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Publikationsdatum
14. August 2006
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Die Massenmedien bestimmen die Gesellschaft mit und sind gleichzeitig ihr Ausdruck. Dieses Wechselverhältnis prägt auch die Geschichte der SRG. Das Buch „Radio und Fernsehen in der Schweiz – Geschichte der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft SRG 1958 – 1983“ zeigt die Entwicklung seit der definitiven Einführung des Fernsehens bis zur Rundfunk-Versuchsordnung, die auch private Anbieter zuliess, in mehrere Facetten auf.

In dieser Zeit wurde die SRG dank des Fernsehens zu einem wichtigen gesellschaftlichen Akteur, während das Radio - bis zur Einführung des Fernsehens eine gefestigte nationale Institution – ins Hintertreffen geriet und sich neu positionieren musste, was aber erst nach 1983 halbwegs gelang.

Das starke Wachstum der SRG, die zu dieser Zeit ein publizistisches Monopol für Radio und Fernsehen innehatte, führte zu organisatorischen Krisen und zu politischen Interventionen. Immer breitere Kreise waren in den 70er-Jahren mit den SRG-Medien unzufrieden. Dem Fernsehen wurde Linkslastigkeit vorgeworfen, und Piratensender suchten ein junges Publikum, das die SRG nicht bediente. Schliesslich kam es zum Bruch des publizistischen Monopols der SRG und zur Etablierung von zahlreichen Lokalradios.

Dass diese Entwicklung nicht geradlinig verlief und von vielen unterschiedlichen, oft nur im Hintergrund angemeldeten Interessen bestimmt wurde, zeigt das Buch unter Verwendung des gesamten SRG-Archivs in informativer Weise auf. Warum etwa wurde UKW in der Schweiz so spät eingeführt? War der Markt nicht reif? Hatte die PTT die Situation falsch eingeschätzt? Oder spielten gar militärische Überlegungen eine Rolle?
Jürg Jecklin war stets offen für technische Neuerungen. Den PCM-Prozessor für Versuche mit der digitalen Audioaufzeichnung beschaffte sich der Tonmeister des Radiostudios Basel unter Umgehung der offiziellen Kanäle, wodurch er sich Ärger mit der PTT einhandelte. (Bild aus dem besprochenen Buch)
Das reich illustrierte Buch berichtet am Rand von Hans A. Traber, Kurt Felix und der Mondlandung. Zentrale Themen sind jedoch die Rolle von Radio und Fernsehen in der Gesellschaft, die Entwicklung der SRG vom Monopolisten zum marktorientierten Unternehmen, der Service public, die Technik im Spannungsfeld von Programm, Kultur und Politik oder der Kulturauftrag der SRG.

Die einzelnen Beiträge sind von Historikern und Medienwissenschaftlerinnen in drei der vier Landessprachen verfasst. Dadurch kommt nicht nur die Optik der Deutschweiz zum Zug, sondern es werden auch innerschweizerische Kräfteverhältnisse und regional unterschiedliche Gewichtungen und Entwicklungen sichtbar. Das Werk wird so zu einem gesamtschweizerischen Geschichtsbuch.

Das Buch erhebt in seiner Methode einen wissenschaftlichen Anspruch (den es auch einlöst); in seiner Darstellung ist es hingegen so geschrieben, dass es alle Medieninteressierten mit Gewinn lesen können. Jedes Kapitel ist zudem in den drei Sprachen zusammengefasst, ebenso sind die Bildlegenden dreisprachig.


Radio und Fernsehen in der Schweiz
Geschichte der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft SRG 1958–1983

Hg. Theo Mäusli, Andreas Steigmeier
hier + jetzt, Verlag für Kultur und Geschichte, Baden
2006, 424 Seiten, 15 farbige und 64 s/w-Abb., 55 Grafiken, Format 19,2 x 29,4 cm, Pappband
ISBN 978-3-03919-020-1, Fr. 68.00, Euro 43.80