
Der Test der Revox-Anlage bestehend aus dem Joy CD-Spieler S119 MKII und den Scala 120 Standlautsprechern in avguide.ch (siehe Audiophile Eleganz) war Anlass für ein Interview mit Wolfgang Kelpin, Entwicklungsleiter bei Revox, und David Brouwer, Leiter Produkte Verkauf, zu ihren Tätigkeiten bei Revox und den Anforderungen an Entwicklung und Verkauf hochwertiger Audioprodukte. Das Gespräch führte Hans Jürg Baum.
avguide.ch: Was ist heute im Verkauf wichtiger: Der Klang oder das Design?
Kelpin: Dass ein Revox-Produkt hervorragend klingt, erwartet man zurecht von der Marke. In den letzten Jahren ist das Design zu einem ganz wesentlichen Bestandteil unserer Überlegungen geworden, und wir arbeiten intensiv daran, Produkte zu entwickeln, welche sich angenehm und wertig in den Wohnraum integrieren lassen. Will heissen, ein Produkt, welches nur gut klingt, hat keine Verkaufs-Chancen.
avguide.ch: Bestimmt heute die Frau des Hauses, welche Box schlussendlich gekauft wird?
Kelpin: Ganz klar ja.
avguide.ch: Wie kommt das Design der Scala 120 bei der holden Weiblichkeit an?
Kelpin: Das fragen wir immer ab – beginnend bei den Damen in unserem Betrieb.
avguide.ch: Wer ist für das Design der Scala 120 verantwortlich und wie entstand diese extravagante Form?
Kelpin: Die Form erfand Manfred Meinzer, mit dem Revox seit vielen Jahrzehnten zusammenarbeitet. Neben den 3D-Entwürfen waren auch mehrere 1:1 Mock-Ups notwendig, um auch die Wirkung im heimischen Umfeld beurteilen zu können.
avguide.ch: Ist das Gehäuse nicht etwas teurer in der Herstellung, und wer macht das?
Kelpin: Ja, sicher – es ist mit Abstand das teuerste Bauteil in der Stückliste.
Es wird in Deutschland von zwei Spezial-Firmen produziert. Die eine fertigt die gebogenen Mehrschicht-Seitenteile und die Rückwand mittels einer 5-Achs Fräsmaschine an. Die Andere baut alles in einer Klebe-Vorrichtung zusammen, bringt die Verstrebungen an, überfräst das ganze Gehäuse, spachtelt, schleift, grundiert und lackiert. Dazu braucht man eben auch Spezialisten. Auf unserer Homepage kann man sich einen Eindruck von dieser höchstaufwändigen Fertigung machen.
avguide.ch: Mussten Sie aufgrund des extraordinären Designs der Scala 120 Kompromisse bezüglich ihrer Konstruktions-Vorstellungen eingehen, und weshalb wandten Sie hier nicht die geniale D'Appolito Lautsprecher-Anordnung an?
Kelpin: Kurz formuliert: D'Appolito-Anordnung im Mittel-Hochtonbereich funktioniert aus akustischen Symmetrie-Gründen nur auf Ohrenhöhe wirklich gut. Vertikal funktioniert es bestens, aber das horizontale Abstrahlverhalten zeigt Auslöschungen bei der Trennfrequenz. Um ein optimales Abstrahlverhalten auf der sich nach unten verjüngenden Schallwand zu erreichen, musste das Hochton-System etwas nach unten wandern.
avguide.ch: Wie haben sie - auch ohne D'Appolito-Anordnung - eine derart exzellente räumliche Wiedergabe erzielen können?
Kelpin: Durch sorgfältige Auslegung der Frequenzweiche unter Berücksichtigung der Chassis-Laufzeiten konnte ein exzellentes Abstrahlverhalten erreicht werden. Das speziell ausgelegte 2,5-Wege-System in Verbindung mit eng aneinander liegenden Schallzentren zeigt hier seine besonderen Vorzüge.
avguide.ch: Wie sähe ihre ideale Box aus, und wie wäre sie bestückt, wenn sie punkto Design keine Vorgaben hätten?
Kelpin: Sie wäre sicher etwas grösser unter Verwendung von Chassis mit mehr Verschiebe-Volumen. Das ist wie bei einem Auto: Hubraum ist durch (fast) nichts zu ersetzen.
Ohne Bass kein Spass!

avguide.ch: Woran kann das liegen, dass die frisch aus der Verpackung geschälte Scala 120 zunächst im Tieftonbereich eher schwachbrüstig klang und erst nach etlichen Stunden Einspielzeit einen kräftigen, tiefen Bass lieferte?
Kelpin:Wenn ein Tieftöner frisch aus der Verpackung kommt, sind seine elektro-mechanischen Daten noch nicht dort, wo sie sein sollten, um im vorgegebenen Gehäusevolumen und der Reflex-Resonanz bestimmungsgemäss zu arbeiten. Das liegt zum einen daran, dass das gesamte Lautsprechersystem noch kalt war, da wir ja im Winter angeliefert haben. Zum anderen daran, dass vor allem die Zentrierung noch zu hart war und somit die Systemresonanz sowie die Bewegungswiderstände zu hoch sind. Bei der Materialauswahl der Zentrierung legen wir Wert darauf, dass nach dem (kurzen) Einspielen das spätere Verhalten absolut stabil bleibt, sich also keinerlei Veränderungen über die Jahre ergeben.
avguide.ch: Herr Kelpin, was uns beide verbindet, ist nicht nur die Liebe zur guten Musikwiedergabe. Es ist auch unser Instrument, das wir (fast) täglich spielen: Der Bass. Für mich gilt: Ohne Bass, kein Spass! Musik ohne Bass ist für mich wie eine Lautsprecher ohne Tieftöner. Wie sehen Sie das?
Kelpin: Da sind wir uns absolut einig. Musik ohne Bass ist blutleer.
avguide.ch: Obwohl wir es als aktive Bass-Spieler ja nur ungerne zugeben: Ausser dem Bass sind auch Mitten und Höhen unentbehrlich. Weshalb verwenden Sie generell nur konventionelle, dynamische Chassis mit Konusmembranen und Kalotten und keine exotischen Schallwandler wie Elektrostaten, Bändchen, Magnetostaten, oder gar das System von Dr. Oskar Heil mit Namen wie AMT oder JET?
Kelpin: Selbstverständlich habe ich mich immer wieder, auch heute noch, mit diesen Konstruktionen beschäftigt. In meinem Labor befindet sich einiges davon. Diejenigen, welche zumindest messtechnisch o.k. waren, habe ich mir auch angehört. Wenn da etwas dabei gewesen wäre, was mich beeindruckt hätte, hätte ich es sicher verwendet. Kurz gesagt, gegen eine sehr gut gemachte Gewebekalotte ist noch kein Kraut gewachsen. Das mag ernüchternd klingen – ist aber so.
avguide.ch: Was ist Ihre Lieblings-Musik, und was und wo spielen Sie momentan?
Kelpin: Das ist der grosse Bereich um Rock/Blues/Jazz, welcher mir grosse Freude macht. Auch klassische Klavier-Musik höre ich sehr gerne. Privat spiele ich zusammen mit Session-Musikern in unserer Region im Rahmen eines „Musiker-Stammtisches", aus Zeitgründen nicht öffentlich.
avguide.ch: Sie gehen Ende 2015 in Rente. Ist die Scala 120 Ihr letztes klingendes Meisterwerk, oder arbeiten Sie noch an was ganz Neuem?
Kelpin: Bis dorthin habe ich noch zwei bis drei Lautsprecherprojekte.
avguide.ch: Welches sind die bedeutendsten Produkte die während Ihrer Zeit als Entwicklungsleiter bei Revox entwickelte worden sind?
Kelpin: Neben meinem „Hobby“, den Lautsprechern, gibt es sicher den modularen M51 als Multiroom-Steuerzentrale zu erwähnen sowie danach das High-End-Produkt M100. Auch die Entwicklung der Joy-Geräteserie ist wichtig und hat viel Spass gemacht. Sie sehen schon daran, dass man von „bedeutenst“ in dieser Form gar nicht direkt sprechen kann. Das Alles wäre nicht möglich gewesen ohne ein geniales und vor allem kreatives Entwicklungs-Team, welches wir bei Revox haben.
avguide.ch: besten Dank Herr Kelpin und weiterhin alles Gute.
Revox: eine Schweizer Firma

avguide.ch: Ist Revox immer noch eine Schweizer Firma, und wie steht es mit den Besitzverhältnissen ?
Brouwer: Ja, die Revox ist nach wie vor eine Schweizer Firma. Alle Anteile werden von Schweizer Privatinvestoren gehalten. Dies ermöglicht es uns auch, die Firma langfristig weiterzuentwickeln und auch, wie wir es in den letzten vier Jahren getan haben, sehr langfristig angelegte neue Entwicklungsprojekte anzuschieben. Wir müssen nicht von einem Quartal zum nächsten denken, sondern haben einen sehr langfristigen Horizont.
avguide.ch: Wieviele Angestellte hat heute Revox in der Schweiz und in Deutschland?
Brouwer: Die Firma hat mittlerweile rund 100 interne Angestellte in Deutschland, Österreich und der Schweiz.
avguide.ch: Wo findet heute die Entwicklung und wo die Fertigung der Revox-Produkte statt?
Brouwer: Die Entwicklung findet in der Schweiz und in Deutschland statt. Die Fertigung ist wie seit vielen Jahrzehnten im Schwarzwald, in Villingen-Schwenningen.
avguide.ch: Sie haben kürzlich die Revox-Preise angepasst. Was waren die Gründe dafür?
Brouwer: Wir sind in der glücklichen Lage, dass die Fertigung der Produkte in Villingen, also im Euro-Raum stattfindet. Wir wollen unsere Kunden von dem Umstand profitieren lassen. Jetzt können wir qualitativ höchstwertige Produkte zu höchst attraktiven Preisen anbieten. Wir freuen uns auf die kommenden Monate. Dies wird unser Geschäft sicherlich noch zusätzliche beflügeln.
avguide.ch: Wie hat sich Revox in den letzten Jahrzehnten punkto Grösse und Produktesegmente entwickelt?
Brouwer: Als das Team begonnen hat, Revox neu zu positionieren, musste viel Basisarbeit geleistet werden. Revox war nur noch in Deutschland und etwas in der Schweiz aktiv. Mittlerweile hat sich die Anzahl Mitarbeiter stark erhöht, und wir sind wieder in über 40 Ländern aktiv.
avguide.ch: Wie sehen Sie die Zukunft von Audio, insbesondere natürlich von Revox?
Brouwer:Wir sehen die Zukunft für Audio, insbesondere für Revox, sehr positiv. Wenn wir zurückblicken, dann waren die letzten 15-20 Jahre von vielen neuen Technologien geprägt die auf den Markt kamen und dann aber auch wieder rasch verschwanden. Das ist für eine Audiofirma, die auf Langlebigkeit und Qualität setzt, ein schwieriges Umfeld. Mittlerweile hat sich das Technologieumfeld stark beruhigt, und das Internet/Ethernet sind die Standardübertragungsmedien für Audio. Diese haben sich etabliert und werden wohl auch auch die kommenden 20 Jahre die Basis bilden. Das ist für Revox ein stabiles Umfeld und endlich können wir fünf Jahre vorausblicken und unsere Produktentwicklungspläne schmieden.
avguide.ch: Was haben Sie ganz neues in der Pipeline?
Brouwer: Wir bringen im 2015 ein zusätzliches hochinnovatives Mehrraumsystem (Multiusersystem) auf den Markt. Dieses System ist eine Revolution und setzt in diesem Bereich komplett neue Massstäbe. Wir freuen uns alle sehr, dieses neue System in den kommenden Monaten in den Markt zu bringen.
avguide.ch: Besten Dank Herr Brouwer für die Infos.