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Röhrenzauber

Test Vincent SV-237MK und Vincent CD-S7DAC

Publiziert am 14. Januar 2019 - Hans Jürg Baum
Röhrenzauber: Das Bullauge des Vincent SV-237MK.Röhrenzauber: Das Bullauge des Vincent SV-237MK.

Vincent ist eine seit 1995 existierende deutsche Marke, bei der alle Produkte in Deutschland entwickelt werden. Sowohl der Verstärker SV-237MK als auch der CD-Player CD-S7DAC werden, wie so viele High-End-Produkte anderer Marken, in sorgfältiger Handarbeit – und nicht etwa am Fliessband – in China gefertigt. Vincent arbeitet mit einer Firma zusammen, die man seit Jahren bestens kennt. In China werden alle Geräte nach der Fertigstellung geprüft und einige Stunden in Betrieb genommen. In Deutschland werden die Geräte vor der Auslieferung nochmals auf Herz und Nieren getestet. Die Vincent-Leute widmen sich in Deutschland immer mehr der Technologie tragender Bauteile in Form von Modulen oder Leiterplatten, welche dann zu einer Endmontage, Prüfung etc. in Deutschland führen. Diesen Trend setzt man bei Vincent fort und verstärkt ihn auch. Die Verarbeitung der hier getesteten Geräte ist tadellos. Die Fernsteuerungen bestehen aus Metall und nicht aus billigem goldglanzfarbveredeltem Plastik.

Sowohl der CD-Player Vincent CD-S7DAC wie auch der Vollverstärker SV-237MK huldigen der Hybrid-Technik und strahlen nicht nur klanglich das Röhrenflair aus.Sowohl der CD-Player Vincent CD-S7DAC wie auch der Vollverstärker SV-237MK huldigen der Hybrid-Technik und strahlen nicht nur klanglich das Röhrenflair aus.

Geniale Idee

Der Klang der Röhrenverstärker wird von vielen Audiophilen weltweit hochgeschätzt. Doch haben diese mit Elektronenröhren bestückten Verstärker neben ihren klanglichen Vorteilen auch diverse Nachteile, von denen hier nur zwei erwähnt werden sollen.

Röhrenverstärker mit beachtlichen Leistungen sind sündhaft teuer, gross und nicht zuletzt aufgrund ihrer Übertrager sehr schwer. Mit Transistoren ist es bedeutend leichter, hohe Leistungen mit vernünftigem Aufwand zu erzielen. Zudem haben Transistorverstärker oft einen strafferen, knackigeren Bass als Röhrenverstärker, deren Ausgangsübertrager die Impulsfreude im Bass oft begrenzen. So kamen findige Köpfe auf die geniale Idee, die Vorteile beider Verstärkertypen in Hybrid-Verstärkern zu vereinen, welche die genannten Nachteile nicht aufweisen sollen. Sowohl der SV-237MK wie auch der CD-S7DAC arbeiten mit Hybrid-Verstärkern.

Der Vorgänger des SV-237MK, der SV-237, wurde bereits anno 2014 von Christian Wenger in einem Vergleichstest beurteilt. Der Nachfolger unterscheidet sich vom Ur-Typen nur dadurch, dass der damalige USB-Input durch einen optischen und einen Coaxial-Eingang ersetzt wurde. Die von Frank Blöhbaum entwickelte Schaltung wurde nicht verändert. So darf man sich fragen, ob es Sinn macht, nach rund fünf Jahren das Gerät nochmals intensiv anzuhören. Doch bei dieser Hörsession wird der CD-S7DAC als Spielpartner gewählt, und dieses Duo erwärmt nicht nur die Herzen von Röhrenfans ...

Geniale Rezeptur

Vollverstärker SV-237MK mit genialer Rezeptur: Zauberhaft schön klingende Röhrenvorstufe kombiniert mit leistungsfähiger MOSFET-Endstufe!Vollverstärker SV-237MK mit genialer Rezeptur: Zauberhaft schön klingende Röhrenvorstufe kombiniert mit leistungsfähiger MOSFET-Endstufe!

Bei der Zubereitung des SV-237MK-Verstärkers wurde folgende Rezeptur verwendet: Um dem Gericht den Duft der Elektronen-Röhren zu verleihen, stelle man an den Eingang der Vorstufe eine Doppeltriode vom Typ 12AX7 und leite die Signale weiter zu je einer Doppeltriode vom Typ 6N1P. Und weil die Kennlinienfelder von MOSFET-Transistoren denjenigen der Röhren mehr gleichen als diejenigen von bipolaren Transistoren, serviere man als Nachtisch eine bis zu 20 Watt in Class-A laufende MOSFET-Endstufe mit total 500 Watt an 4 Ohm. Als Dessert gebe man noch einen DAC mit 24 Bit /196 kHz hinzu.

Damit dieses Menü nicht zu heiss gegessen wird, montiere man links und rechts gigantische Kühlkörper. Tatsächlich wird das musizierende Gericht bei einer Raumtemperatur von rund 21 Grad nur gerade etwas mehr als handwarm. Und da man auch mit den Augen isst, stelle man hinter jedes an der Frontplatte angebrachte und dezent beleuchtete Bullauge eine glimmende Röhre vom Typ 12AX7.

Beim Transport dieses 20,4 Kilogramm schweren Gerichts lässt nicht der Verdauungstrakt, sondern vor allem die Wirbelsäule grüssen. Das Rezept stammt, wie bereits erwähnt, von Frank Blöhbaum, dem Chefkoch bei der Zubereitung der aktuellen Gerichte der Thorens-Haute-Cuisine sowie der Auto-BIAS-Regelung bei den grossen T.A.C-Verstärkern.

CD mit Röhrenklang

Den Röhren-Hybrid-CD-Player CD-S7DAC gibt es in Schwarz und in Weiss. Den Röhren-Hybrid-CD-Player CD-S7DAC gibt es in Schwarz und in Weiss.

Heute darf man sich fragen, was ein CD-Spieler im Zeitalter des HiRes-Streaming noch zu suchen hat. Doch gerade gestandene HiFi-Freunde mit einer relativ umfangreichen Sammlung an CDs möchten diese auch in Zukunft auf bestmögliche Art abspielen. Und die Idee, die antiquierte CD mit dem Flair des Röhrenklangs geniessen zu können, hat etwas Zauberhaftes an sich.

So sieht das Rezept des Hybrid-CD-Spielers CD-S7DAC ganz ähnlich aus wie beim SV-237MK. Im obligaten Röhren-Bullauge leuchte dezent eine Gleichrichterröhre vom Typ 6Z4, die zusammen mit einer 12AX7 nicht im Audiokanal musizieren, sondern im Netzteil zusammen mit einem üppig dimensionierten Ringkerntransformator für eine superstabile Spannungsversorgung sorgen. Für das typische Röhrenaroma sorgt hier die russische Doppeltriode vom Typ 6922. Während das hochwertige Laufwerk von Sanyo stammt, hat man die gesamte Elektronik darum herum im eigenen Haus entwickelt.

Dank USB, Coax und optischen Digital-Eingängen kann das Gerät auch als reiner Digital-Analog-Wandler in Verbindung mit Computer, Sat, PC und diversen anderen Geräten mit digitalen Ausgängen kombiniert werden. Für den guten Klang ist hier neben den Röhren auch der exzellente Burr-Brown-D/A-Wandler PCM 1796 verantwortlich.

Ich bin auch ein DAC

Da der Player auch als reiner DAC benutzt werden kann, wird auch diese Wiedergabemöglichkeit erprobt. Doch es zeigt sich, dass meine HiRes-Aufnahmen über den USB-Eingang nur mit maximal 16bit/48kHz verarbeitet werden. Auf meine Anfrage bei Vincent bekomme ich von Herrn Christian Fröhling folgende Antwort:

«Wie Sie ja wissen, ist der CD-S7DAC schon einige Jahre am Markt. Damals war dies mit dem verwendeten USB-Eingang Standard. Ein Update wäre nicht ohne grösseren technischen Aufwand möglich. In erster Linie ist unser Gedanke, dass dies ein CD-Player ist und das DAC-Feature nur als zusätzliche Funktion genutzt werden kann. Für Kunden, die HiRes-Files verwenden und es eher auf die DAC Funktion abgesehen haben, kommt im Januar 2019 der neue DAC-7 auf den Markt.» Weiter erhalte ich die Information, dass der Coax- und der optische Eingang jedoch bis zu 24bit/192 kHz arbeiten täten.

Eine Lanze für Klangregler

Klangregler sind, richtig eingesetzt, kein Unsinn, sondern sinnvolle Korrekturmöglichkeiten.Klangregler sind, richtig eingesetzt, kein Unsinn, sondern sinnvolle Korrekturmöglichkeiten.

Viele Audiophile sind der Ansicht, dass Klangregler des Teufels sind. Sie glauben, damit werde der originale Klang verfälscht. Doch solange die Aufnahmetechnik alles andere als genormt ist und es Aufnahmen gibt, die das ganze Spektrum von dumpf bis zu grell überzeichnet aufzeigen, sind Klang-Korrekturen(!) sinnvoll.

Ein deutlich zu hell, ja gar spitz klingendes Violinkonzert oder ein Cembalo, dessen Zupfer wie Nadelstiche das Gehör peinigen, sind weder als natürlich noch als linear zu bezeichnen, sondern schlicht als nervtötend und unnatürlich. Doch mit einer dezenten Höhenabsenkung können zu hell geratene Aufnahmen entschärft und bassarmen Rock-Aufnahmen mit einer dezenten Bassanhebung deutlich mehr Pep verliehen werden.

Klangregler sind, richtig eingesetzt, kein Unsinn, sondern sinnvolle Korrekturmöglichkeiten.

Zauber der Röhren

Das Innere des Hybrid-Vollverstärkers SV-237MK zeigt einen tadellos sauberen Aufbau und ein kraftstrotzendes Netzteil. Dank riesiger Kühlköper wird der Verstärker im Betrieb kaum mehr als handwarm.Das Innere des Hybrid-Vollverstärkers SV-237MK zeigt einen tadellos sauberen Aufbau und ein kraftstrotzendes Netzteil. Dank riesiger Kühlköper wird der Verstärker im Betrieb kaum mehr als handwarm.

Zunächst interessierte der Verstärker ohne den CD-Player. Also flugs den HiRes-Player Pioneer XDP-300R als Auffrischung des Klanggedächtnisses an den Forte-Audio-Transistor-Vintage-Verstärker (Vorstufe F44, Endstufe Model 6) angeschlossen, die sich in unzähligen Vergleichen als potente, klangneutrale Verstärkerkombination bewährt haben, und via Piega Coax 311 angehört. Der Klang gerade bei Streichern ab Files mit 24bit/96 kHz ist klar, sauber und exzellent durchzeichnet. Der Kontrabass kommt abgrundtief und setzt knackig seine Akzente unter das Klanggeschehen. Da hier kaum noch klangliche Wünsche offen bleiben, darf man sich fragen, was denn da noch besser werden kann. Doch dann kommt der Vincent SV-237MK an die Reihe.

Und nun öffnet sich eine andere Klangwelt, nämlich diejenige der Röhren! Dieser Klang ist schwer zu beschreiben, denn er ist eigentlich unbeschreiblich! In ihm liegt ein ganz besonderer Zauber, eine ganz besondere Faszination! Es ist dies keine Schönfärberei, die alles mit einer eklig süssen Zuckerglasur überzieht, sondern eine gesteigerte Pracht der Klangfarben, eine ebenfalls gesteigerte Vitalität, ein Erlebnis, das unter die Haut geht und den kalten Riesel auslöst, der leider so selten den Rücken hinunter perlt ...

So erscheinen Violinen in allen Tonlagen brillant, jedoch ohne Schärfe, und Celli entfalten ihr unerhört schönes, warmes Klangtimbre. Hier fasziniert der Körper und das vibrierende Holz dieses Instruments. Ganz ähnlich dann das Erlebnis bei Blechbläsern. Man hört es sofort: Dieser edel schmetternde Klang stammt von erstklassigen Musikern mit ebenso hervorragenden Instrumenten. Anders als bei einigen meiner Röhrenverstärkern (Quad, Fisher und Rogers) steht in meinem eher kleineren Abhörraum Leistung ohne Ende zur Verfügung, und die extremen Attacken dieser Instrumente kommen dynamisch und absolut verzerrungsfrei. Man wisse: Auch eine clippende Röhren-Endstufe klingt trotz ihres Soft-Clippings gerade bei Blechbläsern keineswegs angenehm!

Zum Bass ist zu bemerken, dass er hier – ganz im Gegensatz zu vielen reinen Röhrenverstärkern – nicht nur brachial tief hinunterreicht, sondern gerade die Zupfer eines Jazz-Kontrabassisten extrem schnell einsetzen und bei Bedarf auch wieder blitzartig ausschwingen lässt. Anders ausgedrückt: Diese MOSFET-Endstufe hat die Bassmembranen der angeschlossenen Lautsprecher perfekt unter Kontrolle.

Vitale Röhren-Klänge ab CD

Nun darf der CD-S7DAC zeigen, was er in Verbindung mit dem SV-237MK leisten kann. Die CD «Basie plays Hefti» mit sorgfältigst digital remastered analogen Masterbändern aus dem Jahre 1958(!) verschwindet im Player. Dass die Sound-Tüftler des Jazz-Labels Real Gone beim digitalen Remastering dieser natürlich mit Röhrenequipment aufgenommenen Tracks exzellente Arbeit geleistet haben, hört man sofort. Die Wucht der Band, die Kraft der Posaunen und des Kontrabasses hauen mich ebenso aus dem Sessel wie der aus vier Trompetern bestehende Trompetensatz. Gerade dieser spielt mit einer selten gehörten Brillanz und Schlagkraft auf.

Glasklar ist zu hören, wie der Lead-Trompeter in der klanglichen Stratosphäre jeden Einsatz mit einer Leichtigkeit bringt, die jeden Trompetenspieler erblassen und neidig werden lässt. Und wie hier die Röhren den Bläsern Durchschlagskraft verleihen und diese beseelen, ist beeindruckend. Auch bei höheren Pegeln bleibt der Klang absolut lupenrein. Her ist weder Röhren- noch Transistor-Clipping zu hören, sondern Dynamik pur.

Meine geschätzten Arbeitspferde, die Piega Coax 311, werden zur Höchstleistung angetrieben. Und da sehe ich doch tatsächlich, wie die Zehenspitzen meiner ehelich Angetrauten, die sonst eher auf Klassik steht, ganz unbewusst zu wippen beginnen. Ja, dieser Sound geht unter die Haut – und man glaubt es kaum, dass dieser Event vor fast genau 60 Jahren stattfand! Die gute alte Zeit der Big Band scheint auferstanden zu sein.

Nun geht das Hörvergnügen weiter durch alle Musik-Stilrichtungen. Doch da der mir von der avguide.ch-Geschäftsleitung für schwärmerische Hörtests zur Verfügung gestellte Platz bereits deutlich überschritten worden und eine erneute Ermahnung zu erwarten ist, hier gleich das Fazit.

Fazit

Sowohl der Vollverstärker Vincent SV-237MK wie auch der CD-Player CD-S7DAC huldigen ganz klar dem faszinierenden Röhrenklang und verfügen quasi als Schmankerl-Zugabe über je einen DAC mit 24 Bit/192 kHz. Zu attraktiven Preisen bietet hier die deutsche Firma Vincent erstklassig gefertigte und überaus attraktive Geräte, die nicht nur die Augen, sondern auch die Ohren von Freunden der Elektronenröhren faszinieren können.

STECKBRIEF
Modell:
CD-S7DAC
Profil:
Erstklassig gefertigter und ebenso erstklassig klingender Röhren Hybrid-CD-Spieler der auch als DAC benutzt werden kann
Pro:
sauberer Aufbau
sorgfälige Fertigung
erstklassiger Klang
faszinierendes Design
Contra:
Der DAC-Betrieb via USB hat als maximale Qualität nur 16bit/48 kHz.
Preis:
2,490.00 CHF
Hersteller:
Jahrgang:
2019
Vertrieb:
Masse:
430 x 356 x 132 mm
Gewicht:
9 kg
Farbe:
schwarz, weiss
Analog Output:
Stereo Cinch, Stereo XLR,
Audioformate:
CD, div. via DAC
Digital Output:
Digital coaxial
Modell:
SV-237MK
Profil:
Röhren Hybrid Vollverstärker mit Röhren-Vorstufe und MOSFET-Endstufe.
Pro:
hervorragender Klang
erstklassige Fertigung
hohe Ausgangsleistung
DAC eingebaut
Contra:
kein symmetrischer XLR-Eingang
Preis:
2,290.00 CHF
Hersteller:
Jahrgang:
2018
Vertrieb:
Masse:
430 x 150 x 435 mm
Gewicht:
20,4 kg
Farbe:
schwarz, weiss
Analog Input:
4xCinch Stereo,
DA-Wandler:
ja
Digital Input:
1x Coaxial, 1x Optical
Maximale Leistung:
an 4 Ohm: 2 x 250 Watt
Verstärkerleistung 8 Ohm:
2x 150 Watt

Onlinelink:
https://www.avguide.ch/testbericht/roehrenzauber-test-vincent-sv-237mk-und-vincent-cd-s7dac