Helligkeitsbereich (bzw. der Kontrast als Verhältnis hiervon), welcher noch sichtbar ist, rot markiert. Dieses Beispiel zeigt, dass helle Projektoren für Präsentationen nachvollziehbar besser geeignet sind. Warum sollten aber Heimkinobeamer nicht so hell sein? Nehmen wir an, wir haben im abgedunkelten Raum noch 1 Lumen Restlicht, dann kann der Heimkinobeamer auch ein sattes Schwarz darstellen, während der Business-Beamer mit 5 Lumen auf die Leinwand strahlt und so kein sattes Schwarz darstellen kann, sondern im besten Fall ein Dunkelgrau.

Leinwandtücher mit speziellen Eigenschaften
Alle diese Ausführungen beziehen sich auf eine neutrale, weisse Projektionsfläche. Doch die Leinwandindustrie hat vor allem in den letzten Jahren neue Materialien auf den Markt gebracht, welche das Restlicht auf der Projektionsfläche durch spezielle Beschichtungen besser fernhalten. Der Trick dabei besteht einerseits darin, mehr vom Beamer reflektierten Licht zum Zuschauer zu lenken und gleichzeitig das in der Regel seitlich einfallende Fremdlicht zum Zuschauer hin zu dämpfen.

Solche Tücher hellen durch diese kontrollierte Reflexion das projizierte Bild auf, so dass die Projektion zum Beispiel doppelt so hell wird. Man spricht dann von einem Gainfaktor von 2.0. Im Bild 2 ist der Helligkeitsbereich derselben Projektoren auf einem Tuch mit Gainfaktor 2.0 eingezeichnet. Wenn das Tuch zumindest das Restlicht nicht verstärkt (wiederum bei 300 Lumen eingezeichnet), verdoppelt sich der sichtbare Kontrast (grüner Bereich). Für Präsentationzwecke ist dies von Vorteil, da nun der Kontrast und dadurch die Lesbarkeit erhöht wird.
Beim Heimkino ist das nicht gewünscht, da so auch die dunklen Bildinhalte heller dargestellt werden, wenn eben kein Restlicht vorhanden ist. Daher sind die sogenannten Highcontrast-Tücher fürs Heimkino dunkel eingefärbt, was den Helligkeitsbereich wiederum beispielsweise halbiert. Das heisst, der Gainfaktor hat dann wieder etwa den Wert 1.0, aber mit dem grossen Vorteil, dass auch das Restlicht um den Faktor 2 reduziert wurde (Bild 3).
Zum Vergleich zeigt Bild 4 noch eine Tuch-Variante mit Gainfaktor 0.8. Mittlerweile gibt es Hersteller wie Screen Innovations, welche diesen Effekt auf die Spitze treiben. Mit speziell beschichteten, nahezu schwarzen Oberflächen (BlackDiamond®) können auch in nicht abgedunkelten Räumen dunkle Szenen sehr gut dargestellt werden. Einen Haken hat die ganze Sache allerdings: Je höher der Gainfaktor einer Leinwand ist, desto mehr wird der Sichtwinkel eingeschränkt. Die Leinwand kann ja selbst nicht mehr Licht generieren, sondern nur das vom Beamer projizierte Licht fokussierter in eine Richtung «bündeln». Daher wird bei Leinwänden vielfach der Betrachtungswinkel angegeben. Bei mattweissen Tüchern ist das in der Regel 170 bzw. 180°, denn mattweisse Oberflächen reflektieren in alle Richtungen gleich viel Licht. Highcontrast-Tücher bewegen sich im Bereich um die 100°, bei sehr hellen Datentüchern ist der Abstrahlwinkel noch kleiner.


Unerwünschte Reflexionen
Ein weiterer positiver Effekt einer «Highcontrast»-Leinwand ist folgender: Da sie mehr Licht in Richtung des Betrachters befördert, wird weniger Licht in den Raum zurückgestrahlt. Genauer gesagt gelangt weniger Licht zur Wand links und rechts sowie zur Decke und zum Boden. Gerade in Wohnzimmern mit weissen Wänden wird dies auch im abgedunkelten Raum zum Problem. Das Reflektieren der angeleuchteten Wände auf die Leinwand zurück verringert den Kontrast. Mit anderen Worten: Das Licht vom Beamer stört sich selber. Daher bringt es auch in einem abgedunkelten Raum keinen Vorteil, einen helleren Beamer zu verwenden. Im Gegenteil, der Schwarzwert wird noch schlechter. Dunkle Wände reflektieren weniger Licht zurück auf die Projektionsfläche und stellen naturgemäss die beste Lösung dar. Daher gibt es auch keine kommerziellen Kinos mit weissen Wänden.
Von unten, oben oder hinten?
Um das Ganze noch etwas zu komplizieren, gibt es verschiedene Möglichkeiten für die Projektion. Bei der herkömmlichen Projektion ist der Beamer an der Decke montiert. Dieser strahlt von oben auf die Leinwand. Der Zuschauer, der es sich auf dem Sofa bequem gemacht hat, betrachtet dann das Bild aus der Sitzposition. Für diese Anwendung sind «Highcontrast»-Tücher notwendig, welche das Licht möglichst im Einfallswinkel = Ausfallswinkel verstärken (Spiegel-Prinzip).
Anders bei einem Ultrashort-Distance-Beamer. Dieser wird relativ nahe unter der Leinwand platziert und strahlt gegen oben. Hier muss die Leinwand nicht gegen oben möglichst viel Licht reflektieren, sondern nach unten. Aber auch solche Tücher sind heute erhältlich und machen es möglich, bei moderatem Restlicht im Raum mit einem vernünftigen Kontrast Filme zu geniessen.
Heute nicht mehr so verbreitet ist die Rückprojektion. Dabei wird die Leinwand von hinten angeleuchtet, was ein halbtransparentes Tuch voraussetzt. Dieses wird umgangssprachlich als Rückpro-Tuch bezeichnet. Der Vorteil dieser Methode ist vor allem, dass niemand Schatten auf die Leinwand wirft, wenn er sich vor dem Projektor aufhält. Ideale Anwendungszwecke sind hier Anwendungen in Museen oder bei Vorführungen, bei denen sich Leute hin- und herbewegen.
Welches Tuch für wen?
Für dunkle Heimkinoräume ist nach wie vor ein mattweisses Tuch mit Gainfaktor 1.0 das Nonplusultra. Die Farbtreue ist am höchsten und der Preis für ein gutes Tuch hält sich in Grenzen. Es gibt auch schalldurchlässige Tücher, mikroperforierte und gewobene Tücher, bei welchem die Lautsprecher auch hinter dem Tuch platziert werden können. Diese Tücher erreichen aufgrund ihrer Oberflächenbeschaffenheit bzw. der Preforierung nicht mehr ganz einen Gainfaktor von 1.0, was in der Praxis aber meist keine Rolle spielt. Wichtig ist bei einem solchen Tuch, dass das gleichmässige Muster der Perforierung bzw. des Gewebes nicht zusammen mit dem Raster der Pixelstruktur des Projektors einen Moirée-Effekt generiert. Hier kann der Hersteller der Leinwand Auskunft geben.
Für das Wohnzimmer-Heimkino ist ein Highcontrast-Tuch sehr zu empfehlen. Der etwas höhere Preis macht sich auf jeden Fall bezahlt. Der Gainfaktor sollte irgendwo zwischen 0.8 und 1.3 liegen, bei einem hellen Heimkinobeamer eher bei 0.8, bei einem weniger hellen helfen 1.3 Gain vor allem bei einer grösseren Bilddiagonalen. Der grosse Vorteil dieser Leinwände ist, das zum Teil Fremdlicht sehr gut herausfiltern.
Für Business-Anwendungen sind entweder mattweisse Tücher (wenn genügend Helligkeit vom Projektor vorhanden ist) oder ein aufhellendes Tuch mit Gain von 1.5 und mehr empfehlenswert. Dabei sollte beachtet werden, wie das Publikum zu sitzen kommt. Wenn eine breite Abstrahlung verlangt wird, sollte auf jeden Fall ein mattweises, neutrales Tuch eingesetzt werden, damit die Zuschauer ganz links und ganz rechts keinem allzu starken Helligkeitsverlust ausgesetzt sind.

Weitere Kriterien
Nebst der Oberfläche von Leinwandtüchern gibt es noch weitere Qualitätsmerkmale. Entscheidend ist auch der Träger bzw. die Dicke des Leinwandtuches. Dieses hat die Eigenschaft, sich im Laufe der Zeit zu wölben oder zu verziehen, wenn das Tuch zu wenig stabil gebaut wurde. Qualitätstücher sind daher meistens eher dick oder haben zum Beispiel einen glasfaserverstärkten Träger. Rollbare Leinwände sollten zudem auf der Rückseite schwarz beschichtet sein, damit kein Licht durch die Leinwand hindurch projiziert wird. Ansonsten kann das Licht von der Wand dahinter reflektiert werden oder Fremdlicht von hinten kann den Kontrast vermindern.
Onlinelink:
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