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Wolkenkratzer

Test: Focal Aria K2 926 Standlautsprecher

Publiziert am 26. Mai 2022 - Christian Wenger
Focal. Focal.

Standlautsprecher gibts wie Sand am Meer. Sie wirken meist elegant, nutzen die Standfläche ideal zu einem brauchbaren Volumen hin – im Gegensatz zu den Monitoren auf Ständern. Dies führt in gefühlt 95 % aller Fälle mithilfe des Bassreflex-Prinzips zu einem voluminösen Auftritt in den tiefen Registern. Die überwiegend schmalen Fronten suggerieren eine ungehinderte Abstrahlung (besser: Schallwellenausbreitung). Dies trifft aber nicht zu, denn grosse und breite Schallwände sind hierfür geeigneter.

Akustik ist eben nicht Aerodynamik. Was schön schlank daherkommt, muss akustisch nicht optimal sein. Wir wollen eigentlich nicht fliegen, sondern Musik hören. Schlank ist aber eben schön – und darauf kommts im Wohnraum an und darum ist das beliebt. Wer also erfolgreich viele Lautsprecher verkaufen will, der hat mit schlanken Standlautsprechern die allerbesten Chancen.

Nichtsdestotrotz ist der Markt für wohnraumgünstige Standlautsprecher ein Haifischbecken, ganz besonders in der mittleren Preisklasse, wo die Musikliebhaber höhere Ansprüche haben, auf möglichst wenig verzichten wollen und auf gut sichtbare Preiskompromisse ungnädig reagieren.

Focal gehört zu den grössten Lautsprecher-Herstellern und wird im umkämpften Stereo-HiFi-Markt vermutlich das meiste Geld mit den günstigeren Modellreihen verdienen. Die neue Focal Aria K2 926 ist daher schon auf den ersten Blick ein Frontalangriff, ein sichtbares Statement der Mittelklasse und mit einer Verarbeitungsqualität ausgestattet, die staunend macht. Nun sind sie nicht ganz so billig – Mittelklasse eben – und schlagen mit 3500 CHF ins Konto.

Dass die Schallwand leicht nach hinten geneigt ist, tut der eleganten Erscheinung des Aria K2 926 bestimmt keinen Abbruch.Dass die Schallwand leicht nach hinten geneigt ist, tut der eleganten Erscheinung des Aria K2 926 bestimmt keinen Abbruch.

Was man dafür bekommt, ist optisch umfassend gut gemacht und kein «falscher Hase». Die Lackierung an den Seiten des leicht asymmetrischen MDF-Gehäuses ist perfekt spiegelglatt und die Lederstruktur in Kunststoff der Schallwand ist so perfekt, dass man gerne auf Echtleder verzichten mag. Die Kanten zwischen den unterschiedlichen Oberflächen sind ebenso schön herausgearbeitet. Das Farbkonzept ist modern in Grautönen und wohl kein Zufall. Man sieht die schönen Grautöne schon einige Zeit auf den Strassen.

Das akustische Gehäuse ist fest verankert mit einer Basis, die u.a. mit integrierten Spikes verschiedene Ankopplungen an den Boden ermöglicht, den Lautsprecher optisch perfekt vom Boden hebt und zum Schweben bringt. Die Basis ist nicht wie erwartet ein CNC-gefräster MDF-Klotz, sondern aus einer Aluminium-Legierung gearbeitet. Die zum akustischen Gehäuse hinführenden Stützen geben der Aria K2 926 eine sanfte Neigung nach hinten, wie der Tänzer beim Antritt und stellen die richtige Distanz des Luftaustritts gegen den Boden sicher. Das System verfügt über zwei Öffnungen, um die Tiefbasseigenschaften zu verbessern.

Der Hochtöner mit inverser Aluminium/Magnesium-Kalotte mit Federung aus Poron, einem Polyurethan. Die Frontplatte um die Kalotte dient als Wave-Guide, verbessert die horizontale Wellenausbreitung und damit die Qualität der Raumabbildung.Der Hochtöner mit inverser Aluminium/Magnesium-Kalotte mit Federung aus Poron, einem Polyurethan. Die Frontplatte um die Kalotte dient als Wave-Guide, verbessert die horizontale Wellenausbreitung und damit die Qualität der Raumabbildung.

Der Hochtontreiber mit invers ausgeformter Aluminium/Magnesium-Kalotte ist typisch Focal. Von der Poron-Federung um die Kalotte verspricht man sich ein sanftes Klangbild. Die elliptische kleine Schallwand um die Kalotte ist als Wave-Guide ausgeformt und soll die horizontale Ausbreitung der Schallwellen in ihrer Richtung optimieren. Dahinter stecken wichtige Überlegungen, die den Fokus und die räumlich präzise Ausbildung der Akteure auf der Klangbühne perfektionieren – zumindest so lange es die Aufnahme und die exakte Aufstellung der Aria K2 926 zulassen.

Einer von zwei 165-mm-Basstreibern mit Sandwich-Membrane aus Aramid-Fasern. Sie können grosse Pegel verarbeiten und sind sehr leistungsfähig.Einer von zwei 165-mm-Basstreibern mit Sandwich-Membrane aus Aramid-Fasern. Sie können grosse Pegel verarbeiten und sind sehr leistungsfähig.
Der Mitteltontreiber unterscheidet sich trotz identischer Grösse vom Tieftöner durch eine leichtere Membran. Sie verspricht hohe Feindynamik und Präzision.Der Mitteltontreiber unterscheidet sich trotz identischer Grösse vom Tieftöner durch eine leichtere Membran. Sie verspricht hohe Feindynamik und Präzision.

Die zwei Basstreiber und der Mitteltontreiber haben denselben Durchmesser. Ihre Membranen bestehen aus einem mit Aramidfasern durchsetzten Kunststoff. Beim Mitteltöner ist dieser als eine Schicht und bei den Basstreibern als Sandwichkonstruktion ausgeführt. Die K2-Variante der Aria-Modellreihe verwendet diese Treiber exklusiv. Die Trennfrequenzen liegen bei 290 Hz und 2,4 kHz. Somit kümmern sich die beiden Basstreiber wirklich um den Bass und der Mitteltöner eben um den Mittelton. Sie schauen sich nicht gegenseitig in den Teller.

Die Aria K2 926 ragt 104 cm über den Boden und hat ein Profil von 29 x 37 cm. Die Basis ist etwas grösser. Mit 26 kg ist der Speaker schon recht schwer, man schöpft Vertrauen. Das Gesamtspektrum wird mit 43 Hz bis 28 kHz angegeben und das im Toleranzband von +/-3 dB. 36 Hz soll aber bei -6 dB noch gut hörbar sein. Der Wirkungsgrad ist mit 91.5 dB noch ansprechend und die Nominalimpedanz liegt bei 8 Ohm. Das Minimum liegt bei 2,9 Ohm, was für moderne Verstärker unproblematisch ist.

Die integrierte Basis aus einer Aluminium-Legierung erhöht die Stabilität, nicht zuletzt dank integrierter Spikes, und sie gibt dem Downfiring-Vent als Erweiterung des Bassreflex-Ports eine exakte Umgebung.Die integrierte Basis aus einer Aluminium-Legierung erhöht die Stabilität, nicht zuletzt dank integrierter Spikes, und sie gibt dem Downfiring-Vent als Erweiterung des Bassreflex-Ports eine exakte Umgebung.

Hörsituation

Viele Leute kaufen sich zu grosse Lautsprecher, die nicht zu ihren kleinen Räumen passen. Die Empfehlung des Herstellers Focal, der die Aria K2 926 übrigens in Frankreich herstellt, darf man ernst nehmen: Der Raum sollte 20 m2 oder grösser sein. Das passt gut zu modernen Wohn/Essräumen mit offener Küche. So kann man die Aria K2 926 durchaus als Wohnraum-Lautsprecher und nicht als Hörraum-Lautsprecher einordnen.

Unauffällige Kabelanschlüsse.Unauffällige Kabelanschlüsse.

Die optimale Hördistanz liegt gemäss Hersteller-Empfehlung bei 3 Metern. In der Testsituation war es etwas weniger. Wer konzentriert und kompromisslos Musik hören will, sollte die stoffbespannten Abdeckungen besser abnehmen. Der Unterschied war hörbar. Beim Musikhören en passant oder bei TV-Beschallung braucht man das natürlich nicht zu tun. Die Abdeckungen können dank magnetischer Befestigung leicht und passgenau angebracht werden.

Der All-In-One-Player Unity Star von Naim in der Sonderausführung «Ash grey» kann zusammen mit den Aria K2 926 und den NAC-A5-LS-Kabeln als attraktives Bundle für 7899 EUR erworben werden.Der All-In-One-Player Unity Star von Naim in der Sonderausführung «Ash grey» kann zusammen mit den Aria K2 926 und den NAC-A5-LS-Kabeln als attraktives Bundle für 7899 EUR erworben werden.

Punkto Verstärkung dürften 50+ Watt an 8 Ohm ausreichen. Zurzeit gibt es ein attraktives Systemangebot der Aria K2 926 zusammen mit dem All-In-One-Player Unity Star von Naim (siehe Bild). Diese Kombination klang schon sehr stimmig und auch laut ganz problemlos. Für den Test verwendeten wir aber grösseres Geschütz in Form eines sehr potenten Naim-Systems.

Es ist ja kein Geheimnis, dass Focal und Naim zusammengehören und am Markt gut orchestriert auftreten. Das sollte aber niemanden davon abhalten, diese Lautsprecher als absolut eigenständig zu sehen und im Rahmen der eigenen Vorstellungen und Erfahrungen zu testen und zu kombinieren. Ich kann mir sogar gut vorstellen, dass man die Klangsignatur der Aria K2 926 noch etwas stimmiger in Szene setzen könnte und dass der dafür geeignete Verstärker nicht zwingend von Naim kommen müsste. Dazu unten mehr.

Für den Hörtest stand auch ein sehr potentes Naim-System zur Verfügung, um ein Optimum aus den Speakern herauszukitzeln.Für den Hörtest stand auch ein sehr potentes Naim-System zur Verfügung, um ein Optimum aus den Speakern herauszukitzeln.

Hörerlebnis

Im ersten Hördurchgang galt es, die Low Bass Performance auszuloten. «Flight of the Cosmic Hippo» von Béla Fleck gelang der Aria K2 926 nahezu bravourös, trocken und schnell. Bei der Position 2:25 kamen die ganz tiefen Register nicht mehr optimal, etwas diffuser, aber immer noch sehr passabel. Der Eindruck stimmt auch durchaus mit den technischen Angaben des Herstellers überein, was lobenswert ist.

Die Bollywood-Filmmusik aus Lagaan ist ein Paradebeispiel dieses witzigen und lustigen Film- und Musik-Genres. Das Stück ist hervorragend produziert und geht vom Zirpen über wuchtige und weit aufgespannte Buschtrommeln zur kindlich klagenden Mädchenstimme. Dann kommt vermutlich der Prinz – mit Bariton – und im Hintergrund wird wacker perkussioniert. Die Umsetzung der Aria K2 926 war authentisch und souverän und zudem recht frontal.

Lou Reeds Spaziergang in der Wildnis kam mit viel Finesse und auch mit charakteristischem Näseln (Lou selbst) von der Bühne. Der viel zitierte Saxofon-Einsatz bei 3:38 war sehr echt und unübertrieben. Erika Badu und Dominique Fils-Aimé hauten thematisch in dieselbe Kerbe: Die Aria K2 926 brachte die grossartigen und hypnotisierenden Stimmen der Ladys perfekt hin.

Hördurchgang 1: Screenshots der Songs von Qobuz auf der Naim-App. Thema: Harte und sanfte Perkussion.Hördurchgang 1: Screenshots der Songs von Qobuz auf der Naim-App. Thema: Harte und sanfte Perkussion.

Die Steve Gadd Band musizierte mit der Aria K2 926 recht grossräumig, vielleicht ein wenig zu kompakt, mit klarer Gruppierung und viel Wucht – genau so, wie ich das im Kopf referenziert hatte. Jacob Colliers Stimme wurde mit der Aria K2 926 wunderbar aufgelöst und modelliert, aber mit einer Tendenz zu hochtonaler Übertreibung. Das kann, bei auf Effekten basierendem Musikmaterial, zu viel des Guten sein.

Hördurchgang 2: Screenshots der Songs von Qobuz auf der Naim-App. Thema: Komplexe Klanggemälde.Hördurchgang 2: Screenshots der Songs von Qobuz auf der Naim-App. Thema: Komplexe Klanggemälde.

Till Fellners wunderbar losgelöste und schwebende Interpretation von Beethovens Emperor-Klavierkonzert konnte mich nicht so recht in den Bann schlagen. Das Klavier wirkte manchmal etwas dünn und der Hochtonanteil etwas zu überbetont. Geschmacksache? Raumakustik? Beides hatte hier einen Einfluss.

Die ersten Takte der 4. Sinfonie von Brahms in der vorliegenden Interpretation stimmten mich versöhnlich. Ich habe das Stück zwar homogener in Erinnerung und konnte das später auch nachvollziehen, doch setzte die Klangsignatur der Aria K2 926 einen spannenden Akzent punkto Transparenz. Das geht, auch für mich. Man lernt nie aus mit guten Lautsprechern.

Hördurchgang 3: Screenshots der Songs von Qobuz auf der Naim-App. Thema: Klassik und Vintage Guitar.Hördurchgang 3: Screenshots der Songs von Qobuz auf der Naim-App. Thema: Klassik und Vintage Guitar.

Baden Powells Jahrhundert-Stück «Tristeza» klingt ja alles andere als traurig, sondern sehr beschwingt. Die eigenwillige Aufnahme (1960er-Jahre) mit der Perkussion stramm rechts, dem Bass links und dem Solisten im Zentrum wurde sehr präzise und überzeugend abgebildet – mit Verve und totaler Beschwingtheit. Das Anklingen der Gitarrensaiten hörte sich sehr präzise an, aber mit einer eigentümlichen Sanftheit umrahmt.

Mein Klangfazit zeigt mit der Aria K2 926 einen Lautsprecher, der mit vielen Musikstilrichtungen sehr gut umgehen kann und in aussergewöhnliche Höhen emporsteigt, bis er an den Wolken kratzt. Die Präsenz des Hochtons ist manchmal – und wirklich nur manchmal – für meinen Geschmack des Guten zu viel. Das kann natürlich bei kurzem Hinhören verblüffen und beeindrucken. Aber noch mehr Hochtonakzente würden mich auf Dauer stören. Hier kann der Musikhörer mit der Wahl von Verstärker, DA-Wandler und Quellen durchaus einwirken.

Fazit

Die Aria K2 926 ist das Paradebeispiel eines perfekt durchdesignten und hochwertig ausgeführten, modernen 3-Weg-Standlautsprechers, der ohne (oder mit sehr wenigen) Kompromissen auskommt. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist aussergewöhnlich gut. Der Lautsprecher profitiert eindeutig von der Technologiekompetenz des Herstellers, der es souverän hinbekommt, die Errungenschaften seiner Spitzengewächse in bezahlbare Dimensionen zu falten.

Die Schutzfolie auf dem Display trübt den Blick auf das grossartige Album Magnificat der Trondheimer Solisten.Die Schutzfolie auf dem Display trübt den Blick auf das grossartige Album Magnificat der Trondheimer Solisten.
STECKBRIEF
Modell:
Aria K2 926
Profil:
3-Wege-Standlautsprecher in edler Verarbeitung und sehr guter Klangleistung in Räumen ab 20 Quadratmeter mit einer empfohlenen Hördistanz von 3 Metern.
Pro:
Sehr transparentes Klangbild
Präzise Raumabbildung
Pegelfest und präzise auch im Tiefbass
Sehr schöne Oberflächen (Finish)
Contra:
Musikhören ohne Frontabdeckung empfohlen
Preis:
3,498.00 CHF
Hersteller:
Jahrgang:
2022
Vertrieb:
Masse:
290 x 370 x 1040 mm
Gewicht:
26 kg
Farbe:
Aschgrau
Bass:
2 x 165 mm Sandwich-Fasermembran (Aramid)
Bauprinzip:
3 Weg bassreflex
Empfohlene Leistung:
50 – 250 Watt
Frequenzgang:
43 Hz bis 28 kHz ± 3dB
Hochton:
TNF Kalottenhochtöner mit Waveguide
Impedanz:
8 Ohm
Maximale Leistung:
250 Watt
Mittelton:
1 x 165 mm Fasermembran (Aramid)
Wirkungsgrad:
91.5 dB

Onlinelink:
https://www.avguide.ch/testbericht/test-focal-aria-k2-926-standlautsprecher-wolkenkratzer