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Der Jedi Lautsprecher

Test Devialet Phantom

Publiziert am 23. November 2015 - Daniel Schmid
Devialet Phantom Silver im TestDevialet Phantom Silver im Test

Mit einer geballten Ladung an Innovationen will die Pariser Firma Devielat die manchmal etwas konservative Audiobranche aufmischen. Bereits die Devialet Verstärker brillierten mit neuen Technologien, knappen Abmessungen und einem Klang, der so manchem teuren Produkt die Schamröte ins Gesicht trieb (siehe den Test "Die Hightech-Musikmaschine" auf avguide.ch). Nun sorgt der Devialet Phantom für Furore und könnten die Pariser Firma in Windeseile bei einem breitem Publikum bekannt machen.

Mit dem Devialet Phantom will das Pariser High-Tech-Unternehmen nichts anderes als die Lautsprecherwiedergabe revolutionieren. Zehn Jahre Entwicklung und unglaubliche 77 neue Patente stecken im Produkt. Die meisten Patente betreffen mathematische Algorithmen und angewandte Techniken, um das Verhalten des Lautsprechers im Zusammenspiel mit der Elektronik zu kontrollieren.

Ein herkömmlicher Lautsprecher ist im Kern ein sehr fehlerhafter Wandler von elektrischer Energie in Schall. Bei der Umwandlung entstehen hohe Anteile an Verzerrungen, welche das ursprüngliche Musiksignal verfälschen. Das will Devialet mit Innovationen ändern.

Die Herz von Devialet: Pierre-Emmanuel Calmel, Quentin Sannie, Emmanuel Nardin mit dem PhantomDie Herz von Devialet: Pierre-Emmanuel Calmel, Quentin Sannie, Emmanuel Nardin mit dem Phantom

Der Bassbereich macht den Sound

Das Das "Skelett" des Phantoms

Insbesondere bei hohen Lautstärken haben wohl die meisten schon die ungewollten „Nebengeräusche“ von Lautsprechern gehört. So richtig „partyfest“ sind die wenigsten Lautsprecher oder wenn, dann nur Lautsprecher mit gutem Wirkungsgrad aber reduziertem Bassbereich. Im Wohnbereich möchte man meist jedoch am liebsten kleine Lautsprecher, die aber dennoch den vollen Umfang der Musikinformation reproduzieren sollen. Der Bassbereich verlangt aber bei einem Feder-Masse-System - wie es herkömmliche dynamische Lautsprecher sind - physikalisch nach Gehäusevolumen.

Schnell entsteht ein Konflikt zwischen dem Wunsch nach einem kleinen Lautsprecher, der das Wohnambiente nicht dominiert und einer Tieftonwiedergabe, bei der nicht ein bis zwei Oktaven der Musikinformation auf der Strecke bleiben.

Was viele Hersteller vernachlässigen: Ein ausgedehnter Bassbereich ermöglich es, angenehm leise zu hören und doch die volle Musikinformation wahr zu nehmen. Verschweigt ein Lautsprecher die tiefsten Bassanteile, neigt man fast automatisch dazu, die Lautstärke zu erhöhen, um das fehlende Klangfundament zu kompensieren.

Devialet nahm sich vor, beim Phantom die Limitierungen konventioneller Lautsprecher im Bassbereich durch Zuhilfenahme umfangreicher digitaler Signalsteuerung zu überwinden. Ein sehr ehrgeiziges Unterfangen. Alleine zwanzig Ingenieure arbeiteten permanent an der Entwicklung von Elektronik und Software-Lösungen. Spezialisten aus dem Autobau entwarfen ein komplett neuartiges Gehäuse, das auch extremen Drücken stand hält - wie man es zum Beispiel bei Einspritzpumpen benötigt.

Nur so war es möglich, aus den lediglich sechs Liter Gehäusevolumen eine derart tiefe Basswiedergabe zu erzielen, wie man sie sonst nur in Lautsprechern mit einem mindestens zwanzig mal voluminöseren Gehäuse vorfindet. Devialet gibt als untere Grenzfrequenz 16 Hertz an. Die avgudie.ch-Messungen ergaben für minus drei Dezibel 25 Hertz. Immer noch ein unglaublicher Wert für einen Lautsprecher mit derart geringem Volumen.

Soundmaschine

Der Devialet Phantom Silver ist mehr als ein Lautsprecher. Zugleich ist er Streamer und beherbergt einen 3000 Watt VerstärkerDer Devialet Phantom Silver ist mehr als ein Lautsprecher. Zugleich ist er Streamer und beherbergt einen 3000 Watt Verstärker

Den Phantom als Lautsprecher zu bezeichnen, ist eigentlich eine grobe Untertreibung. Vielmehr ist er ein komplettes Soundsystem mit allen modernen Zutaten. Angesteuert wird er über das Netzwerk, sei es mit Kabel oder über WLAN. Soll es mal schnell und praktisch gehen, verbindet er sich auch mittels Bluetooth mit Smartphone oder Tablet.

Mehr als eine Quelle, auf der die Verwaltungssoftware Spark installiert werden kann - die gibt es für alle gängigen Betriebsysteme - brauchen Sie nicht. Ideal für die Bedienung ist ein Tablet oder das Smartphone. Am Phantom selber findet sich nur ein Power On/Off-Schalter. Eine super schicke Ergänzung ist der als Zubehör erhältliche, kabellose und perfekt in der Hand liegende Lautstärkeregler. Die Elektronik des Verstärkerteils ist bereits im ungemein kompakten Phantom untergebracht. Lautsprecherkabel oder Gerätetürme, vergessen Sie es, alles Geschichte mit dem Phantom.

Den Phantom gibt es in zwei Varianten, die sich aber nur in der Verstärkerleistung und der maximal erzielbaren Lautstärke unterscheiden. Mit dem 3000 Watt Verstärker kann der Phantom silver auch eine grössere Loft problemlos beschallen, während für die meisten Wohnräume der mit 750 Watt befeuerter Standard Phantom absolut ausreichend ist.

Die Musik selber muss auf einem im Netzwerk verfügbaren Computer oder Tablet liegen. Leider vorläufig nicht unterstützt werden Netzwerkspeicher (NAS) mit eigenem Musikserver.

Unterstützt werden ausser Apple Music alle bekannten Musikdienste wie Spotify oder Deezer. Für ein Produkt in der Qualität des Phantom sicher zu empfehlen sind Tidal und Qobuz. Beide bieten Musik unkomprimiert in CD-Qualität und teilweise sogar in Hi-Res an. Ein dreimonatiges, kostenloses Testabo bei Tidal ist beim Kauf des Phantoms auch gleich mit dabei.

Wer immer noch einen CD-Spieler anschliessen oder den Fernsehton über den Phantom wiedergeben möchte, kann das über den digitale Eingang machen. Analoge Eingängen hat man gleich weggelassen. Ähnlich wie bei Apple konzentriert man sich auf moderne Anwendungen und kappt dabei schon mal Althergebrachtes.

Auch an die Multiroomwiedergabe hat Devialet gedacht. Mit der Dialog-Verteilerbox für zusätzliche 300 Franken lassen sich bis zu 24 Phantoms einzeln oder im parallelen Partymodus mit Musik versorgen. Etwas schmerzlich ist, dass man den per Netzwerkkabel angeschlossenen Dialog-Router bereits für den Stereomodus erwerben muss.

Technik

Die Druckgusskammer für die Basstreiber und Elektronik des Devialet PhantomsDie Druckgusskammer für die Basstreiber und Elektronik des Devialet Phantoms

Mit der ADH (Analog Digital Hybrid) genannten Verstärkertopolgie verbindet Devialet die vorteilhaften klanglichen Eigenschaften analoger Klass-A-Technik mit der Leistungseffizienz digitaler Klass-D-Verstärker und vermeidet dabei gemäss eigenen Angaben deren jeweiligen Nachteile.

Klass-A Verstärker sind grundsätzlich extrem verzerrungsarm und gelten als der Heilige Gral für guten Ton, gehen jedoch sehr verschwenderisch mit der Energie um. Deshalb findet man heute kaum noch reine Klass-A Verstärker oder dann nur mit wenigen Watt Ausgangsleistung, während Klass-D Verstärker einen sehr hohen Wirkungsgrad von bis zu 90% besitzen und daher in den letzten Jahren eine breite Verwendung erfuhren. Ohne Klass-D Technik wäre es unmöglich, bei den Abmessungen des Phantoms 3000 Watt Leistung zu Verfügung zu stellen.

Das gleiche Prinzip wurde schon bei den Devialet Verstärkern angewandt und sorgte klanglich für Furore. Devialet ist es nun gelungen, im Zuge der Weiterentwicklung für den Phantom die AHD-Verstärkerelektronik auf einer lediglich noch 200 cm2 grossen Platine unterzubringen und diese direkt in den Aktivlautsprecher zu integrieren.

Ganz neue Wege ging Devialet bei der Konstruktion des Gehäuses, wobei man eher von einem Chassis des Phantom sprechen muss. Mit einem traditionellen Lautsprechergehäuse hat die Behausung des Phantoms nicht mehr viel zu tun. Der Phantom besteht im Innern aus einer Art Rückgrat aus Druckguss auf dem der Koxial-Mittelhochtöner und die beiden seitlichen Basstreiber befestigt sind. Die beiden Woofer bearbeiten, angetrieben von der starken Endstufe, mit grossen Auslenkungen im Push-Pull-Betrieb eine hermetisch abgedichtete Druckkammer.

Nur dank des extrem grossen Hubes der Basstreiber ist es überhaupt möglich, bei diesen kleinen Membranflächen Schalldruck im Tieltonbereich zu erzeugen.

SAM überwacht den Lautsprecher

SAM ist ein System, welches das Verhalten des Verstärkers den Parametern des Lautsprechers anpasst. Dabei linearisiert SAM nicht nur den Schalldruckverlauf des Lautsprechers, sondern überwacht auch seine Auslenkungen und die interne Hitzeentwicklung. Nähert sich der Lautsprecher im Betrieb einem unkontrollierten oder gar gefährlichen Bereich, adaptiert SAM die zugeführte Energie aus dem Verstärker und sorgt für geregelte und verzerrungsfreie Zustände.

SAM gibt es übrigens, obwohl eigentlich für den Phantom entwickelte, auch als Ergänzung für die Devialet Verstärker und in naher Zukunft als komplette eigenständige Einheit zur Optimierung von Verstärker mit schon bestehenden Lautsprechern. Dazu wird der Lautsprecher erst ausgemessen und die Messwerte dann über eine SD-Karte in der SAM-Einheit abgelegt.

Im Betrieb

Der Einrichtungsassistent der Spark Software führt einen Schritt für Schritt durch das Setup. Im Beispiel ein Multiroom Setup mit drei PhantomsDer Einrichtungsassistent der Spark Software führt einen Schritt für Schritt durch das Setup. Im Beispiel ein Multiroom Setup mit drei Phantoms

Die Spark App ist der zentrale Ort für die Bedienung des Phantoms. Ein Einrichtungsassistent begleitet einen in wenigen Schritten durch das Setup. Besitzt man mehrere Phantoms zum Beispiel in verschiedenen Räumen, erfolgt die Zuordnung im Software-Setup mittels Handauflegen beim Lautsprecher. Dazu wurden extra Berührungssensoren eingebaut.

Das könnt man sicher auch anderes lösen, aber es ist halt so ein kleines, schmuckes Detail, dass die Extravaganz des Phantoms unterstreicht. Dazu gehört auch, dass jeder Schritt während der Einrichtungsprozedur mit sich stetig ändernden Sphärenklängen aus den Lautsprechern begleitet wird.

Als Musikquelle diente uns ein 12 Zoll MacBook Air, dessen lokale iTunes-Mediathek von Spark entdeckt und automatisch eingebunden wurde. In der Auswahl und Zusammenstellung von Musikstücken in Playlists orientiert sich die Spark App stark an iTunes. Entsprechend schnell kommt man mit der durchdachten und klar strukturierten Software zurecht.

Zur Aufstellung im Stereodreieck platzierten wir die beiden Phantoms auf den stabilen und im Design angepassten Standfüssen aus dem Zubehörprogramm. Mit seiner leicht nach oben geneigten Abstrahlcharakteristik lässt sich der unkomplizierte Phantom aber auch auf einem etwa tiefer liegenden Sideboard platzieren.

Kontrollierte Klangentfaltung

Beim Phantom heisst es einrichten, loslegen und Spass habenBeim Phantom heisst es einrichten, loslegen und Spass haben

Sofort hörbar beim Phantom ist der ungemein breite Klangbereich. Er bringt jene extrem tiefen Bässe, wie man sie von einem Lautsprecher dieser Grösse bis dahin für unmöglich hielt. Wer sich mal die Koto Drummers über den Phantom anhört, wird wohl anfangs ziemlich ungläubig staunen über die Wucht und Dynamik, die einem da aus den kleinen Lautsprechern entgegen kommt. Schon eindrücklich, was Devialet da mit viel technischem Esprit erschaffen hat.

Der Phantom überwacht die Wiedergabe konstant. Kommen die Lautsprecherchassis an ihre Belastungsgrenzen, erkennt das die Sensorik, limitiert die Auslenkungen und bremst die Energiezufuhr. Dadurch klingt der Phantom nie unangenehm verzerrt.

Die Leistungsbegrenzung vollzieht er intelligent und regelt bei Lautstärken am Limit erst den Bassbereich zurück. So reproduziert er dann bei kleinen Lautstärken die ganze Bandbreite bis in die tiefen Lagen, während bei erhöhter Lautstärke der Tiefbass zurückgenommen wird. Das ist nicht zuletzt sehr angenehm für die Nachbarn.

Im Mittel- und Hochtonbereich zeigt sich der Phantom chirurgisch präzise und geht mit Nachdruck zur Sache. Egal, ob es nun bei Midnight Sugar des Tsuyoshi Yamamoto Klaviertrio um impulsive Dynamik im Diskant geht oder Sofia Hunger uns eindrücklich ein Stück Lebenserfahrung näher bringt, der Phantom versteckt sich nicht und schafft immer Authentizität. Er gehört sicher nicht zu den Klangschmeichlern, eher zu den etwas offensiv und dynamisch klingenden Lautsprechern.

Die Analytik ist hervorragend. Jean Michel Jarre hätte sicher Freude, seine ätherischen Synthesizerklänge über den knackig und impulsiv aufspielenden Phantom zu hören. Die Nuance eines Cembalos fächert er aber genau so fein auf wie Klangfarben von Bläsern und Klarinette. Eine seiner Stärken ist sicher auch die stabile räumlich Abbildung, was gerade symphonischer aber eigentlich jeder Art von Musik zugute kommt. Schön, wie er komplexe Passagen auffächert, und so den klanglichen Blick in die Tiefe frei gibt.

Sicher gibt es noch feinsinnigere und schöngeistiger klingende Lautsprecher, allerdings verlangen sie nicht selten nach den üblichen High End-Audio Spielereien wie Wahl des adäquaten Verstärkers und Kabels, bis dann die richtige Wiedergabekette gefunden ist. Beim Phantom heisst es einrichten, loslegen und Spass haben. Ohne dass man sich noch allzu viele Gedanken zur Integration ins Wohnambiente machen muss. Den ganzen unsinnigen Kabelzauber kann man auch gleich vergessen. Willkommen in der neuen, schlanken Audiowelt.

Fazit & Video

Devialet hat vielleicht nicht gerade die Musikwiedergabe revolutioniert, aber mit dem Phantom den modernen Lautsprecher neu definiert. Die unzähligen innovative Lösungen führen zu einer neuen Art von Lautsprecher.

Der Phantom will und kann keinen ausgewachsenen High End-Audio Lautsprecher ersetzen. Echte physische Membranfläche, welche mit kleinen Auslenkungen auf ein stattliches Gehäusevolumen arbeitet, ist nun mal auch durch noch so eine intelligent elektronische Regelung nicht zu toppen. Doch wer mag sich solche Titanen des Lautsprecherbaus noch in den Wohnraum stellen? Kleine Lautsprecher mit breitbandigem Klang im Bassbereich gibt es nur gepimpt mit digitalen Signalprozessoren und intelligenten Algorithmen.

Was dabei alles möglich ist, zeigt der Phantom schon mal eindrücklich. Dabei ist er mehr als ein Lautsprecher, nämlich der perfekter Spielpartner für moderne Zuspieler aus dem Netzwerk, sei es nun über einen der aktuellen Musikdienste oder das persönliche Musikarchiv. Als Designobjekt würde er sich zudem auch in der Kulisse eines Luke Skywalker Films gut machen.

avguide.ch bedankt sich bei Thomas Flammer von voice70, der uns freundlicherweise die Phantoms für den Testbericht zu Verfügung gestellt hat.

STECKBRIEF
Modell:
Phantom Standard
Profil:
Devialet hat mit dem Phantom den modernen Lautsprecher neu definiert. Perfekter Spielpartner für die aktuellen Musikdienste oder das persönliche Musikarchiv übers Netzwerk.
Pro:
- einfache Handhabung
- Basswiedergabe
- Grösse
- Software
- dynamischer Klang
Contra:
- keine Musik ab NAS
- wird warm bei Ruhestrom
Preis:
1,690.00 CHF
Hersteller:
Jahrgang:
2015
Masse:
253 x 255 x 343 mm
Gewicht:
10,5 kg
Farbe:
Weiss
Bass:
aktive Push-Pull-Bass
Bauprinzip:
3-Weg geschlossen
Digital Input:
1 x TOS-Link
Drahtloser Eingang:
WLAN
Schnittstelle:
Ethernet, Bluetooth
Modell:
Phantom Silver
Profil:
Devialet hat mit dem Phantom den modernen Lautsprecher neu definiert. Perfekter Spielpartner für die aktuellen Musikdienste oder das persönliche Musikarchiv übers Netzwerk.
Pro:
- einfache Handhabung
- Basswiedergabe
- Grösse
- Software
- dynamischer Klang
Contra:
- keine Musik ab NAS
- wird warm bei Ruhestrom
Preis:
1,990.00 CHF
Hersteller:
Jahrgang:
2015
Masse:
253 x 255 x 343 mm
Gewicht:
10,5 kg
Farbe:
Weiss
Bass:
aktive Push-Pull-Bass
Bauprinzip:
3-Weg geschlossen
Digital Input:
1 x TOS-Link
Drahtloser Eingang:
WLAN
Schnittstelle:
Ethernet, Bluetooth

Onlinelink:
https://www.avguide.ch/testbericht/der-jedi-lautsprecher-test-devialet-phantom