Bildstabi und Selfie-Display
Test APS-C-Systemkamera Fujifilm X-T4

«Fotografierst du jetzt wieder analog auf chemischem Film?», fragt mich ein Bekannter und deutet auf die Kamera in meinen Händen. Tatsächlich sieht die neue Fujifilm X-T4 mit ihren mechanischen Rädchen und Tasten einem klassischen Fotoapparat aus der Analogzeit zum Verwechseln ähnlich. Besonders in der silbernen Ausführung, die mir Fujifilm Switzerland zusammen mit dem Fujinon-Objektiv XF 16–80 mm F4 R OIS WR für den Test zur Verfügung stellte.
Die neue Kamera bleibt dem Old-Fashion-Look ihrer X-T-Vorgänger treu, ebenso dem APS-C-Format und der etwas speziellen Bedienung über robuste Drehräder an der Kameraoberseite und einem Blendenring direkt am Objektiv. Von der X-T3 hat sie auch den 26,1 Megapixel grossem X-Trans-CMOS-Sensor mit der maximalen Fotogrösse von 6240 x 4160 Pixel geerbt.
Stellt man die Fujifilm X-T4 neben die X-T3, sind sie von vorne kaum voneinander zu unterscheiden. Auf der Rückseite sieht man dann die erste grosse Neuerung. Die X-T4 besitzt als erste Fujifilm-Kamera ein Display, das sich auch seitlich ausklappen und nach vorne drehen lässt. Bei den bisherigen Modellen war dies nicht möglich, ihr Display konnte zwar auch im Hochformat aufgeklappt, jedoch nicht umgedreht werden. Die Fujifilm X-T4 wird dadurch nun auch für Youtuber, Vlogger und Selfie-Fans zu einer interessanten Alternative.
Das dreh- und schwenkbare Touch-Display lässt sich auch mit der Displayfläche nach innen zuklappen. Damit ist es optimal gegen Kratzer und Stösse beim Transport geschützt.

Stabilisierung eingebaut
Die zweite grosse Neuheit verbirgt sich im Innern der Kamera. Die Fujifilm X-T4 besitzt einen eingebauten Bildstabilisator nach dem Sensor-Shift-Prinzip. Sie ist damit die zweite Fujifilm-APS-C-Kamera, neben der um einiges voluminöseren X-H1, die über eine sogenannte IBIS («In Body Image Stabilisation») verfügt. Davon profitieren viele Fujinon-Festbrennweiten, die nicht mit einem optischen Stabilisator («OIS») im Objektiv ausgestattet sind.
Laut Fujifilm arbeitet der neue Fünf-Achsen-IBIS achtmal präziser als in der X-H1 und ist etwa 30 Prozent kleiner und 20 Prozent leichter. Damit soll er einen Verschlusszeitenvorteil von bis zu 6,5 Blendenstufen bringen, wenn die Kamera mit den entsprechenden Fujinon-XF/XC-Objektiven verwendet wird. Eine Bildstabilisierung über 6,5 Stufen wird mit 18 der 29 XF/XC-Objektiven erreicht.
Im Test konnte so auch bei längeren Verschlusszeiten für Aufnahmen bei wenig Licht oder mit niedrigen ISO-Werten ohne Verwacklungen aus der Hand fotografiert werden. Mit dem angeflanschten Objektiv war die Wirkung zudem optimal, da der IBIS und der OIS zusammenarbeiteten. Das verbraucht natürlich auch mehr Strom.
Ich hatte die Stabilisierung deshalb auf «NUR AUFNAHME» gestellt, dann ist sie nur in Betrieb, wenn der Auslöser bei AF-C halb gedrückt oder die Kamera ausgelöst wird. Bei Einstellung «DAUERHAFT» wäre sie die ganze Zeit aktiv. Für Aufnahmen ab Stativ lässt sie sich ganz abschalten.
Mehr Leistung, weniger Zubehör
Die Fujifilm X-T4 ist mit 607 Gramm rund 70 Gramm schwerer als die X-T3. Die Gehäuseabmessungen sind sehr ähnlich, aber nicht identisch. Die Neue ist etwas breiter (2 mm) und tiefer (5 mm) gebaut. Ihr Body ist wie gewohnt vollständig aus einer Magnesiumlegierung gefertigt, gegen Staub und Spritzwasser geschützt und kälteresistent bis zu einer Temperatur von minus zehn Grad.
Die X-T4 kommt mit einem neuen Lithium-Ionen-Akku. Der NP-W235 besitzt eine Kapazität von 2200 mAh und löst den bekannten Akku der X-Serie, den NP-W126S (1260 mAh) ab. Der neue ist um einiges dicker, das heisst, die bisherigen Akkus können nicht mehr für die X-T4 weiterverwendet werden.
Mit dem NP-W235 lassen sich je nach eingestelltem Leistungsmodus der Kamera (eco, normal, verstärkt) zwischen 500 und 600 Fotos aufnehmen. Durch den stärkeren Akku gibt es als Zubehör auch einen neuen vertikalen Batteriegriff für die X-T4. Der VG-XT4 fasst zwei zusätzliche Akkus und bietet neben einem Auslöser auch einen Fokus-Joystick, eine AEL-Taste, eine AF-On-Taste, ein vorderes und hinteres Einstellrad, eine Schnellmenü-Taste sowie eine Fn-Taste. Die Anordnung der Bedienelemente ist identisch zur Kamerarückseite, sodass ein fliessender Wechsel zwischen Hochformat- und Querformataufnahmen möglich ist.

Wie schon beim Akku kann auch der Batteriegriff zur X-T3, der VG-XT3, nicht an der X-T4 verwendet werden. Leider hat Fujifilm bei der X-T4 wieder den gleichen Fehler wie schon bei der X-T2 und X-H1 gemacht. Auch dort gibt es eine direkte Tonausgangsbuchse nur am optionalen Multifunktions-Batteriegriff. Die X-T4 besitzt zwar einen Mikrofonanschluss an der Kamera, jedoch keinen direkten Kopfhörereingang. Dafür dient die USB-C-Buchse, an die man erst das mitgelieferte Klinkenbuchsen-Adapterkabel anschliesst und dort den Kopfhörer einstöpselt.
Damit blockiert man sich jedoch den Akku-Ladevorgang, denn dieser USB-C-Anschluss dient auch als Stromanschluss. Besonders doof ist dies, weil der Kamera kein separates Akkuladegerät mehr beiliegt, sondern nur noch ein Netzteil und das USB-C-Verbindungskabel. Unterwegs den Ton prüfen und gleichzeitig die Kamera per USB-C über ein Powerpack betreiben, geht somit nicht. Ausser, man investiert zusätzlich in den VG-XT4 für rund 350 Franken. Dies finde ich einen echten Rückschritt zur X-T3, wo sich Mikrofon- und Kopfhörereingang direkt an der Kamera befinden.
Neben einem fehlenden Akkuladegerät ist auch das zur X-T3 mitgelieferte Aufsteckblitzgerätchen EF-X8 nicht mehr im Lieferumfang der X-T4 enthalten. Doch dies ist einigermassen zu verschmerzen.
Die Fujifilm X-T4 vertraut weiterhin auf SD-Speicherkarten und baut dafür zwei UHS-II-konforme Kartenfächer ein. Neu liegen diese übereinander und nicht mehr parallel nebeneinander wie bei der X-T3. Das doppelte Speicherkartenfach erlaubt auch die parallele Aufzeichnung von zwei identischen Video-Dateien zu Back-up-Zwecken.
Handfeste Bedienung

Nach dem Öffnen der Kameraverpackung kommen einem als Erstes zwei 340 Seiten starke Handbücher entgegen, eines in Deutsch und eines in Französisch. Durch das kompakte Taschenbuchformat lassen sie sich für unterwegs noch gut in einer Kameratasche verstauen. Fujifilm ist eine der wenigen Firmen, die ihren Produkten noch ausführliche gedruckte Anleitungen beilegt. Bei Mitbewerbern gibt es oft nur einen Beipackzettel für die ersten Schritte mit der Kamera, das ausführliche Manual muss als PDF-Datei vom Web heruntergeladen werden.
Nächste Überraschung: Hurra, es liegt kein Klammer-Anbringungswerkzeug mehr im Karton, mit dem man bei den Vorgänger-Kameras erst mühsam zwei Metall-Trageriemenklammern in die Ösen an der Kamera zwängen und dann noch umständlich zwei Schutzabdeckungen darüber pfriemeln musste, bevor man den Schulter-Trageriemen anbringen durfte. Bei der X-T4 ist alles schon vormontiert und der Trageriemen ist im Nu befestigt. Danke, Fujifilm!
Bei der Anordnung der Bedienungselemente hat sich gegenüber der X-T3 kaum etwas geändert. Wer genauer hinschaut, stellt fest, dass auf der Rückseite der Kamera die AF-, AEL- und Quickmenü-Tasten ihre Plätze getauscht haben. Der untere Schalter des Einstellrads für die Belichtungszeit dient neu zur Wahl von Foto- oder Videomodus. Bei der X-T3 wurde damit die Belichtungsmessmethode eingestellt. Dies muss nun über das Menü erfolgen.
Das Verstellen der Sucher-Dioptrie ist nach wie vor gut gesichert. Sie lässt sich nur anpassen, wenn man das Einstellrädchen wie bei einer Uhr vorher herauszieht. Neu hat auch die Augenmuschel eine Arretierung bekommen. Um sie zu entfernen, müssen zwei Entriegelungstasten gedrückt werden. Ein ungewolltes Abstreifen wie etwa beim Herausziehen der Kamera aus der Fototasche wird damit verhindert.
Die Bilddiagonale des neuen drehbaren Touch-Displays misst unverändert 3 Zoll (7,6 cm). Seine Auflösung wurde jedoch von 1,040 auf 1,620 Millionen Bildpunkte bzw. 540'000 RGB-Pixel erhöht. Die Auflösung des hervorragenden OLED-Farbsuchers bleibt mit 3,69 Millionen Punkten unverändert.

Nach alter Väter Sitte
Die Bedienung der Kamera erfolgt hauptsächlich über drei robuste mechanische Wahlräder. Zwei davon sind «doppelstöckig» und lassen sich mit einem «Lock-&-Release-Mechanismus» verriegeln. Mit ihnen werden Verschlusszeit, ISO-Empfindlichkeit, Aufnahmebetriebsart und Foto- oder Video-Modus eingestellt.
Für die Belichtungskorrektur steht das kleinere dritte Rad zur Verfügung. Es lässt sich nicht verriegeln und ist deshalb etwas zäher zu verstellen. Alle Einstellwerte auf den Rädern sind vertieft aufgebracht und sollten dadurch auch nach intensiver Nutzung noch gut ablesbar sein.
Die beiden oberen und das dritte Drehrad sind seitlich geriffelt und schnell und sicher greifbar. Hatte ich bei den unteren Einstellrädern der X-T3 noch bemängelt, dass sie sich in ihren Endpositionen sehr nahe am Sucheraufbau befinden und dadurch nur mit spitzen Fingern zurückzustellen sind, fällt diese Kritik bei der X-T4 weg. Im wahrsten Sinn des Wortes, denn beim rechten unteren Rad gibt es statt vier nur noch zwei Positionen, zwischen denen es sich mühelos hin- und herschalten lässt.

Ein- oder Umsteiger von anderen Systemen werden an Fujifilm-X-Kameras vergeblich nach einer Automatik-Taste, Motivprogrammen oder dem PSAM-Wahlrad suchen. Nach Lektüre der Seiten «Fotos aufnehmen» im Handbuch ist klar: Es gibt die PASM-Modi noch immer, nur werden diese über die einzelnen Räder und Ringe «zusammengedreht».
So gelangt man in den P-Modus, indem die Einstellräder für Belichtungszeit und ISO-Wert auf der Kameraoberseite und der Blendenring am Objektiv auf Position A gedreht werden. Das «P» im Display bestätigt, dass man nun wie gewohnt weitere Zeit-Blenden-Kombinationen (Programm-Shift) per Drehrädchen auswählen kann.
Durch die entsprechenden Einstellungen an Blendenring und Belichtungsrad werden so auch die übrigen Modi wie Blendenautomatik (S), Zeitautomatik (A) oder Manuell (M) erreicht. Belichtungskorrekturen gelingen über das separate Einstellrad, «mechanisch» umfasst der Korrekturbetrag +/- drei Lichtwerte. Steht das Rad auf C (für Benutzerdefiniert), lässt sich die Belichtungskorrektur mittels Drehrädchen auf Werte zwischen -5 und +5 Werten in 1/3-Lichtwertschritten erweitern. Auch die Verschlusszeit wählt man «mechanisch» vor und bestimmt über das hintere Rädchen elektronisch die Zwischenwerte.
Position A (Auto) beim ISO-Drehrad heisst, dass eine von drei selbst bestimmbaren ISO-Limiten aktiv ist und die Werte automatisch den Aufnahmebedingungen angepasst werden. Manuell dürfen Werte zwischen 160 und 12'800 ISO gewählt werden. Für Spezialfälle stehen noch 25'600 oder 51'200 (high) und 80, 100 oder 125 (low) bereit.
Wem diese «mechanische» Bedienung nicht so liegt, kann die wichtigen Einstellungen im umfangreichen Konfigurationsmenü auf das vordere und hintere Drehrädchen legen. So habe ich Blendenring und ISO-Rad auf A geparkt, die nun standardmässig automatisch arbeiten würden, jedoch im Ring- und Rad-Einstellungsmenü von «Auto» auf «Befehl» geschaltet. Das Verschlusszeit-Rad noch auf T stellen, und schon lässt sich mit dem vorderen Rädchen bequem die Blende verstellen, nach einem Druck darauf den ISO-Wert anpassen und am hinteren Rädchen die Verschlusszeit regulieren.
Der Vorteil: Ich kann auch beim Ändern der Werte dauernd durch den Sucher blicken. Mein Auge muss nicht erst auf die Zahlen auf Einstellrad oder Blendenring schauen. Dies ist auch im Dunkeln sehr hilfreich, da es keine Beleuchtung am Blendenring und den Einstellrädern gibt.
Unendliche Kombinationen
Da man die verschiedenen Bedienungsarten kombinieren kann, lässt sich die Fujifilm X-T4 ganz nach der eigenen, persönlichen Arbeitsweise einrichten. Überhaupt besitzt die Kamera sehr viele Einstellmöglichkeiten, was sich auch am Umfang des Handbuchs niederschlägt. Oft benötigte Funktionen können vom Benutzer auf verschiedene Arten für einen schnelleren Zugriff zusammengefasst werden.
Er kann Kameraeinstellungen für wiederkehrende Aufnahmesituationen in sieben unterschiedlichen Kombinationen speichern. Bei der X-T4 wird dabei neu zwischen Foto- und Videobetrieb unterschieden. Weiter sind sechs direkte Funktionstasten an der Kamera, das Drücken des hinteren Drehrädchens sowie vier Wischfunktionen auf dem Display (Touch-Fn) frei belegbar. Dazu steht eine Auswahl aus 50 Funktionen zur Verfügung.
Genügt dies noch nicht, darf man sich unter seinem eigenen Menüpunkt bis zu 16 Elemente abspeichern. Und auch das eigene «Quickmenü» lässt sich aus über 30 Menü-Optionen selber zusammenschustern.

Sollte man mal die Brille vergessen haben, lassen sich unter dem vielsagenden Menüpunkt «MODUS GROSSE INDIKAT» die Zeichen und Symbole im Sucher und auf dem Display vergrössert darstellen. Dabei darf man sogar die gewünschten Anzeigen auswählen, die dann rund doppelt so gross erscheinen.
Scharfstellen, verfolgen und Augen erkennen

Das gegenüber dem Vorgänger leicht wuchtigere Gehäuse der X-T4 halten normal grosse Hände nach wie vor gut im Griff. Bei grösseren Klauen wünscht man sich einen etwas tieferen Griff, denn die X-T4 verfügt über einen relativ schmalen Griffwulst.
Abhilfe kann hier der optionale Batteriegriff VG-XT4 schaffen. Da er die Kamera nicht nur nach unten, sondern auch auf der rechten Seite nach vorne verlängert, gibt er dem Benutzer mehr Grip beim horizontalen Halten und dient als bequemer Handgriff für Hochformataufnahmen.
Im Vergleich zu den Batteriegriffen anderer Hersteller lassen sich mit dem VG-XT4 insgesamt drei Batterien, zwei im Griff plus diejenige in der Kamera, gleichzeitig verwenden. Bei vielen anderen Marken muss der Akku in der Kamera beim Anschluss eines Batteriegriffs entfernt werden. Laut Fujifilm sind bei Verwendung des optionalen Batteriegriffs VG-XT4 mit zwei zusätzlichen NP-W235-Akkus bis zu 1700 Aufnahmen möglich. Nachgezählt habe ich nicht.
Obwohl der Griff sehr praxisbezogen konstruiert ist, kann er nicht mehr wie beim VG-XT3 auch als externes Schnellladegerät für die eingelegten Akkus dienen. Zum Aufladen muss der Griff an der Kamera befestigt sein. Immerhin lassen sich die Akkus im Griff weiterhin rasch und bequem seitlich herausnehmen, auch wenn die Kamera auf einem Stativ festgeschraubt ist.

Automatisch oder manuell scharfgestellt
Wer bei der X-T4 auf den Auslöser drückt, wird positiv überrascht. Der Verschluss arbeitet sanfter und vor allem leiser als beim Vorgänger. Auch Serienbild-Aufnahmen erinnern nun nicht mehr so stark an Maschinengewehrsalven.
Die Fujifilm X-T3 hat bereits einen bemerkenswert schnellen und treffsicheren Autofokus. Seine Leistung wurde laut Hersteller bei der X-T4 nochmals verbessert. Ein neuer AF-Algorithmus und eine verbesserte Phasenerkennung sorgen für eine schnelle AF-Geschwindigkeit von nur 0,02 Sekunden. Sehr dynamische Motive werden nun mit doppelt so hoher Präzision erfasst und innerhalb des Bildes automatisch von der Kamera verfolgt.
Die intelligente Gesichts- und Augenerkennung wurde ebenfalls weiterentwickelt. Sie greift Porträtfotografen unter die Arme und stellt Schärfe und Belichtung für Gesichter von Menschen an beliebiger Stelle im Bild ein. Damit wird auch verhindert, dass die Kamera bei Gruppenporträts auf den Hintergrund scharfstellt. Der Fotograf kann dabei bestimmen, ob die Kamera automatisch auf ein Auge scharfstellt oder dem linken oder rechten Auge den Vorzug gibt.
Die Erkennung funktioniert auch bei kontinuierlicher Scharfstellung (AF-C) und beim Videofilmen. Weder eine aufgesetzte Lesebrille noch ein etwas schräger, nicht direkter Blick in die Kamera brachte die Erkennung ins Schleudern. Im praktischen Vergleich kam die X-T4 schon sehr nahe an die Alpha-Kameras von Sony heran, der aktuellen Gesichts/Augen-Erkennungs-Referenz.
Was der X-T4 noch fehlt und bei den meisten Mitbewerbern zum Standard gehört, ist die automatische Augenerkennung bei tierischen Motiven. Mit der X-T4 muss die Schärfe noch selbst auf das Büsi-Auge eingestellt werden.
Die Gesichts- und Augenerkennung wurde ab Werk auf die Funktionstaste «Fn1» gelegt und lässt sich dadurch sehr schnell ein- und ausschalten. Diese Funktionstaste auf der Kameraoberseite befindet sich bei der X-T4 nicht mehr unter, sondern rechts neben dem Auslöser. Sie ist auch nicht mehr mit «Fn» beschriftet wie noch bei der X-T3. Es steht gar nichts mehr drauf.

Wer den Schärfepunkt selber bestimmen möchte, steuert das Fokusfeld mittels Fokushebel, dem «Knubbel» oder Joystick oberhalb der Menü-Taste, auf das Motiv im Display. Dies gelingt sehr zügig und genau. Dabei bleibt man mit dem Auge dauernd am Sucher und kann die Feldgrösse mit dem hinteren Einstellrad verändern. Ein Drücken auf den Fokushebel zentriert das Fokusfeld im Bild.
Die zweite Möglichkeit der gezielten Fokussierung ist das direkte Tippen aufs Motiv im Display. Dabei wird gleich der Autofokus aktiviert und, sofern im Menü eingestellt, eine Aufnahme ausgelöst. Im Serienbildmodus werden dabei so lange Bilder aufgenommen, bis man den Finger wieder vom Display nimmt.
Für das manuelle Scharfstellen hält die Kamera mehrere Hilfen bereit. Neben einer Entfernungsanzeige in Sucher und Display gibt es ein schwarz-weisses oder farbiges Schnittbild in der Mitte des Bildfelds, dessen vier Teile sich bei korrekter Fokussierung in Übereinstimmung befinden. Oder es werden scharfgestellte Konturen farbig hervorgehoben (Fokus-Peaking). Weiter gibt es das «Digital-Microprisma»: Ein unscharfes Rastermuster in einem Kreis zeigt an, dass das Motiv nicht fokussiert ist. Das Raster wird wieder scharf, sobald auch das Motiv scharf ist.
Schliesslich lässt sich der gewählte Fokussierbereich automatisch vergrössern, sobald im manuellen Fokusmodus der Scharfstellring am Objektiv gedreht wird. Zusammen mit der Konturhervorhebung lässt sich dann sehr rasch und genau manuell scharfstellen. Die Schnittbild- und Microprisma-Methode lag mir nicht so besonders.
Serienbilder und Sport-Modus
Bei Serienaufnahmen führt die Fujifilm X-T4 die Schärfe sehr zuverlässig nach. Vorausgesetzt, man studiert die zahlreichen Parameter und passt sie an die jeweilige Aufnahmesituation an.
So gibt es beim kontinuierlichen Autofokus (AF-C) definierte Einstellungen für unterschiedliche Arten sich bewegender Objekte. Diese Einstellungen kombinieren die drei Parameter «Verfolgungs-Empfindlichkeit», «Geschwindigkeitsänderung des Motivs» und «Fokussierbereichs-Vorrang im AF-Modus «Zone».
Parameter 1 bestimmt, wie lange die Kamera abwarten soll, bis der Fokus neu ermittelt wird. Parameter 2 definiert, wie empfindlich die Verfolgung auf Änderung der Geschwindigkeit des Objekts reagiert. Parameter 3 hält fest, welcher Fokussierbereich im Autofokus-Modus «Zone» Vorrang hat.
Die X-T4 hat bereits fünf Voreinstellungen gespeichert, um dem Fotografen die Entscheidung zu erleichtern. Zusätzlich gibt es eine frei definierbare Einstellung. In der Bilderstrecke sind die einzelnen Einstellungen erklärt.
Wer sich etwas genauer mit den vielen Parametern beschäftigt und Kombinationen ausprobiert, wird mit der X-T4 sehr gelungene Serienbilder erhalten. Im Praxistest an der Autobahn wurde im Verfolgungsmodus bei den anvisierten Fahrzeugen in den meisten Fällen konsequent die Schärfe gehalten und vom linken zum rechten Bildrand nachgeführt. Einen Ausreisser gab es bei einem kleineren Auto, das bei einer Aufnahme unscharf, bei der nächsten jedoch gleich wieder knackscharf dargestellt wurde.
Wer ins Bild hineinzoomt, kann bei diesen Aufnahmen problemlos das Nummernschild ablesen und die Insassen durch die Scheiben erkennen. Bei kleineren Motiven wie etwa bei Vögeln im Flug hatte der Autofokus mehr Mühe, die Schärfe zu halten. Hier hatten sowohl die Geschwindigkeit, die Grösse und Farbe des Vogels wie auch der Kontrast zum Hintergrund (blauer einheitlicher Himmel oder dunkler Waldrand) einen Einfluss aufs Resultat.
In der Einstellung «Schnelle Serienaufnahme» schiesst die Fujifilm X-T4 mit bis zu 15 Bildern pro Sekunde mit mechanischem Verschluss. Der elektronische Verschluss erlaubt es, mit 20 Bildern in voller Bildauflösung oder mit bis zu 30 Bildern pro Sekunde und einem Sensor-Crop von 1,25 zu fotografieren. Die Auflösung beträgt dann noch 16,6 statt 26 Megapixel.

Der «Sportsucher-Modus» erleichtert das Aufnehmen eines sich bewegenden Motivs. Die X-T4 blendet dabei eine Flächenmarkierung in der Mitte des Bildes ein, die einem 1,25-fachen Crop entspricht, und nimmt den Bereich innerhalb der Markierung auf. Damit sieht man die Bewegungen des Motivs mit grösserem Umfeld und kann besser abschätzen, wo und wann es sich in die Markierung hineinbewegt.
Dies ist besonders nützlich für die Sport- und Tierfotografie und erleichtert die perfekte Momentaufnahme. Der Sportsucher-Modus lässt sich nicht mit elektronischem Verschluss anwenden.
Bei wichtigen Foto-Events hilft die Funktion «Pre-Aufnahme». Dabei beginnt die X-T4 zu fotografieren, sobald der Auslöser halb gedrückt wird. Sie speichert eine Reihe von Aufnahmen, bis der Auslöser ganz heruntergedrückt wird. Somit sollten nie mehr wichtige Aufnahmen verpasst werden. Diese Funktion ist nur mit dem elektronischen Verschluss möglich.
Hell und dunkel
Dank der hohen Sucher-Auflösung können die Fotos auch unter strahlender Sonne sicher beurteilt werden. Wer dies schon mal auf dem Display einer Spiegelreflexkamera versucht hat, wo es ja anders nicht geht, wird den elektronischen Sucher sehr zu schätzen wissen.
Beim Fotografieren oder Filmen im Dunkeln stört man sich oft am sehr hellen Display, das einen unangenehm blendet oder das Gesicht beleuchtet. Für diese Situationen lässt sich die X-T4 in einen Nachtmodus versetzen. Der entsprechende Menüpunkt dazu ist nicht so leicht zu finden. Wer kann sich schon unter «Informat Kontrastanpassung» etwas vorstellen? Nach Anwählen von «dunkles Umgebungslicht» leuchtet der Monitor der Kamera diskret in augenschonendem Schwarz und Rot.
Wie im richtigen Film

Die Fujifilm X-T4 führt die Tradition der X-Kameras mit ihren typischen Film-Looks weiter. Denn an Stelle der Motiveinstellungen wie «Natürlich», «Landschaft» oder «Porträt» anderer Kameras treten bei Fujifilms X-Serie die Analogfilm-Simulationen. Das sind Nachbildungen analoger chemischer Fujifilm-Klassiker wie etwa «Velvia» oder «Provia».
Ob einem dies gefällt oder nicht, mag Geschmackssache sein. Viele Fotografen und auch weniger «Foto-affine» Personen stehen darauf und sind von der Wiedergabe-Qualität der Fotos begeistert. Die Bilder wirken irgendwie natürlicher, kommen nicht so «digital-elektronisch» daher. Sie gefallen bereits als unbearbeitete JPG-Dateien direkt aus der Kamera.
Dazu tragen neben den Analogfilm-Simulationen sicher auch die 256-Segment-TTL-Belichtungsmessung, der X-Prozessor 4 sowie der von Fujifilm selbst entwickelte X-Trans-CMOS-Sensor bei. Die Besonderheit dieses Sensors liegt daran, dass statt des sonst üblichen Vierermusters (Bayer-Matrix) ein 6x6-Raster bei der Farbfilteranordnung verwendet wird. Dies reduziert die Anfälligkeit für Farbmoirés, die auftreten, wenn sich zwei regelmässige Strukturen (die des Motivs und die des Sensors) überlagern.
Bei den X-T4-Aufnahmen können angenehm satte Farben, exakte Farbwiedergabe, hoher Kontrastumfang und die genaue Wiedergabe von Hauttönen überzeugen. Das beinahe völlige Fehlen von blaugrünen oder pinken Farbsäumen an starken Hell/Dunkel-Übergängen im Bild (chromatische Aberrationen) spricht für eine optimale Zusammenarbeit zwischen Kamera und Objektiv.
Das Bildrauschen hält sich bis ISO 400 angenehm zurück, die JPG-Fotos sind scharf und detailreich. Ab ISO 800 sind dann je nach Motiv und Lichtverhältnissen erste Artefakte sichtbar. Da jedoch kaum Farbrauschen vorhanden ist, wirkt sich das Helligkeitsrauschen sehr natürlich aus. Bei ISO 1600 sind die Bilder durchaus noch brauchbar, feine Strukturen können jedoch zusammenlaufen und kommen verwaschen daher. Je nach Bildinhalt und Farbzusammenstellung fällt dies mehr oder weniger stark auf.
Die Beispielfotos der Bilderstrecke stammen direkt und unverändert aus der X-T4 mit Objektiv Fujinon XF 16–80 mm F4 R OIS WR. Sie wurden mit der Standard-Filmsimulation «Provia» aufgenommen und nur in der Grösse reduziert. Fotografiert wurde aus freier Hand.
Die Analogfilm-Simulationen können auch für Videoaufnahmen verwendet werden. Mit den Einstellungen «Spitzlichter», «Schatten», «Farbe» und «Schärfe» sind sie noch feiner abstimmbar. Die Fujifilm X-T4 hat dazu einen neuen Regler erhalten. Mit «Klarheit» lässt sich der Kontrast bei den mittleren Tonwerten verändern, ohne die Lichter und Schatten zu beeinflussen. Er funktioniert ähnlich wie die gleichnamige Funktion in Photoshop und Lightroom.
Wer mit der Fujifilm X-T4 überlegt und korrekt belichtet, kann die JPG-Fotos direkt aus der Kamera ohne weitere Bearbeitung verwenden. Besonders Profis mit hohem Bilderdurchsatz, etwa Hochzeits-Fotografen mit mehreren Hundert Fotos pro Event, sparen sich damit Stunden an zusätzlicher Arbeit mit Raw-Entwickeln am Computer.
Raw-Entwicklung
Natürlich darf man mit der X-T4 auch im Raw-Format fotografieren. Dann lassen sich neben vielen anderen Einstellungen nachträglich auch die Filmsimulationen ändern und das Foto als neue JPG-Datei speichern. Dies geht zum einen in der Kamera selbst, zum andern und viel komfortabler in einer Raw-Konverter-Software.
Dazu gibt es die Software «Raw File Converter EX» von Fujifilm/Silkypix oder das «Fujifilm X Raw Studio», das via USB-Kabel die Leistung des Bildprozessors der Kamera nutzt, um Raw-Dateien schnell und in hoher Qualität in JPG-Bilder umzuwandeln.
Wer Adobes Photoshop oder Lightroom besitzt, wird auch im dazugehörenden Raw-Konverter fündig. Die Filmsimulationen lassen sich dort über die Kamerakalibrierung auswählen. Allerdings sind einige Fotografen von den Umwandlungs-Resultaten der Fujifilm-Raw-Dateien in der Adobe Software nicht besonders begeistert und bevorzugen das Programm «Capture One Pro».
Die folgende Bilderstrecke zeigt die 18 verschiedenen Filmsimulationen der Fujifilm X-T4. Sie wurden aus einer Raw-Aufnahme direkt im Raw-Konverter der Kamera erstellt und als JPG-Dateien gespeichert.
Bracketing und WiFi-Verbindung
Die Fujifilm X-T4 beherrscht selbstverständlich auch Automatikreihen. Bei diesem «Bracketing» variiert die Kamera während einer Serie von Bildern automatisch bestimmte Einstellungen. So gibt es Automatikreihen für Belichtung, ISO, Weissabgleich, Dynamik, Fokus und sogar für die verschiedenen Filmsimulationen. Mehrfachbelichtungen, Fotos mit Filtereffekten, Panoramabilder und Intervallaufnahmen mit Timer stehen ebenfalls im Repertoire der Kamera.
Über die App «Fujifilm Camera Remote» steuert man viele Kameraeinstellungen drahtlos per Smartphone oder Tablet. Ideal für Gruppenfotos, Selbstporträts oder wenn die Kamera erschütterungsfrei ausgelöst werden soll. Sobald die Verbindung steht, kann man die Kameraeinstellungen drahtlos per Bluetooth und WiFi steuern, Fotos auslösen, Video aufnehmen, durch die Bilder auf der Kamera blättern und ausgewählte Bilder per WLAN im Netz sichern oder Standortdaten zur Kamera hochladen.
Wird nur der sparsame Bluetooth-Modus aktiviert, funktioniert die App als einfacher Fernauslöser für Foto- und Video, ohne Live-Anzeige des Bildes auf dem Smartphone oder Tablet.

Filmen in vielen Formaten

Bis 2016 lautete die kurze und klare Philosophie: Eine Fujifilm-X-Kamera ist in erster Linie ein fotografisches Gerät. Dann kam die X-T2 und erlaubte als erste X-Kamera das Videofilmen in 4K/UHD-Qualität. Bei der X-H1 war dann das Cinema 4K-Format (DCI) an Bord und der Eterna-Filmlook zog ein. Spätestens bei der Fujifilm X-T3 wurde auch so mancher Mitbewerber nervös und brachte den eigenen Fotokameras bessere Videofunktionen bei oder stampfte gar völlig neue Produkte im Vollformat aus dem Boden.
Fujifilm bleibt dem APS-C-Format treu und hat weniger die bereits sehr umfangreichen Videomöglichkeiten der X-T3 erweitert, als vielmehr die praktischen Wünsche vieler Video-Enthusiasten erfüllt. Ein Bildstabilisator wurde in die neue Kamera eingebaut und das Touch-Display lässt sich seitlich ausklappen und nach vorne drehen. Was vor allem die Youtuber, Vlogger und Selfie-Fans erfreut.
Neu ist bei der X-T4 auch ein Umschalter zwischen Foto- und Videobetrieb und den dazugehörenden Menüpunkten. Damit wird das nach wie vor umfangreiche Menüsystem etwas übersichtlicher. Im Videobetrieb können so zum Beispiel die ganzen Fotoblitz-Einstellungen entfallen.
Zudem bleiben nun die unterschiedlichen Parameter fürs Fotografieren und Videofilmen säuberlich getrennt und sind beim Umschalten sofort wieder verfügbar. Die eingestellte Belichtungszeit von 1/200stel im Fotomodus bleibt gespeichert, auch wenn man zwischendurch auf Video umschaltet und mit 1/50stel Sekunde filmt.
Auflösungen, Bildraten und Zeitlimiten
Die Fujifilm X-T4 beherrscht alle aktuellen Videoauflösungen und -formate. Gespeichert werden die Aufnahmen im MOV-Container in Auflösungen von echtem 4K DCI (17:9) mit 4096 x 2160 Pixel, in 4K UHD (16:9) mit 3840 x 2160, in Full-HD (17:9) mit 2048 x 1080 und in Full-HD (16:9) mit 1920 x 1080 Pixel. Neu ist in der 4K-Auflösung mit 30 Bildern pro Sekunde auch der MP4-Container wählbar.
Die Framerate bei der «All-Intra»-Komprimierung ist für die beiden 4K-Auflösungen auf maximal 30 Bilder pro Sekunde (fps) beschränkt, dafür wird mit dem höchsten Datendurchsatz von 400 Mbps aufgenommen. Die Datenraten, die dann anfallen, werden bei der Bearbeitung so manches Videoschnittsystem in die Knie zwingen.
Die höchste Framerate für die 4K-Auflösungen beträgt 60 fps, bei 4K DCI wird dazu im HEVC/H.265-Codec gefilmt. Bei Frameraten von 50 und 60 fps und 4K-Auflösung kann längstens 20 Minuten, bei 24 bis 30 fps längstens 29 Minuten am Stück gedreht werden. Dann muss ein erneuter Druck auf den Auslöser erfolgen. In Full-HD-Auflösung beträgt die Limite generell 29 Minuten.

Fujifilm X-T4 F-Log- und HLG-Aufnahmen
Wer seine Aufnahmen intensiv nachbearbeiten möchte, nimmt mit der flacher F-Log-Gammakurve auf, die vor allem beim Colorgrading eine grössere Bearbeitungs-Bandbreite bietet. Dabei lässt sich mit der X-T4 eine Standard-Filmsimulation und das F-Log-Material gleichzeitig ausgeben. Das bedeutet, der Kameramann oder Kunde sieht nicht nur die flauen F-Log-Aufnahmen während des Filmens, sondern kann sich mittels Filmsimulation im wahrsten Sinne des Wortes bereits ein Bild über das Aussehen des Endprodukts machen.
Wer gleich in der Kamera mit einem bestimmten Look aufnehmen möchte, kann auf die 18 Analogfilm-Simulationen zurückgreifen. Dabei ist die Filmsimulation «Eterna» speziell für filmähnliche Videos ausgelegt. Neu ist bei der X-T4 die Variante «Eterna Bleach Bypass» hinzugekommen. Sie bietet geringere Farbsättigung und höhere Kontraste für Foto und Video als bei «Eterna».

Wenn als Codec «MOV/H.265 (HEVC) LPCM» ausgewählt ist, nimmt die X-T4 auch im HLG-Format auf. HLG-Aufnahmen zeigen auf kompatiblen Displays kontrastreichere Szenen und lebendigere Farben. Sie haben auch noch Zeichnung in sehr hellen Bereichen wie etwa Himmel oder spiegelnde Wasserflächen, die sonst gerne überstrahlen oder «ausreissen», wenn man versucht, die übrigen Motive im Bild korrekt abzulichten.
Auch dunkle Bereiche, die schnell unterbelichtet sind, werden in hoher Qualität und mit grossem Farbreichtum so aufgenommen, wie sie sich dem menschlichen Auge darstellen.
HLG (Hybrid Log Gamma) ist ein HDR-Format nach internationalem Standard ITU-R BT.2100. Der Fernseher oder Monitor muss ebenfalls die Darstellung von Bildern im HDR-Format unterstützen. Manchmal muss dafür das HDMI-Eingangssignal angepasst werden. An meinem UHD-TV musste ich im Bildmenü den Eingang auf die höchste Qualitätsstufe (4K60 4:4:4, 4K60 10-Bit-HDR) stellen, bevor die HDR-Aufnahmen in voller Pracht erstrahlten.

Stabilisieren und Scharfstellen
Bei der Videoaufnahme lässt sich der eingebaute Stabilisator (IBIS) der X-T4 und der im Objektiv verbaute (OIS) noch zusätzlich mit einer elektronischen Bildberuhigung (DIS) kombinieren. Je nach gewählten Videomodi verändert sich dabei der Bildausschnitt. Dem lässt sich entgegenwirken, indem die neue «FILM CROP FIX»-Funktion eingeschaltet wird. Sie sorgt für einen einheitlichen Bildbeschnitt von 1,29 bei allen Videoaufnahmen.
Für einen weiteren «Schub» bei der Bildberuhigung sorgt der «STABI-MODUS-BOOST». Er greift noch kräftiger zu und erlaubt wackelfreie Aufnahmen aus der Hand. Dabei sollte möglichst wenig geschwenkt, sondern nur statisch gefilmt werden.

Den Video-Autofokus-Modus stellt man am besten auf Vario-AF, dann arbeitet er bei genügend Licht und Kontrast sehr treffsicher, wenn auch manchmal ein kurzes Pumpen festzustellen war. Dieses sehr rasche Hin- und Herfahren des AF-Motors stört beim Fotografieren kaum, da erst ausgelöst wird, wenn die Schärfe sitzt. Bei Filmen werden es aufmerksame Augen eher als störend empfinden. Doch Profis fahren die Schärfe bei Videoaufnahmen ja eh manuell.
Das Autofokus-Verhalten lässt sich auch beim Filmen auf die jeweilige Situation feintunen, indem AF-Geschwindigkeit und Verfolgungs-Empfindlichkeit angepasst werden. Die Verfolgungs-Empfindlichkeit bestimmt, wie lange die Kamera mit dem Neufokussieren wartet, wenn ein Objekt hinter oder vor dem momentanen Hauptobjekt im Fokussierbereich erscheint. Mit der AF-Geschwindigkeit stellt man die Reaktionsgeschwindigkeit des Autofokus ein.
Stehen beide Werte auf null, wird sehr schnell von einem zum anderen Objekt gewechselt und rasch scharfgestellt. Ideal für schnell ändernde Situationen wie etwa beim Fussball, Handball oder Eishockey. Für meine AF-C-Testaufnahmen mit Schärfeverlagerung war dies viel zu heftig und der Fokus sprang unschön hin und her. Nach einigen Versuchen war ich dann mit +3 bei der Empfindlichkeit und -2 bei der Geschwindigkeit zufrieden. Nun wurde die Schärfe zügig, aber nicht zu schnell zwischen den einzelnen Objekten verlagert.


Im Mehrfeld-AF-Modus wählt die Kamera die Schärfe im Bild selber aus. Diese Zufalls-Fokussierung kann man beim Filmen getrost vergessen. Sehr gut funktionierte hingegen der «Push-AF» über den Touchscreen. Ein Fingertipp darauf und die Schärfe wird dorthin verlagert. Wer möchte, kann damit auch gleichzeitig die Videoaufnahme starten.
Durch den sehr klaren OLED-Sucher ist auch das manuelle Scharfstellen eine wahre Freude. Verschiedene Schärfe-Ebenen können gezielt angefahren und kreativ eingesetzt werden, da sie sich bei offener Blende und dank des APS-C-Sensors gut voneinander unterscheiden.
Bei den Videoeffekten hat Fujifilm den Highspeed-Modus verbessert. Und zwar gleich ums Doppelte gegenüber der X-T3. So sind nun Highspeed-Aufnahmen mit 240 Bildern pro Sekunde in Full-HD möglich, mit denen sich extreme Zeitlupen mit 10-fach verlangsamten Bewegungsabläufen realisieren lassen.
Wer etwas damit spielt, wird kaum mehr aufhören können und immer weitere Motive zur Verlangsamung suchen. Im Nu rauschen dann ganze Nachmittage oder Abende vorbei. Wie heisst es so schön: Entdecke die neuen Möglichkeiten.
Wischen und lautloses Bedienen
Auch beim Filmen lassen sich per Wischbewegung über das Display die vier Touch-Funktionen aufrufen. Ich musste jedoch etwas üben, bis ich heraushatte, wie viel Fingerdruck es dafür braucht. Fürs Videofilmen belegt man die Wisch-Gesten am besten mit dem Histogramm zur Belichtungskontrolle, der Wasserwaage und der Mikrofon-Einstellung. Auch eine Zebra-Anzeige mit wählbarer Helligkeitsschwelle lässt sich einblenden.
Die «Lautlose Bedienung bei Videoaufnahmen» der X-T3 heisst neu bei der X-T4 «FILM-OPTIMIERTE STEUERUNG». Damit verändert man die Einstellungen per Touchscreen, um zu vermeiden, dass von der Kamerabedienung herrührende Geräusche mitaufgenommen werden. Die Einstellräder sind ausser Betrieb. Die gesamte Bedienung erfolgt durch Antippen des gewünschten Symbols am rechten Rand des Displays. Die Werte, zum Beispiel Mikrofonpegel oder ISO-Empfindlichkeit, werden ebenfalls durch Wischen oder Tippen eingestellt.
Da nicht alle elf Symbole gleichzeitig auf dem Display Platz finden, muss zur Auswahl erst geblättert, bzw. «auf- und abgewischt» und dann auf das gewünschte Symbol gedrückt werden. Das macht es unnötig kompliziert und fehleranfällig. Ich konnte mich mit dieser Art der Bedienung nicht richtig anfreunden.
Wer überhaupt nichts mit Fingertippen und Wischen übers Display am Hut hat, darf die gesamten Touch-Funktionen auch abschalten und die X-T4 ausschliesslich über Rädchen, Ringe und Tasten bedienen.
Anschluss gesucht
An der linken Kameraseite der Fujifilm X-T4 befinden sich ein 3,5-mm-Mikrofonanschluss und darunter eine 2,5-mm-Fernauslöserbuchse. Dann folgt die HDMI-Ausgangsbuchse, leider in der kleinsten und «handhabungsfeindlichsten» Micro-Ausführung, sowie der USB-Anschluss in Typ-C-Form. Mit den Anschlüssen an der X-T3 hatte Fujifilm ein viel besseres Händchen gehabt. Zum einen gibt es am Vorgänger einen echten 3,5-mm-Kopfhöreranschluss an Stelle der Fernauslöserbuchse, und zum anderen besteht die Abdeckung für alle Anschlüsse an der X-T3 aus einem Stück und lässt sich sogar ganz abnehmen, sollte sie einem in die Quere kommen. Ganz anders die X-T4. Dort ist die Anschlussabdeckung zweigeteilt und lässt sich nicht mehr komplett entfernen.
Schliesst man ein externes Mikrofon und einen Kopfhörer mittel USB-C-Adapter an, baumeln die beiden Deckel völlig unmotiviert in der Gegend herum. Paradoxerweise ist bei der X-T4 die Abdeckung für die Speicherkartenfächer aus einem Stück und lässt sich abnehmen. Das braucht in der Praxis keiner und ist meiner Meinung nach völlig unverständlich. Das trübt den sonst professionellen Eindruck dieser Fujifilm-Kamera schon etwas.

Die Videoqualität der X-T4 steht der Fotoqualität in keiner Weise nach. Beeindruckende Aufnahmen gibt es schon in Innenräumen und unter weniger optimalen Lichtverhältnissen. Draussen und bei genügend Licht ist Rauschen eh kein Thema. Die Videobildqualität überzeugt mit wenig Moiré und minimalen Kompressionsartefakten. Unterschiede zwischen den verschiedenen Codecs sind, wenn überhaupt, nur im Detail erkennbar und vernachlässigbar.
Bei den Farben haben mich einmal mehr die Analogfilm-Simulationen überzeugen können. Manche sehen dies vielleicht etwas anders. Das ist halt wie immer bei solchen Beurteilungen eine Sache des persönlichen Geschmacks.
Fazit

Die Fujifilm X-T4 hat die bewährte Ausstattung des Vorgängers übernommen, auf die Wünsche des Markts gehört und die neue Kamera mit eingebautem Bildstabilisator (IBIS) und zur Seite schwenkbarem Selfie-Display ergänzt. Die inneren Werte wie Sensor, Bildauflösung, Analogfilm-Simulationen oder Videoformate haben sich nicht geändert. Einige Funktionen wie die Autofokus-Zuverlässigkeit oder die Zeitlupenmöglichkeiten wurden verbessert und optimiert. Neu ist auch ein Foto/Movie-Umschalter hinzugekommen.
Von den Abmessungen her unterscheidet sich die Fujifilm X-T4 kaum von ihrem Vorgänger. Das handliche, robuste Gehäuse und die Wetterfestigkeit sind ebenso geblieben wie die etwas gewöhnungsbedürftige Kamera-Bedienung im Retrolook.
Wer bereits eine Sammlung von nicht-bildstabilisierten Fujinon-Festbrennweiten besitzt, wird sich über den IBIS der X-T4 freuen. Wer vorwiegend Zoomobjektive mit integriertem Bildstabilisator (OIS) einsetzt und kein Vlogger oder Selfie-Fan ist, darf ruhig weiter bei seiner X-T3 verbleiben.
Für Foto- und Video-Einsteiger mit Smartphone-gewohnten Wischfingern ist die Handhabung der Fujifilm X-T4 eher verwirrend und wohl kein Thema.
Die Fujifilm X-T4 ist in den Farben Schwarz und Silber im Handel erhältlich. Die unverbindliche Preisempfehlung für das Gehäuse allein beträgt 1998 Franken, für das Fujifilm X-T4 Kit mit Objektiv XF 18–55mm 2389 Franken, und für das Fujifilm X-T4 Kit mit Objektiv XF 16–80mm 2498 Franken.
Bildstabilisator IBIS
AF-Geschwindigkeit
Serienbildfunktion
OLED-Sucher
Seitlich ausschwenkbares Touch-Display
Analogfilm-Simulationen
4K DCI- und UHD-Video mit 60 fps
10-Bit-Video intern und extern
F-log- und HLG-Video
Spritzwasser- und staubgeschützt
Vielseitig konfigurierbar
Keine dezidierte Kopfhörer-Buchse
Micro-HDMI-Anschluss
Kein Aufsteckblitz mehr dabei
Onlinelink:
https://www.avguide.ch/testbericht/test-aps-c-systemkamera-fujifilm-x-t4-bildstabi-und-selfie-display