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Nordische Schönheit

Test Lautsprecher Amphion Argon 7LS

Publiziert am 30. Juni 2020 - Martin Freund
Die Argon 7LS ist in vier verschiedenen Design-Versionen erhältlich. Fast schon winterlich-nordisches Flair hat die «Full White»-Version mit ihren weissen Ziergittern.Die Argon 7LS ist in vier verschiedenen Design-Versionen erhältlich. Fast schon winterlich-nordisches Flair hat die «Full White»-Version mit ihren weissen Ziergittern.

Hierzulande noch nicht so bekannt: Der finnische Hersteller Amphion baut bereits seit 1989 hochwertige Lautsprecher. Das mittelständische Unternehmen ist in Kuopio beheimatet, einer malerisch auf einer Halbinsel am Kallavesi-See gelegenen Kleinstadt. Hier werden – unter Einsatz von viel Handarbeit – sowohl professionelle Studiomonitore wie auch drei verschiedene Lautsprecherreihen für den Heimgebrauch gefertigt. Der hier getestete 7LS ist das Spitzenmodell der Argon-Serie. Diese beinhaltet – nebst einem Centerlausprecher für den Heimkino-Einsatz – fünf verschiedene Modelle, darunter die drei Regalboxen Argon0, Argon1 und Argon3S (Preise: ab CHF 1100.- das Paar) sowie die kleinere Standbox Argon3LS (Preis ab CHF 3665.-).

Viel Handarbeit: Beim mittelständischen Unternehmen Amphion im finnischen Kuopi ist noch Manpower angesagt: Hier bei der Bestückung eines Zweiwege-Monitors für den Pro-Bereich.Viel Handarbeit: Beim mittelständischen Unternehmen Amphion im finnischen Kuopi ist noch Manpower angesagt: Hier bei der Bestückung eines Zweiwege-Monitors für den Pro-Bereich.

Die Argon 7LS sind rundum makellos verarbeitet und machen deutlich, dass Produkte «handmade in Finland» ganz offensichtlich eine ganz andere Aura mit sich bringen als Massenware aus Fernost. Auch die Industriedesigner haben ganze Arbeit geleistet und trotz funktionellem Primat der 7LS ein elegantes und geschmackvolles Aussehen verpasst. Grundsätzlich kann man sie in fünf verschiedenen Versionen bestellen (siehe: hier). Je nach Ausführung sind die Schutzgitter, der Waveguide und der Sockel in Schwarz oder Weiss gehalten. Zusätzlich kann man aber bei den drei runden Schutzgittern individuelle Akzente setzen. Diese darf man nämlich auch in anderen Farbtönen bestellen. Besonders angetan hat es dem Autor freilich die «All-White-Version», die mit durchgängig in Weiss gehaltenen Abdeckungen und Waveguide fast schon einen «Schneewittchen-Touch» in die Wohnstube zaubern. Wer es lieber rustikal mag, kann die Argon 7LS auch in Nussbaum-Echtholzfurnier bestellen, bezahlt dafür jedoch CHF 340.- Aufpreis.

Die Argon 7LS ist in fünf verschiedenen Grundversionen erhältlich. Hier nicht auf dem Bild die Version in Schwarz. Zusätzlich kann man den Farbton der drei Schutzgitter für die Bässe und den Hochtöner individuell aussuchen.Die Argon 7LS ist in fünf verschiedenen Grundversionen erhältlich. Hier nicht auf dem Bild die Version in Schwarz. Zusätzlich kann man den Farbton der drei Schutzgitter für die Bässe und den Hochtöner individuell aussuchen.

Fortschrittliche Technik

Die Argon 7LS vereint alle besonderen Zutaten, welche Amphion-Lautsprecher von anderen Produkten unterscheiden. Auffälligstes Merkmal ist sicher der «Waveguide»: Die Finnen setzen im Hochtonbereich eine Titankalotte ein, die vertieft im Zentrum einer speziellen Schallführung angeordnet ist. Amphion beschäftigt sich schon sehr lange mit solchen Waveguides, deren Konturverlauf über lange Forschungsreihen immer weiter optimiert wurde. Sie ist überraschend grossflächig und reicht bis fast zum Rand der Schallwand.

Diese Konstruktionsweise kombiniert diverse akustische Vorteile: Zusätzlich zur Vermeidung von Kantenbrechungen werden auch noch der Strahlungswiderstand und damit der Wirkungsgrad im unteren Hochtonbereich verstärkt. So kann die Kalotte bis hinunter zu 1600 Hz übertragen. Amphion verspricht sich klangliche Vorteile vom tiefen Trennpunkt. Denn dieser liegt unterhalb des Frequenzbereichs, in dem das menschliche Gehör sehr empfindlich auf Unregelmässigkeiten betreffend Linearität und Phasengang der Übertragung reagiert. Amphion reklamiert für ihre Lautsprecher die Arbeitsweise einer Punktschallquelle über einen weiten Bereich. Ähnlich wie bei einem dual-konzentrischen Schallwandler ist auch hier der Hochtöner leicht nach hinten versetzt, was das Phasenverhalten zwischen Tiefmittel- und Hochtöner harmonisiert.

Der überraschend grosse Waveguide für die Titankalotte ist ein speziell berechneter Schalltrichter, der die Abstrahlcharakteristik vereinheitlicht und den Wirkungsgrad stärkt.Der überraschend grosse Waveguide für die Titankalotte ist ein speziell berechneter Schalltrichter, der die Abstrahlcharakteristik vereinheitlicht und den Wirkungsgrad stärkt.

Der grösste Vorteil eines Waveguides liegt freilich darin, dass das Abstrahlverhalten über einen weiten Übertragungsbereich vereinheitlicht wird. Dank diesem «Constant Directivity»-Verhalten verfügt auch die Argon 7LS über eine weite Hörzone ohne sogenannten «Sweet Spot». Das wirkt sich erfahrungsgemäss positiv auf den räumlichen Klangeindruck aus. Hierzu trägt auch die «D’Apollito»-Anordnung der beiden Tiefmitteltöner bei: Unter- und oberhalb der Hochtonschallführung ist je ein 16,5-cm-Tieftöner mit Alu-Membran angeordnet. Vertikal betrachtet hat man es somit mit einem symmetrischen und konzentrisch arbeitenden Schallwandlerkonzept zu tun.

Die Passivmembranen sind direkt hinter den Tiefmitteltönern in der Rückwand untergebracht. Sie verstärken den Bassbereich, ohne ungebührliche Resonanzen anzuregen.Die Passivmembranen sind direkt hinter den Tiefmitteltönern in der Rückwand untergebracht. Sie verstärken den Bassbereich, ohne ungebührliche Resonanzen anzuregen.

Etwas Besonderes haben sich die Amphion-Ingenieure für die Verbesserung der Tieftonwiedergabe einfallen lassen: Anstelle einer herkömmlichen Bassreflexkonstruktion kommen rückwärtig zwei Passivmembranen zum Einsatz, deren bewegte Masse und Eigenresonanz speziell auf die beiden Tieftöner abgestimmt sind. Dieses Konzept sorgt ebenfalls für verbesserten Druck im Tiefbass. Es neigt aber deutlich weniger zu auffälligen Resonanzen, wie sie ansonsten im Zusammenspiel von Bassreflexrohr, Wandabstand und Hörraum leider gang und gäbe sind. Konstruktionen mit Passivmembranen sind relativ selten anzutreffen, dies, weil sie kostenintensiv ausfallen. Ihre Vorteile sind aber nicht von der Hand zu weisen – auch weil sie viel weniger unerwünschten Indirektschall im Grund- und Mitteltonbereich abgeben.

Kraftvoll, räumlich, schön

Wir durften die Argon 7LS im Erni HiFi Studio in Spreitenbach ausgiebig anhören. avguide.ch bedankt sich dafür herzlich bei Bruno Erni!Wir durften die Argon 7LS im Erni HiFi Studio in Spreitenbach ausgiebig anhören. avguide.ch bedankt sich dafür herzlich bei Bruno Erni!

Wir hörten die Argon 7LS in Kombination mit dem famosen Vollverstärker 340iX mit eingebautem DAC (Test: nachzulesen hier). Musik wurde über einen Aurender Netzwerkspieler ab Qobuz gestreamt. Zunächst durfte sich die Argon LS7 barocker Vokalmusik widmen: Und dies tat sie bravourös, mit viel Inbrunst und Lebensfreude: Händels «Tra Le Fiamme» (downloadbar: hier) erklang mit unaufdringlichen, fein dosierten Höhen und schönen Klangfarben, ausdrucksstark und vital. Auffällig war der gut strukturierte und wohldosierte Grundtonbereich, der dem musikalischen Vortrag ein überzeugendes Fundament verlieh. Richtiggehend spannend wurde die Darbietung jedoch durch eine verblüffend realistische räumliche Abbildung mit ausgeprägter Tiefenstaffelung und feiner stereofoner Auffächerung.

Legendäre Aufnahme von Professor Johnson auf dem Label Reference Recordings.Legendäre Aufnahme von Professor Johnson auf dem Label Reference Recordings.

Davon profitierte auch Mozarts Klavierkonzert Nr. 21, in einer Aufnahme von Reference Recordings: Die Streicher klingen hier – je nach Lautsprecher – auch schon mal «strähnig» bis spröde. Nicht so über die Argon, die den richtigen Mittelweg zwischen Härte und Sanftheit einschlägt und die Geigen wunderbar definiert, überhaupt nicht scharf in Szene setzt. Der Flügel ertönt livehaftig, plastisch auf der Bühne vorstellbar. Hier schon stellt man erfreut fest, dass die 7LS ein besonderes Faible für gut aufgenommene Klaviermusik besitzt. Hierzu prädestiniert sie nebst der überzeugenden räumlichen Abbildung auch eine hervorragende Fein- und Grobdynamik. So kennt sie scheinbar keine Kompressionseffekte und bringt Fortissimo-Stellen ungeschnitten und in voller Pracht. Damit wird insbesondere sinfonische Musik zum Vergnügen. Dies zeigte sich auch bei der hervorragenden Aufnahme von Camille Saint-Saens Symphonie Nr.3,  «Orgelsymphonie», mit dem Orchestre De La Suisse Romande (downloadbar hier).

Fantastische Interpretation und Aufnahmetechnik mit dem Orchester De La Suisse Romande unter der Leitung von Kasudi Yamada.Fantastische Interpretation und Aufnahmetechnik mit dem Orchester De La Suisse Romande unter der Leitung von Kasudi Yamada.

Auch hier erklangen die Streicher wunderbar timbriert, das Ganze untermauert von einem bestens definierten Tief- und Grundtonfundament. Damit wird insbesondere Cello-Musik zum ausserordentlichen Hörvergnügen. Die finnische Standbox verleiht jedweder Darbietung viel Substanz und klingt nie dünn, sondern farbenprächtig und ausdrucksstark. Dabei hat sie alle Register drauf und zelebriert Kammermusik andächtig bis spannend und expressiv. Zugute kommt ihr dabei der Verzicht auf artifiziellen Obertonglanz. Im Zusammenspiel mit dem wohlklingenden Moon-Verstärker vermeidet die Argon 7LS eine sonst oft zelebrierte Brillanzbetonung. Die fein dosierten Höhen tragen denn auch – nebst dem guten Dynamikumfang – dazu bei, dass man mit diesen Lautsprechern Musik gerne über längere Zeit laut hört. Der damit verbundene Ermüdungsfaktor der Ohren ist sehr gering. Dies ist immer ein Kennzeichen für Qualität und verspricht ein hohes Mass an Langzeitspass.

Unvergesslicher Piano-Jazz mit Gonzalo Rubalcaba, begleitet von Charlie Haden und Jack DeJohnette.Unvergesslicher Piano-Jazz mit Gonzalo Rubalcaba, begleitet von Charlie Haden und Jack DeJohnette.

Bei akustischem Jazz – so etwa bei «Big Band Basie» – gefiel die Finnin mit präzisem Timing, schlackenlosem Rhythmus und perkussiver Spielfreude. Blechbläser klingen authentisch und machen sehr viel Spass. Die Standbox klingt ausgesprochen erwachsen und grösser, als es die vergleichsweise zierlichen Abmessungen vermuten lassen. Auch hier erweist sich die schier ungebremste Dynamik als grosses Plus. Eine reife Leistung zeigte die Argon 7LS beim Zusammenspiel des exzellenten kubanischen Jazzpianisten Gonzalo Rubalcaba mit dem Bassisten Charlie Haden und dem Schlagzeuger Jack DeJohnette (downloadbar: hier). Diese bald schon 30 Jahre alte Aufnahme erwachte unwiderstehlich zu neuem Leben und beeindruckte mit perlendem Pianospiel, druckvollen und bestens definierten Bassläufen sowie feinsten perkussiven Glanzlichtern. 

Wie nicht anders zu vermuten, gab die Argon 7LS schlussendlich auch noch Pop- und Rockmusik ansprechend, geschmackvoll, mit viel Drive und Ausdruckskraft wieder. Die wohldosierte Hochtonabstimmung und das gute Dynamikvermögen führen wiederum dazu, dass man gerne richtig laut aufdreht – zumal dann, wenn ein standfester und wohlklingender Verstärker wie der Moon 340iX das Sagen hat. Schön dabei ist, dass sich auch weniger audiophil produzierter Mainstream-Pop noch goutieren lässt. Bei guten Studio-Aufnahmen zeigt sich die Argon dann voll in ihrem Element und beweist, dass auch die Liebhaber von Pop- und Rockmusik oder auch Techno und Trance etc. audiophile Lautsprecher schätzen sollten – umso mehr, wenn sie wie die 7LS mit plastischer Abbildung und toller Dynamik aufwarten. Hier merkt man, dass der finnische Hersteller Amphion eben auch Studio-Lautsprecher herstellt. Die ideelle Verwandtschaft der 7LS mit einem sehr guten Midfield-Monitor ist nicht zu verleugnen.

Fazit

Klar, die Argon 7LS kostet eine ganze Stange Geld. Angesichts der tollen Verarbeitung, handmade in Finland, und dem hervorragenden Zeugnis bei der Wiedergabe jedweden Musikgenres kann man dennoch von hoher Preiswürdigkeit sprechen. Wer etwas weniger ausgeben, aber trotzdem nicht auf die speziellen klanglichen Tugenden wie etwa die ausgezeichnete räumliche Abbildung verzichten möchte, kann bei den kleineren Modellen innerhalb der Argon-Linie fündig werden. Amphion darf man beim bevorstehenden Lautsprecherkauf jedenfalls ruhig mit auf dem Radar haben.

Ästhetische Erscheinung: Die Amphion Argon 7LS in Weiss.Ästhetische Erscheinung: Die Amphion Argon 7LS in Weiss.
STECKBRIEF
Modell:
Argon 7LS
Profil:
Schön verarbeitete Standlautsprecher, handmade in Finland, die mit ausgeprägter Räumlichkeit der Wiedergabe, kraftvollem, unaufdringlichem Klang und sattem, konturiertem Tief- und Grundtonfundament aufwarten. Für sämtliche Musikstile bestens geeignet.
Pro:
- Plastische, räumliche Abbildung mit sehr guter Tiefenstaffelung
- Wohldosierte unaufdringliche Höhen
- Sehr gute Fein- und Grobdynamik
- Druckvolle und konturierte Tieftonwiedergabe
- Sehr gute Verarbeitung
- Schönes Design mit Farbvariationen
Contra:
- Für Liebhaber ausgeprägter Obertonbrillanz vielleicht etwas zu diskret abgestimmt.
Preis:
5,100.00 CHF
Hersteller:
Jahrgang:
2017
Vertrieb:
Masse:
234 x 344 x 1160 mm
Gewicht:
30 kg
Farbe:
Weiss, Schwarz, Nussbaum (Aufpreis)
Bass:
2 x 16,5 cm Alu-Membrane
Bauprinzip:
2-Weg-Bassreflex mit Passivmembranen
Empfohlene Leistung:
50–150 Watt
Hochton:
2,5-cm-Titankalotte mit Waveguide
Wirkungsgrad:
91 dB

Onlinelink:
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