TESTBERICHT
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Publikationsdatum
2. Oktober 2006
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Piega Konstrukteur Kurt Scheuch hält nicht viel von elitär- abgehobenen Dingen.

So wollte er sich sich und seinem Kompagnon Leo Greiner zum 20 jährigen Bestehen ihrer Firma kein Denkmal mit einem Produkt setzen, das sich nur eine sehr gut betuchte Minderheit leisten kann.

Ein Paar Twen kostet denn auch gerade mal 3200 Franken.

In diesen Boxen, die in einer limitierten Auflage von 2000 Stück in Horgen (ZH) hergestellt werden, steckt das ganze Know How der Firma Piega.

Anders als alle anderen

Etwas Extravagantes wollten die beiden Piega Gründer Scheuch und Greiner zu ihrem Firmenjubiläum aber doch präsentieren. Dieser Lautsprecher sollte auch nicht wie eine normale "Box" aussehen.

Eine ungewöhnliche, vom Schweizer Designer Hannes Wettstein geschaffene Form hatte man bereits den kleinen AP 3 und AS 3 spendiert. Was lag also näher, als diese bewährte Form auch für die Twen zu benutzen? Diese asymmetrische Gehäusekonstruktion ist nicht nur eine Augenweide, sie macht auch akustisch Sinn und garantiert minimale Reflexionen am Gehäuse und geringe stehende Wellen im Innern.

Zu einer schönen Form gehört auch ein Top-Finish.

Und so hat man diesen absolut hervorragend verarbeiteten Schallwandlern ein äusserst attraktives Titanium Finish verpasst. Dabei handelt es sich nicht um einen Lack der mit der Zeit abblättert, sondern um eine extrem harte und kratzfeste Eloxierung.

Mit 18 kg sind die Twens schon als recht schwergewichtig zu bezeichnen. Sie stehen auf relativ grossen Standflächen, welche der Eleganz dieser Skulpturen jedoch keinen Abbruch tun.

Markenzeichen Bändchen

Für die Herren Scheuch und Greiner war es klar, dass ihr Jubiläums-Wurf mit einem Bändchen gekrönt werden musste. Und zwar nicht mit dem legendären Ur-Bändchen von Anno dazumal, sondern mit dem allerneusten LDR-Bändchen.

Während das Ur-Bändchen nach dem klassischen Ribbon-Prinzip mit dem damals leider obligaten Übertrager und einem unbedämpften Alustreifen funktionierte, besitzt das heutige Bändchen eine auf der Membran aufgedampfte Flachspule, eine definierte Aufhängung und ist optimal bedämpft.

Das steigert nach dem Motto "de Föifer unds Weggli" den Wirkungsgrad und senkt den Klirr.

Langhubig

Wohl niemand würde aus den beiden putzigen in den Twen eingebauten Tieftönerchen einen echten, tiefreichenden Bass erwarten.

Doch die Twens sollen auch ohne zusätzlichen Subwoofer eine normale, gute Stube mit einem schönen, satten Bass erfüllen.

Dass der Begriff "MDS-Technologie" (Maximum Displacement Suspension ) kein leeres Schlagwort, sondern eine raffinierte Membranaufhängung ist, wird jedem klar, der diese Treiber in Aktion sieht und hört.

Die Membranen dieser Chassis können unglaubliche Auslenkungen ausführen und so relativ viel Luft bewegen.
Die beiden Bass-Mitteltöner arbeiten nur im Tiefbass parallel.

Während der untere Treiber oberhalb rund 300 Hz seinen Dienst quittiert, geht der obere bis zur eigentlichen Trennfrequenz zum Bändchen, die bei 3.5 kHz liegt. Die Twen ist somit eine sogenannte 2 1/2-Wege-Box.

Vom Rohr zum Schacht

Bei den Twens sucht man das heute obligate Bassreflexrohr vergeblich.

Zu finden ist lediglich ein Schlitz, der laut Kurt Scheuch nicht als Briefeinwurf zu benutzen ist, sondern die Funktion einer Bassreflexöffnung übernimmt.

Diese Konstruktion arbeitet mit einem aufwendigen Schacht aus MDF der in der Herstellung zig mal teurer sein soll als ein simples Rohr aus Plastik.

Dieser Schacht hat geradezu magische Eigenschaften, die man auch mit modernsten Computerprogrammen nicht simulieren und erklären kann.

So liefert diese "Schlitz-Ventilation" gegenüber einem Bassreflexrohr ganze 2 dB mehr Effizienz. Wollte man mit andern Mitteln diese 2 dB an zusätzlichem Bass-Pegel herauskitzeln, würde dies die Kosten dieser Schachtkonstruktion bei weitem übersteigen.

Vorbereitungen

Perfektion bis ins letzte Detail...
Nach rund 8 Stunden Einlaufzeit, bei welcher die Tief-Mitteltöner im wahrsten Sinne zu massiven, pulsartigen Auslenkungen "verdonnert" wurden, konnten die Hörsessions beginnen.

Aber erst wurde mit der Aufstellung etwas experimentiert. Dabei zeigten sich die Twens gar nicht zickig. Eine Ausrichtung mit dem Mikrometer ist hier nicht notwendig.

Mit einer Distanz von rund 15 cm zur Rückwand und genügend Freiraum zu den Seiten hin, ergab sich in unseren Abhörraum ein sehr ausgewogenes Klangbild.

Frei im Raum platziert, resultierte wohl noch ein Quäntchen mehr Raum, jedoch deutlich weniger Bass. Jeder sollte sich somit etwas Zeit nehmen, um die optimale Platzierung im jeweiligen Raum zu finden.

Ein SACD-tüchtiger Player und eine sehr leistungsfähige Verstärkerkombination übernahmen die Ansteuerung der Twens.

The Sound of Twens

Mit faszinierend räumlicher Zeichnung brachten die Twens Mozarts Klavier Trios ab Harmonia Mundi SACD.

Absolut beeindruckend, wie diese Boxen den Konzertsaal abbildeten und zwar nicht zwei,- sondern - auch ohne 5.1 und Surround - tatsächlich dreidimensional.
Neben der ausgeprägten Räumlichkeit beeindruckte aber auch die Klangdefinition. Super Audio CD und LDR-Bändchen passen offenbar perfekt zusammen.

Einfach unglaublich, wieviele klangliche Details hier zu hören sind, ohne dass das Klangbild grell oder gar überzeichnet wirkt.

Ganz im Gegenteil: Die Twens klingen ausgesprochen angenehm und ausgewogen. Keine Tonlage wirkt irgendwie gestresst oder überzüchtet.

Wie die zierlichen Twens mit grossorchestralen Klängen umgehen können , konnte ebenfalls erstaunen.

Die Klangbühne ist dabei sehr breit. Aber auch in der räumlichen Tiefe fächern die Twens das Klangbild sehr schön auf.

Kein Subwoofer notwendig

Klein aber langhubig...
Orgelmusik gefiel nicht nur durch die weiträumige Darstellung der Kirchenakustik, sondern auch durch die brillante und hervorragend definierte Darstellung der verschiedenen Klang-Register.

Zudem erfreuten - was gar nicht so leicht zu glauben ist - tiefe und saubere Bässe!

Auch bei jazzig- rockigen Sounds sind die Twens absolut im Element und lieferten in unserem mittelgrossen Abhörraum einen vitalen, sogenannt "knackigen" Sound.

Wie die kleinen Langhub-Bässe sogar Kontrabass-Zupfsolis meistern, grenzt schon fast an ein kleines Wunder.
Der Bass ist generell recht tief und sauber. Er zeigt seine Grenzen erst bei stärkeren und sehr tiefen Bassimpulsen.

In normalen Abhörräumen und ohne den Anspruch exzessive Bassorgien durchführen zu können, benötigen die Twens keine Unterstützung durch einen Subwoofer.

Fazit

Elegant, hervorragend verarbeitet und klanglich beeindruckend, bereiten diese echten Swiss Made-Produkte einer breiten Hörerschaft gewiss mehr Freude, als ein superteures State of the Art - Firmendenkmal .

Man darf den Piega-Leuten in doppelter Hinsicht gratulieren: Zum 20 jährigen Jubiläum und zu diesem bemerkenswert gut gelungenen Lautsprecher.
STECKBRIEF
Modell:
Twen
Profil:
Extravagante Swiss Made Lautsprecher zu vergleichsweise günstigem Preis und erstklassiger Klangqualität
Pro:
sehr guter Klang ; hervorragend verarbeitet ; elegante Form; Swiss Made
Contra:
wirkt von vorne gesehen gross
Preis:
1,620.00 CHF
Hersteller:
Jahrgang:
2006
Vertrieb:
Masse:
1010 x 250 x 120 mm
Gewicht:
18 kg
Farbe:
titan
Bass:
2 x 10 cm MDS-Bass
Bauprinzip:
2 1/2 Wege
Empfohlene Leistung:
20 - 150 Watt
Hochton:
LDR-Bändchen
Impedanz:
4 Ohm